Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

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Caviteño
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von Caviteño »

Caviteño hat geschrieben:
Zu Beginn eines langen Sonntags musste sich allerdings erst einmal die Troika auf einen gemeinsamen Standpunkt verständigen. Ein Problem war, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) mit deutlich pessimistischeren Annahmen über die künftige wirtschaftliche Entwicklung in Zypern arbeitete als die Europäische Kommission. So berücksichtigte die Kommission in ihren Projektionen auch möglich Einnahmen aus den Gasvorkommen vor Zypern, obwohl deren Erschließung alles andere als sicher ist. Beim IWF lache man darüber nur, berichtet ein Beteiligter.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 2853.html

Normalerweise sollte man bei einer Umstrukturierung vom ungünstigsten Szenario ausgehen. Dabei auf nicht einwandfrei nachgewiesene Öl- und Gasvorkommen zu setzen, kommt zwar den Politikern entgegen, die das Ausscheiden eines Landes aus der Eurozone "um jeden Preis" verhindern wollen und deswegen nach jedem Strohhalm greifen.
Für seine kritische Haltung (nicht nur hinsichtlich der Gasvorkommen Zypern) scheint der IWF jetzt die Quittung zu bekommen:
In der Debatte um die Bewältigung der Euro-Schuldenkrise regt sich massive Kritik an der Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF). Sowohl der Chef des Euro-Krisenfonds ESM, Klaus Regling, als auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso wollen den IWF langfristig aus der Troika verbannen.
Barroso sagte portugiesischen Medien in Brüssel, die „Ziele und Visionen“ des IWF stimmten nicht mit denen der EU überein. Daher sei es an der Zeit, die Zusammensetzung der Troika zu überdenken. Auch Regling plädierte dafür, die Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission auf lange Sicht abzuschaffen. Kurz- und mittelfristig solle der IWF an Bord bleiben, weil er die größte Erfahrung mit Hilfsprogrammen habe, sagte Regling. „Aber auf Dauer müssen die Euro-Staaten solche Programme selbst stemmen.“
http://www.handelsblatt.com/politik/int ... -all.html

Hintergrund ist offensichtlich, daß die harte Haltung des IWF den "Euro-Rettern" nicht gefällt. Schäuble hatte sich von Anfang an gegen eine Beteiligung des IWF ausgesprochen, weil er zu harte Auflagen befürchtete.
Steigt der IWF aus, sind der politischen Willkür bei den Darlehnsbedingungen Tür und Tor geöffnet und die (baltischen) Länder, die es aus eigener Kraft und schmerzhaften Reformen geschafft haben, eine Trendumkehr zu erreichen, haben nicht genügend Macht und Druckmittel gegen Staaten wie Italien, Spanien und demnächst Frankreich. D. wird zur "Euro-Rettung" alles tun, koste es, was es wolle - denn schließlich ist sie "alternativlos".

Praktisch unbemerkt (durch die Flutkatastrophe) wurde gestern - wie zu erwarten - die Übertragung der Bankenaufsicht auf die EZB im Bundestag volkskammermäßig "durchgewunken".
Herr Schäffler schreibt dazu:
Ziel der Bankenaufsicht war die Schaffung eines unabhängigen Gremiums zur Durchsetzung „deutscher“ Standards für die südeuropäischen, insbesondere spanischen Banken. Das kann die Aufsicht durch die EZB nicht gewährleisten. Nach der geplanten internen Kompetenzverteilung der EZB wird es ein Aufsichtsgremium und ein Schlichtungsgremium geben. Doch beide sind im wesentlichen nach dem Vorbild des EZB-Rats eingerichtet. Sie werden von nationalen Interessen dominiert. Beschlossen wird mit einfacher Mehrheit. Von keinem der beiden Gremien sind daher Entscheidungen zu erwarten, die inhaltlich von der inflationären, die Südländer bevorteilenden „Geld“-Politik des EZB-Rats abweichen oder diesen widersprechen. Diese europäischen Aufseher sind nicht objektiver als nationale Behörden. Sie werden keinesfalls mutmaßliche europäische Interessen vertreten, da sie ihren nationalen Hintergrund niemals vergessen könnten. Im Hinblick auf die EZB wissen wir aus Studien, dass die Leitzinsen im EZB-Rat nicht im europäischen Interesse, sondern mit Blick auf die Heimatländer ausgehandelt werden. Für die Aufsicht durch die EZB wird zukünftig nichts anderes gelten. Entscheidungen der Aufsicht werden nicht irgendeinem fiktiven gesamteuropäischen Interesse folgen, sondern den Interessen derjenigen, die im Aufsichtsgremium entscheiden. Oder anders: Es ist eine Illusion zu glauben, wir bekämen eine objektive Aufsicht mit „deutschen“ Standards. Ob diese „deutschen“ Standards besser sind, sei ohnehin dahingestellt.
(...)
Das Einzige, was wir auf diese Art bewirken, ist die Tür für weitere heimliche und offene, mittelbare und unmittelbare Transfers zu öffnen.
http://www.frank-schaeffler.de/category/weblog/

und nach der Wahl wird auch der gemeinsame Einlagensicherungsfonds wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Der deutsche Sparer (einer der ärmsten in der EU lt. EZB-Statistik) haftet dann für die Sparguthaben der (lt. EZB reicheren) Sparer in GR, Spanien, Portugal usw. usf..

So wird der Preis für die einzige vernünftige Lösung, einen Euro-Austritt (sei es von D. oder von den PIIGS) immer höher. Glückliche EU-Länder (Schweden, Dänemark, England), die den Euro nicht haben und noch glücklichere Schweiz, Norwegen oder Island, die auf die EU verzichten können und trotzdem (oder deswegen besser) leben.

civilisation
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Re: Finanzmärkte - Finanzkrise - Zentralbanken

Beitrag von civilisation »

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