Ohne Kinder kein Wachstum

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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Gallus hat geschrieben:Das spielt keine Rolle. Kinder stiften ja auf der anderen Seite auch einen gehörigen Spaß. Wieso sollte man von der Gesellschaft erwarten, daß sie diesen Spaß komplett bezahlt?
Weil diese Kinder den Bestand der Gesellschaft sichern. Den Spieß herumgedreht: Weshalb sollten die Familien, die Kinder zu sozialen und nützlichen Gliedern der Gesellschaft heranziehen, egotaktische Rentenbeitrags- und Fortpflanzungsverweigerer unterstützen?
Gallus hat geschrieben:Empirisch ist es außerdem auch alles andere als belegbar, daß die Menschen mehr Kinder haben, wenn sie sich wirtschaftlich rundum gut versorgt fühlen.
Das funzt nicht. Danach müsste die Bevölkerung der "Dritten Welt" eigentlich ja langsam aussterben.
Gallus hat geschrieben:Wenn Du die Leute zum Kinderkriegen animieren willst, dann schaff das staatliche Rentensystem ab. Wenn man im Alter auf familiäre Unterstützung angewiesen ist, dann sorgt man vor, indem man Kinder hat.
Das Rezept mögen US-Amerikaner und Neo-Liberale toll finden. Die Bundesrepublik steht aber in einer historisch gewachsenen Tradition des Sozialstaates. Und das ist gut so. Das Problem ist nur, dass der verfasste Sozialstaat auch in seiner Sozialgesetzgebung davon ausging, dass der einzelne Bürger den Vorrang des Gemeinnutzes vor dem Eigennutz anerkannte. Wer sich der Fortpflanzung verweigert, kann übrigens auch kein wirklich überzeugter Christ sein. Ein nützliches Mitglied der Gesellschaft ist er aber noch weniger, im Gegenteil. Er lebt - im Moment und vor allem dann, wenn er ins Rentenalter kommt - als Parasit.
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Sarandanon
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Sarandanon »

Yeti hat geschrieben:Der Artikel hält ja keine für die Praxis ausgefeilte Lösung parat. Aber ich glaube, dass man um eine höhere Abgabe bei Kinderlosen für die Rente nicht herumkommen wird. Der Gerechtigkeitsgedanke wird dabei ja nicht ausgeklammert, denn egal ob die Kinderlosigkeit gewollt ist oder ungewollt, haben Familien mit Kindern auf jeden Fall höhere Ausgaben als kinderlose Paare.
Das wird so einfach nicht zu machen sein. Dies würde nämlich eine völlige Neuordnung unseres derzeitigen gesamten sozialen und steuerlichen Bürgerbelastungs- und entlastungsprogramms bedingen. Eben um Brandmarkung und Ungerechtigkeit zu verhindern. Das halte ich gegenwärtig für gelinde gesagt unmöglich und vor allem politisch nicht gewollt. Außerdem halte ich es durchaus von Belang, zu unterscheiden, ob jemand nun mit Absicht auf Kinder zu verzichten oder ob es eher kein Verzicht, sondern eher ein Fluch ist. Aber nach moralischen oder menschlichen Ansätzen fragt diesbzgl. vermtl. niemand: Es zählen wohl allein Zahlen.

Meine persönliche Meinung ist: Ich würde eine solche Maßnahme mit dem heutigen Stande unserer Gegebenheiten genauso ablehnen, wie ich zB die unterschiedlichen Löhne im Ost-West-Vergleich ablehne.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
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Protasius
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Protasius »

Yeti hat geschrieben:
Gallus hat geschrieben:Empirisch ist es außerdem auch alles andere als belegbar, daß die Menschen mehr Kinder haben, wenn sie sich wirtschaftlich rundum gut versorgt fühlen.
Das funzt nicht. Danach müsste die Bevölkerung der "Dritten Welt" eigentlich ja langsam aussterben.
Non sequitur. Wenn es keine Korrelation gibt, kannst du diese Korrelation auch nicht umkehren. Außerdem dürfte das Sozialsystem der Dritten Welt sich vom unsrigen deutlich unterscheiden.
Yeti hat geschrieben:Wer sich der Fortpflanzung verweigert, kann übrigens auch kein wirklich überzeugter Christ sein.
Damit sprichst du allen Ordenschristen und zölibatär lebenden (Weltpriester, geweihte Jungfrauen, Einsiedler) pauschal das überzeugte Christentum ab. Außerdem gibt es auch die Unfruchtbaren, die keine Kinder kriegen können.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Sarandanon hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:Der Artikel hält ja keine für die Praxis ausgefeilte Lösung parat. Aber ich glaube, dass man um eine höhere Abgabe bei Kinderlosen für die Rente nicht herumkommen wird. Der Gerechtigkeitsgedanke wird dabei ja nicht ausgeklammert, denn egal ob die Kinderlosigkeit gewollt ist oder ungewollt, haben Familien mit Kindern auf jeden Fall höhere Ausgaben als kinderlose Paare.
Das wird so einfach nicht zu machen sein. Dies würde nämlich eine völlige Neuordnung unseres derzeitigen gesamten sozialen und steuerlichen Bürgerbelastungs- und entlastungsprogramms bedingen. Eben um Brandmarkung und Ungerechtigkeit zu verhindern. Das halte ich gegenwärtig für gelinde gesagt unmöglich und vor allem politisch nicht gewollt. Außerdem halte ich es durchaus von Belang, zu unterscheiden, ob jemand nun mit Absicht auf Kinder zu verzichten oder ob es eher kein Verzicht, sondern eher ein Fluch ist. Aber nach moralischen oder menschlichen Ansätzen fragt diesbzgl. vermtl. niemand: Es zählen wohl allein Zahlen.

Meine persönliche Meinung ist: Ich würde eine solche Maßnahme mit dem heutigen Stande unserer Gegebenheiten genauso ablehnen, wie ich zB die unterschiedlichen Löhne im Ost-West-Vergleich ablehne.
Ja, ich denke mir, dass das viele ablehnen würden. Die Frage wäre dann, wie der Staat für seinen Weiterbestand sorgen sollte. Im Moment sehe ich da nur den Zwang als Möglichkeit, den vielleicht auch gesellschaftliche Umbrüche bringen werden: Familie als Anerkennung unwiderruflich eingegangener Verbindlichkeit:
Achenbach denkt gar nicht daran. Stattdessen hält er dem modernen Tohuwabohu ein Leitbild entgegen. Familie als Anerkennung unwiderruflich eingegangener Verbindlichkeit. Als Gegenentwurf zur individuellen Selbstverwirklichung also. Familie ist das Band zwischen längst verstorbenen Vorfahren und ungeborenen Nachkommen. Ihr Fundament die Unmöglichkeit der freien Wahl. Der Einzelne hat sich in ihr zu bewähren, indem er wird, wie er sein muss, um den Ansprüchen der Familie zu genügen.
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Gallus
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Gallus »

Yeti hat geschrieben:
Gallus hat geschrieben:Das spielt keine Rolle. Kinder stiften ja auf der anderen Seite auch einen gehörigen Spaß. Wieso sollte man von der Gesellschaft erwarten, daß sie diesen Spaß komplett bezahlt?
Weil diese Kinder den Bestand der Gesellschaft sichern.
Zwei Mahlzeiten am Tag für jeden sichern auch den Bestand der Gesellschaft, trotzdem erwarten wir von jedem, daß er zunächst mal selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommt. Es gibt in der katholischen Soziallehre nicht umsonst das Subsidiaritätsprinzip, und das gilt auch fürs Großziehen von Kindern. Wer Kinder hat, sollte selbst für ihren Unterhalt aufkommen. Unterstützung von außen ist dann zu leisten, wenn die Eltern tatsächlich finanziell überfordert sind.
Yeti hat geschrieben:Den Spieß herumgedreht: Weshalb sollten die Familien, die Kinder zu sozialen und nützlichen Gliedern der Gesellschaft heranziehen, egotaktische Rentenbeitrags- und Fortpflanzungsverweigerer unterstützen?
Das sind mythische Wesen, die vor allem in den Köpfen familienpolitischer Lobbyisten existieren, welche die Kosten ihrer Familie gerne auf die Allgemeinheit abwälzen wollen. Bei den meisten kinderlosen Paaren, die ich kenne, hakt an medizinischen Problemen eines Partners. Und nicht verheiratet zu sein ist nunmal auch nicht immer eine freiwillige Entscheidung.
Yeti hat geschrieben:
Gallus hat geschrieben:Empirisch ist es außerdem auch alles andere als belegbar, daß die Menschen mehr Kinder haben, wenn sie sich wirtschaftlich rundum gut versorgt fühlen.
Das funzt nicht. Danach müsste die Bevölkerung der "Dritten Welt" eigentlich ja langsam aussterben.
Aussterben ist übertrieben, aber ja, die Geburtenraten gehen mit zunehmendem Wohlstand im Schnitt zurück. Das ist so.
Yeti hat geschrieben:Wer sich der Fortpflanzung verweigert, kann übrigens auch kein wirklich überzeugter Christ sein.
Das sah der Apostel Paulus aber anders.
Yeti hat geschrieben: Ein nützliches Mitglied der Gesellschaft ist er aber noch weniger, im Gegenteil. Er lebt - im Moment und vor allem dann, wenn er ins Rentenalter kommt - als Parasit.
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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Protasius hat geschrieben:Non sequitur. Wenn es keine Korrelation gibt, kannst du diese Korrelation auch nicht umkehren. Außerdem dürfte das Sozialsystem der Dritten Welt sich vom unsrigen deutlich unterscheiden.
Das verstehe ich nicht, ich bitte um Erläuterung.
Yeti hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:Wer sich der Fortpflanzung verweigert, kann übrigens auch kein wirklich überzeugter Christ sein.
Damit sprichst du allen Ordenschristen und zölibatär lebenden (Weltpriester, geweihte Jungfrauen, Einsiedler) pauschal das überzeugte Christentum ab. Außerdem gibt es auch die Unfruchtbaren, die keine Kinder kriegen können.
Die nahm ich in pectore aus. Ich dachte, das wäre klar. Diese Menschen bringen ja das Opfer, da ja, wie Gallus schrieb, Kinder auch eine Menge Spaß bedeuten würden.
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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Gallus hat geschrieben:Zwei Mahlzeiten am Tag für jeden sichern auch den Bestand der Gesellschaft, trotzdem erwarten wir von jedem, daß er zunächst mal selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommt. Es gibt in der katholischen Soziallehre nicht umsonst das Subsidiaritätsprinzip, und das gilt auch fürs Großziehen von Kindern. Wer Kinder hat, sollte selbst für ihren Unterhalt aufkommen. Unterstützung von außen ist dann zu leisten, wenn die Eltern tatsächlich finanziell überfordert sind.
Das klappt dann so lange, wie die Rentenkassen verfügbar sind. Gut, man kann das Sozialsystem abschaffen, wie du sagst. Dann existiert aber das Gerechtigkeitsproblem aber immer noch: Diejenigen, die keine Kinder haben, können in Saus und Braus leben, während diejenigen, die mit der Erziehung von Kindern die Zukunft der Gesellschaft sichern, jeden Cent umdrehen müssen.
Gallus hat geschrieben:Das sind mythische Wesen, die vor allem in den Köpfen familienpolitischer Lobbyisten existieren, welche die Kosten ihrer Familie gerne auf die Allgemeinheit abwälzen wollen. Bei den meisten kinderlosen Paaren, die ich kenne, hakt an medizinischen Problemen eines Partners. Und nicht verheiratet zu sein ist nunmal auch nicht immer eine freiwillige Entscheidung.
Es ist meine Überzeugung, dass die Kosten der Familie auch die Allgemeinheit angehen. Es ist bestimmt auch viel Tragik bei einem nicht erfüllbaren Kinderwunsch, ja. Es gibt aber auch kein "Recht auf ein Kind", wie es auch kein "Recht" auf eine glückliche Beziehung gibt und es auch kein "Recht" von Kinderlosen geben dürfte, die Mehrausgaben, die Familien haben, nicht mittragen zu müssen.
Gallus hat geschrieben:Aussterben ist übertrieben, aber ja, die Geburtenraten gehen mit zunehmendem Wohlstand im Schnitt zurück. Das ist so.
Ja, da sind wir einer Meinung.
Gallus hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:Wer sich der Fortpflanzung verweigert, kann übrigens auch kein wirklich überzeugter Christ sein.
Das sah der Apostel Paulus aber anders.
Ich glaube nicht, dass der Apostel Paulus dabei diese Generation von Beziehungsunfähigen und Fortplanzungsverweigerern dabei vor Augen hatte.
Gallus hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben: Ein nützliches Mitglied der Gesellschaft ist er aber noch weniger, im Gegenteil. Er lebt - im Moment und vor allem dann, wenn er ins Rentenalter kommt - als Parasit.
Komische Denke für einen Christen.
Nö, konsequent.
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Gallus
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Gallus »

Yeti hat geschrieben:Dann existiert aber das Gerechtigkeitsproblem aber immer noch: Diejenigen, die keine Kinder haben, können in Saus und Braus leben, während diejenigen, die mit der Erziehung von Kindern die Zukunft der Gesellschaft sichern, jeden Cent umdrehen müssen.
Also, diejenigen, die wohlhabend genug sind, um ohne Kinder in Saus und Braus zu leben, wären in der Regel auch wohlhabend genug, um mit Kindern in Saus und Braus zu leben. Ich sehe hier irgendwie immer das Klischee vom gut verdienenden Konzernmanager oder Anwalt durch den Thread wabern, so einer mit nächtlich wechselnden Frauen, Porsche vor der Tür und Kokain in der Schublade. Aber wie gesagt, das sind mythische Wesen, wie Wolpertinger. :)

Ganz abgesehen davon finde ich eben auch, daß das eine erstaunlich materialistische Sichtweise ist. Wem geht's denn bei Dickens wirklich besser, dem reichen Ebenezer Scrooge oder der armen Familie Cratchit? Familien stiften, sofern sie nicht zerrüttet sind, Freude und Sinn. Da finde ich es irgendwie befremdlich, einerseits das Glück der Familie zu genießen, andererseits aber dem Single seinen materialistischen Lebensstil zu neiden. Sollte man nicht einfach froh über die Einsicht sein, daß die Familie einem mehr bedeutet, als ein Skiurlaub über Weihnachten in Zermatt es je könnte? Wieso erwartet man von dem, der das Glück der Familie nicht hat und der deshalb materialistische Ersatzbefriedigungen sucht, daß er auf diese auch noch verzichten soll? Das finde ich egoistisch! Denn wir reden ja in Deutschland schon lange nicht mehr über extreme Armut oder nicht befriedigte Grundbedürfnisse in Familien.

Caviteño
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Caviteño »

Ich frage mich schon, warum hier immer die Rentenversicherung herausgepickt wird. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es die kostenlose Mitversicherung des nicht berufstätigen Ehegatten sowie der Kinder, während Dinkies oder Privatversicherte jeder ihren Beitrag zu entrichten haben.
Natürlich kann man das mit dem "Solidarprinzip" rechtfertigen - nur das müßte dann auch Erziehungsaufwendungen der Kinder gelten.

Im übrigen - wenn man hier schon eine Umverteilung einführen will - was ist denn mit den Kindern, die sich aus den verschiedensten Gründen aus dem Rentensystem verabschieden (z.B. durch Arbeitslosigkeit, als Selbständige oder Auswanderer)? :hmm: Das Aufziehen von Kindern ist keine Garantie, daß diese auch später in die Rentenversicherung einzahlen, oder....

ME ist das alles eine typische Neiddiskussion, die insbesondere die zahlreichen kostenfreien Leistungen unseres Staates für Familien mit Kindern unter den Tisch fallen läßt. In vielen Ländern der Welt ist der Schulbesuch und vor allem das Studium kostenpflichtig, in D. wird das aus Steuermitteln finanziert. Selbst eine minimale Studiengebühr von 500 €/Semester führt schon zu einem Aufschrei, obwohl - zumindest in NRW - der Studentenausweis eine freie Nutzung der öffentl. Verkehrsmittel ermöglicht.
Zum kostenlosen Bildungswesen tragen natürlich Dinkies oder Alleinstehende aufgrund ihres Steuersatzes überproportional bei - eine Leistung, die einfach als gegeben angenommen und überhaupt nicht mehr erwähnt wird. Das teilt sie natürlich mit vielen anderen Familienleistungen, wie ermäßigten Kindertarifen usw. usf..
Stattdessen sucht man sich als letzten noch möglichen Umverteilungspunkt die marode Rentenversicherung aus und übersieht, daß auch hier ein Steuerzuschuß des Bundes erfolgt, der mit 30,3 Mrden Euro ca. ein Viertel der Gesamtausgaben deckt.

Ein Problem ist auch, daß die Leistungen für Familien mit Kindern so umfangreich sind, das selbst Experten keinen Überblick mehr haben. Der Spiegel beziffert den Betrag mit ca. 200 Milliarden € - jährlich. Eine andere Aufstellung hier.

Ob Familien mit Kindern wirklich unzureichend gefördert werden, erscheint angesichts der oa Zahlen doch zweifelhaft.

Im übrigen stehe ich dem Vorschlag einer Grundrente aus Steuermitteln und ihrer Aufstockung durch eigene Anlageformen (sei es Grundbesitz, Geldvermögen oder auch Kinder) positiv gegenüber.

iustus
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von iustus »

Caviteño hat geschrieben: Ein Problem ist auch, daß die Leistungen für Familien mit Kindern so umfangreich sind, das selbst Experten keinen Überblick mehr haben. Der Spiegel beziffert den Betrag mit ca. 200 Milliarden € - jährlich. Eine andere Aufstellung hier.

Ob Familien mit Kindern wirklich unzureichend gefördert werden, erscheint angesichts der oa Zahlen doch zweifelhaft.

Das Ehegattensplitting ist allerdings keine Förderleistung, sondern ein Instrument der Gleichbehandlung: Es sorgt lediglich dafür, dass Ehepaare, bei denen ein Teil mehr verdient als der andere, so behandelt werden wie Ehepaare, bei denen beide Eheleute das Gleiche verdienen. Ohne Ehegattensplitting würden Erstere wegen der Progression mehr Steuern zahlen als Letztere.

In dem von Dir verlinkten Artikel aus der Welt mit der anderen Aufstellung heißt es auch:
"Viele sogenannte familienpolitische Leistungen sind gar keine", sagt Bundesgeschäftsführer Siegfried Stresing. "Das Kindergeld etwa ist vorrangig die Rückzahlung zu viel einbehaltener Steuer, da natürlich auch für jedes Kind das Existenzminimum steuerfrei gestellt werden muss."
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Gallus hat geschrieben:Also, diejenigen, die wohlhabend genug sind, um ohne Kinder in Saus und Braus zu leben, wären in der Regel auch wohlhabend genug, um mit Kindern in Saus und Braus zu leben.
Das kann man so pauschal gar nicht sagen. Da kommt es darauf an, ob es zwei Verdiener in der Familie gibt oder "nur" einen Verdiener, wie hoch das Gehalt dieses Alleinverdieners ist, natürlich die Anzahl der Kinder und das sonstige etwaige vorhandene Vermögen. Wenn sich das Paar dann dafür entscheidet, dass sich ein Partner hauptsächlich um die Erziehung der Kinder kümmert, so wie es auch von der Kirche angedacht ist, sieht das so aus:
Gravissimum educationis; 3 hat geschrieben:"Da die Eltern ihren Kindern das Leben schenkten, haben sie die überaus schwere Verpflichtung zur Kindererziehung. Daher müssen sie als die ersten und bevorzugten Erzieher ihrer Kinder anerkannt werden. Ihr Erziehungswirken ist so entscheidend, daß es dort, wo es fehlt, kaum zu ersetzen ist. Den Eltern obliegt es, die Familie derart zu einer Heimstätte der Frömmigkeit und Liebe zu Gott und den Menschen zu machen, daß die gesamte Erziehung der Kinder nach der persönlichen wie der gesellschaftlichen Seite hin davon getragen wird. So ist die Familie die erste Schule der sozialen Tugenden, deren kein gesellschaftliches Gebilde entraten kann"
Gallus hat geschrieben:Ich sehe hier irgendwie immer das Klischee vom gut verdienenden Konzernmanager oder Anwalt durch den Thread wabern, so einer mit nächtlich wechselnden Frauen, Porsche vor der Tür und Kokain in der Schublade. Aber wie gesagt, das sind mythische Wesen, wie Wolpertinger. :)
Ich fürchte sehr, dass das kein Klischee ist; im Gegenteil, ohne Porsche und Kokain dürfte sich ein solcher "Lebensstil" bis hinunter in die einfachsten sozialen Schichten ziehen.
Gallus hat geschrieben:Ganz abgesehen davon finde ich eben auch, daß das eine erstaunlich materialistische Sichtweise ist. Wem geht's denn bei Dickens wirklich besser, dem reichen Ebenezer Scrooge oder der armen Familie Cratchit? Familien stiften, sofern sie nicht zerrüttet sind, Freude und Sinn. Da finde ich es irgendwie befremdlich, einerseits das Glück der Familie zu genießen, andererseits aber dem Single seinen materialistischen Lebensstil zu neiden. Sollte man nicht einfach froh über die Einsicht sein, daß die Familie einem mehr bedeutet, als ein Skiurlaub über Weihnachten in Zermatt es je könnte? Wieso erwartet man von dem, der das Glück der Familie nicht hat und der deshalb materialistische Ersatzbefriedigungen sucht, daß er auf diese auch noch verzichten soll? Das finde ich egoistisch! Denn wir reden ja in Deutschland schon lange nicht mehr über extreme Armut oder nicht befriedigte Grundbedürfnisse in Familien.
Zum Vorwurf des Materialismus (der ja auf die "Gegenseite" ebenso zuträfe, da er ja - falls überhaupt gewünscht - seine Kinderlosigkeit mit Konsumismus verdrängen oder - wie du schriebst - ersatzweise befriedigen muss) und des Vorwurfs von Sozialneid: Der Irrtum besteht m.E. darin, dass man sich bei dieser Frage in einer Art Freiheit der Wahl befände. Zur Erläuterung: Heute wird sowohl in dem einen Punkt (Kinder) als auch aus dem daraus folgenden (Erziehung) eine Freiheit der Wahl gemacht, die eigentlich gar nicht besteht, zumindest nicht für einen Katholiken:
Centesimus annus; 39 hat geschrieben:Die erste und grundlegende Struktur zu Gunsten der »Humanökologie« ist die Familie, in deren Schoß der Mensch die entscheidenden Anfangsgründe über die Wahrheit und das Gute empfängt, wo er lernt, was lieben und geliebt werden heißt und was es konkret besagt, Person zu sein. Hier ist die auf die Ehe gegründete Familie gemeint, wo die gegenseitige Hingabe von Mann und Frau eine Lebensatmosphäre schafft, in der das Kind geboren werden und seine Fähigkeiten entfalten kann. Wo es sich seiner Würde bewußt wird und sich auf die Auseinandersetzung mit seinem einmaligen und unwiederholbaren Schicksal vorbereiten kann. Oft geschieht es jedoch, daß der Mensch entmutigt wird, die naturgegebenen Bedingungen der Weitergabe des Lebens auf sich zu nehmen. Er läßt sich dazu verleiten, sich selbst und sein Leben als eine Folge von Sensationen zu betrachten, die es zu erleben gilt und nicht als eine Aufgabe, die zu erfüllen ist. Daraus entsteht ein Mangel an Freiheit, der von der Verpflichtung, sich fest mit einem anderen Menschen zu verbinden und Kinder zu zeugen, zurückscheut oder dazu verleitet, Partner und Kinder als eines der vielen »Dinge« anzusehen, die man, je nach eigenem Geschmack, haben oder nicht haben kann und die mit anderen Möglichkeiten in Konkurrenz treten.
Staatlicherseits hingegen hat das Individuum rein weltlich-juristisch betrachtet ja die Möglichkeit der Wahl, auch wenn rechtsphilosophisch auch hier gilt:
Weimarer Reichsverfassung, Art. 119 Abs. 1 hat geschrieben:„Die Ehe steht als Grundlage des Familienlebens und der Erhaltung und Vermehrung der Nation unter dem besonderen Schutz der Verfassung.“
, daraus wurde in Art. 6 des Grundgesetzes: "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung." In Art. 16, Abschnitt 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist sogar festgelegt: „Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.“ Demzufolge gäbe es "kleinere Grundeinheiten" als die Familie völkerrechtlich gar nicht - oder sie hätten für den Bestand einer Gesellschaft mindere Bedeutung. Aber zurück zur Frage des Materiellen. Sie hat für Familien und (aus bekannten und gezeigten Gründen) für den Staat eine zentrale Bedeutung, ganz gleich, was und wie andere Staaten darüber entscheiden mögen. Natürlich kann und sollte man über das Glück einer Familie froh sein, aber diese Freude wird - auch in Deutschland - oft von der materiellen Sorge um die Familie überschattet (s. auch hier). Das mögliche Ausmaß der Wirksamkeit von finanziellen Hilfen des Staates für Familien hat iustus ja bereits in seinem Beitrag erläutert. Es scheint also so zu sein, dass bestimmte Familien mit einem oben beschriebenen Verdienstprofil (ein Alleinverdiener) tatsächlich mehr Hilfe von staatlicher Seite bedürften; beileibe nicht alle; ich sehe z.B. auch nicht ein, weshalb beispielsweise das Kindergeld nicht sozial gestaffelt werden sollte. Mit Glück über die eigenen Kinder lässt sich also auch kein Brot kaufen. Wer seine eigenen Kinder schon einmal kleidungsmäßig ausstaffiert hat, weiß das. Hier ist aber auch die These geäußert worden, dass es besser sei, die staatliche Fürsorge überhaupt sein zu lassen, dann würde sich auch der Kinderreichtum einstellen. Das glaube ich aus den bereits geschilderten Gründen nicht, außerdem lehrt die Kirche auch hier anders:
Botschaft zum Weltfriedenstag 1994; Nr. 5 hat geschrieben:Als eigentlicher Kern der Gesellschaft hat die Familie Anspruch auf volle Unterstützung seitens des Staates, um ihre besondere Sendung voll entfalten zu können. Die staatlichen Gesetze müssen daher darauf ausgerichtet sein, das Wohlergehen der Familie zu fördern, indem sie ihr bei der Verwirklichung der ihr zufallenden Aufgaben behilflich sind. Angesichts der heute immer bedrohlicheren Tendenz, Ersatzformen der ehelichen Gemeinschaft zu legitimieren, Formen von Verbindungen, die aus der diesen innewohnenden Natur oder aufgrund der beabsichtigten Vorläufigkeit in keiner Weise den Sinn der Familie zum Ausdruck bringen und ihr gewährleisten können, hat der Staat die Pflicht, die Familie als authentische Institution zu fördern und zu schützen, wobei die naturgegebene Gestalt und die natürlichen und unveräußerlichen Rechte zu respektieren sind.
Caviteño hat geschrieben:Ich frage mich schon, warum hier immer die Rentenversicherung herausgepickt wird.
Du sagtest es ja, es geht um die Solidargemeinschaft oder den "Generationenvertrag". Es ist natürlich verständlich, dass gerade diejenigen sich daraus gerne verabschieden würden, die davon keine materiellen Vorteile hätten. Aber wie ich schon schrieb: kirchlich gesehen gibt es hier keine Freiheit der Wahl, die widerspräche auch der Schöpfungsordnung, gegen die man sich als Nichtgläubiger auch entscheiden kann.
Caviteño hat geschrieben:Im übrigen - wenn man hier schon eine Umverteilung einführen will - was ist denn mit den Kindern, die sich aus den verschiedensten Gründen aus dem Rentensystem verabschieden (z.B. durch Arbeitslosigkeit, als Selbständige oder Auswanderer)? :hmm: Das Aufziehen von Kindern ist keine Garantie, daß diese auch später in die Rentenversicherung einzahlen, oder....
Ich fürchte, dass das unter dem Kapitel "Schicksalsgemeinschaft" zu verbuchen ist (dieser Begriff gilt ja auch für die Ehe). Wenn wir für die freiheitliche Grundordnung eintreten, müssten wir das in Kauf nehmen.
Caviteño hat geschrieben:Dinkies
Bei den überzeugten Dinks besteht ganz entschieden Handlungsbedarf, vor allem staatlicherseits. Die sind auch mit Appellen oder religiösem Glauben nicht erreichbar und haben sich für unsere Gesellschaft zu einer argen Belastung entwickelt:
Fräulein Vicky Pedia hat geschrieben:Die wirtschaftliche Lage von Dink-Paaren erscheint gegenüber Familien mit Kindern deutlich attraktiver: Für den Lebensunterhalt von Dinks stehen für zwei Personen zwei Arbeitseinkommen zur Verfügung, Familien mit Kindern haben teilweise für drei oder mehr Personen nur ein Arbeitseinkommen. Entsprechend erarbeiten Dinks zwei volle und unabhängige Altersversorgungen; ein Alleinverdiener einer Familie kann nur eine volle Altersversorgung erwirtschaften. Trotz staatlicher so genannter Transferleistungen für Familien wie Kindergeld, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei der Rentenberechnung, Steuererleichterungen durch Freibeträge und Ehegattensplitting u. a. wird das Leben in der DINK-Situation häufig als attraktiver als die Bildung einer Familie empfunden, die gesellschaftlichen Leitbilder ändern sich. Dadurch mehren sich auch die Bemühungen, Dinks stärker an der Finanzierung des Sozialsystems zu beteiligen.
Bleibt die Gruppe der unfreiwilligen Dinks oder Singles. Aber wie fände man die unter den überzeugten DINKS und Singles heraus? Genau an diesem Punkt bin ich der Meinung, dass ein gläubiger und unfreiwilliger DINK eigentlich angesichts der genannten Punkte bereit sein müsste, einen höheren Solidarbeitrag zu leisten. Insgesamt aber müsste diese Gruppe durch einen alten Grundsatz bisher jeder menschlichen Gesellschaft "zur Einsicht" gezwungen werden: Gemeinwohl bricht Einzelwohl. Auch wenn es jetzt noch nicht danach aussieht (Geschichte verläuft niemals linear), bin ich der Überzeugung, dass eine solche Entwicklung kommen wird, weil sie für das Gemeinwesen notwendig werden wird.
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Selina
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Selina »

Yeti hat geschrieben:Das klappt dann so lange, wie die Rentenkassen verfügbar sind. Gut, man kann das Sozialsystem abschaffen, wie du sagst. Dann existiert aber das Gerechtigkeitsproblem aber immer noch: Diejenigen, die keine Kinder haben, können in Saus und Braus leben, während diejenigen, die mit der Erziehung von Kindern die Zukunft der Gesellschaft sichern, jeden Cent umdrehen müssen.
Damit implizierst du also, dass jeder Kinderlose automatisch in Saus und Braus leben könnte ohne Sozialsystem? Und wie soll dieses Wunderwerk gelingen? Bekommt der Kinderlose automatisch eine Anstellung, lebenslang und sicher? Hat er keine unvorhergesehenen oder zu hohen Kosten durch Krankheiten, Unfälle etc. pp.?
Gallus hat geschrieben:Es ist meine Überzeugung, dass die Kosten der Familie auch die Allgemeinheit angehen. Es ist bestimmt auch viel Tragik bei einem nicht erfüllbaren Kinderwunsch, ja. Es gibt aber auch kein "Recht auf ein Kind", wie es auch kein "Recht" auf eine glückliche Beziehung gibt und es auch kein "Recht" von Kinderlosen geben dürfte, die Mehrausgaben, die Familien haben, nicht mittragen zu müssen.
Nimmst du allen Ernstes an, solche Späße wie Schulen, Kindergärten etc. würden einzig und allein von den Abgaben von Familien finanziert? Daran trägt auch jeder Kinderlose mit, wenn man deiner Logik folgt sogar verstärkt, da er ja mehr einnimmt und somit auch mehr Steuern bezahlt.
Und ja, in Kinderlosigkeit steckt "bestimmt auch viel Tragik" und ich finde diese herablassende Formulierung wirklich erschütternd. Nein, es gibt kein Recht auf ein Kind, aber ich sehe auch keinen Sinn darin, Menschen, denen aus welchen Gründen auch immer Fortpflanzung verwehrt bleibt, noch zusätzlich zu bestrafen, denn ihren finanziellen Beitrag zum Sozialstaat leisten sie auch so und ja sogar für diverse Aspekte, die sie niemals nutzen können.

Gallus hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:Wer sich der Fortpflanzung verweigert, kann übrigens auch kein wirklich überzeugter Christ sein.
Das sah der Apostel Paulus aber anders.
Yeti hat geschrieben: Ich glaube nicht, dass der Apostel Paulus dabei diese Generation von Beziehungsunfähigen und Fortplanzungsverweigerern dabei vor Augen hatte.
Gallus hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben: Ein nützliches Mitglied der Gesellschaft ist er aber noch weniger, im Gegenteil. Er lebt - im Moment und vor allem dann, wenn er ins Rentenalter kommt - als Parasit.
Aha. Weil ja jeder der "Parasiten" (schon wieder eine ganz entzückende Beschreibung von Mitmenschen) keinerlei eigene Vorsorge für das Alter getroffen hat, ich denke da an Dinge wie private Rentenversicherung, Wohneigentum oder vermietbare Immobilien (jeder Geld scheffelnde Kinderlose hatte ja sicherlich genügend frei verprassbares Einkommen für derlei Sperenzchen, während die Familie jeden Cent umdrehen musste und daher nicht vorsorgen konnte... :roll: ).

Und nochmals - zum einen: nicht jeder Kinderlose "verweigert" sich der Fortpflanzung, ein hoher Prozentsatz würde gern, kann aber aus diversen Gründen nicht, aber schön, dass es einen automatisch zum schlechten Christen macht, wenn man nicht im Zweifelsfalle mit dem nächstbesten verfügbaren Paarungswilligen Nachkommen zeugt!

Zum anderen: Wer sich z.B. aus finanziellen Gründen gegen Kinder entscheidet, weil er eben nicht weiß, wie er deren Unterhalt sichern könnte, ist ein schlechter Christ? Wirklich?

Und zum letzten: Ich fände es schön, schon aus Gründen der Differenziertheit, nicht das "beziehungsunfähige" automatisch mit Kinderlosigkeit in einen Topf zu werfen. Die Vielzahl von Scheidungskindern und "Patchwork-Familien" spricht wohl eine deutliche Sprache über die Beziehungsfähigkeit vieler derjenigen, die sich der Fortpflanzung nicht verweigern.
"Erlösung ist nicht Wellness, ein Baden im Selbstgenuss, sondern gerade Befreiung von der Verzwängung ins Ich hinein." (Papst Benedikt XVI.)

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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Selina hat geschrieben:Damit implizierst du also, dass jeder Kinderlose automatisch in Saus und Braus leben könnte ohne Sozialsystem? Und wie soll dieses Wunderwerk gelingen? Bekommt der Kinderlose automatisch eine Anstellung, lebenslang und sicher? Hat er keine unvorhergesehenen oder zu hohen Kosten durch Krankheiten, Unfälle etc. pp.?
Es ist dir doch bekannt, wer in solchen Fällen für dich aufkommt - die Allgemeinheit, die Gesellschaft. Und deine Rente eben die Kinder derjenigen, die den Schöpfungsauftrag erfüllten.
Selina hat geschrieben:
Gallus hat geschrieben:Es ist meine Überzeugung, dass die Kosten der Familie auch die Allgemeinheit angehen. Es ist bestimmt auch viel Tragik bei einem nicht erfüllbaren Kinderwunsch, ja. Es gibt aber auch kein "Recht auf ein Kind", wie es auch kein "Recht" auf eine glückliche Beziehung gibt und es auch kein "Recht" von Kinderlosen geben dürfte, die Mehrausgaben, die Familien haben, nicht mittragen zu müssen.
Das hat nicht Gallus geschrieben, sondern ich. Vielleicht bremst du mal deine innere Furie, auch wenn du persönlich betroffen bist. Schon Gallus zuliebe.
Selina hat geschrieben:Nimmst du allen Ernstes an, solche Späße wie Schulen, Kindergärten etc. würden einzig und allein von den Abgaben von Familien finanziert? Daran trägt auch jeder Kinderlose mit, wenn man deiner Logik folgt sogar verstärkt, da er ja mehr einnimmt und somit auch mehr Steuern bezahlt.
Und ja, in Kinderlosigkeit steckt "bestimmt auch viel Tragik" und ich finde diese herablassende Formulierung wirklich erschütternd. Nein, es gibt kein Recht auf ein Kind, aber ich sehe auch keinen Sinn darin, Menschen, denen aus welchen Gründen auch immer Fortpflanzung verwehrt bleibt, noch zusätzlich zu bestrafen, denn ihren finanziellen Beitrag zum Sozialstaat leisten sie auch so und ja sogar für diverse Aspekte, die sie niemals nutzen können.
Schulen und Kindergärten als "Späße" zu beschreiben, ist auch nicht nett. Schließlich haben dir auch diese Institutionen einen Weg als nützliches Mitglied der Gesellschaft ermöglicht. Und dass die Kinderlosen mehr dafür zur Kasse gebeten werden: Klar muss das sein, mindestens. Lies dir einfach alles in Ruhe durch. Du musst ja nicht zustimmen, das tust du ohnehin nicht, Argument hin oder her. Fakt ist, dass Kinderlose nunmal keine Kinder haben und da liegt das Problem, das irgendwie kompensiert werden muss, weil es eben keine Frage der "Wahl" oder eines "Lebensmodells" ist - im Unterschied zur Berufung, wie ich schon schrieb.
Selina hat geschrieben:Aha. Weil ja jeder der "Parasiten" (schon wieder eine ganz entzückende Beschreibung von Mitmenschen) keinerlei eigene Vorsorge für das Alter getroffen hat, ich denke da an Dinge wie private Rentenversicherung, Wohneigentum oder vermietbare Immobilien (jeder Geld scheffelnde Kinderlose hatte ja sicherlich genügend frei verprassbares Einkommen für derlei Sperenzchen, während die Familie jeden Cent umdrehen musste und daher nicht vorsorgen konnte... :roll: ).
Ja, Menschen, die ihren Schöpfungsauftrag bewusst und zum bekannten Schaden der Gesellschaft verweigern, füllen die Rolle eines Parasiten aus, ja. Da hilft auch kein Herumreiten auf Ausdrücken, das sind Nebenkriegsschauplätze, die zur Ausflucht werden. Und wenn du genau liest, ist auch die Kirche für ein solches Solidarmodell, ob's deinem Lebensmodell passt oder nicht; da kannst du wüten wie du willst. Da ist etwas nicht kongruent.
Selina hat geschrieben:Und nochmals - zum einen: nicht jeder Kinderlose "verweigert" sich der Fortpflanzung, ein hoher Prozentsatz würde gern, kann aber aus diversen Gründen nicht, aber schön, dass es einen automatisch zum schlechten Christen macht, wenn man nicht im Zweifelsfalle mit dem nächstbesten verfügbaren Paarungswilligen Nachkommen zeugt!
Nein, es macht ihn nicht zum schlechten Christen, wenn er nicht den richtigen Partner findet oder der Kinderwunsch aus medizinischen Gründen nicht klappt. Beim "richtigen Partner finden" bin ich mir aber schon nicht mehr sicher. Viele schrauben ihre Ansprüche an einen Partner dermaßen hoch, dass sie diese nicht einmal selbst erfüllen könnten, dazu kommt die "Auswahlmentalität", dass man Partner wie aus einem Supermarkt aussucht - die Fähigkeit zum Kompromiss ist vielen abhanden gekommen. Also: Es macht ihn m.E. zum schlechten Christen, wenn er die Soziallehre der Kirche mit Kalkül ignoriert, weil er selbst in einer Situation lebt, die mit dem Geforderten nicht übereinstimmt. Noch einmal: Es herrscht keine Wahlfreiheit. Der Schöpfungsauftrag steht.
Selina hat geschrieben:Zum anderen: Wer sich z.B. aus finanziellen Gründen gegen Kinder entscheidet, weil er eben nicht weiß, wie er deren Unterhalt sichern könnte, ist ein schlechter Christ? Wirklich?
Das ist recht willkürlich formuliert und erinnert mich an Appellationen ans "Gewissen", das manche Zeitgenossen in guter Manier der "autonomen Moral" recht billig und für sie passend auslegen. Das was du schilderst, mag es im Einzelfall tatsächlich geben, insgesamt aber halte ich es für übertrieben. Natürlich schränkt das Dasein von Kindern erheblich ein. Das dürfte auch bei den meisten der Hauptgrund sein, nicht irgendwelche verklausulierten Ausreden.
Selina hat geschrieben:Und zum letzten: Ich fände es schön, schon aus Gründen der Differenziertheit, nicht das "beziehungsunfähige" automatisch mit Kinderlosigkeit in einen Topf zu werfen. Die Vielzahl von Scheidungskindern und "Patchwork-Familien" spricht wohl eine deutliche Sprache über die Beziehungsfähigkeit vieler derjenigen, die sich der Fortpflanzung nicht verweigern.
Dieses Thema geht unter die Haut, das verstehe ich gut und sehe es an deiner Reaktion. Aber die hohen Scheidungsraten als Argument gegen Bindungen zu bringen, offenbart etwas ganz anderes. Nämlich das Unwissen über das Wesen der Liebe, die bedingungslos ist, ohne Vorbehalte, Rückversicherung und doppeltem Boden. Auch das ist - nachgewiesenermaßen - ein Kernproblem der Single- und Selbstoptimierungsgesellschaft. Ich zitiere ungern Karl Rahner, aber er hat einen sehr guten Satz gesagt: "Wahre Liebe geht von sich aus, um niemals zu sich zurückzukehren." Und eben das, die Vergessenheit des eigenen Ichs, können viele gar nicht mehr. Sie handeln nur noch aus Kalkül, auch in "Beziehungen" oder bevor solche überhaupt entstehen. Es sind Narzissten.
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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Übrigens geht der Trend genau in die richtige Richtung:
Umfrage: Vier von fünf jungen Deutschen wollen Nachwuchs haben
Daraus:
«Man merkt, dass der Stellenwert der Kinder wieder relativ hoch ist bei der jungen Generation», sagte der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Ulrich Reinhardt. Er gehe unter anderem deshalb davon aus, dass Frauen in Deutschland künftig wieder mehr Kinder bekommen werden. «Ich glaube, dass in Zukunft zwar nicht die Geburtenzahl steigen wird, aber die Geburtenquote»[...]«Es ist nicht so sehr die ältere Generation, die momentan das Problem ist. Es ist eher die mittlere Generation, die Babyboomer- und Konsum-Generation, die sagt: Ich habe das ohne Kinder durchgezogen.»
Allerdings auch:
Für einen Anstieg der Geburtenrate spreche zudem, dass der Geburtenrückgang bei den Akademikerinnen gestoppt sei. «Dagegen spricht, dass Geburten tendenziell immer weiter aufgeschoben werden. Dadurch wird das Zeitfenster immer kleiner.»
Da hilft dann auch keine teure Reproduktionsmedizin mehr. Das ist auch das einzige, was ich bei meiner Familie anders gemacht hätte: Die Kinder zehn Jahre früher bekommen.
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Selina
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Selina »

Yeti hat geschrieben:
Selina hat geschrieben:Damit implizierst du also, dass jeder Kinderlose automatisch in Saus und Braus leben könnte ohne Sozialsystem? Und wie soll dieses Wunderwerk gelingen? Bekommt der Kinderlose automatisch eine Anstellung, lebenslang und sicher? Hat er keine unvorhergesehenen oder zu hohen Kosten durch Krankheiten, Unfälle etc. pp.?
Es ist dir doch bekannt, wer in solchen Fällen für dich aufkommt - die Allgemeinheit, die Gesellschaft. Und deine Rente eben die Kinder derjenigen, die den Schöpfungsauftrag erfüllten.
Ich schrieb hier über den hypothetischen Fall OHNE Sozialsystem, oben nunmehr fett markiert, auf den auch du im entsprechenden Beitrag rekurriert hattest:
Yeti hat geschrieben:Gut, man kann das Sozialsystem abschaffen, wie du sagst. Dann existiert aber das Gerechtigkeitsproblem aber immer noch: Diejenigen, die keine Kinder haben, können in Saus und Braus leben, während diejenigen, die mit der Erziehung von Kindern die Zukunft der Gesellschaft sichern, jeden Cent umdrehen müssen.
Es käme also keine Allgemeinheit für "mich" auf.
Die Frage, warum dann aber automatisch der Kinderlose in Saus und Braus leben könnte, bleibt bestehen.
Yeti hat geschrieben:
Selina hat geschrieben:
Gallus hat geschrieben:Es ist meine Überzeugung, dass die Kosten der Familie auch die Allgemeinheit angehen. Es ist bestimmt auch viel Tragik bei einem nicht erfüllbaren Kinderwunsch, ja. Es gibt aber auch kein "Recht auf ein Kind", wie es auch kein "Recht" auf eine glückliche Beziehung gibt und es auch kein "Recht" von Kinderlosen geben dürfte, die Mehrausgaben, die Familien haben, nicht mittragen zu müssen.
Das hat nicht Gallus geschrieben, sondern ich. Vielleicht bremst du mal deine innere Furie, auch wenn du persönlich betroffen bist. Schon Gallus zuliebe.
Bitte entschuldige, Gallus - in der langen Zitation sind mir offensichtlich einmal die entsprechenden Zeichensetzungen verrutscht, hierbei handelte es sich um keine böse Absicht.

Yeti, warum du unterstellst bzw. woraus du ableitest, dass ich persönlich betroffen bin, würde mich nun doch interessieren - oder soll das einfach ein klassisches rhetorisches Manöver unter die Gürtellinie sein?
Yeti hat geschrieben:
Selina hat geschrieben:Nimmst du allen Ernstes an, solche Späße wie Schulen, Kindergärten etc. würden einzig und allein von den Abgaben von Familien finanziert? Daran trägt auch jeder Kinderlose mit, wenn man deiner Logik folgt sogar verstärkt, da er ja mehr einnimmt und somit auch mehr Steuern bezahlt.
Und ja, in Kinderlosigkeit steckt "bestimmt auch viel Tragik" und ich finde diese herablassende Formulierung wirklich erschütternd. Nein, es gibt kein Recht auf ein Kind, aber ich sehe auch keinen Sinn darin, Menschen, denen aus welchen Gründen auch immer Fortpflanzung verwehrt bleibt, noch zusätzlich zu bestrafen, denn ihren finanziellen Beitrag zum Sozialstaat leisten sie auch so und ja sogar für diverse Aspekte, die sie niemals nutzen können.
Schulen und Kindergärten als "Späße" zu beschreiben, ist auch nicht nett. Schließlich haben dir auch diese Institutionen einen Weg als nützliches Mitglied der Gesellschaft ermöglicht. Und dass die Kinderlosen mehr dafür zur Kasse gebeten werden: Klar muss das sein, mindestens. Lies dir einfach alles in Ruhe durch. Du musst ja nicht zustimmen, das tust du ohnehin nicht, Argument hin oder her. Fakt ist, dass Kinderlose nunmal keine Kinder haben und da liegt das Problem, das irgendwie kompensiert werden muss, weil es eben keine Frage der "Wahl" oder eines "Lebensmodells" ist - im Unterschied zur Berufung, wie ich schon schrieb.
Späße war hier als ironische Formulierung gewählt, ich bedauere, wenn es missverständlich war.
Wo steht, dass ich nicht zustimme? Kinderlose werden dafür mehr zur Kasse gebeten, denn, wie gesagt, sie zahlen für etwas, das sie nicht nutzen. Das ist in einer Solidargemeinschaft auch korrekt und sinnvoll und wird von kaum jemandem bestritten. Lediglich eine zusätzliche Mehrbelastung halte ich weiterhin für moralisch fragwürdig, denn es kommt eine Bestrafung gleich für etwas, auf das viele Menschen keinen Einfluss haben.
Übrigens, Stichwort "Berufung": Warum ist dies keine Wahl bzw. kein Lebensmodell, während es ungewollte Kinderlosigkeit ist? In letzterem Falle hat doch offensichtlich ebenso der Herrgott entschieden, dass der- oder diejenige sich nicht fortpflanzen wird!
Yeti hat geschrieben:
Selina hat geschrieben:Aha. Weil ja jeder der "Parasiten" (schon wieder eine ganz entzückende Beschreibung von Mitmenschen) keinerlei eigene Vorsorge für das Alter getroffen hat, ich denke da an Dinge wie private Rentenversicherung, Wohneigentum oder vermietbare Immobilien (jeder Geld scheffelnde Kinderlose hatte ja sicherlich genügend frei verprassbares Einkommen für derlei Sperenzchen, während die Familie jeden Cent umdrehen musste und daher nicht vorsorgen konnte... :roll: ).
Ja, Menschen, die ihren Schöpfungsauftrag bewusst und zum bekannten Schaden der Gesellschaft verweigern, füllen die Rolle eines Parasiten aus, ja. Da hilft auch kein Herumreiten auf Ausdrücken, das sind Nebenkriegsschauplätze, die zur Ausflucht werden. Und wenn du genau liest, ist auch die Kirche für ein solches Solidarmodell, ob's deinem Lebensmodell passt oder nicht; da kannst du wüten wie du willst. Da ist etwas nicht kongruent.
Und schon wieder ein Seitenhieb auf mein "Lebensmodell", das du überhaupt nicht kennst. Was soll das?
Auch "wüte" ich nicht, ich widerspreche nur deinen Ansichten und der Form und Weise, in der du sie formulierst.
Eine "bewusste Verweigerung" ist eben jenes - ein bewusster, aktiv erwählter (Willens)akt. Wie aber kann etwas Ungewolltes diese Kriterien erfüllen? Wo ist die bewusste Verweigerung der Frau mit fehlgebildeten Eileitern oder des Mannes mit Hodenkrebs?
Yeti hat geschrieben:Nein, es macht ihn nicht zum schlechten Christen, wenn er nicht den richtigen Partner findet oder der Kinderwunsch aus medizinischen Gründen nicht klappt. Beim "richtigen Partner finden" bin ich mir aber schon nicht mehr sicher. Viele schrauben ihre Ansprüche an einen Partner dermaßen hoch, dass sie diese nicht einmal selbst erfüllen könnten, dazu kommt die "Auswahlmentalität", dass man Partner wie aus einem Supermarkt aussucht - die Fähigkeit zum Kompromiss ist vielen abhanden gekommen. Also: Es macht ihn m.E. zum schlechten Christen, wenn er die Soziallehre der Kirche mit Kalkül ignoriert, weil er selbst in einer Situation lebt, die mit dem Geforderten nicht übereinstimmt. Noch einmal: Es herrscht keine Wahlfreiheit. Der Schöpfungsauftrag steht.
Machst du es dir nicht ein wenig sehr einfach, wenn du so lapidar über Menschen urteilst, die keinen Partner finden?
Wo führt das denn in letzter Konsequenz hin - zu einer Verpflichtung zum Zuchtprogramm für alle, die mit, sagen wie 30, noch nicht dauerhaft verpaart sind? Das ist allerdings auch nicht unbedingt das, was die Soziallehre der Kirche vorgibt.
Yeti hat geschrieben:
Selina hat geschrieben:Zum anderen: Wer sich z.B. aus finanziellen Gründen gegen Kinder entscheidet, weil er eben nicht weiß, wie er deren Unterhalt sichern könnte, ist ein schlechter Christ? Wirklich?
Das ist recht willkürlich formuliert und erinnert mich an Appellationen ans "Gewissen", das manche Zeitgenossen in guter Manier der "autonomen Moral" recht billig und für sie passend auslegen. Das was du schilderst, mag es im Einzelfall tatsächlich geben, insgesamt aber halte ich es für übertrieben. Natürlich schränkt das Dasein von Kindern erheblich ein. Das dürfte auch bei den meisten der Hauptgrund sein, nicht irgendwelche verklausulierten Ausreden.
Das ist nicht willkürlich formuliert, sondern ein Beispiel, das gerade in Zeiten von hohen Arbeitslosenzahlen und Billiglöhnen recht aktuell ist. Kinder in die Welt zu setzen, nur damit dann die ganze Familie von Hartz IV leben kann/muss, ist nun auch nicht sozialverträglicher als keine Kinder zu bekommen.
Yeti hat geschrieben:
Selina hat geschrieben:Und zum letzten: Ich fände es schön, schon aus Gründen der Differenziertheit, nicht das "beziehungsunfähige" automatisch mit Kinderlosigkeit in einen Topf zu werfen. Die Vielzahl von Scheidungskindern und "Patchwork-Familien" spricht wohl eine deutliche Sprache über die Beziehungsfähigkeit vieler derjenigen, die sich der Fortpflanzung nicht verweigern.
Dieses Thema geht unter die Haut, das verstehe ich gut und sehe es an deiner Reaktion. Aber die hohen Scheidungsraten als Argument gegen Bindungen zu bringen, offenbart etwas ganz anderes. Nämlich das Unwissen über das Wesen der Liebe, die bedingungslos ist, ohne Vorbehalte, Rückversicherung und doppeltem Boden. Auch das ist - nachgewiesenermaßen - ein Kernproblem der Single- und Selbstoptimierungsgesellschaft. Ich zitiere ungern Karl Rahner, aber er hat einen sehr guten Satz gesagt: "Wahre Liebe geht von sich aus, um niemals zu sich zurückzukehren." Und eben das, die Vergessenheit des eigenen Ichs, können viele gar nicht mehr. Sie handeln nur noch aus Kalkül, auch in "Beziehungen" oder bevor solche überhaupt entstehen. Es sind Narzissten.
[/quote]

Und hier haben wir - aller guten Dinge sind drei - den dritten Seitenhieb auf meine angebliche persönliche Betroffenheit.
Übrigens bringe ich die hohen Scheidungszahlen nicht als Argument gegen Bindungen per se, sondern gegen das In-einen-Topf-werfen von Kinderlosigkeit und Beziehungsunfähigkeit, das du praktiziert hast.
Ich stimme dir zu, das Wesen der Liebe zu verstehen und zu leben, ist der (notwendige) Kern jeder Beziehung. Aber das ist kein Problem der Kinderlosen, sondern eines Großteils der Gesellschaft und um die Beziehungsfähigkeit von Eltern ist es in den allermeisten Fällen kein bisschen besser bestellt als um die von DINKS und Singles; allein darauf bezog sich mein letzter Punkt.

Ja, wer aus Kalkül handelt, erfüllt diverse Aspekte des Narzismus, aber das tut der überzeugte Junggeselle, der jedes Wochenende eine andere Barbekanntschaft beglückt ebenso wie die vierfache Mutter, die ihren Mann für einen Anderen verlässt. Nur weil sie zusätzlich Kinder in die Welt gesetzt hat, wird dieses Verhalten nicht besser und sie nicht beziehungsfähiger.
"Erlösung ist nicht Wellness, ein Baden im Selbstgenuss, sondern gerade Befreiung von der Verzwängung ins Ich hinein." (Papst Benedikt XVI.)

PigRace
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von PigRace »

Hallo an alle Leser dieses Threads,

viele der Maßnahmen, die unter dem Oberbegriff „Kinder- und Familienpolitik“ laufen, sind wohl eher auf Bundes- und Landesebene angesiedelt und von uns üblicherweise kaum zu beeinflussen.

Anders verhält es sich mit der Stadt- oder (noch besser, weil kleiner/überschaubarer) Gemeindepolitik. Dort kann man aktiv werden, sich einbringen und damit auch tatsächlich durchdringen.

Meine Frage:
Welche Maßnahmen, die auf der Ebene des Stadtparlaments oder der Gemeindevertretung umgesetzt werden könnten, würden einer Frau/Familie die Entscheidung für ein jeweils weiteres Kind (also u.U. auch das erste) erleichtern?

Wenn Ihr mehrere Vorschläge habt, könnt Ihr sie auch gerne in ein Ranking setzen.

Jeden Gedanken fände ich spannend! Vielen Dank!

PigRace

PS: Die Hypothese hinter dieser Frage lautet natürlich: mehr Kinder = gut :fieselschweif: :emil: :anton: :nuckel:

Caviteño
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Caviteño »

Yeti hat geschrieben:Bei den überzeugten Dinks besteht ganz entschieden Handlungsbedarf, vor allem staatlicherseits. Die sind auch mit Appellen oder religiösem Glauben nicht erreichbar und haben sich für unsere Gesellschaft zu einer argen Belastung entwickelt:
Fräulein Vicky Pedia hat geschrieben:Die wirtschaftliche Lage von Dink-Paaren erscheint gegenüber Familien mit Kindern deutlich attraktiver: Für den Lebensunterhalt von Dinks stehen für zwei Personen zwei Arbeitseinkommen zur Verfügung, Familien mit Kindern haben teilweise für drei oder mehr Personen nur ein Arbeitseinkommen. Entsprechend erarbeiten Dinks zwei volle und unabhängige Altersversorgungen; ein Alleinverdiener einer Familie kann nur eine volle Altersversorgung erwirtschaften. Trotz staatlicher so genannter Transferleistungen für Familien wie Kindergeld, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei der Rentenberechnung, Steuererleichterungen durch Freibeträge und Ehegattensplitting u. a. wird das Leben in der DINK-Situation häufig als attraktiver als die Bildung einer Familie empfunden, die gesellschaftlichen Leitbilder ändern sich. Dadurch mehren sich auch die Bemühungen, Dinks stärker an der Finanzierung des Sozialsystems zu beteiligen.
Bleibt die Gruppe der unfreiwilligen Dinks oder Singles. Aber wie fände man die unter den überzeugten DINKS und Singles heraus? Genau an diesem Punkt bin ich der Meinung, dass ein gläubiger und unfreiwilliger DINK eigentlich angesichts der genannten Punkte bereit sein müsste, einen höheren Solidarbeitrag zu leisten. Insgesamt aber müsste diese Gruppe durch einen alten Grundsatz bisher jeder menschlichen Gesellschaft "zur Einsicht" gezwungen werden: Gemeinwohl bricht Einzelwohl. Auch wenn es jetzt noch nicht danach aussieht (Geschichte verläuft niemals linear), bin ich der Überzeugung, dass eine solche Entwicklung kommen wird, weil sie für das Gemeinwesen notwendig werden wird.
Das läuft im Endeffekt auf eine zusätzliche Belastung der sog. "Besserverdienenden" hinaus, die aber nicht so einfach zu realisieren ist. Gehen wir zunächst einmal die vorhandenen Möglichkeiten - es sind nur zwei - durch:

1. Erhöhung des Rentenversicherungsbeitrag
Einmal ganz davon abgesehen, daß aufgrund des der Rentenversicherung innewohnenden Äquivalenzprinzips höhere Einzahlungen (der Kinderlosen) später auch zu höheren Renten führen müssen, wären die folgenden zwei Punkte zu beachten:
- Es wird nur ein Teil der Bevölkerung erfaßt, weil Selbständige und Beamte keiner Rentenversicherungspflicht unterliegen.
- Aufgrund des Umlageverfahrens kämen die zusätzlichen Gelder nicht den Familien sondern den gegenwärtigen Rentnern zugute.

Eine Minderung des Rentenbeitrags für Familien würde später bei diesen zu geringeren Renten führen (s.o. Rentenberechnung, Äquivalenzprinzip).

Man kann natürlich den Zusammenhang zwischen Beitragseinzahlungen und späterer Rentenhöhe vollkommen aufheben, die Rentenbeiträge als zusätzliche Steuer ansehen, bei allen Steuerzahlern erheben und in den Bundeshaushalt überführen. Die spätere Rentenhöhe würde nach anderen Kriterien als bisher berechnet. Das wäre allerdings das Ende der Rentenversicherung, wie sie über 1 Jahre angewandt wurde und liefe auf eine Rente nach Gutsherrenart aus. Das Parlament oder wer auch immer würde bestimmen, wie hoch die Rente bei welchen Gruppen wäre - die schon schwindende Akzeptanz des vorhandenen Alterssicherungssystems würde weiter sinken.

2. Zusätzliche Leistungen aus dem Bundeshaushalt
Diese Lösung hätte den Charme, daß man die zusätzlichen Leistungen direkt an die Familien ausgezahlt würden.
Der Nachteil ist, daß diese Möglichkeit nur bei Umschichtungen oder neuen Steuern denkbar ist. Wenn man Umschichtungen einmal aufgrund der unterschiedlichen persönlichen Präferenzen nicht in die Diskussion einbezieht, blieben nur Steuererhöhungen.
Eine Erhöhung der Verbrauchs- oder Verkehrssteuern läge vermutlich nicht im Sinne der Familien, die je nach Ausgestaltung hier verstärkt zur Kasse gebeten würden. Bliebe also nur eine Erhöhung der Einkommensteuer (ESt), denn die Erbschaftsteuer ist eine Landessteuer.
Nun ist der ESt-Tarif schon seit Jahren nicht mehr an die Inflationsrate angepaßt worden (kalte Progression) und außerdem steigt er insbesondere bei den geringeren Einkommen besonders stark an. Hier wäre also eine Steuererhöhung nicht angebracht. Es bleiben also nur die sog. "Besserverdienenden" - allerdings ist dieser Begriff relativ. Vermutlich wird zunächst niemand widersprechen, wenn man die 1% der Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen als "Besserverdiendende" bezeichnen würde. Wenn man allerdings weiß, daß diese Grenze bei ca. brutto 5. €/Monat (zzgl. 13. Gehalt) liegt, sieht das schon ein wenig anders aus.

http://www.steuerzahler-nrw.de/Die-Vert ... index.html

Das Nettogehalt eines alleinstehenden sozialversicherungspflichten Arbeitnehmer beträgt bei einem Bruttogehalt von 5. € (nur) 2.8 €. Soll hier wirklich noch die steuerliche Belastung erhöht werden? :nein:
Plant man nur eine zusätzliche Abgabe für die sog. Einkommensmillionäre, wird das zusätzliche Aufkommen so gering ausfallen, daß damit keine großen Förderprogramme finanziert werden könnten. Außerdem sind diese Steuererhöhungen nicht sehr erfolgreich - die sozialistische französische Regierung schafft sie gerade wieder ab.

Im übrigen muß man berücksichtigen, daß eine Steuererhöhung bei höheren Einkommen auch auf die Familien durchschlägt. Ein alleinverdienender Familienvater mit gutem Einkommen wäre dann von einer Erhöhung der ESt ebenso betroffen, wie Dinks mit gleichem Einkommen.

Wenn man also die Familienleistungen verbessern will, sollte man das auch ganz klar und deutlich sagen, daß die steuerliche Belastung erhöht werden soll.

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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Selina hat geschrieben:Es käme also keine Allgemeinheit für "mich" auf.
Die Frage, warum dann aber automatisch der Kinderlose in Saus und Braus leben könnte, bleibt bestehen.
Das stimmt, ohne ein solidarisches Sozialsystem käme die Allgemeinheit nicht für dich auf. Aber ein solches System würde ich nie befürworten. Der Kinderlose lebt bestimmt nicht automatisch in Saus und Braus, ab einer gewissen Einkommensstufe aber eben schon - gerade weil er (ebendieser Kinderlose ab einer bestimmten Einkommensstufe) keine Kinder hat. Und er lebt eben in Saus und Braus - eben weil er keine Kinder hat - auf Kosten des Gesellschaftskerns (s. die rechtliche Erläuterungen des Schutzes von Ehe und Familie), weil dieser höhere Ausgaben mit der Kindererziehung und -Fürsorge hat, die von den staatlichen Familienhilfen nicht gedeckt werden. Vielleicht ist es jetzt noch einmal klarer geworden.
Selina hat geschrieben:Kinderlose werden dafür mehr zur Kasse gebeten, denn, wie gesagt, sie zahlen für etwas, das sie nicht nutzen. Das ist in einer Solidargemeinschaft auch korrekt und sinnvoll und wird von kaum jemandem bestritten. Lediglich eine zusätzliche Mehrbelastung halte ich weiterhin für moralisch fragwürdig, denn es kommt eine Bestrafung gleich für etwas, auf das viele Menschen keinen Einfluss haben.
Und ich frage mich eben, weshalb eine solche steuerliche Mehrbelastung moralisch fragwürdig wäre - ganz abgesehen davon, dass ein Rechtssystem viele Dinge erlaubt oder regelt, die moralisch fragwürdig sind - es könnte ja der Punkt erreicht werden, an welchem die Reproduktionsrate der Bevölkerung trotz Zuwanderung hinten und vorne nicht mehr ausreicht, um ein bestehendes Solidarmodell weiter finanzieren zu können, Stichwort "Generationenvertrag". Dazu einmal Oswald von Nell-Bräuning:
Wenn die Kinderlosen und die Kinderarmen ihr Dasein, insbesondere ihre Versorgung im Alter, auf anderer Leute Kinder aufbauen, dann bilden Familienlastenausgleich und Altersversorgung eine Einheit; eine sinnvolle Regelung ist nur möglich, wenn man beides zusammen anfasst. Der Gesetzgeber habe bei der 1957 in Kraft getretenen Rentenreform diesen Zusammenhang zwischen Familienlastenausgleich und Altersversorgung völlig übersehen und außer acht gelassen. Diejenigen, die Beiträge zahlen, empfangen ja nicht ihre Beiträge zurück, wenn sie alt geworden sind. Durch die Beiträge haben sie nicht die Rente erdient, sondern durch sie haben sie erstattet, was die Generation zuvor ihnen gegeben hat. Damit sind sie quitt. Die Rente, die sie selbst beziehen wollen, die verdienen sie sich durch die Aufzucht des Nachwuchses. Wer dazu nichts beiträgt, ist in einem ungeheuren Manko.
Soweit der Theologe, der für den bundesdeutschen Sozialstaat die Soziallehre der Kirche auslegt. Was aber sagen denn Juristen, gar Verfassungsrechtler, zu dieser angeblichen "moralischen Fragwürdigkeit"? Schauen wir mal bei Wolfgang Zeidler:
„Was die Sozialversicherung, insbesondere das System der Alters- und Hinterbliebenenversorgung betrifft, hat dieses sich noch weiter von den Verfassungsgeboten und Wertvorstellungen des Grundgesetzes entfernt als das Steuerrecht.“
Oder bei Paul Kirchhof:
Solange sich die Kinderlosen überhaupt nicht am finanziellen Kindesunterhalt beteiligen, gebührt die im Rahmen des Generationenvertrages erbrachte Alterssicherung ausschließlich den Eltern; die übrige Bevölkerung müsste für ihr Alter durch sonstige Vorkehrungen, z. B. eine Lebensversicherung, vorsorgen.
Aber auch Juristinnen haben sich dazu geäußert, z.B. Eva Marie von Münch, eine Koryphäe im Ehe- und Familienrecht:
Die Alterslast wurde kollektiviert, die Kinderlast blieb Privatsache. Mit dieser Konstruktion bestraft das geltende Rentenrecht die Familie und innerhalb der Familie ganz besonders die nicht oder nicht voll berufstätige Mutter.
Oder, zu guter Letzt, der gute Roman Herzog:
Es kann nicht sein, dass ein Ehepaar – bei dem nur der eine ein Leben lang ein Gehalt oder einen Lohn einsteckt – Kinder aufzieht und am Ende nur eine Rente bekommt. Auf der anderen Seite verdienen zwei Ehepartner zwei Renten. Und die Kinder des Paares, das nur eine Rente bekommt, verdienen diese beiden Renten mit. Das ist ein glatter Verfassungsverstoß.
Alle Quellenangaben hier. Das klingt alles andere als "moralisch fragwürdig", im Gegenteil.
Caviteño hat geschrieben:Wenn man also die Familienleistungen verbessern will, sollte man das auch ganz klar und deutlich sagen, daß die steuerliche Belastung erhöht werden soll.
Ja, ich denke schon, dass die genannten Juristen dieser Ansicht sind. Da kommt im Moment aber auch viel Bewegung in die politische Landschaft in Deutschland.

Faktum bis hierher bleibt: Der gewollt Kinderlose bewegt sich im Rahmen geltenden Rechts, welches maßgebliche Juristen aber als unzureichend bezeichnen. In Bezug auf die Soziallehre der Kirche in diesem Punkt (s. centesimus annus et.al.) kann er sich nimmermehr als rechtgläubigen Katholiken betrachten.
Selina hat geschrieben:Übrigens, Stichwort "Berufung": Warum ist dies keine Wahl bzw. kein Lebensmodell, während es ungewollte Kinderlosigkeit ist? In letzterem Falle hat doch offensichtlich ebenso der Herrgott entschieden, dass der- oder diejenige sich nicht fortpflanzen wird!
Es gibt Grenzen für den Begriff "Berufung" im säkularen Bereich; zu etwas "berufen" zu sein, verweist eigentlich immer auf eine metaphysische Instanz, die der Staat allein nicht bieten kann. Weshalb so jemand nicht nur meiner Meinung nach sich nicht im geistlichen Sinne als "Berufener" betrachten kann, müsste aus den Dokumenten der Kirche eigentlich deutlich geworden sein.
Selina hat geschrieben:Eine "bewusste Verweigerung" ist eben jenes - ein bewusster, aktiv erwählter (Willens)akt. Wie aber kann etwas Ungewolltes diese Kriterien erfüllen? Wo ist die bewusste Verweigerung der Frau mit fehlgebildeten Eileitern oder des Mannes mit Hodenkrebs?
Da greifst du dir einen Sonderfall heraus, der pars pro toto für eine Gesamtheit gelten soll. Ich bin aber mitnichten der Meinung, dass alle kinderlosen Paare fehlgebildete Eileiter oder Hodenkrebs haben, im Gegenteil; da du die obige Frage gestellt hast, würde mir andernfalls dazu ein Beleg weiterhelfen.
Selina hat geschrieben:Machst du es dir nicht ein wenig sehr einfach, wenn du so lapidar über Menschen urteilst, die keinen Partner finden? Wo führt das denn in letzter Konsequenz hin - zu einer Verpflichtung zum Zuchtprogramm für alle, die mit, sagen wie 30, noch nicht dauerhaft verpaart sind? Das ist allerdings auch nicht unbedingt das, was die Soziallehre der Kirche vorgibt.
Noch einmal: Zwischen "keinen Partner finden" und "zu hohe und unrealistische Ansprüche" (aus Kalkül oder Narzissmus) an einen möglichen Partner gibt es m.M. nach durchaus Schnittmengen und das gar nicht so selten. Und die Soziallehre der Kirche verneint - auch noch einmal - die Möglichkeit einer Wahl bei der Erfüllung des Schöpfungsauftrages.
Selina hat geschrieben:Das ist nicht willkürlich formuliert, sondern ein Beispiel, das gerade in Zeiten von hohen Arbeitslosenzahlen und Billiglöhnen recht aktuell ist. Kinder in die Welt zu setzen, nur damit dann die ganze Familie von Hartz IV leben kann/muss, ist nun auch nicht sozialverträglicher als keine Kinder zu bekommen.
Das ist eine beliebte versuchte Exkulpation bei vielen (übrigens gewollten) Kinderlosen und ich hätte gerne auch dafür einen Beleg, dass bei größerem Kinderreichtum eine solche Entwicklung zwangsläufig stattfinden würde.
Selina hat geschrieben:Ja, wer aus Kalkül handelt, erfüllt diverse Aspekte des Narzismus, aber das tut der überzeugte Junggeselle, der jedes Wochenende eine andere Barbekanntschaft beglückt ebenso wie die vierfache Mutter, die ihren Mann für einen Anderen verlässt. Nur weil sie zusätzlich Kinder in die Welt gesetzt hat, wird dieses Verhalten nicht besser und sie nicht beziehungsfähiger.
Es reicht auch, wenn ein solcher Schwanzlurch oder eine solche Nymphomanin jedes Jahr den Bettpartner wechselt. Aber Schwamm drüber, was die Kirche dazu sagt, dürfte ja klar sein und ich sehe keinen Widerspruch zwischen ihren Forderungen und deinem Einwand. Ich freue mich allerdings trotzdem über jedes geborene Kind auch aus solchen Begegnungen, die Alternative wäre furchtbar - es sei denn, das "wegmachenlassen" (was für ein widerwärtiger Euphemismus) hätte in Kreisen Einzug gehalten, die sich (einstmals?) katholisch dünkten. Aber nun zu Fragen der Sprachästhetik:
Selina hat geschrieben:Und schon wieder ein Seitenhieb auf mein "Lebensmodell", das du überhaupt nicht kennst. Was soll das?
Wenn ich mir deine Standpunkte so ansehe, fügt es sich recht lückenlos in genau das Lebensmodell ein, das im ganzen Strang und von der Kirche kritisiert wird.
Selina hat geschrieben:Auch "wüte" ich nicht, ich widerspreche nur deinen Ansichten und der Form und Weise, in der du sie formulierst.
Dass das Thema hochgradig emotionalisiert, wirst du ja nicht bestreiten können. Wenn ich dich mit meiner Art und Weise verletzt haben sollte, bitte ich dich um Verzeihung, das war nicht meine Absicht. Ich stehe mit meinem Leben für ein Lebensmodell, das mein Glaube - neben dem Zölibat für die dazu Berufenen (von hier stammt der Begriff genuin ab) - als ein unbedingtes Ziel des Schöpfergottes bezeichnet und das ich infolgedessen auch staatlich-rechtlich möglichst breitflächig verwirklicht sehen möchte, wogegen eben Lebensformen, die dazu diamentral entgegen laufen, ihren Widerstand setzen. Ich bin mir dessen bewusst, dass dieser Widerstand durch Dialog allein in den seltendsten Fällen gebrochen werden kann; dies könnte allein die Einsicht aus dem Glauben oder staatlicher Zwang durch schiere Notwendigkeit (s.o.) erreichen, so wird es - nach meiner Abschätzung - auch kommen. Dass dieser Widerstand aber aus Kreisen kommen könnte, die sich selbst als gläubig begreifen, ist einerseits sehr menschlich (schließlich schrecken wir allgemein vor der Verfolgung eines Zieles zurück, wenn es uns [auch] Nachteile bringt), andererseits ein eindeutiger Mangel. Wenn dieser Mangel aber mit der Behauptung auftritt, er wäre gar kein Mangel, sondern nur eine weitere Wahlmöglichkeit, steht das im Widerspruch eigentlich zu all dem, was die Kirche zu diesem Thema lehrt. Insofern ist dieser Strang im Brauhaus eigentlich nicht gut aufgehoben und sollte - als recht eindeutige Materie der Christlichen Sozialethik, Moraltheologie und der Caritaswissenschaft - in das Skriptorium verschoben werden.
PigRace hat geschrieben:Hallo an alle Leser dieses Threads,

viele der Maßnahmen, die unter dem Oberbegriff „Kinder- und Familienpolitik“ laufen, sind wohl eher auf Bundes- und Landesebene angesiedelt und von uns üblicherweise kaum zu beeinflussen.

Anders verhält es sich mit der Stadt- oder (noch besser, weil kleiner/überschaubarer) Gemeindepolitik. Dort kann man aktiv werden, sich einbringen und damit auch tatsächlich durchdringen.

Meine Frage:
Welche Maßnahmen, die auf der Ebene des Stadtparlaments oder der Gemeindevertretung umgesetzt werden könnten, würden einer Frau/Familie die Entscheidung für ein jeweils weiteres Kind (also u.U. auch das erste) erleichtern?

Wenn Ihr mehrere Vorschläge habt, könnt Ihr sie auch gerne in ein Ranking setzen.

Jeden Gedanken fände ich spannend! Vielen Dank!

PigRace

PS: Die Hypothese hinter dieser Frage lautet natürlich: mehr Kinder = gut :fieselschweif: :emil: :anton: :nuckel:
Das sind sehr wertvolle Hinweise, die ich auch vorhabe, umzusetzen. Vielen Dank, PigRace!
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overkott
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von overkott »

Wichtig wäre für die Familien die automatische Koppelung des Familienleistungsausgleichs an die wirtschaftliche Entwicklung wie bei den Diäten der Abgeordneten. Das sollte mal vor dem Bundesverfassungsgericht mit Berufung auf Gleichbehandlung eingeklagt werden.

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overkott
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von overkott »

Natürlich dürfen Familien auch im Vergleich mit Rentnern nicht schlechter gestellt.

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overkott
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von overkott »

Die Automatisierung des Familienleistungsausgleichs wird die Familien nicht reich machen. Bei 100 Euro pro Familienleistungsausgleichs sind 3 Prozent 3 Euro.

Aber je mehr Kinder eine Familie hat, desto mehr wird sie durch das Verschieben einer Anpassung belastet. Vor allem, wenn die Abgeordneten den Familien zu Beginn einer Legislaturperiode diese 3 Euro wegnehmen, um sie ihnen am Ende der Periode wieder zu geben. Das macht Familien ärmer und gefährdet die demographische Entwicklung. Soweit die Politiker die Automatik für sich selbst einführen, aber die Familien benachteiligen, muss das Bundesverfassungsgericht gleiches Recht für alle herstellen.

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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Stiftung für Zukunftsfragen: Kinder = Kein Geld, keine Freiheit, keine Karriere? Warum die Deutschen keine Kinder bekommen
Als Hauptgrund gegen eigene Kinder werden die hohen Kosten angeführt. Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes liegen diese bei über 600 Euro monatlich oder rund 130.000 Euro bis zum 18. Lebensjahr. Daher verwundert es nicht, dass unabhängig vom Alter, Einkommen, Geschlecht oder Wohnortsgröße fast zwei Drittel der Bevölkerung (63%) die finanziellen Belastungen als Erklärung für Kinderlosigkeit nennen. Im 5-Jahres-Vergleich stieg der Wert damit um rund zehn Prozent an (2011: 58%).
Da ist irgendwo das Wissen auf tragische Weise verlorengegangen, dass Gesellschaftsgebilde aus Menschen bestehen, die nun mal sterben und deren Anzahl nur auf einem Wege wieder ausgeglichen werden kann. Oder eben durch Migration...aber ob die Mehrzahl derjenigen, die kommen, überhaupt dazugehören wollen, steht noch aus.
Auf Platz zwei liegt – in etwa gleich auf wie 2011 – die Sorge, an eigener Freiheit einzubüßen (61%). Waren es in der Vergangenheit jedoch überdurchschnittlich viele Männer, die sich nicht persönlich einschränken wollten, so sind es mittlerweile mehr Frauen, die dieses Argument nennen.
Ist das Evolution oder Regression? Wie wollen solche Frauen eigentlich die kulturgeschichtlich durch die Regeneration der Gesellschaft begründete Ehrfurcht ihnen gegenüber aufrecht erhalten? Denn der Anspruch darauf besteht ja bei ihnen oft weiterhin (das kann man am Grad der Affektiertheit ablesen, mit der sie das "einfordern")
Ebenfalls häufiger als Männer führen Frauen den fehlenden richtigen Partner
Dieser Grund folgt an siebter Stelle. Belegt das Bindungsunfähigkeit oder Narzissmus - oder beides?
und Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Karriere und Familie an. Im Zeitvergleich zeigt sich hierbei zudem, dass die Bemühungen von Unternehmen, familienfreundlichere Strukturen zu bieten, bisher nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben.
Ach da gab es "Bemühungen"? Wäre mir ganz neu.

So oder so: Wenn man sich die Entwicklung einer schleichenden Aufkündigung des Generationenvertrags ansieht, kommen wir der Vilmar'schen Vision des sozialverträglichen Frühablebens näher.
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Vir Probatus
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Vir Probatus »

Es ist im wesentlichen Sache der Politik, die Bedingungen für Kinderfreundlichkeit in allen Belangen zu schaffen.

Da könnte man noch vieles schaffen.
Finanzielle Hilfen wie Kinderfreibeträge, Kindergeld, Zuschläge beim Wohngeld, Förderbeträge für familiengerechte Autos, Extra-Urlaubstage, Zinsfreie Baudarlehen, usw.

Aus meiner Kindheit kenne ich noch den "Würmeling-Ausweis": Ein Ausweis der Bundesbahn, der ab dem 3. Kind alle Kinder über 10 Jahre berechtigte, weiter zum Kinderfahrpreis (=50 % ermässigt) zu fahren.

Geht man beispielsweise durch Finnland, sieht man daß es da funktioniert.

Nur die Deutschen Politiker sind ja selbst solche Raffkes wie die Bevölkerung, die sie repräsentieren, und bedienen sich zuallererst erstmal selbst.

Wir haben zwar immer höhere Hartz-IV Regelsätze, immer mehr Tafel-Vereine und von kirchlichen Konzernen wie Caritas regelrecht verwaltete und bisweilen auch gesteuerte Armut. Aber das ist nicht die Lösung.

Ein Familienvater, auch wenn er nur einfacher Arbeiter ist, muss mit seinem Einkommen die Familie, die er hat, ernähren können. Und dazu muss er nicht auf eine zweite oder dritte Teilzeitbeschäftigung neben dem Haupterwerb angewiesen sein: Denn so etwas kann niemand für 2 Jahrzehnte durchhalten.
Er muss seine Kinder am Leben teilhaben lassen können: Also alle Schularten, Schulausflüge, Sportverein usw.
In meiner Kindheit gab es auch Familien, die, so hiess das damals, "vom Sozialamt" lebten. Wenn es hoch kam waren das vielleicht 5%.
Heute sieht das so aus: In NRW kommt jedes fünfte Kind aus einem Hartz-IV finanzierten Haushalt, in Berlin jedes dritte! Und wer erst einmal in der Hartz-IV Mühle ist, der bleibt da oft für mehrere Generationen.
Das der als Erwachsener keine Lust hat, sich selbst Kinder anzuschaffen, ist doch einfach nur normal.
Der Versuch der Kirche dagegen auch noch anzupredigen ist eine Beleidigung der Menschen durch den staatlich und stattlich alimentierten Deutschen Klerus.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Yeti
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Yeti »

Papst: Freiwillig kinderlose Paare sind egoistisch
„Mir fallen da einige Länder ein, die den Weg der Sterilität gewählt haben und an dieser hässlichen Krankheit leiden, dem ‚demografischen Winter‘. Sie haben keine Kinder. Ja, der Wohlstand und dies und das. Länder, die entleert sind von Kindern: das ist kein Segen. Fruchtbarkeit ist immer ein Segen Gottes“ [...] Gottes Widersacher sei im Spiel, wo dies nicht gewollt werde. „Egoismus, Hochmut, Eitelkeit: das ist Seelenverfettung, und die Entscheidung, ohne für andere zu leben. Ja, es stimmt, der Teufel will Sterilität. Er will, dass jeder von uns nicht dafür lebt, den anderen Leben zu geben, sondern sich selber.“
Huch. Was wohl die DBK dazu sagt? Nix. Passt nicht zur Projektionsfläche, die sie vor diesen Papst aufgespannt hat. :breitgrins:
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Niels
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Niels »

Der gute Mann scheint sich bisweilen zu widersprechen: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 79837.html
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Melicus
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Melicus »

Niels hat geschrieben:
Freitag 22. Dezember 2017, 02:49
Der gute Mann scheint sich bisweilen zu widersprechen: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 79837.html
Der Papst widerspricht sich keinesfalls, Niels.
Er ist ein guter Mann.
Es ist die Intention fortpflanzungsfähiger Partner, die das alles entscheidende Kriterium für das Kinderkriegen sein sollte.
Eine geistige, nicht ein biologische Dimension!
Weder ist es die richtige Intention, ohne Liebe zwischen Partnern Nachwuchs zu zeugen, noch ist es die richtige Intention aus egoistischen Gründen auf Nachwuchs zu verzichten.
In beiden Fällen wird die Beziehung von Abhängigkeit und Egoismus dominiert, aber nicht von erwachsener oder reifer Liebe.
Ohne Kinder kein Wachstum ist überdies so auch nicht (mehr) richtig.
Zunächst einmal geht es um Selbstliebe und das reif werden für die Liebe.
Denn erst wer sich selbst zu liebengelernt hat, kann seinen Partner wertschätzen, respektieren, lieben, begehren und ihn in seiner Individualität belassen.
Der Nachwuchs ist heute leider mehr denn je in Gefahr, die unreifen Beziehungsmuster vorangegangener Generationen zu übernehmen.
Und die Lage spitzt sich zu, was sich in Beziehungsunfähigkeit zeigt.
Sie ist die tiefere Ursache des „demografischen Winters“, um mit den Worten des Papstes zu sprechen.
Es gibt eine Analogie: Die vom Papst beklagte gesellschaftliche „Sterilität" ist auch eine kirchliche.
Und die Endzeit der Kirche ist auch die Endzeit der Gesellschaft.
Alles ist miteinander verzahnt.
Laizismus gibt es letzlich nur auf dem Papier.
„Manchmal verliert man das Gute, wenn man das Bessere sucht.“
(Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi)

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Niels
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Re: Ohne Kinder kein Wachstum

Beitrag von Niels »

Dann bin ich ja beruhigt.
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