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iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

Marion hat geschrieben:der Zweck heiligt nicht die Mittel ...
Das halte ich - wenn man es absolut versteht - nicht für richtig und nicht für die Lehre der Kirche.

Eine Güterabwägung ist zulässig.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

iustus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Das hat was mit Selbstmord zutun (das auf gar keinen Fall mit Martyrium zu verwechseln ist) und mit der Zweck heiligt nicht die Mittel ...
Es ist kein Selbstmord, weil der Tod mir nicht willkommen ist. Ich nehme ihn in Kauf, um das Leben eines anderen zu retten (das muss nicht Martyrium sein, wenn für ein Mayrtyrium der Glaube erforderlich ist - was ich annehme).
Du hattest das doch aber mit Kolbe verglichen?
Der ja auch nicht unbedingt sterben wollte, aber für jemand anderen sein Leben riskierte und dann auch für ihn starb.
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iustus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von iustus »

Marion hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Das hat was mit Selbstmord zutun (das auf gar keinen Fall mit Martyrium zu verwechseln ist) und mit der Zweck heiligt nicht die Mittel ...
Es ist kein Selbstmord, weil der Tod mir nicht willkommen ist. Ich nehme ihn in Kauf, um das Leben eines anderen zu retten (das muss nicht Martyrium sein, wenn für ein Mayrtyrium der Glaube erforderlich ist - was ich annehme).
Du hattest das doch aber mit Kolbe verglichen?
Der ja auch nicht unbedingt sterben wollte, aber für jemand anderen sein Leben riskierte und dann auch für ihn starb.
Eben. Kolbe und dem Organspender geht es darum Leben zu RETTEN, der Selbstmörder will sterben.

Entscheiden ist das "Für andere", das fehlt beim Selbstmörder.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

iustus hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:der Zweck heiligt nicht die Mittel ...
Das halte ich - wenn man es absolut versteht - nicht für richtig und nicht für die Lehre der Kirche.

Eine Güterabwägung ist zulässig.
http://kreuzgang.org/viewtopic.php?f=3&t=11534
Machen wir hier weiter, weil das eine Allgemeine Frage ist :)

Wenn diese Frage dann sauber geklärt ist dürfte es hier auch klar sein, daß das im KKK nie geändert werden kann da es seinen Sinn hat.
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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

iustus hat geschrieben:Eine Güterabwägung ist zulässig.
Hier ist die Regel

http://kreuzgang.org/viewtopic.php?p=38999#p38999
Gamaliel hat geschrieben:Ich gebe hier kurz mal die Regeln (der Moraltheologie) für das "voluntarium in causa" auf Deutsch auch "Lehre von der doppelten Wirkung" genannt:

1. Die Handlung selbst, die gesetzt wird, muß sittlich gut oder wenigstens indifferent sein (nach dem finis operis).

2. Die gute Wirkung folgt unmittelbar aus der Handlung und nicht erst aus der bösen Wirkung.

3. Die Absicht des Handelnden darf nur auf die gute Wirkung gerichtet sein.

4. Es muß ein hinreichender Grund vorliegen, die böse Wirkung zuzulassen. (Der Grund muss um so wichtiger sein:
- je schlimmer die Wirkung ist
- je sicherer sie eintritt
- je unmittelbarer sie folgt
- je grösser die Verpflichtung ist, die schlechte Wirkung zu verhindern
- je wahrscheinlicher es ist, dass bei der Unterlassung der Handlung die Wirkung nicht eintritt)

Nur wenn sämtliche genannten vier Bedingungen zutreffen, ist die Vornahme einer Handlung, aus der auch eine schlimme Wirkung folgt, erlaubt!
Kuck mal ob das hier erst mal grob passt.
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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

http://kreuzgang.org/viewtopic.php?p=39199#p39199
Gamaliel hat geschrieben:Das Martyrium
(vgl. Summa theologica, II-II, q.124)


Begriff:

Martyrium = Testimonium veritatis christianae per tolerantiam mortis corporalis = Bezeugung der christlichen Wahrheit durch Erduldung des körperlichen Todes


- Das Martyrium ist der höchste Akt der Tugend der Tapferkeit (= Starkmut)
- Ziel des Martyriums: Der Märtyrer will das Gut des Glaubens in unerschütterlicher Weise bewahren
- Ursache des Martyriums ist die vollkommene übernatürliche Liebe. Daher kommen Märtyrer direkt in den Himmel. (vgl. Innozenz III.: „Ein Unrecht fügt dem Gemarterten zu, wer für einen Märtyrer betet.“ [nämlich um Befreiung aus dem Fegefeuer])


Das Martyrium umfaßt also drei Elemente:

a) das wirkliche Erleiden des körperlichen Todes

b) das Erleiden des Todes, der von einem Feind zugefügt wird und zwar aus Haß gegen die christliche Wahrheit

Der Tod muß also durch jemanden zugefügt werden, der ein Feind des Glaubens oder einer christlichen Tugend ist. Keine Märtyrer im strengen Sinn sind daher jene, die:

- den Tod in Kauf nehmen bei der Betreuung schwer ansteckender Kranker
- den Tod für natürliche Wahrheiten erleiden
- den Tod wegen Häresie erlitten haben (z.B. Jan Hus)
- sich selbst töten, um sich vor Verfehlungen gegen irgendeine christliche Tugend zu bewahren (z.B. um sich selbst vor der Verleugnung des Glaubens zu bewahren)

c) die freiwillige Annahme des Todes

Da das Martyrium ein Tugendakt ist und Tugendakte vom Willen ausgehen, muß auch das Martyrium freiwillig angenommen werden.
Aus Glaubenshaß getötete Kleinkinder sind wahre Märtyrer. Die Einwilligung wird bei ihnen durch eine besondere Gnade ersetzt.

Einige Hindernisse, die die Anerkennung des Martyriums verhindern:

1. Widerstandsleistung
Der Märtyrer nimmt den Tod freiwillig an, ohne Widerstand zu leisten. Wer dem Angreifer widersteht, sich in einen Kampf mit ihm einläßt und stribt, kann nicht als Märtyrer bezeichnet werden (wohl aber als Streiter für Christus und seine Religion).

2. Flucht vor den Verfolgern
Bischöfen und Seelsorgern deren Ausharren zur Stärkung der ihnen anvertrauten Gläubigen nötig ist, ist die Flucht verboten (Joh 1,11f).
Die folgenden 3 Beiträge im verlinkten Strang muss man auch lesen!

Das Martyriumargument ist somit bei der Organspende völlig ausgeschlossen
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cantus planus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von cantus planus »

Natürlich. Hat denn jemals irgendwo irgendwer die Organspende mit dem Martyrium verglichen? Ich dachte, wir diskutierten das theoretisch.

Oder gibt es solche Verbindungen etwa wirklich? :patsch:
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

http://kreuzgang.org/viewtopic.php?p=386748#p386748

Da ging es los - Maximilian Kolbe
Ich finde das nicht schlimm wenn solche Assoziationen kommen.
Kann man ja mit Fachleuten sauber lösen :blinker:
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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

http://kreuzgang.org/viewtopic.php?p=39224#p39224
Gamaliel hat geschrieben:Der Selbstmord
(vgl. Summa theologica, II-II, q.64, a.5)

1. Unterscheidung:

- occisio directa: der Tod selbst ist gewollt und folgt unmittelbar aus der freiwillig gesetzten Handlung => Ziel der Handlung (finis operis) und Absicht des Handelnden (finis operantis) sind die Selbsttötung
- occisio indirecta: der Tod selbst ist nicht gewollt er folgt aber der vorgenommenen Handlung indirekt, insofern diese (direkt) eine Situation äußerster Todesgefahr herbeiführt => weder das Ziel der Handlung (finis operis), noch die Absicht des Handelnden (finis operantis) sind auf den Tod ausgerichtet

2. Regeln

a) Die direkte Tötung seiner selbst ist eine schwere Sünde, wenn es auf eigene Autorität hin geschieht. Sie ist nämlich:

- gegen das positive göttliche Recht: 5. Gebot (Ex 2, 13; Dt 32, 39; Sap 16, 13; Röm 14, 7)

- gegen das Naturrecht:
* gegen die natürliche und übernatürliche Liebe seiner selbst;
* gegen die Gerechtigkeit gegenüber der Gesellschaft, deren Glied man ist;
* gegen die Gerechtigkeit Gott gegenüber, dem der Mensch gehört;

Sonderfälle:

- Erlaubt wäre es, auf göttliche Autorität hin sich direkt zu töten (hll. Appolonia, Pelagia, Sophronia)
- Ein vom Staat rechtmäßig gefälltes Todesurteil im Auftrage des Staates an sich selbst zu vollziehen, ist wahrscheinlich erlaubt (entgegengesetzter Meinung ist jedoch der hl. Alphons!).


b) Die indirekte Tötung seiner selbst ist an sich ebenfalls verboten und schwer sündhaft, kann aber per accidens aus einem entsprechend schwerwiegenden Grunde erlaubt, d.h. nicht sündhaft, sein.

Indirekt tötet jemand sich selbst, wenn er den Tod zwar durchaus nicht beabsichtigt, aber mit Wissen und Willen eine Handlung setzt, aus der nicht nur die beabsichtigte gute Wirkung, sondern auch der Tod folgt. Der Tod wird also nicht beabsichtigt, sondern „nur“ zugelassen!


3. Anwendungsbeispiele:

a) Es ist erlaubt sich indirekt zu töten, um einen sicheren und grausamen Tod zu meiden, d.h. man darf sich unter solchen Umständen der höchsten Todesgefahr aussetzen (vgl. hl. Alphons, Theologia morlis, l.3, n. 367)
So darf man sich etwa von einem hohen Punkt herabstürzen, um dem Feuertod zu entgehen, jedenfalls wenn noch irgendeine Hoffnung besteht, dem Tod zu entgehen. (Die Lösung dieses Grenzfalls erfolgt mittels den - in einem anderen Thread schon erwähnten - Regeln des voluntarium in causa.)

b) Es ist im Krieg erlaubt, ein Festungswerk oder ein Schiff in die Luft zu sprengen, um dem Feind zu schaden, auch wenn man voraussieht, daß man dabei selbst den Tod findet (vgl. Ri 16,23ff.: Samson).

4. Zusatzbemerkung:

Es wäre eine schwere Sünde, wenn man sich ohne hinreichenden Grund einer Lebensgefahr oder einer bedeutenden Verkürzung der Lebenszeit aussetzte.

Ein solch hinreichender Grund („causa proportionaliter gravis“) liegt etwa beim Soldaten vor, der im Schlachtgetümmel für das Allgemeinwohl einsteht, oder auch beim Missionar, der sich unter Todesgefahr in entfernte und gesundheitsgefährdende Regionen begibt, um dort das hohe Gut des Glaubens zu verbreiten.

Und hier haben wir noch was zum Selbstmord.

Herzlichen Dank lieber Gamaliei für deine Mühe Bild
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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

Berolinensis hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Der Selbstmord
(vgl. Summa theologica, II-II, q.64, a.5)

2. Regeln

b) Die indirekte Tötung seiner selbst ist an sich ebenfalls verboten und schwer sündhaft, kann aber per accidens aus einem entsprechend schwerwiegenden Grunde erlaubt, d.h. nicht sündhaft, sein.

Indirekt tötet jemand sich selbst, wenn er den Tod zwar durchaus nicht beabsichtigt, aber mit Wissen und Willen eine Handlung setzt, aus der nicht nur die beabsichtigte gute Wirkung, sondern auch der Tod folgt. Der Tod wird also nicht beabsichtigt, sondern „nur“ zugelassen!
Würdest du also zustimmen, daß der geschilderte Fall der "Organspende" direkte Selbsttötung ist?
Eigentlich müßte man die Organspende nach dieser Auflistung unter die "indirekte Selbsttötung" einreihen, denke ich. Man beabsichtigt den Tod nicht (weil man - zurecht oder zumindest fälschlich - davon ausgeht, daß man ja dann eh schon "tot" ist, wie es einem die Transplantationsmedizin erklärt), sondern setzt wissent- und willentlich eine Handlung (die Zustimmung zur Organspende), aus der sowohl die beabsichtigte gute Wirkung (Organspende) als auch der eigene Tod folgt (falls er nicht schon vorher eingetreten ist). "Der Tod wird also nicht beabsichtigt, sondern nur zugelassen."
Das war aber nicht der Fall, den ich in Fortführung der Argumentation der Befürworter der Organspende, die gleichwohl das Hirntodkriterium nicht anerkennen (guck noch mal in den Organspendestrang) gesetzt hatte (siehe hier). Dort geht es gerade darum, ob man bewußt in seinen Tod einwilligen darf (daß dies praktisch in den seltensten Fällen zutreffen dürfte, hatte ich schon angemerkt), um ein anderes zu retten, wobei dieses eben gerade durch den eigenen Tod gerettet wird.
Ich denke wie Taddeo. Indirekte Tötung. Der Spender (welcher weiß daß er beim spenden noch lebt - um die andern geht es nicht) will ja nicht sterben, sondern "nur" sein Herz hergeben und nimmt dabei im Kauf daß er stirbt.
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Berolinensis
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Berolinensis »

Marion hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Der Selbstmord
(vgl. Summa theologica, II-II, q.64, a.5)

2. Regeln

b) Die indirekte Tötung seiner selbst ist an sich ebenfalls verboten und schwer sündhaft, kann aber per accidens aus einem entsprechend schwerwiegenden Grunde erlaubt, d.h. nicht sündhaft, sein.

Indirekt tötet jemand sich selbst, wenn er den Tod zwar durchaus nicht beabsichtigt, aber mit Wissen und Willen eine Handlung setzt, aus der nicht nur die beabsichtigte gute Wirkung, sondern auch der Tod folgt. Der Tod wird also nicht beabsichtigt, sondern „nur“ zugelassen!
Würdest du also zustimmen, daß der geschilderte Fall der "Organspende" direkte Selbsttötung ist?
Eigentlich müßte man die Organspende nach dieser Auflistung unter die "indirekte Selbsttötung" einreihen, denke ich. Man beabsichtigt den Tod nicht (weil man - zurecht oder zumindest fälschlich - davon ausgeht, daß man ja dann eh schon "tot" ist, wie es einem die Transplantationsmedizin erklärt), sondern setzt wissent- und willentlich eine Handlung (die Zustimmung zur Organspende), aus der sowohl die beabsichtigte gute Wirkung (Organspende) als auch der eigene Tod folgt (falls er nicht schon vorher eingetreten ist). "Der Tod wird also nicht beabsichtigt, sondern nur zugelassen."
Das war aber nicht der Fall, den ich in Fortführung der Argumentation der Befürworter der Organspende, die gleichwohl das Hirntodkriterium nicht anerkennen (guck noch mal in den Organspendestrang) gesetzt hatte (siehe hier). Dort geht es gerade darum, ob man bewußt in seinen Tod einwilligen darf (daß dies praktisch in den seltensten Fällen zutreffen dürfte, hatte ich schon angemerkt), um ein anderes zu retten, wobei dieses eben gerade durch den eigenen Tod gerettet wird.
Ich denke wie Taddeo. Indirekte Tötung. Der Spender (welcher weiß daß er beim spenden noch lebt - um die andern geht es nicht) will ja nicht sterben, sondern "nur" sein Herz hergeben und nimmt dabei im Kauf daß er stirbt.
Das würde aber heißen, daß die Organspende auch ex vivo möglich ist, während die Kirche lehrt, daß sie nur ex cadavere erlaubt ist.

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taddeo
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von taddeo »

Berolinensis hat geschrieben:Das würde aber heißen, daß die Organspende auch ex vivo möglich ist, während die Kirche lehrt, daß sie nur ex cadavere erlaubt ist.
Ich sehe da keinen Widerspruch, wenn ich mir die von Gamaliel angeführte Scholastik anschaue (die ich jetzt weglasse, damit das Zitat nicht gar so unübersichtlich wird):

Die Kirche respektive der KKK lehrt, daß die Organspende auf jeden Fall erlaubt ist, wenn sie ex cadavere erfolgt. Das ist die allgemeingültige Norm, der auch die Scholastik nicht widerspricht.

Die angeführten Regeln zur indirekten Selbsttötung hingegen besagen, daß diese prinzipiell unerlaubt und sündhaft ist. Unter bestimmten Umständen, näherhin aus einem schwerwiegenden Grund, kann sie auch erlaubt sein. Ob der Überlebenswunsch eines möglichen Organempfängers allein schon so ein schwerwiegender Grund sein kann, wäre daher die nächste moraltheologische Frage. Ebenso, ob die Großherzigkeit eines Spenders, sein Leben an der Grenze zum Tod lieber für andere zu opfern als bis zum definitiven natürlichen Ende für sich selbst zu behalten, ein solcher Grund sein darf.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

Berolinensis hat geschrieben:Das würde aber heißen, daß die Organspende auch ex vivo möglich ist, während die Kirche lehrt, daß sie nur ex cadavere erlaubt ist.
da uns die Kirche nicht sagt was ex cadavere ist fangen wir damit nix an. Und gehen einfach mal davon aus, daß das bisschen lebendig - fast tot - wissenschaftlich hirntod - sterbend oder halt wie man früher zu "nicht tot", lebendig sagte.
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Hospes
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Hospes »

Ihr lieben Leute, ich kann mir nicht helfen. Eurer Wortklauberei und Interpretationsartistik bei der Frage, ob Organtransplantation mit dem christlichen Glauben in Einklang steht, kann ich nicht folgen. Wer wirklich an das Weiterleben nach dem Tode glaubt, kann doch nicht dafür sein, den Tod, der nach göttlichem Ratschluss einem kranken und leidenden Menschen vorherbestimmt ist, durch handwerkliche Kunstgriffe von Medizinern hinausgeschoben wird. Als in den 50er oder 60er Jahren die erste Herztransplantation (in Südafrika durch einen Chirurgen namens Barnard) gelungen war und der damalige Papst – bitte helft meinem Gedächtnis beim Nennen seines Namens – das als große medizinische Leistung begrüßt und bestätigt hat, habe ich nicht verstanden, wie ein Christ, und dann auch noch der Papst persönlich, zu einer derartigen Erkenntnis gelangen konnte. Jedes Kind kann doch in der Organtransplantation nur ein Hineinpfuschen von Ungläubigen in das Gott allein vorbehaltene „Handwerk“ des Bestimmen von Beginn und Ende des irdischen Lebens sehen. – Wer erklärt mir, dass diese Auffassung noch nicht in die offiziellen Stellungnahmen des Vatikans Eingang gefunden hat?
Es grüßt
Hospes

obsculta
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von obsculta »

Hospes hat geschrieben:Ihr lieben Leute, ich kann mir nicht helfen. Eurer Wortklauberei und Interpretationsartistik bei der Frage, ob Organtransplantation mit dem christlichen Glauben in Einklang steht, kann ich nicht folgen. Wer wirklich an das Weiterleben nach dem Tode glaubt, kann doch nicht dafür sein, den Tod, der nach göttlichem Ratschluss einem kranken und leidenden Menschen vorherbestimmt ist, durch handwerkliche Kunstgriffe von Medizinern hinausgeschoben wird. Als in den 50er oder 60er Jahren die erste Herztransplantation (in Südafrika durch einen Chirurgen namens Barnard) gelungen war und der damalige Papst – bitte helft meinem Gedächtnis beim Nennen seines Namens – das als große medizinische Leistung begrüßt und bestätigt hat, habe ich nicht verstanden, wie ein Christ, und dann auch noch der Papst persönlich, zu einer derartigen Erkenntnis gelangen konnte. Jedes Kind kann doch in der Organtransplantation nur ein Hineinpfuschen von Ungläubigen in das Gott allein vorbehaltene „Handwerk“ des Bestimmen von Beginn und Ende des irdischen Lebens sehen. – Wer erklärt mir, dass diese Auffassung noch nicht in die offiziellen Stellungnahmen des Vatikans Eingang gefunden hat?
Es grüßt
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Dem ist nichts hinzuzufügen! :daumen-rauf:

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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

obsculta hat geschrieben:
Hospes hat geschrieben:Ihr lieben Leute, ich kann mir nicht helfen. Eurer Wortklauberei und Interpretationsartistik bei der Frage, ob Organtransplantation mit dem christlichen Glauben in Einklang steht, kann ich nicht folgen. Wer wirklich an das Weiterleben nach dem Tode glaubt, kann doch nicht dafür sein, den Tod, der nach göttlichem Ratschluss einem kranken und leidenden Menschen vorherbestimmt ist, durch handwerkliche Kunstgriffe von Medizinern hinausgeschoben wird. Als in den 50er oder 60er Jahren die erste Herztransplantation (in Südafrika durch einen Chirurgen namens Barnard) gelungen war und der damalige Papst – bitte helft meinem Gedächtnis beim Nennen seines Namens – das als große medizinische Leistung begrüßt und bestätigt hat, habe ich nicht verstanden, wie ein Christ, und dann auch noch der Papst persönlich, zu einer derartigen Erkenntnis gelangen konnte. Jedes Kind kann doch in der Organtransplantation nur ein Hineinpfuschen von Ungläubigen in das Gott allein vorbehaltene „Handwerk“ des Bestimmen von Beginn und Ende des irdischen Lebens sehen. – Wer erklärt mir, dass diese Auffassung noch nicht in die offiziellen Stellungnahmen des Vatikans Eingang gefunden hat?
Es grüßt
Hospes
Dem ist nichts hinzuzufügen! :daumen-rauf:
Dem wäre sogar eine ganze Menge hinzuzufügen, nämlich z.B.:

1. Ein Zitat mit der Aussage Pius XII., um zu sehen mit welchen Worten er was "begrüßt und bestätigt" hat;
2. Eine Differenzierung des Begriffsinhalts von "Organtransplantation" (paarige-unpaarige)
3. Eine Begründung, warum die Besprechung von Lehramtstexten und von Aussagen kirchlicher Würdenträger, "Wortklauberei und Interpretationsartistik" sein soll. Weiters wäre eine Interpretation von Hospes wüschenswert, die die erhobenen Einwände zu diesen Texten lösen könnte.

obsculta
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von obsculta »

Da Du noch online bist,Gamaliel,
füge Du doch bitte hinzu.
Für mich ist eine Transplantation indiskutabel.
Weder als Empfänger denn als Spender.
So war meine Replik gemeint.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

obsculta hat geschrieben:Für mich ist eine Transplantation indiskutabel.
Weder als Empfänger denn als Spender.
Für mich fühlt es sich an wie Frankenstein und hat nen Kanibalengeschmack.
In einer Zeit zu leben wo man sich über solches Gedanken machen muss ist mir ganz schön unangenehm. Nicht mehr ganz normal sterben zu können ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man in der Todesstunde keine in grünem Plastik gepackten und gestressten Männchen um sich rum will oder weil man kein anderes Herz haben will (und sowieso nicht weiß wie man in so ner extremen Notsituation denkt und was man da will) oder seins nicht hergeben mag ist total unangenehm. (Allein darüber nachzudenken!)
M.E. war das eine bessere Lebensqualität als man mit solcherlei gruseligen Entscheidungen nicht schon in ganz normalen gesunden Lebzeiten konfrontiert wurde, bzw seltenst in einer akuten Not wenn mal ein Bekannter in Gefahr ist, oder viele auch überhaupt gar nie.

Indiskutabel ist es für mich nicht, obwohl ich momentan ganz schön feste denke, daß es nicht richtig ist nen Spenderausweis mit sich zu führen.
Was moralisch richtig ist interessiert mich aber sehr wohl. Und natürlich auch die Gründe dazu.
Hospes hat geschrieben:Ihr lieben Leute, ich kann mir nicht helfen. Eurer Wortklauberei und Interpretationsartistik bei der Frage, ob Organtransplantation mit dem christlichen Glauben in Einklang steht, kann ich nicht folgen.
Streng dich bisschen an, das kriegst de schon hin ;)
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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

Hier zwei wichtige Prinzipien, die bei der korrekten Beantwortung der Threadfrage helfen werden:


1. Der Mensch besitz über seinen Körper nur ein „dominium utile“

Im Unterschied zu den äußeren Gütern, hat der Mensch über die inneren (seine Seele und seinen Körper, d.h. sein Leben, seine Gesundheit, seine körperlichen/seelischen Vermögen) kein absolutes Verfügungsrecht, sondern nur ein Nutzungsrecht („dominium utile“).

Grund: Jeder Mensch ist gleichsam nur ein Verwalter Gottes, dem verschiedene körperliche und seelische Gaben anvertraut sind, damit er sie zur Erreichung seines übernatürlichen Zieles verwalte. => Es ist dem Menschen verboten seiner Seele (durch Sündigen) oder seinem Leib (durch mutwillige Verstümmelung, Schädigung (Drogen), Selbstmord,…) Schaden zuzufügen. Er begeht damit eine Ungerechtigkeit gegenüber Gott als seinem Eigentümer.

Vgl. dazu auch die Ansprache von Papst Pius XII. am 14. September 1952 an die Teilnehmer des 1. Internationalen Kongresses für Histopathologie des Nervensystems in Rom:
Papst Pius XII. hat geschrieben:Zunächst muß vorausgesetzt werden, daß der Arzt gegen den Willen des Patienten keine Anordnung treffen und keinen Eingriff vornehmen darf. Denn der Arzt hat über den Patienten nur soviel Vollmacht und Verfügungsrecht, als der Patient ihm gibt, sei es ausdrücklich, sei es einschließlich und stillschweigend.

Der Patient aber kann nicht mehr Verfügungsrecht geben, als er selbst besitzt. [...] Was aber den Patienten betrifft, so ist er nicht unbeschränkter Herr über sich, über seinen Leib und seinen Geist. Er kann also erlaubterweise nicht verfügen wie ihm beliebt.

2. Bzgl. dem Körper ist das sogenannte Totalitätsprinzip zu berücksichtigen

Papst Pius XII. hat in mehreren Ansprachen zu medizinischen Fragen auf dieses Prinzip hingewiesen. Auch sein Vorgänger, Pius XI., hat es im Zusammenhang mit dem Verbot der Sterilisierung gebraucht. Inhaltlich ergibt es sich aus dem Verstümmelungsverbot.

Das Prinzip besagt kurzgefaßt, daß der Teil zum Ganzen gehört und eigentlich nur entfernt werden darf, wenn er das Ganze bedroht.

Für unsere Frage bedeutet dies, daß die Entnahme von Organen eigentlich nur dann sittlich erlaubt ist, wenn ihr weiterer Verbleib im Körper eine Gefahr für die Erhaltung des eigenen Lebens darstellte.

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lifestylekatholik
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von lifestylekatholik »

Marion hat geschrieben:obwohl ich momentan ganz schön feste denke, daß es nicht richtig ist nen Spenderausweis mit sich zu führen.
Ich halte es für dringend geboten, einen Spenderausweis mit sich zu führen. Wenn du keinen Spenderausweis mit dir führst, werden im Falle eines Falles nämlich deine Verwandten mit der Frage belemmert, ob deine Organe explantiert werden dürfen.

Das ist zumindest die derzeitige Rechtslage in der Bundesrepublik mit der erweiterten Zustimmungslösung. Wenn es den Lobbyisten gelingt, das in eine Widerspruchsregelung umzuwandeln -- und ich habe einige kennen gelernt --, dann werden zwar deine Verwandten nicht mehr belemmert, du aber ganz sicher ausgeweidet.

Deshalb habe ich einen Organspendeausweis in meinem Portemonnaie, der eine Organentnahme untersagt.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Niels
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Niels »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:obwohl ich momentan ganz schön feste denke, daß es nicht richtig ist nen Spenderausweis mit sich zu führen.
Ich halte es für dringend geboten, einen Spenderausweis mit sich zu führen. Wenn du keinen Spenderausweis mit dir führst, werden im Falle eines Falles nämlich deine Verwandten mit der Frage belemmert, ob deine Organe explantiert werden dürfen.
Exakt.
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:obwohl ich momentan ganz schön feste denke, daß es nicht richtig ist nen Spenderausweis mit sich zu führen.
Ich halte es für dringend geboten, einen Spenderausweis mit sich zu führen. Wenn du keinen Spenderausweis mit dir führst, werden im Falle eines Falles nämlich deine Verwandten mit der Frage belemmert, ob deine Organe explantiert werden dürfen.

Das ist zumindest die derzeitige Rechtslage in der Bundesrepublik mit der erweiterten Zustimmungslösung. Wenn es den Lobbyisten gelingt, das in eine Widerspruchsregelung umzuwandeln -- und ich habe einige kennen gelernt --, dann werden zwar deine Verwandten nicht mehr belemmert, du aber ganz sicher ausgeweidet.

Deshalb habe ich einen Organspendeausweis in meinem Portemonnaie, der eine Organentnahme untersagt.
Wenn mir einer meine Organe klaut, dann liegt das glaub nicht mehr in meiner Verantwortung. Das kann ich eh nicht sicher verhindern. Die können den Ausweiß ja auch verschwinden lassen.
Gamaliel hat geschrieben:Für unsere Frage bedeutet dies, daß die Entnahme von Organen eigentlich nur dann sittlich erlaubt ist, wenn ihr weiterer Verbleib im Körper eine Gefahr für die Erhaltung des eigenen Lebens darstellte.
Beim lebendigen Körper. Gut zu wissen.
Also auch ne Niere darf man dann eigentlich nicht hergeben?
im Gegensatz was Papst Benedikt XVI. sagte:
http://www.katholisches.info/?p=215
„Gewebe- und Organtransplantationen stellen einen großen Fortschritt der medizinischen Wissenschaft dar“, erklärte Papst Benedikt XVI. heute Mittag. Für viele Menschen seien sie ein „Zeichen der Hoffnung“, fügte er hinzu.
...
Das bedeute für die Technik der Organverpflanzung, daß man nur etwas geben könne, wenn das keine ernste Gefahr für die eigene Gesundheit und Identität mit sich bringe....
Wie schaut es beim toten Körper aus?
Gehört der auch dem Herr Gott und nicht jedem selber?
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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:Wie schaut es beim toten Körper aus?
Gehört der auch dem Herr Gott und nicht jedem selber?
Ein toter Körper ist kein Mensch mehr, da die Seele den Leib nicht mehr belebt. Man darf selber zu Lebzeiten (bzw. nach dem Tod die Angehörigen) gewisse Verfügungen über den Leib treffen, da der Leichnam als solcher nur noch Materie ist. Allerdings muß die Verwendung des Leichnams pietätvoll sein, da dem Körper als ehemaligem Träger der Seele eine gewisse Ehrerbietung zukommt!

=> Es ist gestattet den eigenen Leib den Medizinern zu Studienzwecken zur Verfügung zu stellen, sofern der Zweck sittlich in Ordnung ist. (In diesem Sinn hat sich auch Papst Pius XII. geäußert.)
=> Es ist gestattet Gewebe oder Organe von einem sicher toten Menschen (ich meine damit "mausetot" und nicht hirntot,...) auf einen lebenden zu transplantieren. Inwieweit das medizinisch möglich oder hilfreich ist, entzieht sich meiner Kenntnis. (Bzgl. z.B. Hornhaut scheint es aber möglich zu sein (?))

So schauen, soweit mir bekannt, die Grenzen des moralisch Möglichen aus. Selbstverständlich ist niemand verpflichtet dies auch tatsächlich so zu halten; ich rufe also nicht dazu auf, sich den Anatomie-/Pathologiestudenten zur Verfügung zu stellen,... . ;)

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taddeo
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von taddeo »

Gamaliel hat geschrieben:(ich meine damit "mausetot" und nicht hirntot,...)
Das wäre übrigens eine auch für Normalmenschen nachvollziehbare Dinstinktion, die man unbedingt in die theologische Diskussion einführen sollte! :daumen-rauf:

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cantus planus
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von cantus planus »

Ich muss mir das gerade in Wiener Diktion vorstellen: "Wannst hie bist, kannst g'rupft werdn. Ned früa..." :D
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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

Zur moralischen Erlaubtheit der Spendung von Doppelorganen bzw. von Gewebe


Mir scheint diese Frage angesichts des Totalitätsprinzips bzw. des Verstümmelungsverbots gar nicht so einfach zu lösen zu sein.


1. Unstrittig ist die Antwort bzgl. sich selbst nachbildender Gewebe bzw. von Organteile (z.B. Haut, Blut,…). Diese Entnahme ist sicher erlaubt, wenn die Menge nicht so groß ist, daß dem Spender dabei ein Schaden entsteht. Blutspenden ist somit erlaubt und sogar eine gute Tat, wie Pius XII. extra bestätigte.


2. Die Entnahme von Doppelorganen, Darmteilen,… gestaltet sich wesentlich komplexer. Hier liegt normalerweise bereits ein wesentlicher Eingriff vor, sodaß das Totalitätsprinzip nicht mehr gewahrt ist. (Zusätzlich sind auch die Risken eines operativen Eingriffs, sowie die eventuellen Nachwirkungen zu berücksichtigen.)
Viele fühere Moraltheologen und vermutlich auch Papst Pius XII. lehnten eine derartige Entnahme grundsätzlich ab und betrachteten sie aufgrund der schweren Beeinträchtigungen für den eigenen Leib als moralisch verboten.

Da diese Frage aber nicht endgültig entschieden ist, ist eine Disputation darüber erlaubt. Auch angesichts des medizinischen Fortschritts, scheinen Ausnahmen möglich. Zur Anwendung kämen dabei die Regeln des „voluntarium in causa“, wobei eine Transplantation nur aus äußerst schwerwiegenden Gründen gestattet sein dürfte, da zwar das Leben des Spenders nicht unmittelbar in Gefahr gerät, aber doch die Integrität (Totalität) des dem Spender von Gott gegeben Körpers. Hier gelangt man jedenfalls an die Grenzen des Nutzungsrechts, das ein Mensch über seinen Körper hat.
Als entsprechend schwerwiegender Grund käme wohl nur die Bedürftigkeit nächster Verwandter in Frage. Diese sind in gewissem Sinn eine Art „Verlängerung“ des eigenen Körpers, sodaß man unter diesem Gesichtspunkt wenigstens für eine gewisse Wahrung des Totalitätsprinzips argumentieren könnte.

Wie gesagt, da die Frage der Diskussion nicht entzogen ist, kann man das so sehen, aber man kann gestützt auf frühere Moraltheologen auch zu einem anderen/strengeren Ergebnis kommen und jegliche Transplantation derartiger Organe ablehnen.

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Berolinensis
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Berolinensis »

@ Gamaliel:

Da du dich jetzt doch auch zu dieser Frage geäußert hast, dürfte ich vielleicht so unbescheiden sein, auch noch um eine Antwort auf diese Frage zu bitten?

Denn das Argument steht noch im Raume, man dürfe den eigenen Tod durch Organentnahme herbeiführen lassen, da es sich ja nur um indirekte Selbsttötung handele und mit der Rettung anderen Lebens liege ein entsprechend schwerwiegender Grund vor.

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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:@ Gamaliel:

Da du dich jetzt doch auch zu dieser Frage geäußert hast, dürfte ich vielleicht so unbescheiden sein, auch noch um eine Antwort auf diese Frage zu bitten?

Denn das Argument steht noch im Raume, man dürfe den eigenen Tod durch Organentnahme herbeiführen lassen, da es sich ja nur um indirekte Selbsttötung handele und mit der Rettung anderen Lebens liege ein entsprechend schwerwiegender Grund vor.
Das Vergessene hole ich hiermit nach:


Diese Frage umfaßt verschiedene Einzelprobleme. Wie könnte eine Lösung bzw. deren Begründung ausschauen?

Zum Hirntodkriterium

Auf die medizinischen Details dieses Kriteriums und die damit verbundene Problematik werde ich nicht näher eingehen, entsprechende Links wurde ja schon angegeben.
Ich halte als Voraussetzung für die weitere Argumentation fest, daß aus moralischer Sicht das Hirntodkriterium – jedenfalls zum gegenwärtigen Stand der Medizin – keinesfalls hinreichend zur Todesfeststellung ist. In einer so wichtigen Frage (nämlich dem eventuellen Tod eines Menschen), darf man sich nicht auf mehr oder weniger sichere Theorien stützen.
Ich spreche daher in weiterer Folge über die Transplantation lebenswichtiger Organe von einem lebenden Menschen.

Organtransplantation lebenswichtiger Organe als indirekte Selbsttötung?

a) Die indirekte Selbsttötung unterscheidet vom eigentlichen Selbstmord, daß bei Ersterer weder das Ziel der Handlung (finis operis), noch die Absicht des Handelnden (finis operantis) auf den Tod ausgerichtet sind.
Weiters ist zu berücksichtigen, daß die wesentliche Moralität einer Handlung aus dem finis operis kommt, sodaß bei einem sittlich schlechten Objekt, die Gesamthandlung niemals gut werden kann (vgl. der Zweck heiligt nicht die Mittel).

b) Worin besteht nun das finis operis der Organverpflanzung lebenswichtiger Organe?

Es besteht in der Entnahme eines lebenswichtigen Organs (aus einem lebenden Menschen). Die unmittelbare objektive Wirkung (nicht zeitlich zu verstehen), die diese Handlung hat, ist der Tod des Spenders. Die zweite - positive - Wirkung besteht in der nunmehrigen Verfügbarkeit eines lebenswichtigen Organs für jemand anders.

Moralisch gesehen bringt die Organtransplantation als unmittelbares finis operis also die Tötung eines unschuldigen Menschen mit sich. Das aber ist in sich schlecht, schwer sündhaft und streng verboten. (Damit ist natürlich auch die vorausgehende Zustimmung [„Organspendeausweis“] zu dieser Handlung verboten.)

Daraus folgt, daß es sich bei der Organtransplantation nicht um eine indirekte Selbsttötung handeln kann, denn diese setzt unbedingt ein sittlich indifferentes oder gutes finis operis voraus.
Die möglicherweise gute Absicht des Spenders kann für die moralische Beurteilung unberücksichtigt bleiben, da sie auf die Gesamtmoralität der Handlung infolge des bösen finis operis keinen wesentlichen Einfluß mehr auszuüben vermag.

Ist die Organtransplantation lebenswichtiger Organe also Selbstmord?

Da tue ich mir in der Klassifizierung etwas schwer: Der typische Selbstmord setzt seitens des Handelnden die Absicht voraus (finis operantis) sich selbst zu töten. Ist das die konkrete subjektive Absicht eines Organspenders? Ich vermute eher nicht (auch „dank“ des unseligen Hirntodkriteriums).
Ich würde daher eher von einem „Selbstmord im weiteren Sinn“ sprechen.

Ergänzung

Wollte man lediglich für ein Verbot der Transplantation von lebenswichtigen Organen argumentieren, dann ginge das nicht nur über das „finis operis“, sondern es ließe sich natürlich auch über die die weiter oben genannten Prinzipien („dominium utile“ und Totalitätsprinzip) bewerkstelligen.

Es scheint mir (private Meinung!) also völlig unzweifelhaft, daß gemäß den kirchlichen/moralischen Prinzipien, die Entnahme von lebenswichtigen Organen aus Lebenden (= "nur Hirntoten“) strengstens verboten ist und niemand das Recht hat zu einem solchen Eingriff seine Zustimmung zu geben.

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Berolinensis
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Berolinensis »

@ Gamaliel:

Vielen Dank! Da kommen wir also zur selben Beurteilung.
Gamaliel hat geschrieben: Ist die Organtransplantation lebenswichtiger Organe also Selbstmord?

Da tue ich mir in der Klassifizierung etwas schwer: Der typische Selbstmord setzt seitens des Handelnden die Absicht voraus (finis operantis) sich selbst zu töten. Ist das die konkrete subjektive Absicht eines Organspenders? Ich vermute eher nicht (auch „dank“ des unseligen Hirntodkriteriums).
Ich würde daher eher von einem „Selbstmord im weiteren Sinn“ sprechen.
Da ich näherhin noch den Fall gemeint hatte (der hier von anderen gebildet worden war), daß jemand in Kenntnis der Untauglichkeit des Hirntodkriteriums sich willentlich "opfert", würdest du also, wenn ich dich recht verstehe, auch direkte Selbsttötung annehmen. Da lag ich also auch insofern nicht daneben.

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Marion
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Marion »

Nein, er stellt es zwischen die direkte und indirekte Selbsttötung und nennt es „Selbstmord im weiteren Sinn“

Warum nun aber die "Regeln" der direkten Selbsttötung und nicht der indirekten greifen verstehe ich nicht.
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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:Da ich näherhin noch den Fall gemeint hatte (der hier von anderen gebildet worden war), daß jemand in Kenntnis der Untauglichkeit des Hirntodkriteriums sich willentlich "opfert", würdest du also, wenn ich dich recht verstehe, auch direkte Selbsttötung annehmen. Da lag ich also auch insofern nicht daneben.
Ja, würde ich annehmen.

Zur Frage des sich "opferns". - Dieses "Argument" ist völliger Unsinn.

Wer behauptet, die Organspende (von lebenswichtigen Organen) sei eine Tat der christlichen Nächstenliebe und niemand habe nach den Worten Christi eine größere Liebe als der, der sein Leben hingibt für seine Freunde, übersieht, daß diese Argumente zur Voraussetzung haben, daß das, was der Mensch hingeben soll, auch hingegeben werden darf.
Der Akt der Hingabe der Organe müßte also ein sittlich erlaubter, mit der göttlichen Ordnung übereinstimmender sein, was aber nicht der Fall ist. Nur wenn der Verfügungsakt moralisch gut wäre, könnte das Argument christlicher Nächstenliebe greifen, denn es ist klar, daß man Gott nicht durch ein gottwidriges Tun ehren kann.

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Gamaliel
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Re: Organspende: Kirchlich erlaubt?

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:Warum nun aber die "Regeln" der direkten Selbsttötung und nicht der indirekten greifen verstehe ich nicht.
Dazu muß man das "unmittelbaren Ziel" einer Handlung herausfinden und seine Sittlichkeit beurteilen. Ist dieses Handlungsziel gut oder wenigstens indifferent, so käme die indirekte Selbsttötung in Frage, ist es aber schlecht, so scheidet die indirekte Selbsttötung aus und es bleibt nur noch die direkte Selbsttötung (Selbstmord). (Siehe mein Posting zum Selbstmord.)

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