"Bonzenland in Gottes Hand - Verteilung von Grund und Boden"

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Torsten
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"Bonzenland in Gottes Hand - Verteilung von Grund und Boden"

Beitrag von Torsten »

Hinweis der Moderation:

Die folgenden Beiträge entstammen ursprünglich dem Thema
"Bedingungsloses Grundeinkommen?" (Brauhaus) und wurden
daraus hierher abgespalten.
Torsten hat das Thema ursprünglich nicht eröffnet.

Hubertus als Mod.
---------------------------------------------




Sempre hat geschrieben:
Torsten hat geschrieben:Ich denke nicht, dass hinter jedem Menschen einer mit einer Knarre oder einer Peitsche stehen muss, um ihn zur Arbeit anzutreiben. Der Hunger und andere Bedürfnisse sorgen schon dafür, dass der Mensch arbeitet.
Ja, so ist es. Nicht aber, wenn ein Grundeinkommen oder vergleichbare von der Arbeitsleistung unabhängige Unterstützung das unnötig macht.
Weil Caviteño gerade vom vernebelten Blick auf die Realitäten spricht:
Global gesehen ist es so, dass nicht ein "Grundeinkommen oder vergleichbare von der Arbeitsleistung unabhängige Unterstützung das [arbeiten] unnötig macht", sondern die ungleiche Verteilung von Grund und Boden es unmöglich macht - sich zu ernähren.
https://reset.org/knowledge/landgrabbin ... -ohne-land

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Edi
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Edi »

Torsten hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Torsten hat geschrieben:Ich denke nicht, dass hinter jedem Menschen einer mit einer Knarre oder einer Peitsche stehen muss, um ihn zur Arbeit anzutreiben. Der Hunger und andere Bedürfnisse sorgen schon dafür, dass der Mensch arbeitet.
Ja, so ist es. Nicht aber, wenn ein Grundeinkommen oder vergleichbare von der Arbeitsleistung unabhängige Unterstützung das unnötig macht.
Weil Caviteño gerade vom vernebelten Blick auf die Realitäten spricht:
Global gesehen ist es so, dass nicht ein "Grundeinkommen oder vergleichbare von der Arbeitsleistung unabhängige Unterstützung das [arbeiten] unnötig macht", sondern die ungleiche Verteilung von Grund und Boden es unmöglich macht - sich zu ernähren.
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Sempre
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Sempre »

Torsten hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Torsten hat geschrieben:Ich denke nicht, dass hinter jedem Menschen einer mit einer Knarre oder einer Peitsche stehen muss, um ihn zur Arbeit anzutreiben. Der Hunger und andere Bedürfnisse sorgen schon dafür, dass der Mensch arbeitet.
Ja, so ist es. Nicht aber, wenn ein Grundeinkommen oder vergleichbare von der Arbeitsleistung unabhängige Unterstützung das unnötig macht.
Weil Caviteño gerade vom vernebelten Blick auf die Realitäten spricht:
Global gesehen ist es so, dass nicht ein "Grundeinkommen oder vergleichbare von der Arbeitsleistung unabhängige Unterstützung das [arbeiten] unnötig macht", sondern die ungleiche Verteilung von Grund und Boden es unmöglich macht - sich zu ernähren.
https://reset.org/knowledge/landgrabbin ... -ohne-land
Die Verteilung des Grundbesitzes ist eine bessere Frage als die nach Grundeinkommen, wenn auch m.E. nicht so einfach zu beantworten, wie in dem Artikel dargestellt. Diese Frage handelt von etwas ganz anderem als von bedingunglosem Grundeinkommen, denn der Besitz von ein paar Hektar Land macht so noch niemanden satt. Er macht Leute satt, die gelernt haben, den Boden zu nutzen und die fleißig arbeiten. Hier in Südamerika hat sich gezeigt, dass das nicht so einfach klappt mit dem Verteilen von Land um Elend zu bekämpfen.

Caviteño
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Caviteño »

Sempre hat geschrieben:Die Verteilung des Grundbesitzes ist eine bessere Frage als die nach Grundeinkommen, wenn auch m.E. nicht so einfach zu beantworten, wie in dem Artikel dargestellt. Diese Frage handelt von etwas ganz anderem als von bedingunglosem Grundeinkommen, denn der Besitz von ein paar Hektar Land macht so noch niemanden satt. Er macht Leute satt, die gelernt haben, den Boden zu nutzen und die fleißig arbeiten. Hier in Südamerika hat sich gezeigt, dass das nicht so einfach klappt mit dem Verteilen von Land um Elend zu bekämpfen.
:ja: :klatsch:

So ist es. Die immer wieder geforderten Landreformen haben sich doch häufig als Fehlschlag erwiesen. Man denke in Europa nur an die Landreform im Zuge der Nelkenrevolution in Portugal oder in Afrika an die Landreformen in Simbabwe, bei denen die weißen Farmer vertrieben und das Land an die dort arbeitenden schwarzen Tagelöhner verteilt wurde. Beklatscht von linken Gruppen hat sich diese Landreform wohl als eine der größten Pleiten erwiesen.

Es ist eine alte sozialistische Forderung, daß das Land dem gehören soll, der es bewirtschaftet. Häufig funktioniert es jedoch nicht, weil
1. es an den Tagelöhnern (betriebswirtschaftlichen) Kenntnissen fehlt und
2. die eigene Landfläche durch die zahlreiche Nachkommenschaft insbesondere der ländlichen Bevölkerung pro Kopf gerechnet immer kleiner wird.

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Torsten
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben: :ja: :klatsch:

So ist es. Die immer wieder geforderten Landreformen haben sich doch häufig als Fehlschlag erwiesen. Man denke in Europa nur an die Landreform im Zuge der Nelkenrevolution in Portugal oder in Afrika an die Landreformen in Simbabwe, bei denen die weißen Farmer vertrieben und das Land an die dort arbeitenden schwarzen Tagelöhner verteilt wurde. Beklatscht von linken Gruppen hat sich diese Landreform wohl als eine der größten Pleiten erwiesen.

Es ist eine alte sozialistische Forderung, daß das Land dem gehören soll, der es bewirtschaftet. Häufig funktioniert es jedoch nicht, weil
1. es an den Tagelöhnern (betriebswirtschaftlichen) Kenntnissen fehlt und
2. die eigene Landfläche durch die zahlreiche Nachkommenschaft insbesondere der ländlichen Bevölkerung pro Kopf gerechnet immer kleiner wird.
Über deinen Beispielen vergisst du etwas:
https://reset.org/knowledge/landgrabbin ... -ohne-land

Der Großteil der hungernden Weltbevölkerung (ca. 8%) lebt auf dem Land - also dort, wo Nahrung doch eigentlich produziert wird – die meisten jedoch ohne eigenes Land. Stattdessen kontrollieren wenige Großgrundbesitzer und Konzerne den Landbesitz.
Gehen wir mal davon aus, wie es deine Beispiele suggerieren, diese Menschen seien nicht fähig und nicht willens, Landwirtschaft zu betreiben, um für sich selbst zu sorgen, dann lautet die "Alternative": Wir geben ihnen kein Land oder nehmen ihnen das Land weg, und von den Erträgen bekommen sie auch nichts.
Sollen sie doch sehen, wo sie bleiben!

Das ist der Status quo.

Caviteño
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben: Gehen wir mal davon aus, wie es deine Beispiele suggerieren, diese Menschen seien nicht fähig und nicht willens, Landwirtschaft zu betreiben, um für sich selbst zu sorgen, dann lautet die "Alternative": Wir geben ihnen kein Land oder nehmen ihnen das Land weg, und von den Erträgen bekommen sie auch nichts.
Sollen sie doch sehen, wo sie bleiben!

Das ist der Status quo.
Meine Beispiele suggerieren nichts - die Pleite bei den Landreformen in Simbabwe und in Portugal sind Tatsachen. In Portugal hat man sich inzwischen eines Besseren besonnen, in Simbabwe herrscht nach wie vor das nackte Elend.

Ich weiß nicht, warum Du der Robin-Hood-Mentalität anhängst und glaubst, indem man den "Reichen" etwas wegnimmt und den "Armen" gibt, löst man die Probleme. Das funktioniert nur im sozialistischen Lehrbuch oder im Propagandafilm.

Wenn Du die Großgrundbesitzer enteignest und das Land an die Landarbeiter verteilst, mögen die sich in den ersten Jahren noch davon ernähren können. Spätestens nach einer Generation wird es schwierig. Mein Schwiegervater hat hier in Kidapawan eine Stück Land (4,5 ha. die Hälfte Bananen, die andere Hälfte Kautschuk). Das ernährte die Familie. Geerbt haben es seine vier Töchter, die insgesamt 12 Kinder und inzwischen 25 Enkel haben. Wie soll das Land soviel Personen ernähren?

Dazu kommt ein weiterer Gesichtspunkt:
Bauern in Ländern der Dritten Welt sind häufig nicht bereit, von den Gewohnheiten ihrer Väter abzuweichen. Sie pflanzen die ihnen bekannten Früchte an, denken überhaupt nicht an den Export. Nur so aber lassen sich Mehrerträge erzielen. Den Anbau von Hirse in Afrika betreiben viele, die Preise sind gering - der Anbau und der Export von Bohnen, Erbsen, Erdbeeren oder Blumen nach Europa würde dagegen viel Geld bringen. Geld, das dringend benötigt wird, damit die Volkswirtschaften dort wachsen.
Es ist zweifelhaft, ob durch Verteilung des Landes an die Besitzlosen Mehrerträge erzielt würden. Die braucht es aber in einer Gesellschaft mit hohem Bevölkerungswachstum.

Zum Schluß noch eine Bemerkung zu dem Artikel:
Wenn dort geschrieben wird, Konzerne aus Südkorea, China usw. würden auf den PH Land kaufen, ist das falsch. Auf den PH (und in vielen anderen Ländern der Dritten Welt) ist der Erwerb von Grund und Boden durch Ausländer verfassungsmäßig untersagt. Insbesondere bei Farmland wird strikt darauf geachtet. Wenn Dole (früher Standard Fruit) dort schon seit Jahrzehnten tätig ist, betreibt es seine Bananen- bzw. Ananasplantagen auf gepachteten Flächen und - das ist immer Teil des Pachtvertrages - beschäftigt die Landeigentümer als Arbeitnehmer.
Im Gegensatz zu den früheren Bauern ist Dohl in der Lage, die dort erzeugten Produkte weltweit zu exportieren. So werden z.B. dort Bananensorten (hier: Cavendish) produziert, die für den Weltmarkt bestimmt sind. Die einheimische beliebte Sorte Lakatan hat keine Exportabnehmer. Würden die Bauern ihre Felder selbst weiter bewirtschaften, vergrößerte sich das Angebot von Lakatan-Bananen mit weiter fallenden Preisen.
Natürlich kommt jetzt der Einwand: Dann sollen die doch etwas produzieren, was gute Preise hergibt. Du wirst staunen: Das machen die auch - alle. Leider dauert es aber einige Zeit, bis Kautschukbäume angezapft werden können, bis Palmöl geerntet werden kann oder der Kakaobaum Früchte trägt. Dann steigt das Angebot und die Preise fallen - in der Schule haben wir dieses Phänomen unter "Schweinezyklus" gelernt - schon vergessen?

Landreform ist ein weitaus komplexerer Vorgang, als die "Reichen" zu enteignen und den Grund und Boden an die "Armen" zu verteilen. Mißlungene Beispiele gibt es zu hauf, Erfolge sind sehr selten.

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Torsten
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Torsten »

Caviteño,

du kannst es drehen und wenden wie du willst: Großgrundbesitzer, Konzerne und Landgrabbing werden den Hunger nicht besiegen, sie verursachen ihn.
Wikipedia hat geschrieben:Bewegung der Landarbeiter ohne Boden
Aktionsformen und Reaktion

Bei den Landbesetzungen, den sogenannten acampamentos, werden landlose Familien (250-500) auf dem besetzten Land angesiedelt, die im Rahmen einer Produktionsgemeinschaft die Produktionsmittel gemeinsam verwalten und Schulungen erhalten, um eine effiziente Produktion aufzubauen. Dabei wird immer die Wichtigkeit der Kollektivität gegenüber dem Individuum betont. Diese Besetzungen sind legal, wenn das besetzte Land laut Expertise des staatlichen Instituts INCRA (Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária) vorher unproduktiv war.
Es ist doch klar, dass solche Bewegungen, die auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken können, sich der Probleme bewusst sind, die du ansprichst. Sie sind sich auch der Repressionen bewusst, denen sie ausgesetzt sind:
Daneben spielten die teils blutigen Repressionen des Militärs, der Regierung oder privater Milizen eine wichtige Rolle dabei, der MST zusätzlich Zulauf zu verschaffen. So gab es am 17. April 1996 in Eldorado dos Carajás ein Massaker, bei dem 19 MST-Aktivisten ums Leben kamen. Eine Säule der Schande erinnert daran.

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Sempre
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Sempre »

Torsten hat geschrieben:
Wikipedia hat geschrieben:Daneben spielten die teils blutigen Repressionen des Militärs, der Regierung oder privater Milizen eine wichtige Rolle dabei, der MST zusätzlich Zulauf zu verschaffen. So gab es am 17. April 1996 in Eldorado dos Carajás ein Massaker, bei dem 19 MST-Aktivisten ums Leben kamen. Eine Säule der Schande erinnert daran.
Ja, Mann, Torsten, da hatten die MSTler nicht nur des Präsidenten Farm besetzt, sondern auch sein Anwesen demoliert und seinen gesamten Wein- und Schnapskeller leergesoffen. Das war lange nach der Zeit der Militärregierung. Das war in demokratischen Zeiten unter linker Regierung (Fernando Henrique Cardozo, PSDB). Selbst der spätere PT-Präsident Lula (Arbeiterpartei, 2003-2011) hat das damals verurteilt. Schuld daran, dass da hart durchgegriffen wurde, war wohl (so es denn stimmen mag) ein Nachbar-Fazendeiro. Der MST selbst hat deutlich mehr Seelen auf dem Gewissen.

Torsten hat geschrieben:Es ist doch klar, dass solche Bewegungen, die auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken können, sich der Probleme bewusst sind, die du [Caviteño] ansprichst.
Nein. Der MST ist nicht wirklich daran interessiert Leuten Land und damit Arbeit und Brot zu verschaffen. Das wäre kontraproduktiv, was die Revolution angeht. Es handelt sich um selbsterklärte Marxisten-Leninisten, die eher eine revolutionäre Miliz denn einen sozial engagierten Verein bilden. Dementsprechend gibt es auch seit 13 Jahren PT-Regierung keine Erfolge für das Klientel, das vorwiegend aus einem kleinen Teil derjenigen Armen besteht, die vom Land in die Favelas der Städte gezogen sind und behaupten zurückzuwollen. Keine Erfolge, d.h. kein ruhiges, bescheidenes Leben auf hinreiched viel eigenem Land. Diese Leute waren zuvor keine Bauern, auch ihre Eltern und Großeltern nicht, sondern vielmehr Landarbeiter ohne jede Ausbildung, Erntehelfer und dergleichen. Und von Bescheidenheit träumen die nicht, sie kennen sie.

Torsten hat geschrieben:
Wikipedia hat geschrieben:Bei den Landbesetzungen, den sogenannten acampamentos, werden landlose Familien (250-500) auf dem besetzten Land angesiedelt, die im Rahmen einer Produktionsgemeinschaft die Produktionsmittel gemeinsam verwalten und Schulungen erhalten, um eine effiziente Produktion aufzubauen. Dabei wird immer die Wichtigkeit der Kollektivität gegenüber dem Individuum betont. Diese Besetzungen sind legal, wenn das besetzte Land laut Expertise des staatlichen Instituts INCRA (Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária) vorher unproduktiv war.
So läuft es. Der MST hat weitgehend freie Hand. Und es gibt ausreichend solches Land hier. Nur verhält es sich andererseits nicht so, dass der MST seine Mitglieder mit diesem Land versorgt hätte und nun alle, die es wollen, als Bauern ein Auskommen haben. Das liegt daran, dass weder der MST noch seine Mitglieder das wollen. Sobald sie etwas haben, versuchen sie es zu verscherbeln und ziehen dann weiter, um woanders auch noch Revolution zu machen. Am liebsten nicht auf dem Land, sondern in den Städten. Die Bevölkerung, auch der arme Teil derselben, hasst sie wie die Pest.

Torsten hat geschrieben:du kannst es drehen und wenden wie du willst: Großgrundbesitzer, Konzerne und Landgrabbing werden den Hunger nicht besiegen, sie verursachen ihn.
Landgrabbing betreibt auch der MST. Aber auch der MST besiegt das Elend nicht, trotz 13 Jahren geneigter PT-Regierung.

Das Problem besteht m.E. zuerst im Geldsystem, dann im Anspruchsdenken der Leute, die sich nicht ohne Smartphone ggf. sogar ohne Strom mit Hühnern, Bananen und Bohnen zufrieden geben. Bei Euch in D ist dazu ja auch noch jeder Arsch, selbst der des Asis, arschversichert.

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holzi
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von holzi »

Ich hab in Ceará und Pará das Phänomen kennengelernt, dass sich Großgrundbesitzer durchaus halbfreiwillig von der INCRA zwangsenteignen lassen (natürlich mit Entschädigung). Das Land wird an die MSTler bzw. andere Landlose verteilt. Nach einigen Jahren sind die meisten davon derart pleite, dass der Ex-Besitzer sehr oft das Land wieder zum Preis einer Banane (bras. Äquivalent zum deutschen Appel und Ei) wieder zurückkaufen kann. Dann wird das zurückgekaufte Land brach liegen lassen, dann kommt die INCRA und enteignet wieder (natürlich mit Entschädigung) und dann... -

Caviteño
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Caviteño »

holzi hat geschrieben:Ich hab in Ceará und Pará das Phänomen kennengelernt, dass sich Großgrundbesitzer durchaus halbfreiwillig von der INCRA zwangsenteignen lassen (natürlich mit Entschädigung). Das Land wird an die MSTler bzw. andere Landlose verteilt. Nach einigen Jahren sind die meisten davon derart pleite, dass der Ex-Besitzer sehr oft das Land wieder zum Preis einer Banane (bras. Äquivalent zum deutschen Appel und Ei) wieder zurückkaufen kann. Dann wird das zurückgekaufte Land brach liegen lassen, dann kommt die INCRA und enteignet wieder (natürlich mit Entschädigung) und dann... -
Danke für das Beispiel, das zeigt, das Landreformen eben nicht so einfach sind und es nicht reicht, als Tagelöhner oder landloser Bauer zu arbeiten und dann eine Farm betreiben zu können. Es gehört ein gewisses know-how dazu, das ist häufig bei den Landlosen nicht vorhanden.

Torsten, Du kannst ja gerne dem alten sozialistischen Irrglauben anhängen, daß die Verteilung von Reich zu Arm die Probleme dieser Welt lösen wird. Eigentlich sollte Dir klar werden, wenn Du einmal in einem Supermarkt in der Obst- und Gemüseabteilung die importierten Edelfrüchte bzw. -gemüse siehtst, daß Wertschöpfung und damit die Bekämpfung des Hungers eben nicht in der Produktion von örtlichen Massenlebensmitteln auf einem sehr einfachen Pflanzniveau liegen kann. Das wird ehr früher als später an die Grenzen stoßen - ich hatte auf das Bevölkerungswachstum hingewiesen.

Eine Landverteilung von Reich zu Arm wird die Probleme nicht lösen, sondern neue schaffen. Dazu kommt, daß die "Neu-Landwirte" als Eigentümer des Landes dieses auch verkaufen können. holzi hatte schon auf diesen Punkt hingewiesen. Du solltest vielleicht bei Deinen ganzen Überlegungen berücksichtigen, daß es sich bei diesem Personenkreis häufig um Menschen mit geringer Bildung handelt. Kaufmännisches Denken ist den allermeisten ebenso fremd wie Zukunftsvorsorge.

Deswegen scheitern die allermeisten sozialistischen Träume von einer gerechten Landverteilung, denn der Markt honoriert nicht gute Absichten sondern nur gute Produkte.

[...]
Zuletzt geändert von Hubertus am Mittwoch 10. Februar 2016, 10:44, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Obsolet gewordenen Hinweis herausgenommen.

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Torsten
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Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Torsten »

Die letzten Beiträge hier will ich noch einmal zusammenfassen:
"Es ist besser, das Land gehört einigen wenigen, die damit reich werden, als dass alle verarmen."
Sorgt euch also nicht und sagt nicht: Was werden wir essen? Oder: Was werden wir trinken? Oder: Was werden wir anziehen? Denn um all das kümmern sich die Heiden. Euer himmlischer Vater weiss nämlich, dass ihr das alles braucht. Trachtet vielmehr zuerst nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit, dann wird euch das alles dazugegeben.
Der Reiche findet viele, sicher auch gute und einleuchtende Gründe, seinen Reichtum zu rechtfertigen. Nur auf die Gerechtigkeit kann er sich nicht berufen.
Geschweige denn, danach verlangen.

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holzi
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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von holzi »

Torsten hat geschrieben:Die letzten Beiträge hier will ich noch einmal zusammenfassen:
"Es ist besser, das Land gehört einigen wenigen, die damit reich werden, als dass alle verarmen."
Das sehe ich nicht so! Eine gerechte Landreform wäre z.B. in Brasilien durchaus angebracht. Es nützt aber nichts, einfach Leute aus den Favelas in den Busch zu karren und dort auf ein Stückchen Land zu setzen. Ohne Vorbereitung, ohne Begleitung etc. ist das zum Scheitern verurteilt. Ich habe aus Ceará (Serra de Baturité) einige Beispiele, wo solche Assentamentos von Obra Kolping, Manos Unidas und der schweizer Miva gefördert und begleitet wurde und der Aufbau einer Kooperative initiiert wurde. Das brauchte viel langen Atem und Geduld, aber mittlerweile trägt sich die Genossenschaft http://www.esplar.com.br/publicacoes/in ... 4c6d9dbeff
und hat mit Honigproduktion ein tragfähiges Geschäft entwickelt.
Und bei meiner letzten Reise nach Brasilien konnte ich wieder deutlich die Ungleichheit in der Landverteilung als unweigerlichen Wegbegleiter für Armut feststellen. In Santa Catarina gibt es Gegenden, wo kleinere und größere Landwirte nebeneinander koexistieren und zusammenarbeiten (ich war im Vale do Itajaí, Ituporanga, Vidal Ramos und in Urubicí). Der höhere Wohlstand dort ist augenfällig. Dagegen gibt es andere Gegenden (besonders auffällig rund um Lages), die von Latifundien dominiert sind. Elende Hütten überall.

Caviteño
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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:Die letzten Beiträge hier will ich noch einmal zusammenfassen:
"Es ist besser, das Land gehört einigen wenigen, die damit reich werden, als dass alle verarmen."
Sorry, Torsten, aber das hat doch niemand geschrieben. Man darf doch wohl noch darauf hinweisen, daß eine Landreform keine Garantie für den Erfolg hat, wenn damit nur eine Umverteilung von reich zu arm stattfindet.
Das mag zwar schmerzhaft sein, aber die geschichtlichen Erfahrungen mit diesem Instrument sind nun einmal nicht immer positiv.
Torsten hat geschrieben: Der Reiche findet viele, sicher auch gute und einleuchtende Gründe, seinen Reichtum zu rechtfertigen. Nur auf die Gerechtigkeit kann er sich nicht berufen.
Geschweige denn, danach verlangen.
Wenn man Reichtum prinzipiell als "ungerecht" einstuft, zeugt das mE von Neid - einer Todsünde. Menschen haben unterschiedliche Talente; nicht jeder ist zum Unternehmer geboren und noch weniger werden erfolgreiche Unternehmer.
Warum sollte man z.B. den Albrecht-Brüdern ihren Erfolg und den damit erwirtschafteten Reichtum nicht gönnen? :achselzuck:
Warum willst Du einem erfolgreich wirtschaftendem Großgrundbesitzer das Land wegnehmen und an die "Armen" verteilen? Steigert so etwas die Produktion?

Nachtwächter
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Nachtwächter »

Caviteño hat geschrieben:denken überhaupt nicht an den Export. Nur so aber lassen sich Mehrerträge erzielen. Den Anbau von Hirse in Afrika betreiben viele, die Preise sind gering - der Anbau und der Export von Bohnen, Erbsen, Erdbeeren oder Blumen nach Europa würde dagegen viel Geld bringen. Geld, das dringend benötigt wird, damit die Volkswirtschaften dort wachsen.
Ich hätte mal ne Verständnisfrage. Also, die Leute sollen keine Nahrungsmittel für sich selbst produzieren, sondern lieber Luxusgüter für uns. Bloß, von was ernähren die sich dann, in Gesellschaften mit hohem Bevölkerungswachstum? Von Geld?

Caviteño
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Re: Bedingungsloses Grundeinkommen?

Beitrag von Caviteño »

Nachtwächter hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:denken überhaupt nicht an den Export. Nur so aber lassen sich Mehrerträge erzielen. Den Anbau von Hirse in Afrika betreiben viele, die Preise sind gering - der Anbau und der Export von Bohnen, Erbsen, Erdbeeren oder Blumen nach Europa würde dagegen viel Geld bringen. Geld, das dringend benötigt wird, damit die Volkswirtschaften dort wachsen.
Ich hätte mal ne Verständnisfrage. Also, die Leute sollen keine Nahrungsmittel für sich selbst produzieren, sondern lieber Luxusgüter für uns. Bloß, von was ernähren die sich dann, in Gesellschaften mit hohem Bevölkerungswachstum? Von Geld?
Die von Dir angesprochene Selbsterzeugung aller Nahrungsmittel ist doch die Ausnahme. Man wird immer die Produkte anpflanzen, die auf dem Boden und unter den Klimabedingungen besonders gut gedeihen. Wenn das z.B. Kokospalmen, Kakaobäume oder Kaffee ist, bedeutet das doch nicht, daß man sich auch (fast) ausschließlich von diesen Produkten ernährt.

Man kauft die notwendigen Nahrungsmittel auf dem Markt hinzu und zwar mit dem Geld, das aus dem Verkauf der eigenen Produkte erzielt wurde.

Da Massennahrungsmittel, egal ob Reis, Hirse oder Weizen, viel günstiger in einem großen Produktionsbetrieb hergestellt werden können als in einer Subsistenzwirtschaft, sollte sich der Farmer schon auf die Herstellung von Lebensmitteln konzentrieren, für die ein hoher Erlös gezahlt wird (für Dich die sog. "Luxusgüter"). Die eigenen Nahrungsmittel kann er dann günstiger auf dem Markt kaufen.
Häufig ist es auch überhaupt nicht möglich, die Grundnahrungsmittel (z.B. Reis) selbst herzustellen, weil es z.B. kein ausreichendes Wasser gibt. Wie soll denn z.B. die Landreform funktionieren, wenn sich das zu verteilende Land zwar für die extensive Rinderzucht, nicht aber zum Getreide- und/oder Gemüseanbau eignet? :achselzuck: Soll er auf seinen drei ha dann drei Rinder oder 100 Schafe halten und sich davon ernähren? :D

Jetzt habe ich auch mal ne Verständnisfrage: Wenn eine Landreform durchgeführt wird und der Tagelöhner seine x ha Land bekommt, mit der er seine sechs-, acht- oder xköpfige Familie ernähren kann: Wie stellst Du Dir die Situation dann nach 20 Jahren vor, wenn nicht mehr acht Menschen sondern 30+ von der gleichen Fläche, die mit unveränderten Anbaumethoden die gleichen Erträge bringt, ernährt werden sollen?

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Torsten
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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Wenn man Reichtum prinzipiell als "ungerecht" einstuft, zeugt das mE von Neid - einer Todsünde.
Ich bin zerfressen vor Neid auf brasilianische Großgrundbesitzer und einen der Aldi-Brüder. Der andere lebt schon die Armut. :)

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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Sempre »

Torsten hat geschrieben:Die letzten Beiträge hier will ich noch einmal zusammenfassen:
"Es ist besser, das Land gehört einigen wenigen, die damit reich werden, als dass alle verarmen."
Caviteño hat geschrieben:Sorry, Torsten, aber das hat doch niemand geschrieben.
Caviteño hat geschrieben:Wenn man Reichtum prinzipiell als "ungerecht" einstuft, zeugt das mE von Neid - einer Todsünde.
Torsten hat geschrieben:Ich bin zerfressen vor Neid auf brasilianische Großgrundbesitzer und einen der Aldi-Brüder. Der andere lebt schon die Armut. :)
So schnell die Luft raus, Torsten? Du hattest die ungleiche Verteilung von Grund und Boden als Grund dafür genannt, dass es global unmöglich sei sich zu ernähren. Einfach nur nach Umverteilung von Grund und Boden zu rufen, ist aber nutzlos, wie die Praxis in diversen Ländern zeigt. Es gibt wenige, denen tatsächlich auf solche Weise geholfen werden kann. Auch Putin bietet seinen Landsleuten diverse Hektar für lau an. Das lohnt sich aber nur für Leute mit Grundvoraussetzungen, die in Russland wohl häufiger gegeben sind als in vielen anderen Ländern der Welt. Aber selbst in Russland ist vielen das karge Leben auf fernem Land ohne Straßen und sonstiger Infrastruktur kein Anreiz. Viele Leute haben weder die körperliche Konstitution dafür, noch den Willen, auf all das zu verzichten, was man in der Stadt oder in Stadtnähe gewohnt ist. Hier in Brasilien etwa ziehen dem viele trotz Elend die Favela vor.

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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Ich bin zerfressen vor Neid auf brasilianische Großgrundbesitzer und einen der Aldi-Brüder. Der andere lebt schon die Armut. :)
Beide leben nicht mehr. Theo Albrecht verstarb 2010, Karl Albrecht in 2014.

Die reichste Deutsche soll jetzt die Familie Quandt sein - auf deren Reichtum von 26,5 Mrden € bist Du doch wohl nicht neidisch, oder?

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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Torsten »

Sempre hat geschrieben:So schnell die Luft raus, Torsten? Du hattest die ungleiche Verteilung von Grund und Boden als Grund dafür genannt, dass es global unmöglich sei sich zu ernähren. Einfach nur nach Umverteilung von Grund und Boden zu rufen, ist aber nutzlos, wie die Praxis in diversen Ländern zeigt.
Das ist nicht nutzlos. Es wäre ein Anfang. Was tragen denn die Großgrundbesitzer zur Ernährung der hungernden Teile der Bevölkerung bei? Finanzieren die Bildung, Hilfe zur Selbsthilfe? Tun die überhaupt irgendetwas anderes, als Land und Menschen auszubeuten? Irgendetwas von Verantwortung, "ihrem" Besitz entsprechend?
Zuletzt geändert von Torsten am Samstag 13. Februar 2016, 21:42, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Die reichste Deutsche soll jetzt die Familie Quandt sein - auf deren Reichtum von 26,5 Mrden € bist Du doch wohl nicht neidisch, oder?
Nein, ich bin darauf nicht neidisch.

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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Sempre »

Torsten hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:So schnell die Luft raus, Torsten? Du hattest die ungleiche Verteilung von Grund und Boden als Grund dafür genannt, dass es global unmöglich sei sich zu ernähren. Einfach nur nach Umverteilung von Grund und Boden zu rufen, ist aber nutzlos, wie die Praxis in diversen Ländern zeigt.
Das ist nicht nutzlos. Es wäre ein Anfang. Was tragen denn die Großgrundbesitzer zur Ernährung der hungernden Teile der Bevölkerung bei? Finanzieren die Bildung, Hilfe zur Selbsthilfe? Tun die überhaupt irgendetwas anderes, als Land und Menschen auszubeuten? Irgendetwas von Verantwortung, "ihrem" Besitz entsprechend?
Die Kommunisten Lula und Dilma hier in Brasilien haben in über 10 Jahren praktisch nichts gebacken gekriegt, was Ansiedelung von MSTlern angeht. Allerdings droht der MST jetzt mit Revolte und Terror für den Fall dass Dilma per "impeachment" abserviert werden sollte oder Lula vor Gericht gestellt wird. Die Motive und Ziele des MST sind nicht die vorgeblichen. Das ist das Problem.

Weder ich, noch sonst wer im Strang hat sich grundsätzlich gegen Agrarreformen ausgesprochen.

Du phantasierst eine Lösung der Probleme dieser Welt, die Realität aber widerlegt Dich.

Caviteño
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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Es wäre ein Anfang.
Bravo! :klatsch:
Mit dieser Begründung haben die Pleiten der letzten Zeit angefangen:
Euro: Fangen wir mit der Währung an, dann wächst Europa zusammen.
Energiewende: Fangen wir mit Atomausstieg und Umstellung an, dann ziehen andere nach.
Flüchtlingspolitik: Einer muß ja damit anfangen und sein Herz und sein Land öffnen....

Nein, Torsten, bevor man irgendetwas anfängt, sollte man sich schon über die Vor- und Nachteile, die möglichen Auswirkungen usw. Gedanken machen und ggfs. die Erfahrungen anderer Länder studieren. Also genau das, was die Kanzlerin meinte, als sie davon sprach, die Dinge vom Ende her zu denken (und es selbst nicht tut).

Was bringt es einen landwirtschaftlichen Großbetrieb, der bestimmte Produkte in Massen für den inländischen Markt und ggfs. sogar für den Weltmarkt herstellt, auf die hundert+ Landarbeiter zu verteilen, die dann nur Subsistenzwirtschaft betreiben? Wie soll die städtische Bevölkerung dann ernährt werden? Man füllt ein kleines Loch hier und reißt ein großes Loch auf - hat allerdings die Befriedigung, "einen Anfang gemacht" zu haben.....
Torsten hat geschrieben: Was tragen denn die Großgrundbesitzer zur Ernährung der hungernden Teile der Bevölkerung bei? Finanzieren die Bildung, Hilfe zur Selbsthilfe? Tun die überhaupt irgendetwas anderes, als Land und Menschen auszubeuten? Irgendetwas von Verantwortung, "ihrem" Besitz entsprechend?
Dein Bild entspricht dem Lehrbuch des Sozialismus. Vielleicht solltest Du es einmal überprüfen.
Insbesondere die großen "global players" des Nahrungsmittelmarktes führen Schulungen usw. bei den Bauern durch. Warum nehmen sie die Kosten auf sich? Weil sie Produkte höchster Qualität und regelmäßiger Lieferung brauchen und daran interessiert sind, die Bauern an sich zu binden. Hier ein Bericht vom Kakaomarkt und dem größten Kakaoverarbeiter der Welt, Barry Callebaut:
Wichtig ist aber auch der nachhaltige Anbau: Dessen Anteil an der Produktion von Barry Callebaut liegt derzeit bei 13 Prozent. In Zusammenarbeit mit Nicht-Regierungsorganisationen soll er hochgefahren werden, um das Image zu stärken und die Kakaobauern langfristig an sich zu binden. Die Schweizer sind auf die lokalen Farmer angewiesen, denn sie betreiben keine eigenen Plantagen. „Wenn es Land in Asien zum Kaufen gäbe, würden wir diesen Ansatz sicher prüfen. So aber versuchen wir, die Bauern besser auszubilden und ihnen dank dann steigender Produktivität ein höheres Einkommen zu verschaffen“, umschreibt Nicko Debenham den Plan. „Steigende Preise sind der beste Dünger.“
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/u ... ageIndex_2

Auch andere global players engagieren sich in der Schulung von Landwirten usw, entsprechende Berichte kannst Du auf den Seiten von Nestlé, B.A.T. usw. nachlesen.

Für ihre guten Produkte erzielen die Bauern natürlich auch höhere Preise. Die von Dir favorisierte Alternative der Eigenversorgung stößt dagegen innerhalb weniger Jahre aufgrund des Familienwachstums an ihre Grenze.

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Sempre
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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Sempre »

Caviteño hat geschrieben:Die von Dir [Torsten] favorisierte Alternative der Eigenversorgung stößt dagegen innerhalb weniger Jahre aufgrund des Familienwachstums an ihre Grenze.
Dieses Argument verstehe ich nicht. Es sei denn, es gebe kein Familienwachstum, weil die Unternehmer nicht nur die Familien ernähren sondern auch den Nachwuchs derselben erfolgreich verhindern/dezimieren/vernichten. Oder glaubst Du, die Entwicklung der Unternehmen laufe darauf hinaus, dass immer mehr Arbeitnehmer gebraucht werden? Wenn ja, warum?

Caviteño
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Re: Bonzenland in Gottes Hand

Beitrag von Caviteño »

Sempre hat geschrieben:
Caviteño hat geschrieben:Die von Dir [Torsten] favorisierte Alternative der Eigenversorgung stößt dagegen innerhalb weniger Jahre aufgrund des Familienwachstums an ihre Grenze.
Dieses Argument verstehe ich nicht. Es sei denn, es gebe kein Familienwachstum, weil die Unternehmer nicht nur die Familien ernähren sondern auch den Nachwuchs derselben erfolgreich verhindern/dezimieren/vernichten. Oder glaubst Du, die Entwicklung der Unternehmen laufe darauf hinaus, dass immer mehr Arbeitnehmer gebraucht werden? Wenn ja, warum?
Torsten geht davon aus, das es ausreicht, das Land der Großgrundbesitzer auf die landlosen Arbeiter bzw. Tagelöhner zu verteilen, damit diese dann auf den paar ha Land, das ihnen gehört, ihre Versorgung sicherstellen. Ich habe immer darauf hingewiesen, das eine Landreform nicht so einfach ist und in dieser Art der Durchführung scheitern würde.

Wenn der Landarbeiter mit dem auf ihn übereigneten xha Land seine yköpfige Familie mehr schlecht als recht ernähren kann, führt jeder Familienzuwachs zu einer Verringerung der Nahrungsmittelmenge pro Kopf, denn die Fläche des bearbeiteten Landes ändert sich nicht. Verbesserte Anbaumethoden lasse ich hierbei ebenso außer Betracht wie Mißernten.
Nach einigen Jahren bzw. wenigen Jahrzehnten hat sich der "Erfolg" der Landreform (= die bessere bzw. eigene Ernährung der früher landlosen Arbeiter) damit verflüchtigt, weil das Land für die gestiegene Kinderzahl nicht reicht.

Etwas anderes wäre es natürlich, wenn der Neubauer Produkte anbaut, für die er auf dem Markt höhere Preise erzielen kann. Dann arbeitet er aber nicht, wie bisher angenommen, um durch den Anbau von Mais, Bohnen und anderem Gemüse seine Familie direkt zu ernähren. Er arbeitet, um Produkte zu erzeugen, sie anschließend auf dem Markt zu verkaufen und mit dem Erlös die Nahrungsmittel für die Familie einzukaufen.

Es ist mE ein Unterschied, ob man durch eine Landreform das Ziel verfolgt, den bisher Landlosen die Selbsternährung auf eigener Scholle zu ermöglichen (wie es Torsten wohl vorschwebt) oder sie zu neuen Marktteilnehmern machen will (was sinnvoll, aber mit vielen anderen Voraussetzungen verbunden ist).
Im ersten Fall ist eine Landreform ziemlich einfach: Man verteilt das Land, der Anbau der Grundnahrungsmittel ist den Landlosen bekannt - man muß sich nicht mehr groß kümmern und kann die Neubauern ihrem Schicksal überlassen.
Im zweiten Fall wird es komplizierter, denn die bisher Landlosen müssen unternehmerisch tätig werden. Diese Fähigkeit wurde nicht jedem in die Wiege gelegt. Vielleicht müssen ganz neue Produkte angebaut und vermarktet werden. Eine solche Landreform müßte daher mit Schulungen, Hilfen, ggfs. Gründung von Vermarktungsgesellschaften usw. verbunden sein, um überhaupt eine Erfolgschance zu haben.

Eine Landreform ist eben nicht so einfach erfolgreich durchzuführen, wie es in den sozialistischen Lehrbüchern steht. "Wegnehmen und verteilen" macht sich zwar als politisches Programm gut, reicht aber nicht aus.

Was Deine Frage zu den Arbeitsplätzen betrifft:
Ich weiß nicht, wieviel Menschen von der jeweiligen Farm leben können. Eines ist aber wohl sicher: Es hängt davon ab, welchen Erlös die Produkte bringen, die dort angebaut werden. Erstklassige Nahrungsmittel bedeuten auch heute und künftig mehr Handarbeit (und damit mehr Beschäftigung) als - ggfs. mit hohem Mechanisierungsgrad herzustellende - Massenprodukte. Der Anbau für die Selbstversorgung mag zwar arbeitsintensiv sein, bringt aber den geringsten Erlös und ist somit die schlechteste Alternative.

Wir haben das ganze Problem doch schon mal in diesem Strang am Beispiel der indischen Teepflückerinnen diskutiert.

Mauritius
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Re: "Bonzenland in Gottes Hand - Verteilung von Grund und Boden"

Beitrag von Mauritius »

Eine Bodenreform wurde schon in der DDR wieder rückgängig gemacht!

Man ist als Politiker (egal ob Kapitalist oder Sozialist) verantwortlich für eine sichere Versorgung
der Bevölkerung an Grundnahrungsmitteln, wenn viele Kleinbauern mit etlichen Kindern auf winzigen Schollen
herumwurschteln, verhungert im Ernstfall nicht nur die Bevölkerung sondern auch der Kleinbauer
mit seiner Großfamilie.

Deshalb setzen Staaten auf genossenschaftliches Wirtschaften oder Agrargroßbetriebe.
Der Rest ist Liebhaberei, Nischenexistenz oder Subventionspolitik!


Schon der Adel ist mit seinen Rittergütern pleite gegangen, da alles unter hundert Hektar nicht
ökonomisch zu bewirtschaften ist!

Caviteño
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Re: "Bonzenland in Gottes Hand - Verteilung von Grund und Boden"

Beitrag von Caviteño »

Mauritius hat geschrieben: Deshalb setzen Staaten auf genossenschaftliches Wirtschaften oder Agrargroßbetriebe.
Der Rest ist Liebhaberei, Nischenexistenz oder Subventionspolitik!
Eine andere Möglichkeit ist es sich an einen Großabnehmer zu binden.

In Reken ist z.B. das Spinatwerk von iglo. Die führen auch Besichtungen uä durch. Da erfährt dann, daß sie Verträge mit den örtlichen Landwirten haben, in denen sie genau vorschreiben
- welche Spinatart wo anzubauen ist;
- wie und wann gedüngt werden darf;
- wann - stundengenau - geerntet wird;
- wie die Felder einzufassen sind usw..

Inwieweit der Bauer dann noch als selbständiger Unternehmer oder wirtschaftlich betrachtet als Arbeitnehmer von iglo, der seinen Grund und Boden zur Verfügung stellt, anzusehen ist, kann jeder selbst entscheiden. Bei den Landwirten sind die Verträge mit iglo begehrt, weil iglo gut zahlt.

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