Tyrannenmord

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Pelikan
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Tyrannenmord

Beitrag von Pelikan »

Heute sah ich in der Tagesschau, wie Wolfgang Huber von der EKD die Hitler-Attentäter vom 20. Juli ex cathedra würdigte.

Ich frage mich, ob das angemessen ist. Einerseits ist doch die moralische Legitimität des Tyrannenmordes traditionell höchst umstritten. Hat ihn das Konzil von Konstanz in Quilibet Tyrannus nicht eindeutig und definitiv verurteilt? Der heilige Thomas sprach sich ebenfalls recht zurückhaltend aus.

Aber selbst gesetzt den Fall, daß man eine Ausnahmesituation zuließe und die Schuld der Mörder im Einzelfall mild beurteilte; kann es angehen, daß ein christlicher Prediger von der Kanzel einen Mord rechtfertigt und gleichsam als geboten und vorbildlich anmahnt? Das kam mir merkwürdig vor, Hitler hin oder her.

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Clown
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Beitrag von Clown »

Ich finde die Attentäter des 20. Juli in ihrem Heldenmut bewundenswert auch wenn ihre Motivation nicht mit meiner übereinstimmt.
Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht.

Edith
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von Edith »

Pelikan hat geschrieben:Aber selbst gesetzt den Fall, daß man eine Ausnahmesituation zuließe und die Schuld der Mörder im Einzelfall mild beurteilte; kann es angehen, daß ein christlicher Prediger von der Kanzel einen Mord rechtfertigt und gleichsam als geboten und vorbildlich anmahnt?
Ich glaube nicht. Niemand kann sowas "allgemein vermelden" - hat m.W. auch niemand.

Ich glaúbe allerdings tatsächlich... daß man vor seinem eigenen Gewissen für sich zu so einem Ergebnis kommen kann.

Und ich glaube auch, daß sowas nicht zu veralgemeinern ist... auch wenn wir das gerne hätten....

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dazu habe ich mich andernorts mal ausführlicher geäußert.
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anselm
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von anselm »

Edith hat geschrieben:
Pelikan hat geschrieben:Aber selbst gesetzt den Fall, daß man eine Ausnahmesituation zuließe und die Schuld der Mörder im Einzelfall mild beurteilte; kann es angehen, daß ein christlicher Prediger von der Kanzel einen Mord rechtfertigt und gleichsam als geboten und vorbildlich anmahnt?
Ich glaube nicht. Niemand kann sowas "allgemein vermelden" - hat m.W. auch niemand.

Ich glaúbe allerdings tatsächlich... daß man vor seinem eigenen Gewissen für sich zu so einem Ergebnis kommen kann.

Und ich glaube auch, daß sowas nicht zu veralgemeinern ist... auch wenn wir das gerne hätten....
Könnte man Tyrannenmord nicht sogar unter "Notwehr" einordnen? Die eigentliche Frage ist allerdings: was ist ein Tyrann?

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Dazu habe ich mich andernorts mal ausführlicher geäußert.
Ich kann die "eindeutige Heimtücke und Gemeingefährlichkeit" leider nicht sehen - gerade bei der Gemeingefährlichkeit geht es ja wohl um die Einschätzung der Erfolgsaussichten des Attentats und des darauf folgenden Umsturzes. Oder ist für Dich schon alles gemeingefährlich, was Erfolgsaussichten < 100% hat?
Zur Heimtücke gehört neben der Heimlichkeit oder wenn man so will: "Hinterlist" zentral die Bösartigkeit, und die dürfte Stauffenbergs Charakter wie Motivation so fern wie nur was gewesen sein. Man muß nur mal nachlesen, wie lange sein Weg in den Widerstand und dann ins Attentat selbst war.

Eine andere Meinung als Deine gibt es hier: http://www.die-neue-ordnung.de/Nr42002/CB.html

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Gemeingefährlichkeit liegt allein im Werkzeug begründet, hier also der Bombe. (Und wurden nicht auch mehrere Nicht-Ziele getötet, weitere schwer verletzt – „Kollateralopfer“?)

Die Heimtücke liegt in der Art der Durchführung begründet (Sprengsatz im Aktenkoffer unterm Tisch versteckt, unter Ausnutzung der Arglosigkeit der Zielperson).

Diese Tatbestände sind juristisch sehr eindeutig. Ich sehe ja die Nöte der Attentäter und will auch kein Urteil fällen noch meine Achtung versagen, aber ihr Handeln zur christlichen Heldentat und wohl gar sie zu Märtyrern zu stilisieren, das heißt doch, die Dinge auf den Kopf zu stellen.
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Clown
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Beitrag von Clown »

Aber alle im Raum waren doch schuldig zumindest der unterlassenen Hilfeleistung.
Und der Täter hatte keine Möglichkeit außer durch Heimtücke zu töten.
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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Die Zentrumspartei sollte stärker mit ihren verdienten Mitgliedern werben.

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Clown hat geschrieben:Aber alle im Raum waren doch schuldig zumindest der unterlassenen Hilfeleistung.
Und der Täter hatte keine Möglichkeit außer durch Heimtücke zu töten.
Und ob Hitler so arglos war? Hätte ihn Stauffenberg zum Duell fordern oder einen Priester mitbringen sollen?

Daß das Attentat "juristisch sehr eindeutig" war, sagt nichts über seine Moralität und seine Christlichkeit aus. Absolut nichts.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Ich meine mich erinnern zu können, dass damals Krieg war. War Hitler nicht auch Oberbefehlshaber? Hätte also Stauffenberg & Co. einfach nur zu den Amerikanern überlaufen müssen, dann das Attentat begehen und die Sache wäre ohne Heimtücke gewesen? Wie kann man im Krieg arglos sein? - Soldat im Krieg und Arglosigkeit schließen sich doch irgendwie aus.

Wäre der 20. Juli überhaupt ein klassischer Tyrannenmord gewesen?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lancelot hat geschrieben:»Daß das Attentat "juristisch sehr eindeutig" war, sagt nichts über seine Moralität und seine Christlichkeit aus. Absolut nichts.«
Eine doch etwas merkwürdige Aussage, um es vorsichtig zu sagen. Ist das auch begründbar, Lancelot? Und was sonst sagt denn wohl etwas über »Moralität und .. Christlichkeit« des Attentats aus, wenn nicht der Tatbestand?
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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Lancelot hat geschrieben:»Daß das Attentat "juristisch sehr eindeutig" war, sagt nichts über seine Moralität und seine Christlichkeit aus. Absolut nichts.«
Eine doch etwas merkwürdige Aussage, um es vorsichtig zu sagen. Ist das auch begründbar, Lancelot? Und was sonst sagt denn wohl etwas über »Moralität und .. Christlichkeit« des Attentats aus, wenn nicht der Tatbestand?
War das Verstecken von Juden damals:

a. juristisch eindeutig / legal?
b. moralisch erlaubt / geboten?
c. vom Glauben her erlaubt / geboten?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lancelot hat geschrieben:»War das Verstecken von Juden damals:
a. juristisch eindeutig / legal?
b. moralisch erlaubt / geboten?
c. vom Glauben her erlaubt / geboten?«
Ich habe die leise Ahnung, es bestehe ein Unterschied zwischen dem Verstecken Verfolgter zu deren Schutz auf der einen und dem Töten von Menschen auf der andern Seite. (Erst recht, aber nicht erst dann, wenn die Tötungshandlung durch gemeingefährliche Mittel und auf heimliche, die Ahnungslosigkeit des Opfers ausnutzende Weise vollzogen wird.)
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Nun, dann will ich die Fragen nach meinem Gewissen beantworten.

Das Verstecken von Juden war illegal, für Christen sicherlich erlaubt, wohl auch aus dem Glauben heraus eigentlich geboten. Zur Moral äussere ich mich nicht, weil mir Moral nichts sagt (ich bekomme schon beim Lesen des Wortes einen sauren Magen).

Ich möchte aber betonen, dass ich nicht weiss, ob ich damals nach meinem Glauben gehandelt hätte.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bloß geht der Dissens nicht über das Verstecken von Juden.
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anselm
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Beitrag von anselm »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:.....(.... und auf heimliche, die Ahnungslosigkeit des Opfers ausnutzende Weise vollzogen wird.)
Na ja, aber wie hätte er das denn sonst machen sollen? Einer offiziellen Aufforderung zum Duell wäre Hitler bestimmt nicht nachgekommen. :D

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Ich wollte mit meinen Fragen eigentlich nur darauf abheben, daß es zwischen juristischem Tatbestand und Moralität/Christlichkeit einer Handlung grundsätzlich einen leisen Unterschied gibt und habe dafür eine moralisch zwischen uns allen unstrittige Tat als Beispiel gewählt (auch wenn ich ebenfalls nicht weiß, ob ich selbst den Mut aufgebracht hätte).

Vielleicht sollte man auch noch einmal genau hinschauen, ob Begriffe wie Tyrannenmord, Usurpation etc. ausreichen, um die Wirklichkeit des 3. Reiches zu beschreiben. Hier (mindestens hier - lassen wir die Frage nach dem Sowjetkommunismus und anderen modernen Diktaturen mal beiseite) ist eine neue (Un-)Qualität von Tyrannei aufgetreten - in puncto Ausrottung innerer Gegner, Vernichtung Wehrloser, Kriegslust und -treiben, Mißachtung von Menschenrechten, -würde, Mißachtung von Recht und Gerechtigkeit, Bestialität und Volksverführung etc. -, wo die Frage nach der Arglosigkeit des Führers selber eine ziemlich akademische ist.

Peter
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Beitrag von Peter »

anselm hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:.....(.... und auf heimliche, die Ahnungslosigkeit des Opfers ausnutzende Weise vollzogen wird.)
Na ja, aber wie hätte er das denn sonst machen sollen? Einer offiziellen Aufforderung zum Duell wäre Hitler bestimmt nicht nachgekommen. :D

Er wäre sicher auch nicht satisfaktionsfähig gewesen. Kein Mann von Stand, kein Mann von Bildung …

Führer?

Ja, wo kämen wir dahin, wenn man mit allen Lok-, Reise, Beschwerde-, und sonstigen Führern die Klinge kreuzen wollte.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Zurück zum Thema:

Nach meiner Meinung darf von Seiten der Kirche weder zum Tyrannenmord aufgerufen noch darf sie ihn nachträglich rechtfertigen werden oder gar begrüßen.
Dass ein Christ für sich persönlich zu dem Ergebnis kommt, dass aufgrund der Umstände und um noch größeres Leid zu verhindern, ein Diktator getötet werden muss, ist die eine Sache - eine eigene Gewissensentscheidung. Die Kirche als solche darf solche Entscheidungen sich nicht zu eigen machen. Ganz einfach aus dem Grund, weil sie jeden Menschen für gleichwertig lebenswert halten muss und keinem ihre seelsorgerische Hilfe versagen darf.
Somit können die Kirche im ganzen und der einzelne Christ zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Und es kann auch durchaus sein, dass die Kirche um solche Gewissensentscheide weiß und sie duldet. .

Würdigungen seitens der Kirche und etwaige Hurra-Rufe sind unangebracht und geben ein falsches Signal.

Zu würdigen ist die Trauer der Hinterbliebenen...nachzudenken gebietet es sich über die Umstände, die zu dem Attentat geführt haben, aber es muss auch die Überlegung gemacht werden, ob es nicht andere Möglichkeiten gegeben hätte als diese allerletzte Konsequenz. Man kann kirchlicherseits konstatieren, dass es keine andere Möglichkeit gab; aber dies muss mit Bedauern konstatiert werden.

Beifall ist völlig fehl am Platze.

Geronimo

Bruder Donald

Re: Tyrannenmord

Beitrag von Bruder Donald »

Im Visier
Das aktive Widerstandrechts erlaubt als „ultima ratio“ auch die Tötung eines Tyrannen. Das sieht im Ergebnis auch die katholische Kirche nicht anders, wenngleich sie sich diesbezüglich häufig sehr zurückhaltend äußert und diese an zahlreiche Bedingungen knüpft.
[...]
Die „katholische Staatsethik“ erachte, so Höffner weiter, eine solche „gewaltsame Befreiung“ dann für legitim, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: So müsse „feststehen, daß die Regierung tatsächlich verbrecherisch-tyrannisch entartet ist“ und „alle verfassungsgemäßen Möglichkeiten erschöpft“ sind. Ferner müsse Gewissheit darüber herrschen, „daß die Appellation an eine höhere Instanz, z.B. an die Vereinten Nationen, unmöglich oder aussichtlos ist“ sowie „daß die durch den Umsturz erstrebten neuen Verhältnisse dem Gemeinwohl entsprechen“. Auch dürfe im Zuge des aktiven Widerstands „nur soviel Gewalt angewandt werden, als zum Sturz der Tyrannis erforderlich ist“. Des Weiteren müsse „alles getan werden, um die – besonders in der modernen Gesellschaft – sehr komplizierten lebensnotwendigen Einrichtungen zu erhalten“ und die „öffentliche Ordnung und Sicherheit“ zu wahren. Und schließlich müsse „die begründete Wahrscheinlichkeit gegeben sein, daß der Aufstand erfolgreich sein wird“.
Ich dachte eigentlich, die katholische Morallehre verbietet auch Tyrannenmord? :hmm:

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Jorge_
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von Jorge_ »

Nein, es gab doch den Gunpowderplot 1605.
"El humor obscurece la verdad, endurece el corazón, y entorpece el entendimiento."

Bruder Donald

Re: Tyrannenmord

Beitrag von Bruder Donald »

Jorge_ hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 02:46
Nein, es gab doch den Gunpowderplot 1605.
Öhm, und weil es Ehebruch gab und gibt, ist es katholischerseits auch erlaubt? :hmm:

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TeDeum
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von TeDeum »

Es scheint, als sei die "Protestantisierung" unserer Kirche bereits weitgehend abgeschlossen. Erlaubt ist, womit man sich den Mächtigen und Zeitgeist anbiedern kann. Bis hin zu einer "Regenbogen Messe" á la Marx.

Ich bin ernsthaft am überlegen, aus der deutschen Kirche auszutreten. Lieber heimatlos und auf Gottes Gnade hoffend, als jene zu unterstützen, die offensichtlich gegen ihn und seine Gesetze verstossen und andere anstiften.

Wundert mich nicht, dass die Protestanten überall Land gewinnen. Sie sind Härektiker und liegen falsch, aber sie sind konsequent darin.

kukHofnarr
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von kukHofnarr »

Werter TeDeum,

"...‘Die neue Theorie der Biologie‘ lautete der Titel des Aufsatzes, den Mustapha Mond eben zu Ende gelesen hatte. Er saß einige Zeit mit nachdenklich gefurchter Stirn da, dann nahm er seinen Füllfederhalter zur Hand und schrieb quer über die Titelseite: ‚Des Autors mathematische Analyse des Telos-Begriffs ist neuartig und sehr scharfsinnig, allerdings ketzerisch und in Bezug auf die gegenwärtige soziale Ordnung gefährlich und potenziell umstürzlerisch. Veröffentlichung untersagt.' Letzteres unterstrich er. 'Der Autor ist zu observieren. Möglicherweise ist seine Versetzung an die Meeresbiologische Forschungsstation auf St. Helena zu erwägen.‘ Schade, dachte er, als er unterzeichnete. Die Arbeit war meisterlich. Wenn man aber erst Erörterungen von Ziel und Zweck zuließ — nun, dann musste man auf alles gefasst sein. Es war die Art Idee, die leicht zur Dekonditionierung der weniger stabilen Denker der höheren Kasten führen konnte, sie den Glauben ans Glück als höchstes Gut verlieren ließe und stattdessen davon überzeugte, dass das Ziel irgendwo hinter, irgendwo außerhalb der gegenwärtigen menschlichen Reichweite liege, dass der Zweck des Daseins nicht in der Sicherung des Wohlbefindens bestehe, sondern in einer Intensivierung und Verfeinerung des Bewusstseins, einer Erweiterung des Wissens. Was, sinnierte der Controller, womöglich stimmte. Aber unter den gegenwärtigen Umständen nicht zulässig war. Er nahm erneut den Füller zur Hand und zog unter den beiden Wörtern ‚Veröffentlichung untersagt‘ einen zweiten Strich, dicker und schwärzer noch als der erste… ." /1

Dieser Text umkleidet den Kern wie eine Zwiebel. Sicher hast Du schon einmal versucht, auf den Kern einer Zwiebel vorzustossen, so wie ich auch... aber vlt. auch nicht, ...egal: es ist etwa so wie mit der Suche nach dem ultimativen Teilchen mit dem ultimativen Mikroskop,...

...aber da ist nichts, jedenfalls nichts was man dividieren könnte. Es bleibt also als Ziel- bzw. Zweckursache /2 etwas Unteilbares, und ich denke das ist es, wovor die Diamantenhändler und ihre dialektischen Wühlmäuse zurückschrecken: die Wahrheit, welche Heuchelei aufdeckt, indem sie die Schlange bei ihrem Familiennamen anspricht und direkt sagt, wess' Brut sie ist. Jeanne d'Arc war da angesichts ihres Scheiterhaufens etwas höflicher als unser Herr Jesus Christus. Im Gerichtsprotokoll ist für den Rest der Ewigkeit vermerkt, was sie in Ketten der klerikalistischen Schlange ins Gesicht schleuderte: "Ihr seid nicht die Kirche!" Verbrannt wurde sie nicht trotzdem, sondern deswegen. Es dauerte eine Weile, bis jene, die die Kirche sind, Jeanne zur Ehre der Altäre erhoben. Und warum schreibe ich Dir und allen, die so wie Du angefochten sind, diesen Brief? Ich denke, Du weisst...

Mit einem freundlichen Gruß von der Forschungsstation

kukHofnarr

___
/1 Huxley, Aldous, Schöne neue Welt. Ein Roman der Zukunft, Seite 202 ff., Verlag Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main, 2014, (Original englisch 1932).
/2 Der Begriff Ziel- bzw. Zweckursache erläutert in Naturrecht und causa finalis: viewtopic.php?p=925978#p925978
"Wenn die Wolke sich nicht erhob, brachen sie nicht auf bis zum Tage, da sie sich erhob."

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Jorge_
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von Jorge_ »

Bruder Donald hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 11:43
Jorge_ hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 02:46
Nein, es gab doch den Gunpowderplot 1605.
Öhm, und weil es Ehebruch gab und gibt, ist es katholischerseits auch erlaubt? :hmm:
Der Beichtvater der Täter wird als Märtyrer verehrt und war mit Robert Bellarmin befreundet. Das ist doch nicht niemand, und wenn Bellarmin das in Ordnung fand, meinte ich, wäre das Autorität genug.
https://www.newadvent.org/cathen/06386b.htm
"El humor obscurece la verdad, endurece el corazón, y entorpece el entendimiento."

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Marion
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von Marion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Donnerstag 10. März 2022, 22:55
Ich dachte eigentlich, die katholische Morallehre verbietet auch Tyrannenmord? :hmm:
https://www.stjosef.at/morallexikon/widersta.htm
Aus dem aktiven Widerstand muß nicht auf jeden Fall die Tötung des Tyrannen ausgeschlossen sein. Falls keine anderen Mittel zur Rettung des Volkes ausfindig gemacht werden können, läßt die Notwehr auch ein solches Unternehmen zund Allerdings besteht dabei in hohem Maß die Gefahr, daß nicht nüchterne Überlegungen, sondern unbeherrschte Leidenschaften entscheiden.
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Lycobates
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von Lycobates »

Marion hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 17:18
Bruder Donald hat geschrieben:
Donnerstag 10. März 2022, 22:55
Ich dachte eigentlich, die katholische Morallehre verbietet auch Tyrannenmord? :hmm:
https://www.stjosef.at/morallexikon/widersta.htm
Aus dem aktiven Widerstand muß nicht auf jeden Fall die Tötung des Tyrannen ausgeschlossen sein. Falls keine anderen Mittel zur Rettung des Volkes ausfindig gemacht werden können, läßt die Notwehr auch ein solches Unternehmen zund Allerdings besteht dabei in hohem Maß die Gefahr, daß nicht nüchterne Überlegungen, sondern unbeherrschte Leidenschaften entscheiden.
Das ist aber nicht (mehr) die klassische Lehre.
Diese hier: https://www.newadvent.org/cathen/15108a.htm
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
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Robert Ketelhohn
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von Robert Ketelhohn »


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Lycobates
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Re: Tyrannenmord

Beitrag von Lycobates »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Dienstag 15. März 2022, 18:06

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Das "Absegnen" eines heimtückischen Anschlags, bei dem, außer dem beabsichtigten Tyrannentod, der Tod von über zwanzig Menschen einfach in Kauf genommen würde (4 starben, nicht der Diktator), wäre auch eine Ungeheuerlichkeit ohnegleichen.
Was nicht heißt, was hier niemand tut, daß man den Grafen Stauffenberg der Gemeinheit zeihen sollte.
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
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