Opus Dei
Das
Praelatura Santae Crucis et Opus Dei (lateinisch: "Prälatur des Heiligen Kreuzes und Werk Gottes", vollständiger deutscher Name:
Prälatur des Heiligen Kreuzes und des Werk Gottes) ist eine Personalprälatur in der katholischen Kirche, deren Inhalte und Praktiken für heftige Kontroversen gesorgt haben. Es wurde 1928 vom spanischen Priester Josemaria Escrivá de Balaguer y Albás (1902-1975) gegründet, ist weltweit aktiv und hat rund 80.000 Mitglieder.
Ziel der Vereinigung ist nach eigenem Bekunden, den Mitgliedern zu helfen, Gott in der Arbeit und im täglichen Leben zu suchen. Allerdings gibt es auch erhebliche Vorwürfe bezüglich absoluten Machtstrebens über die Mitglieder und unangemessener Einflussnahme auf katholische staatliche Amtsträger und Kircheneinrichtungen. Das Opus Dei gilt als äußerst konservativ.
Geschichte
Der Gründer entstammte einer bürgerlichen spanischen Familie. Er suchte nach Möglichkeiten, den christlichen Glauben Studenten und Angestellten näherzubringen. Schon immer sind daher
Intellektuelle Hauptzielgruppe von Opus Dei gewesen.
Gegründet wurde das "Werk", wie es von den Mitgliedern genannt wird, im Jahr 1928 in Madrid, als der Gründer Besinnungstage abhielt. Seinen Namen erhielt es aber erst in den 1930er Jahren. Seit 1930 steht es auch Frauen offen, wobei allerdings bei den Angeboten nach Geschlechtern getrennt wird. 1934 erschien "Der Weg" (ISBN 3920007670), eine Aphorismensammlung von Josemaria Escrivá, welche die Spiritualität des Opus Dei zusammenfasste. Im Spanischen Bürgerkrieg musste der Gründer 1937 in den nationalen Teil des Landes fliehen, weil im republikanischen Teil die katholische Kirche verfolgt wurde. Seit den 1950er Jahren waren einige Mitglieder des Opus Dei unter dem spanischen Diktator Francisco Franco politisch engagiert, im Übergangskabinett nach dem Tod Francos waren einige der Minister Mitglieder des Werkes. Jedoch waren unter den Verfolgten des Franco-Regimes ebenfalls Mitglieder des Opus Dei.
Der Gründer selbst enthielt sich direkter politischen Einmischung, war jedoch ein Bewunderer Francos und legte mit seinem Werk Der Weg die Grundlage für die ideologische Nähe zum Faschismus. Er forderte jedoch, dass alle Mitglieder nach bestem Wissen und Gewissen im christlichen Sinn handelten. 1950 ermöglichte das Opus Dei als erste Einrichtung der katholischen Kirche auch Nicht-Katholiken die Mitarbeit. 1952 wurde die erste Niederlassung des Opus Dei in Deutschland eröffnet. Im Jahr 1982 wurde das Opus Dei vom Heiligen Vater als Personalprälatur, eine im zweiten Vatikanum eingeführte Rechtsform, errichtet, nachdem alle Bischöfe zu dieser Entscheidung konsultiert wurden. Damit wurden die Mitglieder sowohl an die Vorgaben des Prälaten als auch an die des Ortsbischofs gebunden. Das Opus Dei beginnt seine Arbeit in keiner Diözese ohne die Zustimmung des zuständigen Bischofs. Diese wird jedoch zumeist erteilt.
Kanonisation
Josemaría Escrivá wurde im Mai 1992 durch Papst Johannes Paul II. selig und im Oktober 2002 heilig gesprochen. Kritiker dieses Verfahrens bemängelten sowohl die Schnelligkeit, mit der dieses Verfahren durchgeführt wurde, die bis jetzt nur von Mutter Theresas Seligsprechung übertroffen wurde (Sie wurde 6 Jahre nach ihrem Tod in die Liste der Seligen aufgenommen, üblicherweise wird eine Seligsprechung erst 50 Jahre nach dem Tode der Person vorgenommen), als auch die Fragwürdigkeit der für beide Verfahren notwendigen Wunder.
Organisation
Inzwischen zählt die Organisation etwa 80.000 Mitglieder in über 90 Ländern.
An der Spitze steht der Prälat des Opus Dei, seit 1994 Bischof Javier Echevarría. Er ist nach Alvero del Portillo der zweite Nachfolger des Gründers Josémaria Escrivá.
Das Opus Dei ist in zwei Abteilungen unterteilt - eine männliche und eine weibliche.
Die Mitglieder sind größtenteils Laien, aber auch Kleriker. Ca. 80-90% der Mitglieder sind verheiratet und leben in ihren Familien (Supernumerarier). Unverheiratete Mitglieder leben entweder in den Opus-Dei-Bildungszentren (Numerarier, die allerdings Akademiker sein müssen), in eigenen Häusern oder bei ihren Familien (Assoziierte, die nicht Akademiker sein müssen). Die in den Bildungszentren lebendenden Numerarier (Laien und Priester der Prälatur) sind für die streng katholische Bildung der Mitglieder hauptverantwortlich. Unterstützt werden können sie dabei von ausgewählten Supernumerariern. Alle Mitglieder sind aufgerufen, - auch und gerade in den unscheinbaren Dingen des Alltags - nach Heiligkeit zu streben, also nach der christlichen Forderung nach dem Leben in Fülle (vergleiche Zweites Vatikanisches Konzil).
Überwiegend leben und arbeiten die Mitglieder in ihren selbstgewählten Lebensumständen und Berufen. Von Seiten der Prälatur werden in der Regel keine Vorgaben gemacht, welcher Beruf beispielsweise ausgeübt werden soll, im Gegensatz zu der Praxis in den Orden, wo durchaus von Oberen Einfluss auf die Berufsausübung genommen wird. Es kann jedoch bei Numerariern vorkommen, dass von ihnen verlangt wird, einen Beruf aufzugeben, um sich ganz der Bildungs- oder Leitungsarbeit des Opus Dei zu widmen.
Die einzelnen Mitglieder beziehungsweise mehrere Mitglieder gemeinsam errichten mit Spenden, die zum Teil unter erheblichem persönlichen Einsatz lukriert werden, eigene Ausbildungszentren (zum Beispiel für Landwirtschaft), Schulen, Studentenheime, Wirschaftsschulen (zum Beispiel Iese, Barcelona (
http://www.iese.edu)), Kulturzentren und sogar zwei Universitäten (in Navarra, Spanien und Piura, Peru). Diese Zentren sind so genannte kooperative Werke, sie entstehen auf Eigeninitiative der Mitglieder des Opus Dei, die religiöse Bildung in diesen Zentren ist dem Opus Dei anvertraut. Weitere Initiativen sind im Aufbau begriffen.
Kritik
Das Opus Dei ist einerseits umstritten, genießt andererseits eine hohe Wertschätzung und Unterstützung vor allem aus erzkonservativen Kreisen des Vatikans.
Die Kritik am Opus Dei ist sehr vielfältig. Kritisiert werden die extrem rechte politische Ausrichtung, der sektenhafte Charakter, Geheimnisskrämerei und Machtstreben und die anachronistischen Praktiken der Selbstgeisselung.
Geheimniskrämerei
Das Opus Dei taucht oft in Zusammenhang mit Verschwörungstheorien auf. Die Ursache dafür muss wohl in der Geheimnisskrämerei des Opus Dei selbst gesucht werden. Im ideologischen Hauptwerk Der Weg wird der "Tugend der Diskretion" ein ganzes Kapitel gewidmet. Dort heißt es unter anderem:
655 Ich kann dir die Bedeutung der Diskretion nicht genug ans Herz legen. Vielleicht ist sie nicht die Spitze deiner Waffe, aber zumindest der Griff.
Es sollte nicht verwundern, dass jemand, der so viel Wert auf "Diskretion" legt, den Verdacht provoziert, er hätte etwas zu verbergen. Aus christlicher Sicht kann dieses Übermaß an Diskretion auch als Mangel an Ehrlichkeit interpretiert werden.
Machtstreben
Das Machststreben des Opus Dei ist sowohl auf den kirchlichen als auch auf den weltlichen Bereich gerichtet. Im ersteren Falle ist man hier schon sehr erfolgreich. Das Opus Dei sitzt an Schlüsselpositionen im Vatikan, viele Bischöfe und Kardinäle sind Mitglieder oder Freunde des Opus Dei und es gilt daher als nicht augeschlossen, dass der nächste Papst ein Opus Dei Mitglied sein könnte.
Im weltlichen Bereich versucht das Opus Dei seine Mitgliederwerbung vor allem auf den Bereich einflussreicher Personen und junger Akademiker zu konzentrieren, die später einflussreiche Positionen in der Gesellschaft einnehmen könnten. In einem geheimen Bericht des Opus Dei an den Papst aus dem Jahre 1979, der durch eine Indiskretion öffentliche wurde, berichtet Alvaro Del Portillo, stolz dass Opus Dei bereits in 479 Universitäten und Hochschulen auf fünf Kontintenten vertreten sei, und weiterhin in 604 Zeitungen und Zeitschriften, 52 Radio- und TV-Anstalten, in 38 Nachrichten- und Werbeagenturen und in 12 Filmproduktions- und Vertriebsgesellschaften.
Sektenhafter Charakter
Im strengen Sinne des Wortes kann Opus Dei keine Sekte sein, da es ja offizieller Teil katholische ist und keine Abspaltung derselben. Kritiker sehen jedoch das Opus Dei mit seiner eigenwilligen ideologischen und theologischen Ausrichtung als eine Art von Sekte in der Kirche. Mit der zunehmenden Machtergreifung des Opus Dei innerhalb der katholischen Kirche wird die Richtung des Opus Dei jedoch zunehmend zur Richtung der Kirche selbst.
Im umgangssprachlichen Sinne meint man mit Sekte etwas, was im englischen als Cult bezeichnet wird: Eine Gruppe die mit manipulativen Methoden versucht, neue Mitglieder anzuwerben, und diese nach einem totalitären Schema zu kontrollieren. Kritiker sehen das Opus Dei nachgerade als Musterbeispiel für diese Art von Sekte. Im Bereich der Mitgliederrekrutierung wird diese vor allem über vorgetäuschte Freundschaften erreicht (Apostolat der Freundschaft). Das beginnt oft mit einer Einladung zum Essen (Apostolat des Mahles, Vergleiche unter anderem Der Weg #970). Laut Berichten von Ex-Mitgliedern werden Leute dazu angehalten, Freundschaften dazu zu benutzen, Mitglieder zu werben. Zur Kontrolle der Mitglieder gibt es wöchentliche Gespräche mit einem Geistigen Leiter. Damit es dort auch genügend Ansatzpunkte für schlechtes Gewissen und Kurskorrekturen gibt, legt das Opus Dei besonderen Wert auf Reinheit. Ehemalige Mitglieder berichten von einer rückhaltloser Gehorsamspflicht gegenüber Vorgesetzten, gesundheitsgefährdender Leidensbereitschaft und zwanghafter Moral innerhalb der Bewegung. Das Opus Dei pflegt einen Index von "Verbotenen Büchern". Sollte jemand eines dieser Werke für eine wissenschaftliche Arbeit benötigen, so bekommt er nur eine vom Opus Dei bearbeitete Zusammenfassung. Enthalten sind nicht nur unliebsame theologische Werke, sondern auch politische, wie etwa von Heinrich Böll oder Karl Marx.
Die völlige Auslieferung an die geistigen Leiter des Opus Dei wird in den Werken ideologisch vorbereitet. So heißt es unter anderem im Weg:
62: Ein Leiter. - Du brauchst ihn. - Um dich hinzugeben, um dich zu verschenken..., im Gehorsam. ..
617: Gehorcht, wie ein Werkzeug in der Hand des Künstlers gehorcht, das nicht danach fragt, warum es dies oder jenes tut. Seid überzeugt, daß man euch nie etwas auftragen wird, das nicht gut ist und nicht zur Ehre Gottes gereicht.
Rechte Politische Ausrichtung
Die extreme politische Ausrichtung des Opus Dei ist nicht nur daran erkennbar, dass es für Opus-Dei-Mitglieder kein Problem darstellte, im faschistischen Franco-Regime mitzuarbeiten oder das Pinochet-Regime zu unterstützen (engste Berater von Pinochet waren Opus-Dei-Mitglieder), sondern vor allem auch in der ideologischen Ausrichtung der Werke Escrivás. Im Buch Der Weg wird direkte Kritik an den liberalen Ideen der Aufklärung geübt und blinder Gehorsam gegenüber vorgesetzten Leitern gepredigt. Zusammen mit der Tatsache, dass sogar Zensur von Büchern geübt wird, ergibt dies eine Mischung die auf jeden Fall den Prinzipien moderner westlicher Gesellschaften widerspricht, und von einigen Kritikern sogar als faschistoid bezeichnet wird.
Praktiken der Selbstgeisselung
Numerarier zum Beispiel tragen nach Absprache mit dem geistlichen Leiter täglich zwei Stunden einen schmerzhaften Bußgürtel (Cilice), und führen wöchentliche Selbstgeißelungen durch, die an die Geißelung Jesu erinnern sollen. Theologisch ist jedoch höchst umstritten, inwieweit die im Opus Dei gepredigte Verherrlichung von Schmerz noch etwas mit christlichen Ideen zu tun hat.
Zusammenfassung
Kritiker erklären den Erfolg des Opus Dei auch damit, daß in einer immer komplexer werdenden Welt Menschen oft nach einfachen Rezepten suchen. Selbst Entscheidungen treffen zu müssen, und dabei nicht zu wissen, was richtig und was falsch ist, wird von vielen Menschen als Last empfunden. Das Opus Dei bietet hier eine einfache Lösung: sich den Anordnungen des Opus Dei und seiner Leiter unterzuordnen und schon sei man auf dem besten Wege, ein Heiliger oder eine Heilige zu werden.