Ecce homo hat geschrieben:Natürlich gibt es ein Direktorium für Kindermessen.
Unterzeichnet von Villot und Bugnini. Große Klasse. Meisterklasse, Jahr-
gang ’73. – Nun ja. Ich darf zitieren:
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:§ 9. Daher sollen alle Erzieher in gemeinsamer Überlegung und
mit vereinten Kräften darum bemüht sein, daß die Kinder … die
menschlichen Werte erleben, die der Eucharistiefeier zugrunde
liegen wie zum Beispiel gemeinsames Tun, Begrüßung, die Fähig-
keit, zuzuhören, Verzeihung zu erbitten und zu gewähren, Be-
zeugung der Dankbarkeit, Erfahrung zeichenhafter Handlungen
und freundschaftlichen Gemeinschaftsmahles sowie festlichen
Zusammenseins.
Daß ich erst jetzt erfahre, was der heiligen Messe in Wirklichkeit zu-
grunde liegt! Hätte ich’s nur eher gelernt. (Dann wär’ ich jetzt gewiß
kein Christ …)
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:
§ 12. Besondere Beachtung verdient die Katechese zur Vorbereitung
auf die Erstkommunion. In ihr geht es nicht bloß um die Glaubens-
wahrheiten über die Eucharistie, sondern darum, daß die Kinder –
nach einer ihnen entsprechenden Bußvorbereitung –, von jetzt an
dem Leibe Christi voll eingegliedert, mit dem Volk Gottes tätig an
der Eucharistie teilnehmen …
Der Satz ist häretisch. (In der italienischen Fassung ist der Satz schwam-
mig und sowohl orthodox als auch häretisch interpretierbar. Das latei-
nische Original ist mir nicht zugänglich, ich vermute die häretische For-
mulierung aber dort, was der italienische Übersetzer dann abzumildern
versucht hätte.)
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:§ 13. Sehr wichtig für die liturgische Bildung der Kinder und ihre
Vorbereitung auf das liturgische Leben der Kirche können auch
verschiedenartige Feiern mit stärkerer katechetischer Ausrichtung
sein …
§ 14. Entsprechend der Fassungskraft der Kinder soll in diesen Fei-
ern das Wort Gottes in zunehmendem Maß seinen Platz erhalten.
Mit wachsendem geistlichem Verständnis sollen die Kinder häufi-
ger eigentliche Wortgottesdienste feiern …
Mit andern Worten, man will die Kinder von der Messe eigentlich fern-
halten. (Nichts gegen Katechese, im Gegenteil. Die ist dringend nötig
und soll ihren Platz haben, innerhalb oder außerhalb der Messe. Aber
nicht anstatt ihrer.)
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:§ 16. Kleinere Kinder, die an der Messe nicht teilnehmen können
oder wollen, können zum Abschluß der Messe hinzukommen, um
zusammen mit der Gemeinde den Segen zu erhalten, nachdem sie
während der Messe in einem anderen Raum von Helferinnen be-
treut wurden.
Ziemlich „sexistisch“ für uns moderne Menschen des dritten Jahrtau-
sends, nicht wahr? Es könnten doch auch männliche Helfer sein. Oder
haben wir nicht genügend Kinderliebhaber, gerade im Klerus?
Abgesehen davon ist es grotesk, wie das Direktorium hier die Teilnah-
me von Kleinkindern an der Messe deren purem Eigenwillen anheim-
stellt. Fragt man Kinder, ob sie essen wollen? Oder an der roten Ampel
stehen bleiben?
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:§ 17. Je nach Situation des Ortes und der Teilnehmer kann es gele-
gentlich sogar angebracht sein, den Wortgottesdienst mit Predigt
für die Kinder an einem anderen, nicht zu entfernten Ort zu hal-
ten; vor Beginn des Eucharistieteils der Messe kommen die Kinder
dann dorthin, wo die Erwachsenen inzwischen ihren eigenen Wort-
gottesdienst gefeiert haben.
Hier verschlägt es mir förmlich die Sprache. Das geht ja auf keine Kuh-
haut, wie sehr dieser Unglückspapst Paulus Nummer sechs mit seinen
maurerischen Spießgesellen die Kirche zerrüttet und zerstört hat.
Ich hätte zum Einfall des Direktoriums noch eine alternative Idee. Hal-
ten wir doch alle unsern Wortgottesdienst vorher getrennt ab. Das ist
die beste Inkulturation. Es genüge, wenn die Umstände es erheischen,
auch eine kurze Andacht. Da findet das Wort seinen Platz im Leben.
Wer am Sonntag glücklich den Bus erwischt, denkt bei sich: »Gott sei
Dank!« und hat seinen Wortgottesdienst erledigt. Wer in der Kirche vor
Meßbeginn noch mal austreten muß, schickt beim Geschäft ein paar
Stoßseufzer zum Himmel und ist damit auch seiner Pflicht nachgekom-
men – und hat zugleich gelernt, daß Gott immer etwas mit unserm kon-
kreten Leben zu tun hat.
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:
§ 20. Nicht immer und nicht an allen Orten ist es möglich, Meßfei-
ern zu halten, an denen die Kinder zusammen mit den Eltern und
anderen Familienangehörigen teilnehmen. …
Weshalb das nicht? Absurd.
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:… Besonders für die Wochentage werden daher eigene Kindermessen
empfohlen, an denen nur wenige Erwachsene teilnehmen.
Ach so, Schülermessen. (Sonst wird man Kinder werktags auch kaum
in die Messe kriegen.) Die Besonderheit liegt aber nicht an der Messe,
wie der vorige Satz suggeriert, sondern an der Situation der Gläubigen
(hier: dem Schulbesuch der Kinder).
Wenn eine Schulklasse in die Werktagsmesse kommt, versteht sich
wohl von selber, daß der Prediger sich eigens an sie wendet und nicht
predigt, als hätte er daß Kardinalskollegium vor sich oder sonst was
in der Art, meinetwegen einen Trupp Pflegefälle aus dem Caritasheim.
Im übrigen kann ich nicht erkennen, daß man was an der Messe ba-
steln müßte.
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:§ 21. Ganz allgemein ist zu beachten, daß solche Meßfeiern die
Kinder zur Messe der Erwachsenen hinführen müssen, vor allem
jener, zu der die Gemeinde der Christen am Sonntag zusammen-
kommen muß.
…zusammenkommen muß, muß, muß, ja so muß, muß, muß sie wohl
kommen … – – – Ja, wo laufen sie denn?
Im übrigen nehme man die Kinder doch besser einfach mit, anstatt sie
in den Zirkus zu schicken und dann zu schwafeln, der Zirkus müsse die
Kinder zur Messe hinführen.
Fragt ein Fremder in Kleinkleckersdorf ’nen Mann: »Haa’m Se’n hier ooch
’n Bäcker?« – »Dit is ’n bißken schwierig. Jeh’n se ma nach Dummsdorf,
da haa’m se ’n Direktorium über Fremde in Kleenkleckersdorf, dit wird Se
schon irjendwie ßum Bäcker bringen. Aber hier sind Se falsch.«
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:Bei aller aus Altersgründen notwendigen Anpassung darf es nicht
zu einem ganz eigenen Ritus kommen, der sich allzusehr von der
Gemeindemesse unterscheiden würde. Die Funktion der verschie-
denen Elemente muß immer dem entsprechen, was in der allge-
meinen Einführung des Römischen Meßbuches über sie gesagt ist,
auch wenn aus pastoralen Gründen gelegentlich keine völlige Über-
einstimmung gefordert werden kann.
Ah ja: notwendige Anpassung … kein ganz eigener Ritus … nicht
allzusehr unterscheiden … die Funktion muß entsprechen … keine völ-
lige Übereinstimmung … – Das sind Generalklauseln, die in ihrer sug-
gestiv-schwammigen Formulierung Mißbräuche nicht nur ermöglichen,
sondern geradezu dazu einladen. Das war wohl auch gewollt.
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:24. … Es steht nichts im Wege, daß einer der an der Kindermesse
teilnehmenden Erwachsenen im Einverständnis mit dem Pfarrer
oder Kirchenrektor nach dem Evangelium eine Ansprache an die
Kinder hält, vor allem wenn es dem Priester schwer fällt, sich dem
Verständnis der Kinder anzupassen.
Hier wird klammheilig die Laienpredigt eingeführt. Die ist anderweitig
und höherrangig strikt verboten. Darum ist dieser Abschnitt schon von
vornherein nichtig.
Aus Zeitnot kürze ich jetzt mal ab, obgleich noch diverse dicke Hunde
drinstecken in dem Papier. Bloß auf einen Praragraphen gehe ich noch
ein:
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:52. Größte Bedeutung kommt in der Kindermesse dem eucharisti-
schen Hochgebet zu, das den Höhepunkt der ganzen Feier bildet.
Ach nee! Im Ernst?
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:Dabei hängt viel von der Art ab, wie dieses Gebet vom Priester
vorgetragen wird …
Ach ja? – Also: Priester leiert, Messe ungültig – oder was?
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:… und wie die Kinder durch Zuhören und Akklamationen an
ihm Anteil nehmen.
Ah ja, auch das noch. Messe nichts wert, wenn nicht alle zuhören. Und
dauernd akklamieren. Ich empfehle einen Wechselgesang: »Herr Pfarrer,
Herr Pfarrer, wie tief ist das Wasser?« – …
Direktorium für Kindermessen hat geschrieben:Eine Atmosphäre der Ehrfurcht, die in diesem Herzstück der
Feier herrschen soll, muß die Kinder innerlich aufmerken las-
sen auf die Realpräsenz Christi auf dem Altar …
»Achtung, stillgestanden! Du mußt jetzt aufmerken! Du mußt!« –
»O mein Gott, was tun wir nur, damit alle Kinder immer im rechten
Augenblick aufmerken. Heute hat’s schon wieder nicht geklappt …
und wir hatten uns solche Mühe gegeben … Geben wir uns noch mehr
Mühe und denken uns was Neues aus.«
Diese Hirsche, die das zusammengeschrieben haben, haben wahrschein-
lich noch nie ein lebendiges Kind gesehen. Man bricht sich einen ab, um
die Kinder auf Deibel komm raus zu veranlassen, daß sie an der Stelle,
an der Herr Prof. es geplant hat, genau so fromm sind, wie Herrn Prof.
es vorschwebt. Auf die Idee, Kinder auch mal Kinder sein zu lassen und
langsam und organisch in die Messe hineinwachsen zu lassen, kommen
diese Schreibtischtäter nicht.