Türkei vor den Wahlen

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overkott
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Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

Morgen wird in der Türkei gewählt. Die regierende AKP hofft, ihre Mehrheit ausbauen zu können. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament könnte sie die Verfassung ändern.

Die Türkei ist ähnlich den USA, Russland und Deutschland zur Zeit der Weimarer Republik in den 20-er Jahren eine Präsidialrepublik. Einer solchen steht als Staatsoberhaupt ein auf Zeit gewählter Präsident statt eines Monarchen vor. Gleichzeitig hat dieser Präsident jedoch weitreichende Befugnisse. Dies stößt selbst in den USA zuweilen auf Kritik. Jüngst haben die Republikaner gegen Präsident Obama Verfassungsklage eingereicht. Der Hintergrund: Regierung per Verordnung unter Umgehung des Parlaments. Dieser Stil ist als "souveräne Demokratie" in Russland unter Putin weit ausgeprägter. Notverordnungen besiegelten das Ende der Weimarer Republik. Für einen autoritären Führungsstil ist auch der türkische Präsident Erdogan bekannt. Der Präsidentenpalast ist sichtbares Symbol für das Verständnis des Präsidenten, selbst über dem Rechtsstaat zu stehen. Eine verfassungsändernde Mehrheit könnte die rechtsstaatliche Demokratie in der Türkei gefährden.

Bei den bevorstehenden Wahlen spielt die linksgerichtete, kleine Kurdenpartei HDP eine Rolle. Umfragen zufolge könnte sie die Zehn-Prozent-Hürde überspringen und damit eine Zwei-Drittel-Mehrheit der regierenden AKP im Parlament verhindern. Eine Explosion mit zwei Todesopfern und hundert Verletzten auf einer Wahlkampfveranstaltung der HDP in der Osttürkei sorgt derzeit für Unruhe. Ob es sich um einen Anschlag oder ein Unglück handelt, ist nicht bekannt.

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

Die morgigen Wahlen sollen nach dem Willen des türkischen Präsidenten Erdogan auf jeden Fall stattfinden. Sie waren im Wahlkampf von Anschlägen auf die linksgerichtete Kurdenpartei HDP überschattet worden. Gestern abend hatte es offenbar einen weiteren Anschlag auf eine Kundgebung in der Osttürkei gegeben. Bereits am Vortag wollten Rechtsextreme eine Veranstaltung der Partei stürmen.

Die Kurden sind ähnlich den Basken eine ethnische Gruppierung, die in den Grenzgebieten mehrerer Länder leben. Nach Auflösung des Osmanischen Reiches und der Neugliederung in Nationalstaaten in den 20-er Jahren blieb ihnen die Möglichkeit der Selbstverwaltung in eigenen Grenzen verwehrt. Nicht nur in der Türkei, auch in Deutschland leben ethnische Minderheiten. In Schleswig-Holstein etwa gibt es die Partei der dänischen Minderheit. Die sorbische Minderheit stellt in Sachsen den Ministerpräsidenten.

Sascha B.
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von Sascha B. »

Und in Bayern stellt die fränkische Minderheit den MP.
Der Kreuzgang ist doch total am Ende.

Tinius
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von Tinius »

Ist es nicht etwas einfältig, hier in den Medien überall erhältliche Informationen im Laberstil als Thread zu formulieren?

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holzi
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von holzi »

Tinius hat geschrieben:Ist es nicht etwas einfältig, hier in den Medien überall erhältliche Informationen im Laberstil als Thread zu formulieren?
Das darf auch nur unser allseits beliebter - räusper - Ovi Overkott.

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

In den Medien ist zu lesen: Der türkische Präsident Erdogan will im Fall eines Wahlsiegs mit Zwei-Drittel-Mehrheit ein Präsidialsystem einführen. Bisher habe er vor allem repräsentative Aufgaben. Das klingt so ein bisschen nach Bonner Republik.

Was aber ist in der Türkei anders? Der Staatspräsident wird wie in der Weimarer Republik vom Volk direkt gewählt. Und er kann ähnlich wie in Weimar das Parlament auflösen. Vor allem ernennt er drei von elf Verfassungsrichtern allein und wählt die übrigen aus jeweils drei Vorschlägen verschiedener Gremien aus. Er besitzt bei der Gesetzgebung ein aufschiebendes Vetorecht und kann beim Verfassungsgericht eine Normenkontrollklage einreichen.

Heute wird sich entscheiden, ob die regierende AKP ihre Mehrheit im Parlament behält. Umfragen zufolge ist der Wahlausgang offen. Erste Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor.

Tinius
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von Tinius »

overkott hat geschrieben: Heute wird sich entscheiden, ob die regierende AKP ihre Mehrheit im Parlament behält. Umfragen zufolge ist der Wahlausgang offen. Erste Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor.

Ich komme dem nächsten komischen pseudo-nachrichtlichen Gelaber zuvor und vermelde, dass der Präsident, der die Türkei in eine scheindemokratische Präsidialrepublik verwandeln wollte, die hierfür im Parlament erforderliche Mehrheit klar verfehlt hat.

Korrekterweise verlinke ich eine Meldung in den Medien:

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 3445.html

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

Tinius hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Heute wird sich entscheiden, ob die regierende AKP ihre Mehrheit im Parlament behält. Umfragen zufolge ist der Wahlausgang offen. Erste Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor.

Ich komme dem nächsten komischen pseudo-nachrichtlichen Gelaber zuvor und vermelde, dass der Präsident, der die Türkei in eine scheindemokratische Präsidialrepublik verwandeln wollte, die hierfür im Parlament erforderliche Mehrheit klar verfehlt hat.

Korrekterweise verlinke ich eine Meldung in den Medien:

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 3445.html
Die Türkei ist bereits ein Präsidialsystem, dass sich durch Direktwahl des Präsidenten sowie weitreichende Befugnisse im Hinblick auf die Verfassungsgerichtsbarkeit und die Regierungsbildung auszeichnet.

Das scheint sich bei politischen Journalisten noch nicht herumgesprochen zu haben.

Ein Präsidialsystem ist an sich auch noch nichts Schlechtes, allerdings kommt es sehr auf den Regierungsstil des Präsidenten an. Ähnlich wie Obama hatte auch Ebert in der Weimarer Republik schon mit Verordnungen regiert. Das fing also nicht erst mit Hindenburg an.

Korrekterweise müssten die Agenturen dem nicht sachkundigen Nachrichtenempfänger melden, dass die islamisch demokratische Partei AKP die Wahlen gewonnen, aber das Wahlziel einer verfassungsändernden Mehrheit verfehlt hat, um die Kompetenzen des Präsidenten zu erweitern.

Schließlich ist Großbritannien auch keine Republik, obwohl der Monarch nur repräsentative Funktionen wie der Bundespräsident hat.

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

Man muss kein Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan sein, um sachlich zu berichten und separat im Kommentar die Fakten einzuordnen.

Das scheint dem zwangsfinanzierten Nachrichtenportal tagesschau.de nicht zu gelingen.

Ein Wahlsieg ist noch keine schwere Niederlage. Nach zwölf Jahren die absolute Mehrheit zu verlieren, relativiert den Wahlsieg jedoch. Es ist auch kein Triumpf, wenn eine Kleinpartei die Zehn-Prozent-Hürde überspringt. Ein Nachrichtenportal sollte sich im Bericht nicht zum Transmissionsriemen der Kleinpartei machen. Staatsferne eines öffentlich-rechtlichen Senders bedeutet nicht Oppositionsnähe.

Im Kommentar kann man darauf hinweisen, welche Gefahren eine Zwei-Drittel-Mehrheit geborgen hätte und dass der Wähler offenbar diese Gefahren abwenden will.

Also, liebe Tagesschau, bitte mehr sachliche Information, weniger Propaganda. Für Propaganda will euch keiner bezahlen.

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

Werden die islamdemokratische AKP und die sozialdemokratische CHP über ihren Schatten springen und eine Große Koalition nach deutschem Vorbild schmieden? Für viel Pragmatismus bleibt wenig Zeit. Politische Instabilität durch ständige Neuwahlen ist dem NATO-Partner jedenfalls nicht zu wünschen.

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umusungu
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von umusungu »

Bei den Wahlen wurden auch vier Christen ins Parlament gewählt.

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

Übrigens sind auch drei Armenier im Parlament, die soweit gesellschaftlich integriert sind, als dass sie sich nicht in einem politischen Lager befinden.

https://haypressnews.wordpress.com/215 ... parlament/

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

Es ist keine acht Tage her, da übergab Wolfgang Rasquin an Michael Hogrebe den Stab für das Deutsche Kontingent in der Türkei. Der Oberst leitet 260 Einsatzkräfte in der Flugabwehr. Frieden war bisher ihr Auftrag. "Active Fence Turkey" bedeutete, die Türkei gegen Luftschläge aus kurdischen Grenzgebieten in Syrien zu schützen. Bald könnten die Deutschen in einen Angriffskrieg verwickelt werden. Schließlich erwägt die Türkei, mit 18.000 Soldaten in Syrien einzumarschieren und einen Streifen entlang der Grenze zunächst bis zu zwei Jahre zu besetzen.

Heute hielt sich die Türkei noch zurück. Zwar klingt die Begründung wie eine Hilfe für Syrien: Es solle kein neuer Staat an der Südgrenze der Türkei entstehen. Doch ein Einmarsch würde die internationale Lage auch mit Blick auf die Ukraine verkomplizieren. Im Hinblick auf die türkische Innenpolitik käme der Einmarsch zu einem Zeitpunkt, an dem nach den Wahlen noch keine neue Regierung gebildet ist. Sollte dies bis August nicht geschehen sein, will der türkische Staatspräsident Neuwahlen ausrufen. Neuwahlen unter dem Eindruck eines Krieges dürften das Wahlergebnis verfälschen, wenn sie denn nicht auf unbestimmte Zeit verschoben würden.

Gemütlich ist die Aufgabe Hogrebes derzeit nicht. Die Bundesregierung muss sich im Kreis der NATO beraten, ob sie bei einem Alleingang der Türkei den Oberst und seine Leute zurückruft.

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Yeti
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von Yeti »

Tinius hat geschrieben:Ist es nicht etwas einfältig, hier in den Medien überall erhältliche Informationen im Laberstil als Thread zu formulieren?
Du verkennst die Lage. Das ist eine Therapie. Aber leider auf unsere Kosten... :narr:
#gottmensch statt #gutmensch

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Clemens
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von Clemens »

Wieso? Es kostet Overkott eine Menge Zeit und den mehr oder weniger geneigten Leser gerade soviel davon, wie er freiwillig investieren mag. Es herrscht keine Lesepflicht für den, den's nicht interessiert.
Ich hab's gern gelesen.

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overkott
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von overkott »

overkott hat geschrieben:Es ist keine acht Tage her, da übergab Wolfgang Rasquin an Michael Hogrebe den Stab für das Deutsche Kontingent in der Türkei. Der Oberst leitet 260 Einsatzkräfte in der Flugabwehr. Frieden war bisher ihr Auftrag. "Active Fence Turkey" bedeutete, die Türkei gegen Luftschläge aus kurdischen Grenzgebieten in Syrien zu schützen. Bald könnten die Deutschen in einen Angriffskrieg verwickelt werden. Schließlich erwägt die Türkei, mit 18.000 Soldaten in Syrien einzumarschieren und einen Streifen entlang der Grenze zunächst bis zu zwei Jahre zu besetzen.

Heute hielt sich die Türkei noch zurück. Zwar klingt die Begründung wie eine Hilfe für Syrien: Es solle kein neuer Staat an der Südgrenze der Türkei entstehen. Doch ein Einmarsch würde die internationale Lage auch mit Blick auf die Ukraine verkomplizieren. Im Hinblick auf die türkische Innenpolitik käme der Einmarsch zu einem Zeitpunkt, an dem nach den Wahlen noch keine neue Regierung gebildet ist. Sollte dies bis August nicht geschehen sein, will der türkische Staatspräsident Neuwahlen ausrufen. Neuwahlen unter dem Eindruck eines Krieges dürften das Wahlergebnis verfälschen, wenn sie denn nicht auf unbestimmte Zeit verschoben würden.

Gemütlich ist die Aufgabe Hogrebes derzeit nicht. Die Bundesregierung muss sich im Kreis der NATO beraten, ob sie bei einem Alleingang der Türkei den Oberst und seine Leute zurückruft.
Die Flugabwehr dürfte bis Ende Januar ihren Auftrag erfüllt haben.

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Juergen
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von Juergen »

Clemens hat geschrieben:Wieso? Es kostet Overkott eine Menge Zeit und den mehr oder weniger geneigten Leser gerade soviel davon, wie er freiwillig investieren mag. Es herrscht keine Lesepflicht für den, den's nicht interessiert.
Ich hab's gern gelesen.
Ovi benutzt/mißbraucht das Forum als seinen Blog.
Im Gegensatz zu einem eigenen Blog, hat er hier zumindest die Chance, daß einige Leute seine verbalen Ergüsse lesen.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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holzi
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von holzi »

Juergen hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Wieso? Es kostet Overkott eine Menge Zeit und den mehr oder weniger geneigten Leser gerade soviel davon, wie er freiwillig investieren mag. Es herrscht keine Lesepflicht für den, den's nicht interessiert.
Ich hab's gern gelesen.
Ovi benutzt/mißbraucht das Forum als seinen Blog.
Im Gegensatz zu einem eigenen Blog, hat er hier zumindest die Chance, daß einige Leute seine verbalen Ergüsse lesen.
Echt? Tut das jemand? :auweia:

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Niels
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Re: Türkei vor den Wahlen

Beitrag von Niels »

Die Türkei tut dieser Tage alles, um zu beweisen, dass sie nicht zu Europa gehört: http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... etaer.html
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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