Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

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TeDeum
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Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von TeDeum »

Einige von euch werden es sicher schon gelesen haben, gestern wurde ein Brandanschlag auf die Lomonossow Schule in Berlin ausgeübt. Morgenpost Artikel dazu: https://www.morgenpost.de/berlin/polize ... rzahn.html

Es mehren sich die Vorfälle, z.B. Anschläge auf russische Geschäfte. Die Mix-Markt Kette meldet Schmierereien und eingeworfene Fensterscheiben, einem russlanddeutschen Busunternehmer wurden die Scheiben der Busse in der Nacht eingeworfen. Es gibt viele Berichte über Mobbing an Schulen mit russischer Abstammung oder nur russisch klingendem Namen, von Mitschülern oder sogar (!) Lehrern.

Ich bin ziemlich erschüttert. 80 Jahre nach dem Ende des Nazi-Regimes Menschen zu sehen, die hierzulande mit dem Gefühl der Mächtigen im Rücken auf eine Minderheit eindreschen und ihrem Hass freien Lauf lassen. Allen Beschwörungen zum Trotz hat man offenbar doch nichts aus der Geschichte gelernt.

Es scheint, die Einschätzung eines französischen Diplomaten, wonach die Deutschen nur eine demokratische Maske trügen, die bei der ersten Krise sofort fallen werde, habe sich bewahrheitet.

Wir haben schon traurige Anschläge auf z.B. jüdische oder türkische Familien in Deutschland erlebt, allerdings immer mit klarem Bekenntnis zu den Opfern und Verurteilungen. Hier ist ein neues Niveau erreicht, denn es wird nur schmallippig zur Mäßigung aufgerufen oder auf Seite 5 unten in den Medien berichtet.

Scheinbar finden es einige eine tolle Idee, normale Menschen wie du und ich im Gedanken der Sippenhaft büßen lassen. Über den christlichen Standpunkt dazu brauchen wir glaube ich hierzu nicht diskutieren, der Herr wird nicht wegsehen!

Wie geht ihr mit dieser Diskriminierung im Alltag um? Habt ihr selbst etwas beobachtet oder erlebt?

Ich versuche mich für den Frieden und Ausgleich einzusetzen, denn in meinen Augen kommen normale Leute eigentlich immer mit normalen Leuten aus, wenn sie sich nicht von Propaganda oder Ideologie verhetzen lassen. Die Welle des Hasses, die einem da aber gerade online entgegen kommt, verschlägt einem oft die Sprache.

Dr.Hackenbush
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Dr.Hackenbush »

TeDeum hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 10:33
Es scheint, die Einschätzung eines französischen Diplomaten, wonach die Deutschen nur eine demokratische Maske trügen, die bei der ersten Krise sofort fallen werde, habe sich bewahrheitet.
das glaube ich auch – solange es den Deutschen finanziell gut geht - sie die Preise für ihre Autos, Eigentumswohnungen, Häuser und vor allem ihre Urlaubsreisen bezahlen können, vermitteln sie den Eindruck, dass Ausländer hier willkommen sind.


TeDeum hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 10:33
Habt ihr selbst etwas beobachtet oder erlebt?
meiner Beobachtung nach gibt es 3 Gruppen von Menschen, die mit Russland irgendwie (noch) „verbunden“ sind:
1. Russen, die in Deutschland als Ausländer Leben
2. eingedeutschte Russen, die als Russen geboren wurden
3. und die s.g. Russlanddeutsche, die als Deutsche (volkszugehörige) in Russland geboren wurden und nach der Ankunft in Deutschland aufgrund ihrer Herkunft (deutsche Volkszugehörige) und ohne Asylverfahren deutsche Staatsangehörige werden (s.g. Aussiedler).

Die Verbundenheit der Russen aus der Gruppe 1. und 2. mit Russland kann man noch verstehen, aber wenn die Russlanddeutschen (Gruppe 3) mit russischen Aufklebern und russischen Fahnen auf/in ihren Autos herumfahren und im Alltag russisch sprechen, dann wundert es mich nicht, wenn das von Deutschen nicht gerne gesehen wird – was aber keineswegs Gewalttaten gegen diese Gruppe rechtfertigt. Das Gleiche gilt für die Aussiedler aus Polen, Tschechien, Slowakei, Litauen und Estland – die nach dem Gesetz der Bundesrepublik (siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_116.html), als Deutsche geboren wurden und nach der Ankunft in Deutschland deutsche Staatsangehörige werden.

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martin v. tours
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von martin v. tours »

Mich beängstigt diese Entwicklung auch.
Aber der Durchschnittsbürger/ Masse/Pöbel war und ist nie anders.
Es ist nur menschlich immer auf der Seite der Mehrheit stehen zu wollen. Keiner will ein Aussenseiter sein.
Hat man doch auch zu Hitlers Zeiten beobachten können. Vor 1933 waren die Nazis weit entfernt von Mehrheiten oder gar absoluten Mehrheiten.
nach der Machtübernahme und dann kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges waren gefühlt alle Deutschen glühende Nazis.
(die Meisten waren dann nach 45 wieder "immer schon im Widerstand :roll: )

Verständlich, wenn einem wie bei der Nazi-Propaganda jahrelang eingebläut wird welche Meinung die Richtige ist, wer will/traut sich da schon ausscheren? Wer hätte 1938 schon den Mumm gehabt öffentlich zu sagen : Addi -find ich nicht so toll.

Und heute ist es doch genau so. Zumindest die Mechanismen.
Die Veröffentlichte Meinung ist eindeutig. Man entkommt ihr nicht. Internet, Zeitschriften, Fernsehen...als käme alles aus einem Propagandaministerium.
Wer hat schon die Kraft und den Mut eine abweichende Meinung zu äußern.
Deswegen verurteile ich die Menschen nicht sondern die Macher der veröffentlichten Meinung.
Im Deckmantel ihrer Hetze kommen die übelsten Seiten menschlicher Schwäche zum Vorschein. Auch zur unseligen Zeit brauchte es jahrelange Propaganda und entmenschlichung des "Feindes" der es möglich machte normale Menschen zu gewissenlosen Killern zu machen.

Die Tatsache das die Meinungsmacher hierzulande die sich selbst als Verteidiger der Freiheit aufspielen diejenigen sind die ein: "Kauft nicht bei Ju..." - Reloaded anzetteln sollte jeden Menschen nachdenklich machen.
Aber -Nachdenken - wer will das schon
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

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martin v. tours
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von martin v. tours »

Ich erlaube mir noch eine Spekulation zum Thema:
Vielen Menschen ist klar das unser Wirtschafts/Geldsystem eigentlich am Ende ist.
Seit 2007/08 als klar wurde, "der Kaiser ist nackt" gehts doch nur mehr darum das Schneeballsystem so lange wie möglich am laufen zu halten.
Da wird Geld gedruckt in Summen die kann sich ein normaler Mensch nicht mehr vorstellen.
Welcher Politiker will sich schon hinstellen und sagen: liebe Leute, wir haben es verkackt. Eure Ersparnisse und Rente sind perdu.
Dann kam Gott sei Dank Corona. Über die Masse der "Massnahmen" brauche ich nicht mehr zu reden. Jedem muss klar sein-diese Summen sind nicht mehr Rückzahlbar . Es braucht einen (gewünschten und geplanten) RESET. Der wird einigen nützen der Mehrheit aber nicht.
Ist es da nicht wunderbar einen bösen Russen und irren Mörder Putin zu haben.
Endlich einen den man den schwarzen Peter zuschieben kann wenn unsere "westliche europäische Werteordnung" in die Grütze geht.
Na, ja....sind nur so Gedanken
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

Dr.Hackenbush
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Dr.Hackenbush »

martin v. tours hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 15:07
Vor 1933 waren die Nazis weit entfernt von Mehrheiten oder gar absoluten Mehrheiten.
nach der Machtübernahme und dann kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges waren gefühlt alle Deutschen glühende Nazis./
ähnlich hat sich mit der Handkommunion in Deutschland abgespielt - sie wurde von einer Minderheit unerlaubt praktiziert und nach erscheinen von "Memoriale Domini" wie auf Befehl akzeptiert und eingeführt - als ob man auf sie gewartet hätte.

martin v. tours hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 15:07
Die Tatsache das die Meinungsmacher hierzulande die sich selbst als Verteidiger der Freiheit aufspielen diejenigen sind die ein: "Kauft nicht bei Ju..."
heute heißt es: „Kauft nicht das Russische“: https://www.zeit.de/news/2022-03/12/lid ... line.de%2F

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TeDeum
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von TeDeum »

Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 11:34
das glaube ich auch – solange es den Deutschen finanziell gut geht - sie die Preise für ihre Autos, Eigentumswohnungen, Häuser und vor allem ihre Urlaubsreisen bezahlen können, vermitteln sie den Eindruck, dass Ausländer hier willkommen sind.
Da triffst du den Nagel auf den Kopf. Der Wohlstand hält die Gesellschaft noch zusammen. Ich vermute ähnlich wie du, dass es bei abnehmenden Wohlstand sehr häßliche Dinge geschehen werden bis hin zum Aufstieg offen faschistischer Gruppierungen.

Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 11:34
meiner Beobachtung nach gibt es 3 Gruppen von Menschen, die mit Russland irgendwie (noch) „verbunden“ sind:
1. Russen, die in Deutschland als Ausländer Leben
2. eingedeutschte Russen, die als Russen geboren wurden
3. und die s.g. Russlanddeutsche, die als Deutsche (volkszugehörige) in Russland geboren wurden und nach der Ankunft in Deutschland aufgrund ihrer Herkunft (deutsche Volkszugehörige) und ohne Asylverfahren deutsche Staatsangehörige werden (s.g. Aussiedler).

Die Verbundenheit der Russen aus der Gruppe 1. und 2. mit Russland kann man noch verstehen, aber wenn die Russlanddeutschen (Gruppe 3) mit russischen Aufklebern und russischen Fahnen auf/in ihren Autos herumfahren und im Alltag russisch sprechen, dann wundert es mich nicht, wenn das von Deutschen nicht gerne gesehen wird – was aber keineswegs Gewalttaten gegen diese Gruppe rechtfertigt.
Du streifst das Thema Integration, welches einen eigenen Beitragsfaden wert ist. Ich konzentriere mich mal auf das "verbunden mit Russland fühlen". Ich glaube hier täuscht die Wahrnehmung, durch die massive, alles durchsetzende Propaganda. Es werden ja keine Gegenstimmen zugelassen. Die Gegenseite wurde sofort zensiert, Blogs & Seiten die sich kritisch äußern oder auch auf die russische Perspektive eingehen, werden gelöscht, blockiert oder aus Suchmaschinen entfernt.

Beispiele gibts jede Menge und praktisch jede Suchmaschine und Soziales Netzwerk aus dem Westen macht mit, sogar diejenigen mit angeblich hohen ethischen Maßstäben wie z.B. duckduckgo. Wer nicht mit der offiziellen Linie übereinstimmt, ist nach dem offiziellen Narrativ quasi ein Verräter.

Die Geschwindigkeit und Absolutheit mit der dies geschah, hat mich überrascht. Sieht man mal von jemandem wie Elon Musk und seiner Weigerung zur Zensur ab, waren praktisch alle bereit einen der ehernen Grundsätze der liberalen Demokratie (Meinungsfreiheit) augenblicklich zu opfern. Das war schon "sehr chinesisch" in der Exekution.

Da ich versuche mich von Propaganda frei zu halten (schwer genug...), habe ich einige Menschen kennenlernen dürfen, die sich mir gegenüber öffneten und eine ganz andere Sichtweise vertreten. Man darf sich da nicht blenden lassen. So wenig wie alle Russen Präsident Putin toll finden, so wenig finden alle Menschen in Deutschland die aktuelle Staatsräson toll.

Ich habe auch noch niemanden getroffen, der mir sowas sagte wie "Ja, zeigen wir's den verdammten Russkis, auch wenn wir dabei bankrott gehen oder sterben. Lasst uns Deutschland ruinieren - für ein Land, dass die Mehrheit vor drei Wochen noch nicht mal auf der Landkarte finden konnte!"

Ich persönlich rechne damit, dass sich übrigens dieses Stimmungsbild zunehmend Pro-Russisch ändern wird, so unmöglich das heute klingen mag. Nicht aus romantischer Liebe, sondern ökonomischer Notwendigkeit.

Man bedenke: Alles was wir heute erleben (Knappheit Toilettenpapier, explodierende Diesel & Benzinpreise, Mangel Sonnenblumen / Rapsöl usw. usw) sind alles nur Effekte durch die EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation.

Russland hat wirtschaftlich noch nicht zurückgeschossen!. Wenn Russland in den nächsten Wochen tatsächlich den Export wertvoller Ressourcen wie Gas, Nickel & co. in den Westen stoppt, dann geht nicht nur die Heizung aus, sondern auch die Industrie. Ein Hochtechnologieland ohne Ressourcen ist nicht mehr lange eines. Wir werden eine echte Massenarbeitslosigkeit mit Verelendung breiter Bevölkerungsschichten bekommen. Und daraus resultierender Verschärfung der sozialen Konflikte bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Wer sagt, dass Russland nicht Waffen an Aufständische liefern würde? Halte ich nicht für undenkbar!

In Berlin, Paris & co. dürfte man sich dessen bewusst sein. Scholz, Macron & co. sind verbal vergleichsweise zurückhaltend. Sie haben die Wahl sich gegen ihren Hegemon (USA) zu wenden oder aber im Winter vor wütenden Gelbwesten fliehen zu müssen. Ich bin sehr gespannt, wann der erste EU-Staat ausscheren und einen "Separatfrieden" suchen wird.

Bert Brecht wusste schon, erst das Fressen, dann die Moral. Wenn der Wohlstand in Deutschland rapide absinkt, werden sehr schnell die ersten Annäherungen und Rufe nach Freundschaft mit Russland aufkommen. Gerhard Schröder wird man eventuell noch mit Gold aufwiegen können.

Zurück zum Thema Russophobie: FB und Twitter haben ja ihre Regelungen "ein wenig gelockert", so dass man z.B. zum Töten von Russen aufrufen durfte, ohne eine Sperrung zu riskieren. (was natürlich in den hiesigen Nachrichten nicht erwähnt wurde, als man über die Sperrung von Meta in der Russischen Föderation berichtete)

Wenn wir uns das mal vorstellen, es wäre plötzlich OK, wenn jemand in den sozialen Medien zum Töten von deutschen Zivilisten, Polen o.ä. aufrufen würde. Ich finde, dieser Konflikt zeigt schon eine unglaublich häßliche Fratze. Die mind. zwei Krankenhäuser, die sich plötzlich weigerten russische Menschen zu behandeln haben wir ja auch noch nicht erwähnt, aber das ist für mich auch an Unmenschlichkeit kaum zu überbieten.

@martin v. tours
Ich zitiere nicht deinen ganzen Beitrag, aber ich kann ihn nur unterschreiben. Er ist sehr sehr treffend beschrieben. Chapeau!

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martin v. tours
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von martin v. tours »

auch ich teile deine Meinung !
Ich versuche mich schon so gut es geht der aktuellen Meinungsmache zu entziehen.
Manchmal habe ich den Eindruck ich bin der Einzige der einen anderen Blick auf die Dinge hat. Zumindest suggerieren einem das die Medien (und noch zugelassenen Kommentare).
Eine Feststellung aus meinem Arbeitsalltag:
Offiziell ist die Meinung der meisten Arbeitskollegen einheitlich. So wie es die öffentliche Meinung erwartet (arme unschuldige Ukraine, blutrünstiges Russland). Ist man dann manchmal mit Arbeitskollegen alleine unter 4 Augen und kratzt ein bisschen an der Oberfläche, kommt oft zum Vorschein das viele das "zu glaubende Narrativ" ablehnen oder hinterfragen. Signalisiert man dem Gegenüber vorsichtig das man ähnlich denkt hört man oft: Ich dachte schon ich bin noch der Einzige der klar denken kann, aber darüber darf man ja nicht sprechen.
Gerade als Firma muss man dann auch was machen um dem öffentlichen Druck zu entgehen. Dann sind es eben heute die ukrainischen Nationalfarben
die man irgendwo medial verwursten muss. Vor einiger Zeit war es die "black lives matter" Geschichte. Die Regenbogenflaggen sind schon Standart.
Ob das immer Überzeugung ist oder nur die Ehrerbietung vor den Gesslerhüten aufgestellt von der Nomenklatura ?

Der Einzige der sich da noch eine abweichende Meinung erlaubt ist der hier:
https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa ... 9k9ij4fqs/
Da sich der Wegscheider auch schon in der Corona-zeit eine abweichende Meinung erlaubt hat, ist er natürlich für "gebildete" Menschen tabu.
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

Lazzaro
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Lazzaro »

TeDeum hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 10:33
Wie geht ihr mit dieser Diskriminierung im Alltag um? Habt ihr selbst etwas beobachtet oder erlebt?
Ja, natürlich, schon 1998 während des Kosovokrieges!
Ja, natürlich wurde ich schon 1 oder 2 Wochen vor Kriegsausbruch als russ. Spion bezeichnet. Und das auch noch von einem orth. Glaubensbruder. Bin weder Serbe, Russe oder Ukrainer. Habe mir eine kl. Bildersammlung zurechtgelegt: Was die Russen mit unseren Kirchen machen und wie die UOK die ukr. Armee unterstützt.

Lazzaro
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FranzSales
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von FranzSales »

Man muss kein Russe sein, um Diskriminierung zu erleben ... Vor 4 Wochen waren es noch die Ungeimpften und Querdenker. In zwei Jahren werden es die Klimaleugner sein, diese Massenmörder, die den ganzen Planeten gefährden.

Es geht schon seit Jahren (nicht erst seit Corona) in Richtung "Soft Totalitarism". Lesetip: Rod Dreier, Live Not by Lies .
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Schulevonathen
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Schulevonathen »

Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 11:34
3. und die s.g. Russlanddeutsche, die als Deutsche (volkszugehörige) in Russland geboren wurden und nach der Ankunft in Deutschland aufgrund ihrer Herkunft (deutsche Volkszugehörige) und ohne Asylverfahren deutsche Staatsangehörige werden (s.g. Aussiedler).
[...]

wenn die Russlanddeutschen (Gruppe 3) mit russischen Aufklebern und russischen Fahnen auf/in ihren Autos herumfahren und im Alltag russisch sprechen, dann wundert es mich nicht, wenn das von Deutschen nicht gerne gesehen wird [...]. Das Gleiche gilt für die Aussiedler aus Polen, Tschechien, Slowakei, Litauen und Estland – die nach dem Gesetz der Bundesrepublik (siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_116.html), als Deutsche geboren wurden und nach der Ankunft in Deutschland deutsche Staatsangehörige werden.
Nun ja, diese Leute sind ja (obwohl vor dem Gesetz Deutsche) in Sowjetzeiten mindestens teilweise russifiziert worden, oft haben auch andere Volksgruppen eingeheiratet. Ich finde es schon richtig, dass sie diesen wichtigen Teil ihrer kulturellen Wurzeln nicht verleugnen (wobei sie vielleicht Loyalität zu Putin vielleicht besser nicht zu den zentralen Aspekten russischer Kultur zählen sollten). Dass sie in Deutschland oft undifferenziert als "Russen" wahrgenommen werden, drängt sie noch zusätzlich (das lässt sich ja auch bei anderen Migrantengruppen beobachten) in diese Rolle.

Dr.Hackenbush
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Dr.Hackenbush »

Schulevonathen hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 14:13
Ich finde es schon richtig, dass sie diesen wichtigen Teil ihrer kulturellen Wurzeln nicht verleugnen...
genaugenommen, sind ihre kulturellen Wurzeln deutsch, da sie von den Deutschen, die irgendwann im Mittelalter nach Russland ausgewandert sind, abstammen.
Wenn sie sich aber mit diesen (deutschen) Wurzeln nicht identifizieren können/wollen, dann sind sie keine Aussiedler, sondern Wirtschaftsflüchtlinge aus Russland.

Schulevonathen
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Schulevonathen »

Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 14:40
Schulevonathen hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 14:13
Ich finde es schon richtig, dass sie diesen wichtigen Teil ihrer kulturellen Wurzeln nicht verleugnen...
genaugenommen, sind ihre kulturellen Wurzeln deutsch, da sie von den Deutschen, die irgendwann im Mittelalter nach Russland ausgewandert sind, abstammen.
Wenn sie sich aber mit diesen (deutschen) Wurzeln nicht identifizieren können/wollen, dann sind sie keine Aussiedler, sondern Wirtschaftsflüchtlinge aus Russland.
18. Jahrhundert ist nach meiner Definition jetzt nicht Mittelalter, aber ok. Ich denke, es ist schon legitim und bisweilen auch sinnvoll, sich mehr als einem Kulturkreis zugehörig zu fühlen. 100% russifizierte Wirtschaftsflüchtlinge gibt es sicher auch, aber da müsste man sich eher bei Kohl beschweren, der sie reingelassen hat, als bei den Leuten selbst, die nachvollziehbarerweise diese Chance ergriffen haben.

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Lycobates
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Lycobates »

Schulevonathen hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 14:13
Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Samstag 12. März 2022, 11:34
3. und die s.g. Russlanddeutsche, die als Deutsche (volkszugehörige) in Russland geboren wurden und nach der Ankunft in Deutschland aufgrund ihrer Herkunft (deutsche Volkszugehörige) und ohne Asylverfahren deutsche Staatsangehörige werden (s.g. Aussiedler).
[...]

wenn die Russlanddeutschen (Gruppe 3) mit russischen Aufklebern und russischen Fahnen auf/in ihren Autos herumfahren und im Alltag russisch sprechen, dann wundert es mich nicht, wenn das von Deutschen nicht gerne gesehen wird [...]. Das Gleiche gilt für die Aussiedler aus Polen, Tschechien, Slowakei, Litauen und Estland – die nach dem Gesetz der Bundesrepublik (siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_116.html), als Deutsche geboren wurden und nach der Ankunft in Deutschland deutsche Staatsangehörige werden.
Nun ja, diese Leute sind ja (obwohl vor dem Gesetz Deutsche) in Sowjetzeiten mindestens teilweise russifiziert worden, oft haben auch andere Volksgruppen eingeheiratet. Ich finde es schon richtig, dass sie diesen wichtigen Teil ihrer kulturellen Wurzeln nicht verleugnen (wobei sie vielleicht Loyalität zu Putin vielleicht besser nicht zu den zentralen Aspekten russischer Kultur zählen sollten). Dass sie in Deutschland oft undifferenziert als "Russen" wahrgenommen werden, drängt sie noch zusätzlich (das lässt sich ja auch bei anderen Migrantengruppen beobachten) in diese Rolle.
Zustimmung!
Die Heimatvertriebenen aus Preußen und Schlesien (ich differenziere bewußt aus historischen Gründen) wurden nach 1945 in den Westzonen ja auch undifferenziert und ungerecht (und unchristlich!) als "Polacken" bezeichnet und diskriminiert!
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
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Lycobates
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Lycobates »

Schulevonathen hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:03
Ich denke, es ist schon legitim und bisweilen auch sinnvoll, sich mehr als einem Kulturkreis zugehörig zu fühlen.
Ganz klar.
Wenn ich zwei Tage südlich der Alpen bin (Graz reicht schon, eine wunderbare Stadt), bin ich schon so depaysiert, daß ich mich gar nicht mehr als Piefke fühle :freude: :D
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Schulevonathen »

Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:22
Schulevonathen hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:03
Ich denke, es ist schon legitim und bisweilen auch sinnvoll, sich mehr als einem Kulturkreis zugehörig zu fühlen.
Ganz klar.
Wenn ich zwei Tage südlich der Alpen bin (Graz reicht schon, eine wunderbare Stadt), bin ich schon so depaysiert, daß ich mich gar nicht mehr als Piefke fühle :freude: :D
Vielleicht hat unsere Zeit in dieser Hinsicht mit der Welt vor 1914 mehr gemein als mit dem unseligen 20. Jahrhundert. ;)

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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Dr.Hackenbush »

Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:12
Zustimmung!
Die Heimatvertriebenen aus Preußen und Schlesien (ich differenziere bewußt aus historischen Gründen) wurden nach 1945 in den Westzonen ja auch undifferenziert und ungerecht (und unchristlich!) als "Polacken" bezeichnet und diskriminiert!
mit einem Unterschied:
Die Deutschen aus Russland sind freiwillig nach Russland ausgewandert.
Den Deutschen aus Ostpreußen und Schlesien wurde das Land genommen, sie wurden annektiert und zu Polen gemacht.
Zuletzt geändert von Dr.Hackenbush am Dienstag 15. März 2022, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Lycobates »

Schulevonathen hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:33
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:22
Schulevonathen hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:03
Ich denke, es ist schon legitim und bisweilen auch sinnvoll, sich mehr als einem Kulturkreis zugehörig zu fühlen.
Ganz klar.
Wenn ich zwei Tage südlich der Alpen bin (Graz reicht schon, eine wunderbare Stadt), bin ich schon so depaysiert, daß ich mich gar nicht mehr als Piefke fühle :freude: :D
Vielleicht hat unsere Zeit in dieser Hinsicht mit der Welt vor 1914 mehr gemein als mit dem unseligen 20. Jahrhundert. ;)
Das 20. Jahrhundert habe ich gern hinter mir gelassen.
"Der Welt von gestern" habe ich immer nachgetrauert, ohne zu verhehlen, daß sie keineswegs christlich oder vollendet war, aber sie hatte zumindest Stil.
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Lupus
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Lupus »

Dr.Hackenbush hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:36
Lycobates hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 15:12
Zustimmung!
Die Heimatvertriebenen aus Preußen und Schlesien (ich differenziere bewußt aus historischen Gründen) wurden nach 1945 in den Westzonen ja auch undifferenziert und ungerecht (und unchristlich!) als "Polacken" bezeichnet und diskriminiert!
mit einem Unterschied:
Die Deutschen aus Russland sind freiwillig nach Russland ausgewandert.
Den Deutschen aus Ostpreußen und Schlesien wurde das Land genommen, sie wurden annektiert und zu Polen gemacht.
Hierzu meine eigenen Erfahrungen:
Meine Kindheit (bis zum 9. Lebensjahr) verbrachte ich zumeist, obwohl in Berlin geboren, in Branitz O/S.
Mit 6 Jahren "Kinderlandverschickung" nach Angerburg, Krs. Rastenburg in Ostpreußen nahe dem "Führerbunker", einen Sommer lang!
Danach wieder in der Heimat meiner Mutter in O/S. Am 24. März 1945, wir hörten bereits den Kanonendonner der Russen in Leobschütz. Da wir damals 5 Kinder waren, die Jüngste Schwester eben 5 Wochen alt, unsere Mutter hatte den linken Arm im Gipsverband, brachte uns der letzte Lastwagen nach Jägerndorf im damaligen Sudetenland. Von dort ging der Transport über Prag ins Salzkammergut, damals noch "Oberdonau". Das Kriegsende erlebten wir in unserem Quartier am Pötschenpass.
Kriegsende bedeutete für uns im Konsum in St. Agatha am Hallstätter See den Zuruf der nunmehrigen Österreicher den Zuruf: "Erst die Einheimischen!"
Zum Glück war am Hallstätter See das Hauptquartier der Amerikaner; denn von dort bekamen wir nunmehrigen "Reichsdeutschen" öfters Lebensmittel, sonst wären wir in arge Not gekommen!
Mit Viehwagen wurden wir von Bad Goisern "heim ins Reich" transportiert.
Im Hohenlohischen (damals Nordwürttemberg/Nordbaden) im Kreis Crailsheim wurden wir auf zwei Dörfer verteilt. Ein Laie, wie damals üblich, von den Amis eingesetzt, war unser Bürgermeister.
Ich habe selbst miterlebt, wie der unsere Mutter, die in großer Not mit uns Kindern in einem "Spritzenhäusel" der Feuerwehr mit zwei zunächst kahlen Räumen lebte, bei ihrer Anfrage nach Unterstützung anfuhr: "warum hamse sich soviel Kinder angeschafft,- geht doch hin, wo ihr hergekommen seit,-ihr seid doch Polacken!"

Ein Glück, dass sich die Gemüter wieder beruhigt haben und heute die Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten in der Ukraine bei uns in Deutschland freundlich aufgenommen werden!

Was wir damals erleben mussten, war es nicht wert, neu aufgelegt zu werden.

Gott stehe uns bei in diesen heutigen Gefahren!

Lupus
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

Schulevonathen
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Re: Russophobie in Deutschland und der Umgang damit

Beitrag von Schulevonathen »

Apropos "Polacken": Konntet Ihr eigentlich Polnisch, Lupus? Oberschlesien war ja in Teilen gemischtsprachig, wenn ich mich nicht täusche.

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