Heute wird allerhand über den türkischen Präsidenten berichtet, geschimpft, philosophiert und gefachsimpelt. Vorhin las ich folgende Bemerkung: »Den knappen Sieg verdankt er auch der überraschend deutlichen Mehrheit der Stimmberechtigten aus Deutschland: Fast zwei Drittel (63,6 Prozent) stimmten für Erdogan.«
Das bedarf, meine ich, einer Einordnung, damit nicht falsche Schlüsse daraus gezogen und schädliche Handlungen abgeleitet werden. – Erdogan vermittelt offenbar den hiesigen Türken, was man den Deutschen seit Jahrzehnten (und in den letzten Jahren mit wachsender Beschleunigung) nimmt: Ein Gefühl der eigenen Identität.
Das ist genau das, was man durch (a priori zum Scheitern verurteilten) Integrationsdruck auch den hier lebenden Türken zu nehmen versucht. Wir erleben also eine längst absehbare Gegenbewegung.
Dagegen hilft wenig einzuwenden, solche Identität stehe auf tönernen Füßen, Erdogans Melange aus halbkemalistischem Nationaltürkentum und pseudotraditioneller Sunna sei nicht tragfähig.
Nicht tragfähiger ist auch, wenn viele Deutsche sich jetzt mangels eigenen Fundaments eine Pseudidentität aus wildem Antimuselmanentum zurechtzimmern. Das Abendland ist nicht am Islam zugrunde gegangen, sondern an eigener Schwäche und inneren Feinden.
Wir erleben heute, was jeder Sehende als notwendig bevorstehend erkannte, daß Coudenhoves Programm der „eurasisch-negroiden Zukunftsrasse“ (Richard Coudenhove-Kalergi, Adel, Leipzig 1922, p. 17) eines globalen Mischlingsvolks krachend zusammenbricht.
Die supranationalen Herren des Geldes haben diese Vorlage Coudenhoves von Anfang an dankbar angenommen. Eine solche jeder Identität, ihrer Sprache, Geschichte, Kultur und Religion beraubte Mischrasse ergibt eine jederzeit manipulierbare Helotenklasse und Arbeitssklavenmasse, zumal wenn man ihr gleichzeitig den Erstträger jeder Vermittlung von Sprache, Geschichte, Kultur und Religion ausbricht: die Familie.
Die „schöne“ Version dieses Plans bricht also zusammen. Krachend. Das heißt aber noch nicht, daß der Plan an sich gescheitert sei. Der häßliche Teil beginnt. Der wachsenden Gegenbewegungen sind mehrere, und ihnen wohnt die Tendenz inne, sich nicht nur und nicht einmal zuerst gegen die Despoten zu wenden, die Herren des Geldes, sondern gegeneinander. Ja, eben darin lassen sie sich, gerade wo sie zur Massenbewegung werden, von jenen Herren steuern und fortgesetzt manipulieren.
Das liegt vor allem daran, daß sie sich Ersatz- und Pseudidentitäten suchen und unterschieben lassen, weil ihnen das Eigene, Eigentliche lang schon fehlt.
Wessen es nun bedarf, ist erstens die klare Diagnose. Dazu habe ich einige Hinweise zu geben versucht. Zweitens bedarf es der messerscharfen Erkenntnis des Feindes. Des wirklichen Feindes. Drittens des Zusammenstehens aller Gruppen auf diese oder jene Weise Entwurzelter gegen den gemeinsamen Feind. Und viertens der Wiedergewinnung echter Identität, was nur gelingen kann, wenn man die abgestorbenen, abgehauenen und ausgerissenen Wurzeln wiederbelebt, heilt, einpfropft und pflegt, daß sie wieder zu nähren vermögen und frische Triebe sprießen lassen, aus denen neue Blüten knospen.