Und wie sieht es aus mit Mieten, Pachten und Dividenden?
Beispiel: Ich habe die Summe x
1. davon kaufe ich mir einen Acker und verpachte ihn an einen Landwirt zu einem festen Betrag, der mir überwiesen wird - egal wie der Acker genutzt wird bzw. welchen Ertrag er abwirft.
Das ist kein leistungsloses Einkommen? Warum?
Hierbei handelt es sich um ein Mietentgelt für die zeitliche Überlassung meines Eigentums an Dritte. Als Eigentümer hafte ich für die Gefahrtragung und für nicht dem Pächter/Mieter direkt zuschreibbare Beeinträchtigungen meines Eigentums. Die Höhe der Miete/Pacht muß selbstverständlich angemessen sein, d.h. den Aufwand und etwaige Substanzschäden abdecken. Der Darlehensgeber ist dagegen nicht Eigentümer der dargeliehenen Summe.
2. ich kaufe für den Betrag Aktien und erhalte Dividenden
vewerfliches leistungsloses Einkommen oder Beteiligung an einem Geschäft und erlaubt?
Grundsätzlich gestattet, weil a) der Wert der Aktien sinken kann und b) die Dividende vom Geschäftserfolg abhängig ist und c) bei negativem Eigenkapital die Eigentümer haften müssen. Deswegen erachte ich die Institution der zeitgenössischen Publikums-AG für höchst problematisch, weil der Aktionär seine Unternehmerfunktion de facto nicht ausüben kann und zum zweiten das finanzielle Risiko beschränkt ist.
3. ich lege den Betrag bei der Bank an und erhalte Zinsen
Das ist ein verwerfliches leistungsloses Einkommen?
Und noch mehr die Forderung von Zinsen auf täglich fällige Sichteinlagen, bei denen der Einleger nicht einmal vorübergehend auf die Verfügungsgewalt über die eingelegte Summe verzichtet.
In allen Fällen habe ich "keinen Finger krumm gemacht", um ein Einkommen aus dem Kapital zu erzielen, sondern andere arbeiten lassen.
Wo das tatsächlich der Fall ist, ist das an und für sich verwerflich.
Warum sollte irgendjemand sein sauer erarbeitetes, versteuertes und mit Konsumverzicht erspartes Geld kostenlos verleihen und dazu noch das Risiko der Schuldnerinsolvenz sowie der Geldentwertung tragen?
Das Risiko der Schuldnerinsolvenz fällt nicht unter den Titel der „Zinsen“ sondern ist als ein legitimer, dem Darlehensvertrag jedoch extrinsischer Titel – periculum sortis dem „Interesse“ (Schadenersatz) zugeordnet.
Die Frage der Geldentwertung ist wesentlich diffiziler uns so weit ich das beurteilen kann, gibt es zu diesem Punkt keine einheitliche Position. Die Metallisten betonen die Kaufkraft, deren Veränderung erstattet werden darf, einige argumentieren chartalistisch. Für die Geldversorgung an sich ist allerdings der Staat/der Fürst zuständig. Inwiefern es erlaubt ist, die negativen Folgen von Handlungen Dritter auf meinen Vertragsparteien abzuwälzen, entzieht sich meiner Kenntnis.
Wie sollte denn das Gegenmodell aussehen?
Die Bürger deponieren ihre Ersparnisse bei Geldannahme- und -verleihinstituten, die diese dann praktisch kostenlos an jemanden weiterreichen, der sie "brauchen kann"?
Die Einhebung von Gebühren für tatsächlich angefallene Kosten wäre selbstredend statthaft.
Meine Erwartung wäre, daß zum einen das Angebot an Ersparnissen zur Überlassung an Dritte zurückgeht, weil der Sparer kein leistungsloses Einkommen mehr lukrieren kann. Dies würde in Umkehrung der von der Errichtung des modernen Bankensystems intendierten wirtschaftlichen Zentralisierung a) die Dezentralisierung der wirtschaftlichen und politischen Struktur zur Folge haben, b) den Verschuldungsgrad der Gesellschaft massiv reduzieren, c) die Sekundärtugend der Sparsamkeit und die Primärtugend der Mäßigung fördern.
Nach welchen Kriterien sollte eine "Geldleihe" für einen Schuldner möglich sein?
Zunächst wäre die Frage zu klären, warum sich jemand verschulden soll? Sofern die Nachfrage auf Maßlosigkeit beruht, wie heute häufig anzutreffen, liegt die Antwort auf der Hand.
Zudem weiß die Bibel: „Der Schuldner ist des Gläubigers Knecht“ (Spr 22, 7).
GregorH hat geschrieben:
Die finanzielle Belastung des Familienvaters wäre bei einem zinsenlosen Darlehen deutlich geringer.
Dies ist unbestritten, jedoch antirealistisch!
Dann ist das Naturrecht und umso mehr die Bibel „anti-realistisch“. Die Bibel verbietet an unzähligen Stellen die Zinsennahme. Nur Lk 19, 23 scheint die Zinsennahme nicht nur zu dulden, sondern geradezu zu fordern. Hiezu aber Thomas:
II, II, qu. 78, art. 1 ("Es ist Sünde, Zins für geliehenes Geld zu nehmen"): Einwände:
1. Niemand kann eine Sünde begehen, wenn er dem Beispiel Christi folgt. Der Herr sagt aber von sich selbst (Lk 19, 23): "Bei meiner Ankunft hätte ich es (nämlich das geliehene Geld) mit Zinsen zurückverlangt." Also ist Zins für geliehenes Geld nehmen keine Sünde. [...]
Ich antworte: [...]
ad 1.): "Zins" wird an dieser Stelle [Lk 19, 23] nur im übertragenen Sinn für ein das Maß überschreitendes Anwachsen der geistigen Güter gebraucht, die Gott mit dem Willen eintreibt, daß wir in allem, das wir von ihm empfangen haben, ständig Fortschritte machen. Das ist aber nur zu unserem Vorteil.