Britischer "Bioethiker" rechtfertigt Tötung von Neugeborenen

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Niels
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Britischer "Bioethiker" rechtfertigt Tötung von Neugeborenen

Beitrag von Niels »

Der britische Bioethiker John Harris rechtfertigt Tötung von Neugeborenen:
http://www.kath.net/detail.php?id=6896
John Harris hat geschrieben:Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum man - aus ethischer Perspektive - über einen Fötus, der sich außerhalb des Mutterleibes befindet, anders denken sollte als über einen Fötus im Mutterleib.
Denkt man konsequent weiter, kann praktisch jeder, egal wie alt, umgebracht werden...
Hat Harris sich nicht durch seine Thesen selbst zum Vogelfreien gemacht? :kratz:

Stefan

Re: Britischer Bioethiker rechtfertigt Tötung von Neugeboren

Beitrag von Stefan »

Du meinst:

Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum man - aus ethischer Perspektive - über einen Harris anders denken sollte als über einen Fötus im Mutterleib?

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Mein Gott! Denkt denn der Mensch nicht an die Eltern? Wie mussten Eltern in der Vergangenheit darum kämpfen, mit ihrem schwerstbehindertes Neugeborenes zusammenzusein, für die kurze Zeit, die ihm hier auf Erden mit ihnen zusammen beschieden ist, damit ihr Kind in ihren Armen wieder in die Seligkeit eingehen kann? Denkt dieser von allen guten Geistern verlassene Mensch auch mal an die Frauen, die solche Kinder zur Welt bringen? Es war doch ein Kampf durchzusetzen, dass mit diesen armen Menschenkindern menschenwürdig verfahren wird - man denke an die Tatsache des Begräbnisses, was sich nach dem Körpergewicht des Kindes richtet! Richtete ... da ist viel in Gang gekommen in den letzten Jahrzehnten, damit die zu wenig wiegenden nicht mehr in den Müllschlucker kommen, sondern einen Namen, eine Beerdigung und ein Grab bekommen.
Tja ... wenns nach den Harrissen dieser Welt ginge, hieße es nur ... gezeugt ungefähr am ... geboren am ... entsorgt am... Dann braucht man keine Namen mehr.
Man kann diesen Kleinen, indem man auf unnütz quälende und auch aussichtslose medizinische Maßnahmen verzichtet, einen würdevollen Tod schenken - ohne sie zu töten. Sie sterben ja sowieso , warum dann nicht gnädig und human? Vielleicht weil man sich das Elend schnell aus der Welt und aus den eigenen Augen schaffen will? Vielleicht weil man sich sonst dran erinnert, dass nicht alles machbar ist?

Es ist doch schon so schwer zu tragen, wenn das eigene Kind, auf das man sich gefreut hat, so schwer krank ist, dass es nicht leben kann. Keiner, der Herz hat, wird so ein Geschöpf unnütz medizinisch quälen, wenn es nicht lebensfähig ist.
Ich frage mich immer, was in solchen Leuten wie Harris vorgeht. Ob die vergessen haben, wie schön es für ein kleines Kind ist, in den Armen der Eltern zu liegen?
Ginge es nach seinen Vorstellungen, nähme er den Eltern den letzten Liebesdienst, den sie ihrem Kind erweisen können, nämlich es beim Sterben zu begleiten.

Geronimo

HeGe
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Beitrag von HeGe »

:pale:

Also ich frage mich, ob man so jemanden nicht wegen öffentlichem Aufruf zu einem Verbrechen belangen könnte....

Aber man kann seine Meinung ja mal argumentativ umdrehen:

Das man kleine Babys töten darf, vertritt ja wohl kein geistig gesunder Mensch. Wieso macht es dann einen Unterschied, dass das Kind noch nicht "durch den Geburtskanal gekommen" ist? Wieso darf man es vorher töten? Die Konsequenz dieses Artikels müsste doch eigentlich vernünftigerweise ein Abtreibungsverbot sein, oder? :kratz:

HeGe

Stefan

Beitrag von Stefan »

Das ist doch genau das Problem der areligiösen Ethiker.
Google mal nach Peter Singer. So neu sind diese Ansichten nicht...

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Oder Norbert Hörster.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Geronimo hat geschrieben: Ginge es nach seinen Vorstellungen, nähme er den Eltern den letzten Liebesdienst, den sie ihrem Kind erweisen können, nämlich es beim Sterben zu begleiten.
Ja, es gibt so grausame Menschen.

Aber es gibt auch Menschen, die betroffenen Eltern jede Hilfe und jede Unterstützung gewähren, die sie brauchen, um ihr Kind in friedlich und mit Würde in den Tod zu begleiten. Die Raum und Zeit schaffen, damit der viel zu frühe Abschied möglich ist. Diese Menschen sind es, die mir Hoffnung machen.

Für die Harris und Singer dieser Welt habe ich mittlerweile nicht einmal mehr Verachtung oder gar Haß. Sie sind bedauernswerte aber nichts destoweniger brandgefährliche Geschöpfe, die die Wahrheit über das Leben tödlich verzerren. Damit führen sie Menschen in die Irre, die nicht so fest im Sattel sitzen und sich auf die Verführung einlassen.
Es ist ja so einfach - ein kurzer Eingriff und alles ist vorbei. Man sieht nichts, hört nichts, fühlt nichts - da war wohl auch nichts?
Oder war da doch ein kleiner Mensch mit einem Bedürfnis nach Liebe und Geborgenheit?
Und dann?

Die Harris und Singer erleben nicht die Frauen, die nach einer Abtreibung schwer seelisch erkranken, selber daran leiden, was sie wirklich oder vermeintlich ihrem Kind angetan haben.

Und jetzt geht es noch weiter - "Tötung lebensunwerten Lebens" nannte man einst das, was jetzt Harris aus ethischer Perspektive erwägt. Wo landen wir, wenn wir den Gedanken weiterdenken? Bei der Nützlichkeitserwägung über jeden einzelnen Menschen? D.h. wer seine Nützlikeit nicht erweisen kann, hat sich zur amtlichen Einschläferung zu verfügen? Wer aber bestimmt über nützliche und unnütze Menschen?
Die Rentenversicherung, das Arbeitsamt, das Versorgungsamt, das Gesundheitsamt, oder müssen wir dafür eine neue Behörde gründen.
Grausamer Weise kann ich den Verdacht nicht völlig von der Hand weisen, daß in der gegenwärtigen Regierung nicht doch der eine oder andere sitzt, der dieser Ethik nach Harris nicht ganz abgeneigt ist. Natürlich würde man nie der Tötung von Babies zustimmen, man würde sie dann eben anders nennen, gerade so, wie man es jetzt mit den noch nicht geborenen Babies macht.

Leute, ich mag das nicht mehr weiter denken!
Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich angesichts solcher Pseudoethiker k***** möchte.

:motz: :motz: :motz: :motz: :motz: :motz:

Ralf

Beitrag von Ralf »

Mal als advovatus diaboli: Harris rechtfertigt nicht dir Tötung von Neugeborenen, sondern sagt lediglich, dass jene, die diese Tötung im Mutterleib als vertretbar erachten, dies auch für Kinder nach der Geburt so erachten sollten.

Damit hat der Mann bloß (fast) zuende gedacht. ("Zuende" wäre für alle Menschen ein Tötungsrecht)

Denn "Dammbruch" bezieht sich ja nicht auf die Anatomie der Frau.

Samurai
Beiträge: 57
Registriert: Freitag 23. Januar 2004, 01:33

Beitrag von Samurai »

Erstaunlich wieviel Verantwortung so ein Mensch übernehmen mag. Sollte er Erfolg haben und eines Tages seine innere Einstellung ändern, stehen ihm schwere Zeiten bevor und im übrigen bin ich dafür, daß Kathargo zerstört werden muß. :)

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Julia Wolf
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Wohnort: München

Beitrag von Julia Wolf »

Ich habe bei meinem ersten Kind auf Anraten des Arztes (war damals schon 35) eine Fruchtwasser-Untersuchung gemacht - natürlich mit der Vorstellung, abzutreiben, wenn das Kind schwerstbehindert sein sollte. Ist ja ganz normal so was.

Als der Termin näher kam, wurde mir klar, dass das nicht ganz normal ist, und ich bezweifelte sehr, ob ich das könnte. Ich weiß es bis heute nicht, denn mein Kind war nicht schwerstbehindert.

Aber bis ich das Untersuchungsergebnis bekam (ich glaube 16 oder 18 Woche, weiß nicht mehr) scheute ich mein Kind, das da heranwuchs, zu lieben. Heute weiß ich aus Psychologie und Homöopathie, dass auch diese Wochen ein Kind mit prägen. Und ich glaube, mein Sohn (11) hat immer noch im innersten Zweifel, ob ich ihn wirklich ganz liebe, und ich vermute, das hat damit zu tun. Beweisen kann ich es nicht.
Übrigens setzt man das Kind im Bauch einem hohen Risiko aus, es gibt immer wieder Abgänge durch die Untersuchung (weiß nicht, 0,5 % oder so was). Wenn man einen Erwachsenen so einem Risiko aussetzen würde, fände jeder das total unverantwortlich.

Bei meiner zweiten Schwangerschaft ließ ich keine Fruchtwasser-Untersuchung mehr machen, obwohl ich da dann schon 38 war. Das konnte aber mein Frauenarzt nicht ertragen und er schickte mich ganz schnell zu einer ganz genauen Ultraschall-Untersuchung, wo man etliche Behinderungen (z.B. Mongoloismus) auch erkennen kann. Bevor ich richtig nachgedacht hatte, hatte ich zugesagt (Ultraschall, klingt ja harmlos).
Als ich im Wartezimmer saß, wäre ich beinahe davon gelaufen. Ich hatte mich ja entschlossen, das Kind auszutragen, selbst bei Schwerstbehinderung. Nun wurde mir klar, was ein solches Untersuchungsergebnis bedeuten würde: es hieß, ich hätte gewußt, was ich mir und vor allem der Gesellschaft damit antat und hätte nichts dagegen unternommen. Das hieß, der moralische Druck, all die Jahre später, wenn es Probleme gäbe, wäre wesentlich höher. Wenn ich ohne vorherige Untersuchung ein schwerstbehindertes Kind bekommen würde, dann hätte ich halt - salopp gesagt - Pech gehabt, das wäre nicht zu ändern. Aber wenn ich es vorher gewußt hätte - dann hätte man es ändern können. Dann wäre es allein mein Eigensinn, nicht das unberechenbare Schicksal, der die Gesellschaft unerträglich belastet.
Ich hatte Glück, und mir wurde diese Erfahrung erspart.

Aber seither sehe ich diese Untersuchungen als höchst problematisch an, auch wenn sie angeblich nur mal so schnell zum Nachschauen und zur Beruhigung (wie mein Frauenarzt meinte) sind.

Herzliche Grüße
Julia
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
Wahre Stärke kann sich Toleranz, Verständnis und Güte leisten.
T. Boesche-Zacharow

Edith
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Registriert: Sonntag 5. Oktober 2003, 20:38

Beitrag von Edith »

Julia Wolf hat geschrieben:Ich habe bei meinem ersten Kind auf Anraten des Arztes (war damals schon 35) eine Fruchtwasser-Untersuchung gemacht - natürlich mit der Vorstellung, abzutreiben, wenn das Kind schwerstbehindert sein sollte. Ist ja ganz normal so was.

Als der Termin näher kam, wurde mir klar, dass das nicht ganz normal ist, und ich bezweifelte sehr, ob ich das könnte. Ich weiß es bis heute nicht, denn mein Kind war nicht schwerstbehindert.

Aber bis ich das Untersuchungsergebnis bekam (ich glaube 16 oder 18 Woche, weiß nicht mehr) scheute ich mein Kind, das da heranwuchs, zu lieben. Heute weiß ich aus Psychologie und Homöopathie, dass auch diese Wochen ein Kind mit prägen. Und ich glaube, mein Sohn (11) hat immer noch im innersten Zweifel, ob ich ihn wirklich ganz liebe, und ich vermute, das hat damit zu tun. Beweisen kann ich es nicht.
Übrigens setzt man das Kind im Bauch einem hohen Risiko aus, es gibt immer wieder Abgänge durch die Untersuchung (weiß nicht, 0,5 % oder so was). Wenn man einen Erwachsenen so einem Risiko aussetzen würde, fände jeder das total unverantwortlich.

Bei meiner zweiten Schwangerschaft ließ ich keine Fruchtwasser-Untersuchung mehr machen, obwohl ich da dann schon 38 war. Das konnte aber mein Frauenarzt nicht ertragen und er schickte mich ganz schnell zu einer ganz genauen Ultraschall-Untersuchung, wo man etliche Behinderungen (z.B. Mongoloismus) auch erkennen kann. Bevor ich richtig nachgedacht hatte, hatte ich zugesagt (Ultraschall, klingt ja harmlos).
Als ich im Wartezimmer saß, wäre ich beinahe davon gelaufen. Ich hatte mich ja entschlossen, das Kind auszutragen, selbst bei Schwerstbehinderung. Nun wurde mir klar, was ein solches Untersuchungsergebnis bedeuten würde: es hieß, ich hätte gewußt, was ich mir und vor allem der Gesellschaft damit antat und hätte nichts dagegen unternommen. Das hieß, der moralische Druck, all die Jahre später, wenn es Probleme gäbe, wäre wesentlich höher. Wenn ich ohne vorherige Untersuchung ein schwerstbehindertes Kind bekommen würde, dann hätte ich halt - salopp gesagt - Pech gehabt, das wäre nicht zu ändern. Aber wenn ich es vorher gewußt hätte - dann hätte man es ändern können. Dann wäre es allein mein Eigensinn, nicht das unberechenbare Schicksal, der die Gesellschaft unerträglich belastet.
Ich hatte Glück, und mir wurde diese Erfahrung erspart.

Aber seither sehe ich diese Untersuchungen als höchst problematisch an, auch wenn sie angeblich nur mal so schnell zum Nachschauen und zur Beruhigung (wie mein Frauenarzt meinte) sind.

Herzliche Grüße
Julia
Liebe Julia,
danke für dieses sehr persönliche Zeugnis, das mich sehr beeindruckt - und nachdenklich macht.

Edith
Beiträge: 2544
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2003, 20:38

Beitrag von Edith »

Schon bei der Überschrift bekomme ich einen Hals.

Ein "Ethiker" der "Tötung" von Menschen rechtfertigt, hat seinen Beruf verfehlt.
:motz:

Cicero
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Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26

Beitrag von Cicero »

Edith hat geschrieben:Schon bei der Überschrift bekomme ich einen Hals.

Ein "Ethiker" der "Tötung" von Menschen rechtfertigt, hat seinen Beruf verfehlt.
:motz:
Genau so ist es.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Als Fast-Arzt kann ich die Position des Frauenarztes gut verstehen. Ärzte haben eine panische Angst vor der Juristerei, das merke ich selber häufig und bekomme sie auch eingeimpft (glücklicherweise merke ich das).

Der Arzt muss nicht nur zweifelsfrei(!) darüber aufklären, was bei Unterlassung einer Untersuchung an Schäden nicht diagnostiziert werden können, er mus das ganze nicht nur akribisch genau dokumentieren, sondern sogar nachweisen, dass bei einer plötzlichen, oft nachträglichen Meinungsänderung der Mutter, mitbedingt durch normale Verdrängung ("wie! das hat mir niemand gesagt!") die Mutter zum damaligen Zeitpunkt alles verstanden und vollen Bewusstseins eingewilligt hat.

Die Beweispflicht liegt eindeutig beim Arzt - daher ist ein Ultraschall mal schnell gemacht.

Dass dieses Konstrukt des Arzthaftungsrechtes zu einer großen Anzahl an Angstuntersuchungen führt, ich schätze sie nicht allein auf etwa 40% aller Untersuchungen, kann man sich vorstellen. Und die Kosten explodieren.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

@an Julia - danke für den Beitrag. Wir haben damals auch bei den Kindern die Fruchtwasserunterschung abgelehnt, sehr zum Entsetzen der Verwandschaft.
Der Frauenarzt war zum Glück außerordentlich verständnisvoll; er meinte, er müsse uns halt die Möglichkeiten erklären, damit er hinterher nicht verklagt werde. Kann ich verstehen ...
Ja, den Leuten ist viel zu wenig klar, was diese Untersuchungen bedeuten. Und dass sie gefährlich sind für das Ungeborene ...
Und dass man auch durch eine Untersuchung, bei der nichts festgestellt wird, keine Garantie auf ein gesundes Kind hat, denn die meisten Behinderungen entstehen durch Sauerstoffmangel bei der Geburt.

Aber noch mal zu Harris und Co: Natürlich sind die Weichen für ein solches Denken bereits in den sechziger, siebziger Jahren gestellt worden; der Dammbruch ist längst erfolgt.

Mir tun solche Menschen wie Harris unendlich leid, ich kanns nicht anders sagen. Nicht ironisch gemeint ... wirklich leid, weil sie sich bereits hier auf Erden unendlich weit von ihrer Seligkeit entfernt haben. Größenwahn, Egozentrismus und Kälte - und Gott, der wartet und die Hand auch nach ihnen ausstreckt, ohne dass sie's wahrhaben wollen und können. Wenn denen mal die Augen aufgehen ... hoffentlich ist's dann nicht zu spät.

Geronimo

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