Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Von Orgelpfeifen, Zimbelspielern und Kantoren.
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Protasius
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Protasius »

Auch wenn die Bücher alles andere als der letzte Schrei der Forschung sind, fand ich die Bücher von Peter Wagner ganz gut. Seine Begründung, warum die Virga lang sein soll (kommt ja mit c für celeriter vor, das ist beim Tractulus [bei ihm Virga jacens, was zumindest für das von ihm über St. Gallen gestellte Laon auch super paßt] oder dem punctum nicht der Fall), fand ich zwar etwas hanebüchen, aber sonst sind die Bücher wirklich gut. Er übersetzt nur nicht alle lateinischen Phrasen (die längeren aber schon, ab spätestens zwei Absätzen immer zweispaltig lateinisch-deutsch oder selten griechisch-deutsch). Man findet sie im Internet-Archiv:
Einführung in die gregorianischen Melodien; ein Handbuch der Choralwissenschaft
I. Ursprung und Entwicklung der liturgischen Gesangsformen bis zum Ausgange des Mittelalters.
II. Neumenkunde, Paläographie des liturgischen Gesanges
III. Gregorianische Formenlehre; eine choralische Stilkunde
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Gamaliel
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Gamaliel »

Ein Hinweis zu diesem Hinweis:

Das Graduale Novum und seine Fehler

Daraus:
Allein das Problem der sprachlichen Fehler des GRADUALE NOVUM will ich schließlich ansprechen, denn seine Fehler machen dieses Graduale für die liturgische Praxis unbrauchbar. Daß die Kirche melodische, ja sogar rhythmische Varianten des liturgischen Gesangs toleriert, ist längst bekannt. [...] Die Kirche läßt aber überhaupt nicht zu, daß die Texte der Gesänge ergänzt, verkürzt oder nach Gutdünken der Neumenforscher geändert werden.

[...]

Erst auf Seite 507 des GRADUALE NOVUM erfährt der verblüffte und verdutzte Sänger, daß der von ihm so fromm aufgeführte Gesang eine ganz andere Theologie vermitteln möchte. Es sind wahrlich viele, zu viele Änderungen, die den Sinn der heiligen Texte verdunkeln.

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cantus planus
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von cantus planus »

Ein Hinweis zu diesem Hinweis zum Hinweis, für den ich sogar mein Fastenschweigen breche:

Da die hier von Gamaliel verlinkte Seite durch Halbwissen, Mißverständnisse und Polemik, aber kaum durch fachliche Kompetenz auffällt, muss vor dieser Quelle gewarnt werden. Die Arbeitsmethoden der AISCGre sind wissenschaftlich fundiert und sorgfältig und nach allen notwendigen, wissenschaftlichen Kriterien ausgeführt.

Dass in den Quell-Dokumenten bestimmte Worte schon einmal fehlen können, ist eben ein Faktum, das nicht dem Wunsch nach Veränderung der Theologie geschuldet ist. Überhaupt ist die Seite mit dem schon in sich absurden Titel "Liturgische Gregorianik" eher im Bereich kreativer Verschwörungstheorien anzusiedeln denn irgendwie ernst zu nehmen.

Selbstverständlich sind alle Quellen im GN referenziert, ebenso wie die Restitutionsvorschläge in den BzG. So kann sich jeder die Mühe machen, die Vorschläge der AISCGre zu überprüfen. Franz Caiters Kritik ist weder fundiert noch tragfähig.
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lifestylekatholik
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von lifestylekatholik »

cantus planus hat geschrieben:Dass in den Quell-Dokumenten bestimmte Worte schon einmal fehlen können, ist eben ein Faktum
Womit sie in der Liturgie keine direkte Verwendung mehr finden können.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Gamaliel
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Gamaliel »

cantus planus hat geschrieben:Franz Caiters Kritik ist weder fundiert noch tragfähig.
Ohne beide Werke zu kennen - das Graduale und Caiters ausführliche Analyse dazu - kann ich das aus obigem Text nicht folgern.
Ob wissenschaftlich oder nicht, ist dort gar nicht die Frage. Er weist jedoch u.a. darauf hin, daß veränderte Texte für die liturgische Praxis unbrauchbar sind. Dieser Hinweis ist richtig. Ob er auch für das "Graduale novum" zutreffend ist, kann ich allerdings nicht beurteilen.


(Davon abgesehen ist allerdings das Gezänk unter den "Gregorianikern"nichts Neues. In meinem eigenen Bekanntenkreis ist mir immer wieder aufgefallen, daß "jeder" gescheiter ist, als der andere. Jeder besser weiß, wie zu betonen, wie zu dirigieren,... ist. Es gibt dort leider auch Künstlertypen, die sich gerne selbstverwirklichen möchten, ihre Interpretation an den Mann bringen möchten, statt sich in den Dienst der Liturgie zu stellen und Subjektivitäten möglichst zurückzuhalten, wie dies auch vom Zelebranten der Liturgie selbst gefordert ist. - Inwieweit solche Allüren auch von Caiter gepflegt werden, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.)

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Lupus
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Lupus »

Wenn ich so manchen gregorianischen Choralgesang höre, empfinde ich eine unstillbare Sehnsucht nach der Zeit, in der uns Studenten der Theologie unser P. Walter Scherenbacher SDB, -Schüler von Theobald Schrems-, die Gregorianik im Sinne der Regensburger Tradition nahe brachte!
Ach ja, das waren noch Zeiten!

+L.
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Eckart
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Eckart »

Ich suche eine "Hörprobe" im Netz zum "Tonus Rectus" - Kann mir jemand helfen?
Danke und Gruß

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lifestylekatholik
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von lifestylekatholik »

Eckart hat geschrieben:Ich suche eine "Hörprobe" im Netz zum "Tonus Rectus" - Kann mir jemand helfen?
Das ist wie Psalmengesang nur ohne die Schnörkel am Anfang und Ende.

Also in dem ersten Tonbeispiel in diesem Beitrag z. B. jeweils die Anfänge der Verse:
Donec ponam inimicos
Virgam virtutis tuæ emittet Dominus ex
Tecum principium in die virtutis tuæ in splendoribus sanc-
Juravit Dominus et non pænitebit
Dominus a dextris
Judicabit in nationibus, implebit ru-
De torrente in via
Gloria Patri et
Sicut erat in principio, et nunc, et
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Eckart
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Eckart »

.... :klatsch: alles klar- vielen Dank!

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taddeo
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von taddeo »

Lupus hat geschrieben:Wenn ich so manchen gregorianischen Choralgesang höre, empfinde ich eine unstillbare Sehnsucht nach der Zeit, in der uns Studenten der Theologie unser P. Walter Scherenbacher SDB, -Schüler von Theobald Schrems-, die Gregorianik im Sinne der Regensburger Tradition nahe brachte!
Ach ja, das waren noch Zeiten!

+L.
Die "Regensburger Tradition" ist aber doch sowas von out heutzutage - Alte Meister mit dem 100-Mann-Chor zu singen, Gregorianik, die schön klingen darf, das sind absolute no-go's in der Musikszene.

Mit jeder neuen Choralausgabe, die heute auf den Markt kommt, verschwindet das Praktizieren der Gregorianik in der Liturgie immer noch weiter. Und wenn man sich das Gestell anschaut, das die Choralforscher beim Dirigieren ihrer semiologisch-korrekten Editionen verbringen, dann sieht man meistens auf den ersten Blick, daß es da weder um Musik noch um Liturgie gehen kann, sondern ausschließlich um Selbstdarstellung.

Choral, der nicht aus sich heraus das Herz anrührt, ist kein Liturgiegesang. Und dafür muß er fließend und auch durchaus kraftvoll erklingen und nicht wie aus dem Gartenhäcksler. Ob dann die rhythmischen Differenzierungen feiner sind oder alles eher im Ebenmaß gesungen wird, ist absolute Nebensache und bestenfalls eine Frage, wie gut die Sänger sind.

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Protasius
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Protasius »

taddeo hat geschrieben:Die "Regensburger Tradition"
Was ist das, bitte? (Ich weiß es wirklich nicht; ist das sowas wie Cäcilianismus reloaded?)
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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taddeo
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von taddeo »

Protasius hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Die "Regensburger Tradition"
Was ist das, bitte? (Ich weiß es wirklich nicht; ist das sowas wie Cäcilianismus reloaded?)
Sehr kurz gefaßt in etwa dies:
Heute steht die Dommusik, stehen die Domspatzen noch für die sogenannte "Regensburger Tradition", die im Rahmen der liturgisch-kirchenmusikalischen Reformbestrebungen um die Mitte des 19. Jahrhunderts begründet wurde. Ein Anstoß dazu war die Umstellung des Repertoires von der instrumentalbegleiteten Gegenwartsmusik hin zur Verwendung "echter" Kirchenmusik, zu der neben dem Gregorianischen Choral vor allem die Klassische Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts mit Giovanni Pierluigi da Palestrina an der Spitze gezählt wurde.

Vor allem Carl Proske hatte in seiner Musica divina (der erste Band erschien 1853, vor 150 Jahren) solche Musik in großer Auswahl für alle liturgischen Anlässe herausgegeben. Domkapellmeister Joseph Schrems und seine Nachfolger bewältigten den zunächst nicht unumstrittenen musikstilistischen Umbruch nicht zuletzt mit Unterstützung der Ortsbischöfe und der führenden Männer der cäcilianischen Reformbewegung, deren Mittelpunkt Regensburg geworden war. (Quelle)
Als "Geburtsstunde" der "Regensburger Tradition" gilt das Jahr 1853, als Proske den ersten Band seiner "Musica Divina" publizierte und damit begann, die sog. "Alten Meister" in singbaren Editionen vorzulegen, die bisher großteils nur in italienischen Archiven in Form zeitgenössischer Drucke und Handschriften verstreut waren. Im eigentlichen Sinn meint RT ein fast ausschließlich an der Gregorianik und den Alten Meistern ausgerichtetes Kirchenmusikrepertoire (einschließlich neuerer Musik, die sich an deren Prinzipien mißt, wie zB der Cäcilianismus), wie es mit "Tra le sollecitudini" von Papst Pius X. und erneut vom II. Vatikanum dann universalkirchlich empfohlen wurde.

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Hubertus
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Hubertus »

taddeo hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Die "Regensburger Tradition"
Was ist das, bitte? (Ich weiß es wirklich nicht; ist das sowas wie Cäcilianismus reloaded?)
Sehr kurz gefaßt in etwa dies:
Heute steht die Dommusik, stehen die Domspatzen noch für die sogenannte "Regensburger Tradition", die im Rahmen der liturgisch-kirchenmusikalischen Reformbestrebungen um die Mitte des 19. Jahrhunderts begründet wurde. Ein Anstoß dazu war die Umstellung des Repertoires von der instrumentalbegleiteten Gegenwartsmusik hin zur Verwendung "echter" Kirchenmusik, zu der neben dem Gregorianischen Choral vor allem die Klassische Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts mit Giovanni Pierluigi da Palestrina an der Spitze gezählt wurde.

Vor allem Carl Proske hatte in seiner Musica divina (der erste Band erschien 1853, vor 150 Jahren) solche Musik in großer Auswahl für alle liturgischen Anlässe herausgegeben. Domkapellmeister Joseph Schrems und seine Nachfolger bewältigten den zunächst nicht unumstrittenen musikstilistischen Umbruch nicht zuletzt mit Unterstützung der Ortsbischöfe und der führenden Männer der cäcilianischen Reformbewegung, deren Mittelpunkt Regensburg geworden war. (Quelle)
Als "Geburtsstunde" der "Regensburger Tradition" gilt das Jahr 1853, als Proske den ersten Band seiner "Musica Divina" publizierte und damit begann, die sog. "Alten Meister" in singbaren Editionen vorzulegen, die bisher großteils nur in italienischen Archiven in Form zeitgenössischer Drucke und Handschriften verstreut waren. Im eigentlichen Sinn meint RT ein fast ausschließlich an der Gregorianik und den Alten Meistern ausgerichtetes Kirchenmusikrepertoire (einschließlich neuerer Musik, die sich an deren Prinzipien mißt, wie zB der Cäcilianismus), wie es mit "Tra le sollecitudini" von Papst Pius X. und erneut vom II. Vatikanum dann universalkirchlich empfohlen wurde.
Teil 1 gibt's übrigens bei Google Books:
http://books.google.de/books?id=lbg7AQA ... &q&f=false
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Protasius
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Protasius »

Die Musica Divina kenne ich durchaus, die anderen Teile findet man z. B. hier und den dazugehörigen Selectus novus Missarum hier.

Mir war nur die Bezeichnung Regensburger Tradition unbekannt; das lief bei mir einfach unter altklassische Vokalpolyphonie und Gregorianik.

Aber zu behaupten, es gäbe keine schön klingende Gregorianik, die die Erkenntnisse der Semiologie verarbeitet, ist falsch; siehe diese Aufnahmen
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Lupus
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Lupus »

<ich schrieb ja oben auch wenn ich so manchen ...höre.

Selbstverständlich gibts auch heute vorbildlich gute Chöre!

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cantus planus
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von cantus planus »

Protasius hat geschrieben:Aber zu behaupten, es gäbe keine schön klingende Gregorianik, die die Erkenntnisse der Semiologie verarbeitet, ist falsch; siehe diese Aufnahmen
Oh ja. Thomas Holmes war einer meiner Lehrer. :ja:
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new
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von new »

An welchen 1. Klasse Festen sollte die Missa II und an welchen die Missa III gesungen werden?

(Heute habe ich gelernt, dass das zweite Kyrie der Missa XVII für die "rosa" Sonntage sind, an den anderen - wenn die Orgel auch schweigen sollte - ist es das erste Kyrie der Missa XVII.)

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Protasius
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Protasius »

Die Verwendung des ersten oder zweiten Kyrie der Missa in Dominicis Adventus et Quadragesimae folgt aber dem jeweiligen örtlichen Gebrauch, wie das Kyriale Romanum ausdrücklich festhält (Erstes Kyrie vel, ubi moris est Zweites Kyrie).

Die II. und III. Messe sind im Kyriale ja als Missa in Festis Solemnibus bzw. Missa in festis I. classis gekennzeichnet. Meines Erachtens sollte man sie demzufolge an Hochfesten verwenden, die keine eigene Choralmesse haben. Die Osterzeit hat ja ihre eigene Messe, Marienfeste ebenso. Welche von beiden man an den übrigen Hochfesten verwendet, dürfte wiederum lokalem Gebrauch folgen. Bedenke allerdings, daß bereits im Graduale Romanum von 1907 ausdrücklich steht, daß die Zuordnungen zu verschiedenen Festen eine Empfehlung ist und man auch aus verschiedenen Messen mischen darf (sonst käme man ja nie dazu, aus den Cantus ad libitum zu singen).
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iustus
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von iustus »

Protasius hat geschrieben:Die Verwendung des ersten oder zweiten Kyrie der Missa in Dominicis Adventus et Quadragesimae folgt aber dem jeweiligen örtlichen Gebrauch, wie das Kyriale Romanum ausdrücklich festhält (Erstes Kyrie vel, ubi moris est Zweites Kyrie).
So steht es auch im Ordo-Missae-Heft der FSSP.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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PaceVeritas
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von PaceVeritas »

(Falls das hier schon mal gepostet wurde: Sorry...)
romanliturgy.org stellt ein Tool zur Verfügung, wo man Zettel
für die Proprien der ordentlichen und der außerordentlichen Form
des römischen Ritus erstellen kann.

Sowohl in der vollständigen Vertonung als auch im einfachen Psalmton (...)

Außerdem kann man Vorlagen für Choralnoten eigener Texte erstellen (...)
Link: http://gabc.romanliturgy.org/propers.html

Quelle
» Sic enim dilexit Deus mundum ... «
(Joh. 3,16)
[/color]

Fragesteller
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Fragesteller »

Wie bezeichnet man fachlich richtig "deutsche Gregorianik"? Im lutherischen Bereich mindestens hat das doch schon so lange Tradition, da wird es doch ein Wort geben? (Oder irgendwas analog zu englisch Plainchant, was beides bezeichnet)

michaelis
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von michaelis »

Das 1974er Graduale romanum ist als pdf online!

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Juergen
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Juergen »

Dort gibt es einiges zum Download: http://www.opne.org/music.htm

- The Suarez Edition of the Dominican Gradual (422 pgs pdf)
- The Gillet Edition of the Nocturnum (123 pgs pdf)
- Pre-Pius X Ferial Nocturnal (2 pgs pdf)
- Post Pius X Ferial Nocturnal (83 pgs pdf)
- Nocturnal for Common Offices (26 pgs pdf)
- Cormier Edition of the Processional (467 pgs pdf)
- The Gillet Edition of the Diurnal Antiphonarium (129 pgs pdf) — Link geht nicht :-(
- Hymns of the Dominican Missal and Breviary, (355 pgs pdf )
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Dieter
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Dieter »

Der Gregorianische Choral boomt wieder

http://www.deutschlandfunk.de/stille-zu ... _id=34922

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Schwenkelpott
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Schwenkelpott »

Kann mir jemand entweder Weblinks und/oder Buchtipps zur Geschichte der Choralmessen nennen? Es würde mich vor allem interessieren, aus welchen Jahrhunderten und woher die Melodien stammen.

Zur "Missa de Angelis" findet sich z.B. hier ein Artikel: https://media.musicasacra.com/publicati ... 933_12.pdf

Danke!
Der Katholik steht und will stehen in Allem auf historischem Boden; nur das Erdreich der Überlieferung gibt ihm Festigkeit und Nahrung; nur was sich an Überliefertes anschließt, gedeiht und treibt zu neuen Blüten und neuem Samen.
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Protasius
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Protasius »

Schwenkelpott hat geschrieben:
Donnerstag 28. Dezember 2017, 12:44
Kann mir jemand entweder Weblinks und/oder Buchtipps zur Geschichte der Choralmessen nennen? Es würde mich vor allem interessieren, aus welchen Jahrhunderten und woher die Melodien stammen.

Zur "Missa de Angelis" findet sich z.B. hier ein Artikel: https://media.musicasacra.com/publicati ... 933_12.pdf

Danke!
Das ist eine nicht ganz so einfache Frage; die Zusammenstellung der Choralmessen, wie sie im Graduale stehen, ist erst relativ spät erfolgt (in dieser Form erst mit der Editio Vaticana), so daß die Entstehungsgeschichte der einzelnen Teile einer Meßreihe nichts miteinander zu tun haben muß. In der Neuen Schule des gregorianischen Choralgesanges von Dominicus Johner stehen Jahrhunderte, die mW aus den Solesmenser Ausgaben des Graduale übernommen sind. Zu den geographischen Ursprüngen kann ich leider nichts erhellendes beitragen.
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Schwenkelpott
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Schwenkelpott »

Protasius hat geschrieben:
Dienstag 23. Januar 2018, 21:09
Das ist eine nicht ganz so einfache Frage; die Zusammenstellung der Choralmessen, wie sie im Graduale stehen, ist erst relativ spät erfolgt (in dieser Form erst mit der Editio Vaticana), so daß die Entstehungsgeschichte der einzelnen Teile einer Meßreihe nichts miteinander zu tun haben muß. In der Neuen Schule des gregorianischen Choralgesanges von Dominicus Johner stehen Jahrhunderte, die mW aus den Solesmenser Ausgaben des Graduale übernommen sind. Zu den geographischen Ursprüngen kann ich leider nichts erhellendes beitragen.
Vielen Dank! Ich hätte natürlich mal in mein Triplex schauen können - da steht ja immer klein in der Ecke "X. s." oder XIII. s." ...
Der Katholik steht und will stehen in Allem auf historischem Boden; nur das Erdreich der Überlieferung gibt ihm Festigkeit und Nahrung; nur was sich an Überliefertes anschließt, gedeiht und treibt zu neuen Blüten und neuem Samen.
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Schwenkelpott
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Schwenkelpott »

Warum gibt es im Kyriale des 1974er Graduale Romanum Ordinarien, bei denen im Kryie jeweils dreimal Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison vorkommt und bei anderen nur zweimal? Oder habe ich mich da irgendwo verlesen? (Ich nehme an, dass bis heißt, dass jeweils zweimal gesungen wird und nicht noch zwei dazu.) Kann man sagen, dass bei manchen Ordinarien im 1974er Graduale das dritte Mal gestrichen wurde? Warum?

Aus der Praxis kenne ich es so: Beispielsweise Ordinarium VII "Missa de Angelis" wird in Messen nach Messbuch Paul VI. jeweils nur zweimal, in denen nach 1962er Missale aber jeweils dreimal Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison gesungen.

Danke für die Antworten!
Der Katholik steht und will stehen in Allem auf historischem Boden; nur das Erdreich der Überlieferung gibt ihm Festigkeit und Nahrung; nur was sich an Überliefertes anschließt, gedeiht und treibt zu neuen Blüten und neuem Samen.
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Protasius
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Protasius »

Schwenkelpott hat geschrieben:
Samstag 17. Februar 2018, 11:38
Warum gibt es im Kyriale des 1974er Graduale Romanum Ordinarien, bei denen im Kryie jeweils dreimal Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison vorkommt und bei anderen nur zweimal? Oder habe ich mich da irgendwo verlesen? (Ich nehme an, dass bis heißt, dass jeweils zweimal gesungen wird und nicht noch zwei dazu.) Kann man sagen, dass bei manchen Ordinarien im 1974er Graduale das dritte Mal gestrichen wurde? Warum?

Aus der Praxis kenne ich es so: Beispielsweise Ordinarium VII "Missa de Angelis" wird in Messen nach Messbuch Paul VI. jeweils nur zweimal, in denen nach 1962er Missale aber jeweils dreimal Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison gesungen.

Danke für die Antworten!
Normalerweise wird die entsprechende Anrufung nach dem Meßbuch Pauls VI. nur zweimal gesungen bzw. bei Messen ohne Gesang gesprochen; in den Fällen, in denen die musikalische Form es verlangt (beispielsweise Kyrie IX Cum jubilo, in dem die neun Anrufungen verschiedene Melodien haben und die Melodie nie direkt wiederholt wird), darf man aber auch je drei Mal Kyrie, Christe und Kyrie singen. Das steht in den Praenotanda am Anfang des Graduale:
Graduale Romanum 1974 hat geschrieben:2. Acclamationes Kyrie, eleison inter duos vel tres cantores aut choros, pro opportunitate, distribui possunt. Acclamatio quæque de more bis dicitur, non tamen excluso numero maiore, attenta præsertim ratione artis musicæ, ut indicatur infra p. 709.

Quando Kyrie cantatur ut par actus pænitentialis, singulis acclamationibus brevis tropus præponitur.
Meine Übersetzung hat geschrieben:Die Anrufungen Kyrie, eleison können auf zwei oder drei Kantoren oder, je nach den Möglichkeiten, verteilt werden. Jede Anrufung wird gewöhnlich zweimal gesagt, ohne jedoch eine größere Zahl auszuschließen, insbesondere aus Gründen der musikalischen Kunst, wie unten auf S. 709 angegeben ist.

Wenn das Kyrie als Teil des Bußaktes gesungen wird, wird den einzelnen Anrufungen ein kurzer Tropus vorangesetzt.
Auf S. 709, den Vorbemerkungen zum Kyriale steht folgende Anweisung:
2. Ad cantum Kyrie quod attinet, quando novem invocationes notantur in extenso, musicæ «forma» eas integre canere requirit. Contra, quando unica habetur melodia repetenda pro primis invocationibus Kyrie, hæc invocatio bis tantummodo cantatur. Item pro invocationibus sequentibus, Christe et Kyrie (ex. gr. Kyrie V). Quando tamen ultimum Kyrie peculiari melodie est instructum (ex. gr. Kyrie I), Kyrie quod præcedit semel tantum canitur; ita regula generalis de unaquaque invocatione repetenda servatur.
2. Was den Gesang des Kyrie betrifft, wenn neun Anrufungen ausnotiert sind, so erfordert es die musikalische „Form“ sie vollständig zu singen. Wenn hingegen eine einzelne zu wiederholende Melodie für die ersten Anrufungen angegeben ist, wird dieser Ruf nur zweimal gesungen. Dies gilt auch für die folgenden Anrufungen, Christe und Kyrie (Z. B. Kyrie V). Wenn aber das letzte Kyrie mit einer besonderen Melodie versehen ist (z.B. Kyrie I), wird das vorangehende Kyrie nur einmal gesungen; diese allgemeine Regel ist für alle zu wiederholenden Anrufungen einzuhalten.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Schwenkelpott
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Re: Allgemeine Fragen zur Gregorianik

Beitrag von Schwenkelpott »

Protasius hat geschrieben:
Samstag 17. Februar 2018, 15:04
Normalerweise wird die entsprechende Anrufung nach dem Meßbuch Pauls VI. nur zweimal gesungen bzw. bei Messen ohne Gesang gesprochen; in den Fällen, in denen die musikalische Form es verlangt (beispielsweise Kyrie IX Cum jubilo, in dem die neun Anrufungen verschiedene Melodien haben und die Melodie nie direkt wiederholt wird), darf man aber auch je drei Mal Kyrie, Christe und Kyrie singen. Das steht in den Praenotanda am Anfang des Graduale:
Hab vielen Dank für deine Antwort und die Übersetzung!
Der Katholik steht und will stehen in Allem auf historischem Boden; nur das Erdreich der Überlieferung gibt ihm Festigkeit und Nahrung; nur was sich an Überliefertes anschließt, gedeiht und treibt zu neuen Blüten und neuem Samen.
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