Griechenland nach den Wahlen

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Juergen
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Juergen »

Typisch für Griechenland: Seit Jahren stehen Gebäude im Rohbau und werden nicht fertig gebaut.

Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Juergen
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Juergen »

…und noch eine Baustelle an der deutlich das dort herrschende „Chaos am Bau“ zu sehen ist.

Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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overkott
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von overkott »

Der Chefredakteur taktiert sich durch den Tag, findet wieder treffend analoge Worte für das Abstimmungsergebnis, lobt die Chefin und ihre rechte Hand, züchtigt den Zuchtmeister, feiert das gestiegene Risiko als Rettung, tadelt die Chefin Augen zwinkernd und fordert ganz global Einsatz. Was kann man auch auf die Schnelle regierungsnah und unabhängig anders als Abendgebet sprechen?

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overkott
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von overkott »

Für den Chefredakteur ist die EU das Sozialamt. Griechenland ist ein Sozialfall, trotz beachtlicher Einkommen um Athen herum. Zur sozialen Schizophrenie gehört, dass Staatsschulden und Bevölkerung angeblich nichts miteinander zu tun haben. Ansonsten ist der Chefredakteur weitgehend sachlich. Natürlich sollte man den Eurogruppenchef mal fragen, mit welchem Damm er in den nächsten Jahren der Schuldenflut im eigenen Land Land abtrotzen möchte. Maut haben die Niederländer ja bereits eingeführt. Diesen Weg sollten sie ausbauen und weiter fahren.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

overkott hat geschrieben:Der IWF zum Beispiel gibt damit eine Garantie, dass seine Maßnahmen tatsächlich zum Wachstum und nicht zum Ausverkauf Griechenslands führen. Die Garantie lautet: Wenn unsere Maßnahmen nichts bringen, weil Verkaufen am Sonntag zu teuer ist, die Preise treibt oder die Löhne senkt oder den Wettbewerb verzerrt, dann müsst ihr bei Wachstumsschwäche nicht auch noch bezahlen, wozu ihr kein Geld habt.
Der IWF hat noch wird er jemals solche "Garantien" geben.
overkott hat geschrieben:
Vielleicht führen die Reformen - wie im übrigen GR und die EU nicht müde werden zu versichern - zu einem Wachstumsschub oder man tätigt endlich die bereits vor Jahren angekündigten Ölfunde. Könnte ein wirtschaftlich prosperiendes oder aufgrund der Ölfunde reiches GR seine Kredite nicht vollumfänglich zurückzahlen?
Das ist wohl selbstverständlich das Ziel. Die Griechen haben Kredite aufgenommen, also bezahlen sie diese auch anständig zurück.
Du beliebst zu scherzen und solltest Dir zunächst über Deine Einschätzung im klaren sein.
Wenn GR Zahlungsverlängerungen braucht, die z.B. an das Wirtschaftswachstum gekoppelt sind, ist es ein schlechter Schuldner, dem man besser keinen Kredit gibt. Zahlt es die aufgenommenen Schulden "anständig" zurück, benötigt es keine - wie immer gearteten - Zahlungsverlängerungen.

Im übrigen ist GR auf den Finanzmärkten als Pleitier bekannt. Nicht nur die Lateinische Münzunion scheiterte an diesem Land
Griechenland war seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1829 bis heute in mehr als der Hälfte der Zeit international nicht kreditwürdig.
http://www.handelsblatt.com/finanzen/ma ... 712-4.html

und kommt Dir diese Meldung nicht bekannt vor:
Gleichzeitig sollte das Land modernisiert werden, um den internationalen Gläubigern neues Vertrauen einzuflößen. "Dazu wollte er die Verwaltung besser durchorganisieren und in zukunftsträchtige Bereiche investieren, wie in den Eisenbahnbau, Infrastrukturprojekte oder die Gas- und Wasserversorgung in Städten", sagt Schönhärl. In zähen Verhandlungen einigte sich Athen schließlich mit den Gläubigern 1879 auf eine Umschuldung, wodurch die Aufnahme neuer Staatsanleihen wieder möglich wurde.
http://www.welt.de/finanzen/immobilien/ ... leite.html

Verwaltungsmodernisierung, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit - die Probleme dort sind seit 15 Jahren bekannt - geändert hat sich nichts, nada. Was berechtigt Dich zu der Hoffnung, daß es unter der gegenwärtigen sozialistischen Regierung, die die Reformen ablehnt, anders sein könnte? :hmm:
overkott hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Die Diskussion über Schuldenerleichterungen ist zu diesem Zeitpunkt schädlich, lenkt von den Erfordernissen ab und sollte daher unterbleiben.
Das ist falsch.
Das kann man sicherlich auch begründen, oder?

overkott hat geschrieben: Nur ein finanziell gesundes Europa kann einem kleinen Mitglied helfen. Wenn mit Frankreich und den Beneluxländern Kerneuropa in 15 Jahren finanziell am Stock geht, ist Ende im Gelände.
Das ist richtig - nur warum sollte dauernd "geholfen" werden, wenn sich der Empfänger der "Hilfe" nicht selbst helfen will und die "Helfer" sogar noch beschimpft? :pfeif:

Rede nicht von "Hilfe", sondern von Subventionen, verlorenen Zuschüssen oder Finanzausgleichszahlungen. GR lebt über seinen Verhältnissen, es ist nicht willig, selbst für eine faire Verteilung der Lasten in seiner Gesellschaft zu sorgen, in dem es die Besserverdienenden stärker besteuert und dies durch eine funktionierende Finanzverwaltung auch sicherstellt. Es hat kein Interesse an ausl. Investitionen, die mehr Wettbewerb in die verkrusteten Märkte bringen würden - warum soll der Euro-Steuerzahler dafür aufkommen? :achselzuck:
overkott hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:
Erst verlegen wir den Europ. Rechnungshof nach Würzburg und wenn der dort die Arbeit aufgenommen hat kommt die Fleximaut europaweit.
Wie weit ist Stoiber mit Würzburg?

Die Flexi-Maut kann schneller kommen.
Die Flexi-Maut ist bisher noch nicht in der Praxis erprobt - wenn Stoiber sich sputet, kann der Umzug schnell gelingen.
Oder hast Du die Hoffnung aufgegeben?

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overkott
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von overkott »

Caviteño hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Der IWF zum Beispiel gibt damit eine Garantie, dass seine Maßnahmen tatsächlich zum Wachstum und nicht zum Ausverkauf Griechenslands führen. Die Garantie lautet: Wenn unsere Maßnahmen nichts bringen, weil Verkaufen am Sonntag zu teuer ist, die Preise treibt oder die Löhne senkt oder den Wettbewerb verzerrt, dann müsst ihr bei Wachstumsschwäche nicht auch noch bezahlen, wozu ihr kein Geld habt.
Der IWF hat noch wird er jemals solche "Garantien" geben.
Der IWF fordert diese "Garantie" jedenfalls von anderen.
overkott hat geschrieben:
Vielleicht führen die Reformen - wie im übrigen GR und die EU nicht müde werden zu versichern - zu einem Wachstumsschub oder man tätigt endlich die bereits vor Jahren angekündigten Ölfunde. Könnte ein wirtschaftlich prosperiendes oder aufgrund der Ölfunde reiches GR seine Kredite nicht vollumfänglich zurückzahlen?
Das ist wohl selbstverständlich das Ziel. Die Griechen haben Kredite aufgenommen, also bezahlen sie diese auch anständig zurück.
Du beliebst zu scherzen und solltest Dir zunächst über Deine Einschätzung im klaren sein.
Wenn GR Zahlungsverlängerungen braucht, die z.B. an das Wirtschaftswachstum gekoppelt sind, ist es ein schlechter Schuldner, dem man besser keinen Kredit gibt. Zahlt es die aufgenommenen Schulden "anständig" zurück, benötigt es keine - wie immer gearteten - Zahlungsverlängerungen.
Sobald Griechenland Geld hat, zahlt es die aufgenommenen Schulden "anständig" zurück und braucht keine Zahlungsverlängerungen.
Im übrigen ist GR auf den Finanzmärkten als Pleitier bekannt. Nicht nur die Lateinische Münzunion scheiterte an diesem Land
Griechenland war seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1829 bis heute in mehr als der Hälfte der Zeit international nicht kreditwürdig.
http://www.handelsblatt.com/finanzen/ma ... 712-4.html

und kommt Dir diese Meldung nicht bekannt vor:
Gleichzeitig sollte das Land modernisiert werden, um den internationalen Gläubigern neues Vertrauen einzuflößen. "Dazu wollte er die Verwaltung besser durchorganisieren und in zukunftsträchtige Bereiche investieren, wie in den Eisenbahnbau, Infrastrukturprojekte oder die Gas- und Wasserversorgung in Städten", sagt Schönhärl. In zähen Verhandlungen einigte sich Athen schließlich mit den Gläubigern 1879 auf eine Umschuldung, wodurch die Aufnahme neuer Staatsanleihen wieder möglich wurde.
http://www.welt.de/finanzen/immobilien/ ... leite.html

Verwaltungsmodernisierung, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit - die Probleme dort sind seit 15 Jahren bekannt - geändert hat sich nichts, nada. Was berechtigt Dich zu der Hoffnung, daß es unter der gegenwärtigen sozialistischen Regierung, die die Reformen ablehnt, anders sein könnte? :hmm:
Die Zahlungen Schritt für Schritt.
overkott hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Die Diskussion über Schuldenerleichterungen ist zu diesem Zeitpunkt schädlich, lenkt von den Erfordernissen ab und sollte daher unterbleiben.
Das ist falsch.
Das kann man sicherlich auch begründen, oder?
Wenn man im Kreis reden will. Wer die Begründung akzeptiert, wird sie nicht noch mal verlangen.
overkott hat geschrieben: Nur ein finanziell gesundes Europa kann einem kleinen Mitglied helfen. Wenn mit Frankreich und den Beneluxländern Kerneuropa in 15 Jahren finanziell am Stock geht, ist Ende im Gelände.
Das ist richtig - nur warum sollte dauernd "geholfen" werden, wenn sich der Empfänger der "Hilfe" nicht selbst helfen will und die "Helfer" sogar noch beschimpft? :pfeif:

Rede nicht von "Hilfe", sondern von Subventionen, verlorenen Zuschüssen oder Finanzausgleichszahlungen. GR lebt über seinen Verhältnissen, es ist nicht willig, selbst für eine faire Verteilung der Lasten in seiner Gesellschaft zu sorgen, in dem es die Besserverdienenden stärker besteuert und dies durch eine funktionierende Finanzverwaltung auch sicherstellt. Es hat kein Interesse an ausl. Investitionen, die mehr Wettbewerb in die verkrusteten Märkte bringen würden - warum soll der Euro-Steuerzahler dafür aufkommen? :achselzuck:
Statt Vorurteile zu zementieren, sollte man die aktuelle Entwicklung begleiten.
overkott hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:
Erst verlegen wir den Europ. Rechnungshof nach Würzburg und wenn der dort die Arbeit aufgenommen hat kommt die Fleximaut europaweit.
Wie weit ist Stoiber mit Würzburg?

Die Flexi-Maut kann schneller kommen.
Die Flexi-Maut ist bisher noch nicht in der Praxis erprobt - wenn Stoiber sich sputet, kann der Umzug schnell gelingen.
Oder hast Du die Hoffnung aufgegeben?
Das marktwirtschaftliche Prinzip ist schon seit mehreren Jahren erprobt. Auch für die Module der Flexi-Maut gibt es schon empirische Daten, die jünger sind als fünf Jahre.

Stoiber sollte sich sputen.

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Niels
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Niels »

Wie regeln wir das eigentlich mit der Maut während des achäischen Bundes, Herr Direktor? Was ist da anzuwenden? FlexiMaut PlusPlus?

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Lupus
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Lupus »

Juergen hat geschrieben:…und noch eine Baustelle an der deutlich das dort herrschende „Chaos am Bau“ zu sehen ist.

Seit vielen Jahren reise ich über Athen nach Patmos. Wenn wir mit einem gecharterten Bus vom Flughafen nach Piraios fahren, kommen wir durch die Innstadt von Athen. Was uns dort jedes Mal wieder auffällt, ist die Vielzahl heruntergekommener Häuser und Ruinen.
Für Touristen immer wieder ein Anblick, der erschreckt. Wie kann die Hauptstadt eines zivilisierten Landes nur so herunterkommen. Schlamperei oder wirkliche Armut, arbeiten wirklich so viele nur in die eigene Tasche?
Wenn dagegen die Renovierung der historischen Bauten pausiert, dann erwartet man sich wenigstens ein gewisses Aufräumen in der Innenstadt.
+L.
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

overkott hat geschrieben: Sobald Griechenland Geld hat, zahlt es die aufgenommenen Schulden "anständig" zurück und braucht keine Zahlungsverlängerungen.
Der Witz ist gut - GR wird bei der Konstruktion nie, never Geld haben, um die Schulden zu bedienen. Sollte Geld vorhanden sein, wird es ausgegeben - für angebl. Investitionen (in den Klientelgruppe der jeweiligen Regierung), Sozialprogramme usw. usf. - das geliehene Geld ist weg, nicht mehr da, versickert.
Damit solltest Du Dich abfinden und nicht darauf hoffen, noch irgendwann einmal etwas davon zu sehen - insbesondere wenn bereits schon jetzt über Zahlungsverlängerungen diskutiert wird.
overkott hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:
Verwaltungsmodernisierung, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit - die Probleme dort sind seit 150 Jahren bekannt - geändert hat sich nichts, nada. Was berechtigt Dich zu der Hoffnung, daß es unter der gegenwärtigen sozialistischen Regierung, die die Reformen ablehnt, anders sein könnte? :hmm:
Die Zahlungen Schritt für Schritt.
Das war doch schon bisher der Fall - oder hast erst heute angefangen, in den Zeitungen zu lesen. Was ist denn vor wenigen Wochen geschehen, als GR seine Rate an den IWF nicht zahlen konnte, weil die letzte Tranche nicht freigegeben wurde.
GR hat in der Vergangenheit durch Tricks immer vorgegaukelt, die Ziele erreichen zu wollen. Dabei wollten sie nur Geld haben, um es ausgeben zu können. Die Gläubiger haben beide Augen zugedrückt.
Was berechtigt Dich zu der Annahme, das es diesmal anders sein könnte? Bisher wurden 300 Mrden in den Sand gesetzt - jetzt werden es 400 Mrden, die Zug um Zug ausgezahlt werden.
overkott hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Nur ein finanziell gesundes Europa kann einem kleinen Mitglied helfen. Wenn mit Frankreich und den Beneluxländern Kerneuropa in 15 Jahren finanziell am Stock geht, ist Ende im Gelände.
Das ist richtig - nur warum sollte dauernd "geholfen" werden, wenn sich der Empfänger der "Hilfe" nicht selbst helfen will und die "Helfer" sogar noch beschimpft? :pfeif:

Rede nicht von "Hilfe", sondern von Subventionen, verlorenen Zuschüssen oder Finanzausgleichszahlungen. GR lebt über seinen Verhältnissen, es ist nicht willig, selbst für eine faire Verteilung der Lasten in seiner Gesellschaft zu sorgen, in dem es die Besserverdienenden stärker besteuert und dies durch eine funktionierende Finanzverwaltung auch sicherstellt. Es hat kein Interesse an ausl. Investitionen, die mehr Wettbewerb in die verkrusteten Märkte bringen würden - warum soll der Euro-Steuerzahler dafür aufkommen? :achselzuck:
Statt Vorurteile zu zementieren, sollte man die aktuelle Entwicklung begleiten.
Statt Vorurteile zu unterstellen, sollte man sich mit der Entwicklung in der Vergangenheit beschäftigen und sich dann fragen, warum es künftig anders sein sollte.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Neues Lehrstück für die europäische Elite, wie sie im Nasenring durch die Manege geführt werden:

Tsipras vor Rücktritt - Neuwahlen in Griechenland

Der Bundestag stimmt gestern der alternativlosen Überweisung von über 80 Mrden (deutscher Anteil ca. 22 Mrden €) zu und weiß heute schon nicht mehr, wer in wenigen Wochen der neue Verhandlungspartner sein wird.
Tsipras hat jetzt erst einmal wieder Zeit gewonnen. Die ersten Maßnahmen sollten bis Anfang Oktober umgesetzt sein - jetzt wird mit einer Wahl am 20. Sept. gerechnet, evtl. auch später. Bis dahin können natürlich keine Reformen verabschiedet werden, dann muß man eine Regierung bilden und die muß sich erst einmal einarbeiten. Vor Weihnachten wird die Eurogruppe wohl auch nicht auf harten Reformen bestehen, im Winter schon garnicht.
Kurzum - bis zum Frühjahr wird Geld aus den EU-Töpfen fließen, ohne daß die vereinbarten Reformen auch nur ansatzweise in Angriff genommen wurden. Wieder 6 - 8 Monate gewonnen und der staunenden Bevölkerung in Nordeuropa wird erzählt, das Tsipras ein neues Mandat braucht, um die Reformen durchzusetzen. :D

@overkott:
So geht "Zahlung Zug um Zug" - da können wir noch etwas lernen. :breitgrins:
Aber das sind ja alles zementierte Vorurteile.... :D

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Wie jetzt immer klarer wird gab es genügend Möglichkeiten für Tsipras, auch ohne Neuwahl zu regieren. Zumindest war eine Wahl im September nicht notwendig.

Möglichkeit 1:
Die Realisierung der nächsten Reformversprechen hat Tsipras nun aber hinten angestellt. Einen bequemen Weg dazu hätte es gegeben, denn zu den Eigenheiten der griechischen Verfassung gehören die Regeln für das „Ferienparlament“. Dabei darf ein Drittel der Abgeordneten stellvertretend für alle jede Art von Gesetzen beschließen. Und die Auswahl der Vertreter wird von den Fraktionen getroffen.
Tsipras hätte so seine Widersacher innerhalb der Partei ausschließen können und die Möglichkeit gehabt, alle weiteren Reformen ohne viel Lärm durchwinken zu lassen, um dann im Oktober zur Wahl zu schreiten. Größtes Hindernis für dieses Verfahren wäre allerdings die Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou gewesen, die zu den Gegnern von Tsipras gehört und die Diskussion der letzten Reformpakete behinderte, wo immer es ging.
Möglichkeit 2:
Tsipras argumentiert, die Rebellion in seiner linken Partei Syriza und der Verlust der Mehrheit im Parlament nötigten ihn zu Neuwahlen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn nach dem EU-Gipfeltreffen vom 12. Juli, das die Grundlage für das dritte Hilfspaket geschaffen hat, hatte Tsipras ja die Chance gehabt, auf die proeuropäische Opposition zuzugehen und mit ihr eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden.
In seiner Rede hat Tsipras schon klar ausgesprochen, was er von den "Auflagen" der Gläubiger hält:
Von Kompensationen für die Verlierer der neuen Reformen war schon die Rede, etwa für Bauern oder die Inseln ohne Steuerprivilegien. Die Forderung nach einem Schuldenschnitt wird zurückkehren. In der Fernsehansprache zur Begründung des Rücktritts sagte Tsipras: „Wir sind verpflichtet, die Vereinbarungen zu befolgen, aber wir werden kämpfen, um deren negative Folgen zu minimieren.“
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 61754.html

Hatten sich Juncker und die übrigen Rettungseuropäer vorgestern noch gefreut, daß der "Grexit jetzt definitiv vom Tisch" sei, wird es spätestens im Oktober wieder losgehen. Dann steht die Quadriga vor der Tür und will vor der Auszahlung der nächsten Tranch die Reformfortschritte prüfen. Da es aufgrund der Wahl und der Regierungsneubildung keine geben wird, stellt sich die Frage, ob sie den Geldhahn zudreht.

Es gehört keine prophetische Gabe dazu, daß hier wieder die eigenen Regeln (Geld nur bei Reformen - Zug um Zug) gebrochen werden, wie immer in der Vergangenheit.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

So allmählich bekommt die These von Frau Wagenknecht durchaus "Fleisch". Nach Auffassung des früheren gr. Finanzministers habe Schäuble nicht GR, sondern den Wohlfahrtstaat in Frankreich im Visier gehabt:
Wolfgang Schäuble wolle Griechenland aus dem Euro schmeißen, um in Wirklichkeit Frankreich damit zu treffen, so Varoufakis. Wörtlich heißt es in dem Interview: „Der französische Wohlfahrtsstaat, sein Recht auf Arbeit, seine Staatsunternehmen sind das wahre Ziel des deutschen Finanzministers. Er sieht Griechenland als Austeritäts-Versuchslabor an.“ Dort werde ausprobiert, was hinterher exportiert werde. „Die Angst vor einem Grexit soll französische Widerstände brechen, nicht mehr und nicht weniger.“
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 64691.html

Die Linken stricken jetzt an der Mär, daß der Euro - dieses wunderbare völkerverbindende und friedensstiftende Projekt ;D - durch deutsche Neoliberale (wahrscheinlich auf Druck der wallstreet) zu scheitern droht. Die Linken haben immerhin erkannt (im Gegensatz zu den übrigen Systemparteien), daß der Euro nur dann funktionieren könnte, wenn z.B. alle Sozial- und Steuervorschriften in D. in wesentlichen vereinheitlicht (= vergemeinschaftet) wären, der Arbeitsmarkt keine sprachlichen Zugangsbarrieren hätte und überall das gleiche Maß an Rechtssicherheit herrschen würde - eine Illusion.

Wenn Frau Wagenknecht zu der Erkenntnis kommt, daß der Euro abgeschafft werden muß, kann man ihr nur uneingeschränkt zustimmen. Die Gründe, die sie zu dieser Erkenntnis führen, sind dann allerdings zweitrangig.

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Der Schuldenschnitt, der keiner sein soll oder anders gesagt: Der Betrug von Schäuble. Alles das war seit einiger Zeit vorherzusehen. Opposition findet ja im Bundestag so gut wie nicht statt, was dies Thema angeht. Mit schuld sind auch die Medien, die, wenn sie schon mal kritisch berichten, viel zu zahm schreiben. Manche Leserbriefe sind da weit deutlicher und klarer in ihren Formulierungen.

http://www.zeit.de/215/34/schuldenerla ... erklaerung
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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overkott
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von overkott »

Nachdem Griechenland die Flüchtlinge trotz Milliardenhilfe ins ärmere Mazedonien zur Reise durch die Balkanländer entlassen hat, stauen diese sich zur Einreise in die EU vor einer militärisch gesicherten Grenzanlage. Unbewaffnete wegen Grenzüberschreitung niederzumähen, entspräche nicht der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Griechenland sollte durch EU-Koordination dazu bewegt werden, auf eine Lastenverteilung der Flüchtlinge und einen geordneten Abtransport zu warten, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

overkott hat geschrieben:Griechenland sollte durch EU-Koordination dazu bewegt werden, auf eine Lastenverteilung der Flüchtlinge und einen geordneten Abtransport zu warten, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.
Wohin soll der "geordnete Abtransport" denn erfolgen?
Wäre es dann nicht sinnvoller, die Asylverfahren - wie es Dublin vorschreibt - schnell in GR durchzuführen? :hmm: Der wahrscheinlich sehr große Teil der Personen, die nicht unter die griechischen Asylbestimmungen fallen, könnte dann sofort abgeschoben werden.
Für die Unterbringung der sog. "Flüchtlinge", die Asylverfahren und die Abschiebung sollten die Kosten von der EU getragen werden.

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overkott
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von overkott »

Caviteño hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Griechenland sollte durch EU-Koordination dazu bewegt werden, auf eine Lastenverteilung der Flüchtlinge und einen geordneten Abtransport zu warten, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.
Wohin soll der "geordnete Abtransport" denn erfolgen?
Wäre es dann nicht sinnvoller, die Asylverfahren - wie es Dublin vorschreibt - schnell in GR durchzuführen? :hmm: Der wahrscheinlich sehr große Teil der Personen, die nicht unter die griechischen Asylbestimmungen fallen, könnte dann sofort abgeschoben werden.
Für die Unterbringung der sog. "Flüchtlinge", die Asylverfahren und die Abschiebung sollten die Kosten von der EU getragen werden.
In Griechenland anerkannte Flüchtlinge kann man den Griechen nicht alleine aufhalsen. Ein Abtransport in Aufnahmestaaten ist unumgänglich.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

overkott hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben: Wäre es dann nicht sinnvoller, die Asylverfahren - wie es Dublin vorschreibt - schnell in GR durchzuführen? :hmm: Der wahrscheinlich sehr große Teil der Personen, die nicht unter die griechischen Asylbestimmungen fallen, könnte dann sofort abgeschoben werden.
Für die Unterbringung der sog. "Flüchtlinge", die Asylverfahren und die Abschiebung sollten die Kosten von der EU getragen werden.
In Griechenland anerkannte Flüchtlinge kann man den Griechen nicht alleine aufhalsen. Ein Abtransport in Aufnahmestaaten ist unumgänglich.
Es ging, wie ich mE klar ausgedrückt habe, auch nicht um die anerkannten Flüchtlinge, die eine Minderheit darstellen. Ziel sollte es doch sein, die Wirtschaftsmigranten an einer Weiterreise zum Ort ihrer Wahl zu hindern.

Die Aufteilung der Personen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus kann natürlich innerhalb der EU erfolgen.

Allerdings - was willst Du machen, wenn jemand nach z.B. Zypern soll, aber nicht dorthin will? :hmm: Ganz so einfach ist das also auch nicht.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Muß Tsipras jetzt wieder einen neuen Finanzminister haben?
Um Alexis Tsipras wird es allmählich einsam. Nach Informationen aus Athen will sein zuletzt wichtigster Minister, Euklid Tsakalotos, auch im Falle einer gewonnenen Neuwahl möglicherweise nicht wieder ins Kabinett zurückkehren.

Der bisherige Finanzminister hat dem Vernehmen nach keine Lust, die mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Reformen im Land auch umzusetzen. Sein Ministerium kommentiert das allerdings nicht. Davon haben wir keine Kenntnis, heißt es da. Sollte er aber tatsächlich gehen, wäre er nach seinem Vorgänger Janis Varoufakis der zweite griechische Chefhaushälter, der innerhalb kurzer Zeit auf sein Amt verzichtet, weil er von dem vereinbarten Reformprogramm nichts hält.
http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... assen.html

Da kann man sich schon vorstellen, wie es um die Umsetzung der "knallharten Reformauflagen" (lt. Bundesregierung) bestellt sein wird.

Eine andere Frage, ob die Griechen nicht wieder das Steuerzahlen einstellen - wie vor der letzten Wahl.

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Caviteño hat geschrieben:Muß Tsipras jetzt wieder einen neuen Finanzminister haben?
Um Alexis Tsipras wird es allmählich einsam. Nach Informationen aus Athen will sein zuletzt wichtigster Minister, Euklid Tsakalotos, auch im Falle einer gewonnenen Neuwahl möglicherweise nicht wieder ins Kabinett zurückkehren.

Der bisherige Finanzminister hat dem Vernehmen nach keine Lust, die mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Reformen im Land auch umzusetzen. Sein Ministerium kommentiert das allerdings nicht. Davon haben wir keine Kenntnis, heißt es da. Sollte er aber tatsächlich gehen, wäre er nach seinem Vorgänger Janis Varoufakis der zweite griechische Chefhaushälter, der innerhalb kurzer Zeit auf sein Amt verzichtet, weil er von dem vereinbarten Reformprogramm nichts hält.
http://www.welt.de/wirtschaft/article14 ... assen.html

Da kann man sich schon vorstellen, wie es um die Umsetzung der "knallharten Reformauflagen" (lt. Bundesregierung) bestellt sein wird.

Eine andere Frage, ob die Griechen nicht wieder das Steuerzahlen einstellen - wie vor der letzten Wahl.
Das würde ich mir mal für Deutschland wünschen, daß viele ihre Steuern einbehalten. Geht freilich nur bei Selbstständigen oder Firmen. Damit könnte man aber mal die Regierung zwingen wochtige Dinge zu ändern. Bei uns wird immer nur gemeckert und die Regierung und die oft sinnlose Bürokrate kritisiert, aber keiner und kein Arbeitgeberverbanf hat den Mut mal zu einem Steuerstreik aufzurufen. Wenn nur einige wenige steuerstreiken würden, hätte das natürlich keinen Sinn, die würden schnellstens zur Kasse gebeten und mit Strafen belegt. Wenn sehr viele das machen würden, wäre auch unser Staat überfordert.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Edi hat geschrieben: Das würde ich mir mal für Deutschland wünschen, daß viele ihre Steuern einbehalten. Geht freilich nur bei Selbstständigen oder Firmen. Damit könnte man aber mal die Regierung zwingen wochtige Dinge zu ändern. Bei uns wird immer nur gemeckert und die Regierung und die oft sinnlose Bürokrate kritisiert, aber keiner und kein Arbeitgeberverbanf hat den Mut mal zu einem Steuerstreik aufzurufen. Wenn nur einige wenige steuerstreiken würden, hätte das natürlich keinen Sinn, die würden schnellstens zur Kasse gebeten und mit Strafen belegt. Wenn sehr viele das machen würden, wäre auch unser Staat überfordert.
Ich glaube, das hätte überhaupt keine Auswirkungen, von einem "Erfolg" vermag ich überhaupt nicht zu sprechen.

Sollte wirklich ein großer Teil der Selbständigen seine Steuern zurückbehalten, würden die Finanzämter die Konten pfänden. Da sich der Fiskus seinen Titel selbst ausstellen kann und nicht auf die Gerichte angewiesen ist, ginge das ziemlich schnell. Die Auswirkungen wären für die Betroffenen weitaus gravierender als für den Staat. Außerdem gäbe es wohl kaum eine Bank, die - im Fall der Fälle - die vorübergehenden Einnahmeausfälle nicht vorfinanzieren würde. Das Geld ginge beim Fiskus ziemlich schnell ein - ob freiwillig oder im Wege der Zwangsvollstreckung.

Die strafrechtlichen Auswirkungen im Falle einer Zurückbehaltung der Lohnsteuer und auch der Umsatzsteuer sind auch zu bedenken.

Das eine Zurückbehaltung der fälligen Steuern in GR funktioniert, beweist doch wieder einmal, daß dieses Land weder reif für die EU noch gar für den Euroverbund ist.

Weitaus gravierender dürfte es dagegen sein, wenn ein großer Teil der Sparer seine Guthaben bei den Banken abziehen und die Barbeträge horten würde - die kämen dann in echte Schwierigkeiten. :ja: :breitgrins:

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Die Süddeutsche berichtet, wie die gr. Schulden schöngerechnet werden, damit der IWF sich an den "Rettungsaktionen" beteiligt:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/i ... -1.262429

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Lagarde: Schuldenerleichterungen reichen aus

http://www.t-online.de/wirtschaft/id_75 ... n-aus.html
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Tsipras will nach Wahlsieg erneut mit Gläubigern verhandeln

Da wird Angela sich aber freuen. Allerdings sind die Steuermehreinnahmen in Mrden-Höhe schon verplant, schließlich muß D. die "Flüchtlinge" unterbringen.

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overkott
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von overkott »

Und dann noch eine "erfreuliche Nachricht", liebe Leserinnen und Leser, liebe Wähler in Frankreich: Angesichts der strukturellen Schieflage unseres französischen Staatshaushalts versprechen wir ihnen eine Steuersenkung. Im Jackpot sind fast drei Milliarden Euro. Ein Gewinn wird an jeden Zehnten von ihnen ausgeschüttet. Wie wir die Staatsschulden senken möchten, verraten wir an dieser Stelle noch nicht. Im Zweifel gibt es den Europäischen Rettungsschirm. Wir vertrauen da ganz auf unsere deutschen Freunde, allen voran auf Madame la Bundeskanzlerin.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Es geht weiter mit den "erfreulichen" Nachrichten
Vor kurzem hat Renzi angekündigt, die Immobiliensteuern auf die «prima casa» (den Hauptwohnsitz) noch in diesem Jahr abzuschaffen. Sowohl die Tasi (Tassa sui servizi indivisibili) als auch die Imu (Imposta municipale unica) sollen gestrichen werden. Die Tasi sind lokale Steuern, die Mieter und Besitzer von Häusern, Wohnungen und Geschäftsgebäuden für Dienstleistungen wie etwa Strassenbeleuchtung zahlen müssen. Die Imu müssen alle Immobilienbesitzer entrichten. 214 beliefen sich die Immobiliensteuern in Italien insgesamt auf 42 Mrd. €. Imu und Tasi machten mehr als die Hälfte davon aus.
(...)
In Brüssel befürchtet man, dass Rom den Einnahmenrückgang nicht durch Ausgabenkürzungen in anderen Bereich decken und seine Budgetziele verfehlen werde. Eine Sprecherin der Europäischen Kommission erklärte letzte Woche, man werde sich erst dann äussern, wenn das Stabilitätsgesetz vorliege und man die Pläne und deren Auswirkungen konkret beurteilen könne.
http://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschaft ... 1.1869318

Man muß sich das einmal überlegen:
IT und F machen weiter Schulden und denken über Steuersenkungen nach. D. erreicht eine "Schwarze Null", kommt ohne Neuverschuldung aus und es gibt Forderungen, die Steuern zu erhöhen. Grund sind die "Flüchtlings"zahlen, also Personen, die eigentlich in IT hätten registriert werden müssen und für deren "Asyl"Verfahren IT zuständig wäre.

Man kann schon nachvollziehen, daß die Briten immer mehr zu einem EU-Austritt tendieren, denn der Verein macht jedes properierende Land kaputt.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Caviteño hat geschrieben:Tsipras will nach Wahlsieg erneut mit Gläubigern verhandeln

Da wird Angela sich aber freuen. Allerdings sind die Steuermehreinnahmen in Mrden-Höhe schon verplant, schließlich muß D. die "Flüchtlinge" unterbringen.
Na bitte - und schon springt Juncker über das gehaltene Stöckchen und gibt ein halbherziges Dementi:
European Commission President Jean-Claude Juncker said the next Greek government must respect the terms of the country’s third international rescue or revive the risk of an exit from the euro area.
http://www.bloomberg.com/news/articles/ ... scue-terms

so, so - das Risiko eines Grexit würde "wiederbelebt".
Hatte er nicht nach den Verhandlungen groß verkündet, den würde es nie geben? :ja:
Das Risiko wird "wiederbelebt" - aber ein Grexit wäre nicht die automatische Folge - das ist doch eine Einladung zu Nachverhandlungen.

Dilettanten.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Syriza hat wohl die Wahl gewonnen und strebt eine Koalition mit den Rechtspopulisten an:
Für eine absolute Mehrheit wären 151 der 3 Sitze des Parlaments notwendig. Syriza kommt nach dem Zwischenergebnis auf 144 Mandate, die ND auf 75 und die Goldene Morgenröte auf 2. Die panhellenische sozialistische Bewegung (Pasok) und die kleine demokratische Linke (Dimar), die für die Wahl ein Bündnis gebildet hatten, hätten demnach 17 Sitze, die Kommunisten 15. Die Partei der politischen Mitte To Potami liegt bei 1 Mandaten, die Unabhängigen Griechen ebenfalls bei 1 und die Zentrumsunion bei 9.
Nur wenige Stunden nach dem Ende der Wahl hat sich Syriza offensichtlich bereits mit den Rechtspopulisten auf eine neue Koalition verständigt. Tsipras habe sich mit dem Vorsitzenden der Unabhängigen Griechen (Anel), Panos Kammenos, geeinigt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Sonntagabend aus Syriza-Kreisen.
http://www.nzz.ch/international/kopf-an ... 1.18616385

Man steht also innenpolitisch da, wo man bereits im Frühjahr stand.
Jetzt wird wieder das Gefeilsche um das Sparpaket losgehen - Nachverhandlungen inklusive.

Merkel sollte ihren Regierungssitz nach Brüssel verlegen: Asylkrise noch nicht gelöst, Griechenland wieder auf der Agenda und Cameron will allmählich seine Vorstellungen einer neuen EU darlegen, damit es nicht zu einem Brexit kommt....

Hat sie eigentlich noch Zeit, sich um die innenpolitischen Probleme in D. zu kümmern? :nein:

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Aufgrund der "Flüchtlings"krise unbemerkt bahnt sich - wie absehbar - eine Aufweichung bei den "Griechenland-Hilfen" an:
Die Notenbank wolle die im Sommer im dritten Rettungspaket für Griechenland vereinbarten Bedingungen für die Auszahlung von bis zu 15 Milliarden Euro für griechische Banken aufweichen, berichtet die „WirtschaftsWoche“. So habe EZB-Präsident Mario Draghi vergangene Woche beim Treffen der Finanzminister der Eurozone darauf gepocht, dass die griechischen Banken das Geld unbedingt bis zum 15. November erhalten sollen.
Und was ist mit den vereinbarten Reformen? Hier zeigt sich die EZB nachsichtig: Statt der ursprünglich vorgesehenen umfangreichen Reformen, etwa dem Umbau des Rentensystems, wolle man sich mit Reformen im Finanzsystem zufrieden geben, schreibt die „WirtschaftsWoche“. Damit gemeint sind: Reformen beim griechischen Bankenrettungsfonds und der Governance griechischer Banken.
Vielen europäischen Mitgliedsstaaten stößt dies sauer auf. Doch werde es in Brüssel als wahrscheinlich angesehen, dass sich Draghi mit seinen Vorstellungen durchsetzt. Denn: Der bisherige Zeitplan sei einfach nicht zu halten. Damit werde laut „WirtschaftsWoche“ die erste offizielle Überprüfung der griechischen Reformfortschritte („review“) dem Vernehmen nach nicht mehr im November stattfinden. „Dezember ist realistischer“, heißt es in der Eurogruppe. Sollten die griechischen Banken das Geld erst nach der Überprüfung bekommen, würde das Ziel verfehlt, die griechischen Banken noch in diesem Jahr zu rekapitalisieren.
http://www.wallstreet-online.de/nachric ... aufweichen

Im Grunde also nichts Neues: Die Griechen versprechen, die Europäer schicken daraufhin mehr Geld und niemand hat den Mut, den Griechen endlich mal die rote Karte zu zeigen.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Neben dem Migrantenansturm darf sich Merkel in Kürze auch wieder mit der Euro"rettung" und GR herumschlagen:

Gläubiger verweigern GR neues Geld
Weil die griechische Regierung vereinbarte Reformen nicht umsetzt, verweigern die Geldgeber vorläufig die nächste Kreditzahlung. "Die für Oktober geplante Auszahlung der ersten zwei der verbleibenden drei Milliarden Euro aus der ersten Tranche verzögert sich", sagte ein hoher EU-Beamter der Süddeutschen Zeitung.
Die Überweisung nach Athen werde wohl erst im November erfolgen. Es spreche jedenfalls nichts dafür, dass das Geld noch diese Woche fließen werde, heißt es in Brüssel. Griechenland ist bei der Umsetzung der vereinbarten Reformen deutlich im Verzug. Lediglich 14 der 48 "Milestones" genannten Schritte wurden bislang beschlossen. An deren Umsetzung sind die Auszahlungen gekoppelt. Dadurch verschieben sich auch andere Termine. So hinken etwa die Gespräche über eine Reform des Banken- und Finanzsystems dem ursprünglich vereinbarten Zeitplan hinterher.
(...)
In den Verhandlungen gibt es derzeit vor allem Unstimmigkeiten darüber, wie die Banken mit faulen Krediten umgehen. Etliche Schuldner können ihre Darlehen nicht mehr bedienen. Das ist ein Grund, warum die Geldhäuser kollabiert sind. Schätzungen zufolge sind 32 Wohnungsbesitzer mit ihren Ratenzahlungen im Rückstand. Die Geldgeber wollen die Regeln lockern, mit denen der Hauptwohnsitz vor Zwangsvollstreckungen geschützt wird. Griechischen Medien zufolge droht acht von zehn Haushalten die Zwangsräumung, wenn sich die Geldgeber durchsetzen.
Ich hatte auf die Problematik, durch derartige Aktionen und Gesetze Sozialpolitik auf Kosten der Euro-"Partner" zu machen, schon mehrfach hingewiesen, z.B. hier. Diese Feinheiten, geregelt in den nationalen Zivilgesetzen, sind kaum Gegenstand der Berichterstattung, die sich nur auf das "große Ganze" konzentriert. Dabei war das Problem, wie der Bericht der NZZ belegt, seit zwei Jahren bekannt. Geschehen ist nichts. Da aber auch in GR Probleme nicht durch "Liegenlassen" erledigt werden, tauchen sie irgendwann - meist verstärkt - wieder auf.

Für Merkel ist das besonders schmerzhaft, denn GR hat in dem gegenwärtigen Migrantenansturm den Schlüssel in der Hand. Dort sind zwar sog. "hot spots" geplant, jedoch unterstehen die den nationalen gr. Gesetzen. Der immer wieder erwähnten europ. "Grenzsicherung" Frontex sind die Hände gebunden, Grenzsicherung ist weiterhin eine nationale Aufgabe.
Da der Grenzschutz in der EU eine nationale Aufgabe geblieben ist, verfügt Frontex nicht über eigene Grenzwächter, Schiffe oder Fahrzeuge, sondern ist auf Ressourcen der Mitgliedstaaten angewiesen. Anfang Oktober rief Leggeri die Regierungen auf , Frontex die rekordhohe Zahl von 775 Grenzbeamten zur Verfügung zu stellen. Eingegangen sind bisher aber nur Zusagen für 326 Grenzwächter.
http://www.nzz.ch/international/europa/ ... 1.1863627

Wenn Tsipras also nur gegen Erleichterungen (Euphemismus für: mehr Geld für Sozialleistungen in GR) hot spots errichtet und (später) die Öffnung und Schließung den Zahlungsbeträgen anpaßt, kann Merkel nichts dagegen tun. Wieder rächt sich, daß man GR im Euro halten will - koste es, was es wolle.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Die Lage in GR steht wegen der "Flüchtlings"krise nicht im Fokus, aber sie wird schlimmer.
Die Zahlen sind alarmierend: Von den 1,9 Millionen Griechen sind nur 3,6 Millionen erwerbstätig. Die Zahl der Arbeitslosen beläuft sich auf knapp 1,2 Millionen, die der Rentner und Pensionäre auf annähernd 2,7 Millionen. Unter dem Strich haben also von den knapp elf Millionen Einwohnern des Landes 7,3 Millionen kein eigenes Erwerbseinkommen. Griechenland wird zu einem Land der Arbeitslosen und der Rentner.
Nach Angaben der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat Griechenland eine Beschäftigungsquote von nur 49,6 Prozent. Diese Quote bezeichnet den Anteil der Erwerbstätigen an der erwerbsfähigen Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Schlechter schneiden unter den 34 OECD-Staaten nur die Türkei mit 49,4 und Südafrika mit 42,6 Prozent ab. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt beträgt die Quote 64,9 Prozent, in Deutschland sogar 74 Prozent.
http://www.handelsblatt.com/politik/int ... 46268.html

Bei der - von der Troika geforderten - Rentenreform verliert Tsipras jetzt ebenfalls die Unterstützung der Oppositionsparteien:
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ist bei der geplanten Rentenreform unter Druck geraten. Die Chefs der drei Oppositionsparteien hätten ihm ihre Unterstützung bei dem Vorhaben verweigert, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter am Samstagabend.
Die Debatte sei hitzig gewesen. Tsipras' Mehrheit im Parlament ist auf drei Sitze geschrumpft. Bis zum Jahresende muss das krisengeschüttelte Euro-Land weitere Einschnitte bei den Renten beschliessen, um Hilfsgelder in Höhe von einer Milliarde Euro von den internationalen Geldgebern zu erhalten.
http://www.tagblatt.ch/aktuell/internat ... 52,4443445

Es steht zu befürchten, daß GR - trotz aller Anstrengungen - den Euro nicht behalten kann. Mit dieser Währung wird es nie wettbewerbsfähig werden. Andererseits kann man GR auch nicht zu Sozialempfänger der EU machen. Eine solche Lösung, die neben dem "FlüchtlingsSoli" auch einen "GriechenSoli" erfordern würde, wäre dem deutschen Steuerzahler nicht zu "verkaufen".

Falsche Entscheidungen von Frau Merkel. Anstatt sich im Mai 21 kühl auf die Verträge zu berufen, wollte sie ein "freundliches Gesicht" machen und trat die Rettungslawine los. Wie das bei Lawinen so üblich ist, wird sie wird immer größer (= teurer).
Jetzt besteht die Gefahr, daß aufgrund der Flüchlingskrise nicht nur die Errungenschaft "Schengen" zurückgebaut werden muß, sondern daß auch das erste Land den Euroverbund verlassen wird.

PS:
In Spanien sieht es - trotz aller Jubelmeldungen über eine wirtschaftliche Erholung - auch nicht besser aus. In Andalusien liegt die Arbeitslosenquote bei 31% - mit höherer Jugendarbeitslosigkeit. Ein Bericht über die "verlorene Generation" der „Ninis“, „Weder-Nochs“, die weder studieren noch arbeiten:

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 31756.html

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Siard
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Siard »

Caviteño hat geschrieben:Falsche Entscheidungen von Frau Merkel.
Da möchte ich sie (ausnahmsweise) in Schutz nehmen. Vermutlich war GR der einzige Fall, der wirklich alternativlos war.
Genützt hat es aber nur wenig, denn der Feldzug der Usa-Oligarchen und deren "Ratingagenturen" geht trotzdem weiter.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Isidor_von_Sevilla »

Siard hat geschrieben:Vermutlich war GR der einzige Fall, der wirklich alternativlos war.
Nee, GR hätte man sang- und klanglos aus dem Euro-Verbund verabschieden können.
Rechtliche Begründung hätte es gegeben: Die No-Bail-Out-Klausel im Vertrag von Lissabon! :doktor:
Es gibt auch solche, die wohl die Sprache verehren, nicht aber DAS WORT anbeten!

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