Europawahl 2014

Aktuelle Themen aus Politik, Gesellschaft, Weltgeschehen.
Didymus
Beiträge: 508
Registriert: Donnerstag 7. März 2013, 09:20

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Didymus »

Hallo Lisieux,

zu deinem Konzept von einem Europa der Regionen hätte ich ein paar Fragen:

Struktur:
Gibt es eine Zwischeninstanz zwischen den Regionen und der "europäischen Zentrale" (ich nenne sie jetzt mal so)? Oder unterstehen alle Regionen direkt der "Zentrale"?

Währung:
Soll es eine gesamteuropäische Währung geben, die in allen Regionen verbindlich gilt?
Oder können einzelne Regionen eine eigene, unabhängige Währung führen?
Ist es möglich, daß sich mehrere Regionen zu einer Währungsunion zusammenschließen? Wären damit auch mehrere Währungen innerhalb des Vereinten Europas möglich?

Entscheidungen auf Europaebene
Welche Instanz trifft die außen- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen und mit welcher Mehrheit?

Konflikte zwischen den Regionen
Wie werden Konflikte / Streitfragen zwischen zwei oder mehreren Regionen gelöst? Kann Region A die Region B verklagen und wenn ja bei wem? Wie und von wem werden eventuelle Sanktionen gegen eine Region exekutiert?

Grenzen der Region
Können Gemeinden / Landkreise auf Wunsch der Mehrheit ihrer Bürger eine Region verlassen und sich einer anderen anschließen?

Austritt
Ist es möglich, daß eine Region auf Wunsch der Mehrheit ihrer Bürger, das Vereinte Europa verlässt?


Wenn du Zeit und Lust hast, wäre es schön, wenn du die Fragen beantwortest.

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Didymus hat geschrieben:Hallo Lisieux,

zu deinem Konzept von einem Europa der Regionen hätte ich ein paar Fragen:

Struktur:
Gibt es eine Zwischeninstanz zwischen den Regionen und der "europäischen Zentrale" (ich nenne sie jetzt mal so)? Oder unterstehen alle Regionen direkt der "Zentrale"?

Währung:
Soll es eine gesamteuropäische Währung geben, die in allen Regionen verbindlich gilt?
Oder können einzelne Regionen eine eigene, unabhängige Währung führen?
Ist es möglich, daß sich mehrere Regionen zu einer Währungsunion zusammenschließen? Wären damit auch mehrere Währungen innerhalb des Vereinten Europas möglich?

Entscheidungen auf Europaebene
Welche Instanz trifft die außen- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen und mit welcher Mehrheit?

Konflikte zwischen den Regionen
Wie werden Konflikte / Streitfragen zwischen zwei oder mehreren Regionen gelöst? Kann Region A die Region B verklagen und wenn ja bei wem? Wie und von wem werden eventuelle Sanktionen gegen eine Region exekutiert?

Grenzen der Region
Können Gemeinden / Landkreise auf Wunsch der Mehrheit ihrer Bürger eine Region verlassen und sich einer anderen anschließen?

Austritt
Ist es möglich, daß eine Region auf Wunsch der Mehrheit ihrer Bürger, das Vereinte Europa verlässt?


Wenn du Zeit und Lust hast, wäre es schön, wenn du die Fragen beantwortest.


Cher Didymus,

zunächst vielen Dank für Deinen Beitrag und die fundierten Fragen. So ein Beitrag gibt Freude am diskutieren und lässt wieder hoffen!

Bevor ich auf Deine Fragen eingehe, betone ich, dass ich, glücklicherweise nicht allein bin, es sicher auch bei den Anhägern eines Europa der Regionen unterschiedliche Konzepte, Ansätze und Meinungen gibt. Wie gesagt, liebäugle ich schon damit seit ich mich als junger Mensch bei der „JEF“ den Jungen Europäischen Föderalisten engagierte.

Vorab 2 links:

http://www.eufis.eu/eu-glossar.html?&ty ... z_pi1_cc=1
Gerade den Eingangssatz „

Das "Europa der Regionen" ist ein Gegenentwurf zum "Brüssler Zentralismus".


kann ich zustimmen.

Ein Kommentar den ich, nicht nur weil er aus der Schweiz ist, sehr interessant und lesenswert finde:

http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/ ... y/29133336

Bei einem Europa der Regionen würden u.U. vielleicht sogar die Schweizer mitziehen! ;D

So nun zu Deinen Fragen, die sehr berechtigt sind, wenn ich mich bei der ein oder anderen Antwort nicht fest lege, drücke ich damit aus, dass ich natürlich auch lernbereit bin und mich gut durchdachten Gegenargumenten als Demokrat sicher nicht verschließe. Nur wenn schon eher den von Olaf Henkel mit seinem Süd- und Nordeuro als den rückwärtsgewandten der AFD.
Nun zu Deinen Fragen:

Struktur

Der Idealfall für mich wäre, dass vom Souverän neben den lokalen Politikern (BM) aus jeder Region 2-3 Abgeordnete) direkt in das EU Parlament gewählt werden. Aus dem Parlament konstituiert sich dann die gemeinsame europäische Regierung, je nach Zusammensetzung der vertretenen Parteien des Parlaments, natürlich auch wenn gegeben durch Koalitionen.
Nicht die Regionen „unterstehen“ dieser Regierung sondern die Regierung muss sich ständig die Akzeptanz ihrer Wähler versichern, da bin ich auch einen Plebiszit gegenüber durchaus offen.
Das größte Problem dürfte hier am krampfhaften Festhalten der Macht nationaler und Landespolitiker und aller derer in den „Zwischenstationen“ Tätiger liegen.

Währung

Ich oute mich hier mal als finanzpolitischer Laie, im Export hatte ich da immer Unterstützung der Finanzabteilungen was Währungsabsicherung etc. anging. Ich schrieb allerdings schon an Caviteño, dass es ja schon Regiowährungen gibt. Nur, wenn wie es mir vorschwebt, die Bürger ¾ oder 2/3 der Steuern an die Region abführen und die Differenz für die Aufgaben Gesamteuropas wie soll das gehen. Durch 250 verschiedene, ständig schwankende Wechselkurse sicher nicht, wäre ja keine verlässliche Grösse beim europäischen Steueraufkommen. Ausserdem schlecht bei Reisen, die ja gerade zwecks Ausstausch zwischen den Regionen stattfinden sollten. Da braucht es den Rat von Experten, vlt. Kann Caviteño hier beitragen.

Welche Instanz trifft die außen- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen und mit welcher Mehrheit?

Du hast zumindest Verteidigung vergessen. Auch überregionale Belange bei Umwelt, Justiz, Soziales, Familien, Verkehr. Die Entscheidungen werden von den aus den Regionen gewählten Abgeordneten die wieder eine(n) Präsidenten wählen. Inwieweit diese(r) dann seine Fachminister aus den Abgeordneten in Abstimmung mit den Gewählten aus seiner Partei auswählt (oder fachliche Kompetente von außerhalb auswählt) würde von der gemeinsamen Verfassung bestimmt. Jedenfalls sollte m.M. nach, im Gegensatz zur heute gebräuchlichen Praxis, jeder Fachminister von einer Mehrheit der Abgeordneten einzeln bestätigt werden.
Wiederhole gerne nochmals meine Vorstellungen, dass alle regional möglichen Entscheidungen auch regional getroffen werden sollten. Aber gerade in der bilateralen Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik Europas Interessen gemeinsam vertreten werden müssen. Ebenso bei der militärischen Verteidigung die hoffentlich nie nötig wird, wenn auf den vorgenannten 2 Gebieten weltweit positiv kooperiert wird.

Grenzen der Regionen

Diese können initiativ nur von den jetzigen nationalen und europäischen Institutionen den Bürgern zur Abstimmung vorgeschlagen werden, wobei die durchaus heute geltende nationale Grenzen übertreten können (siehe die im Artikel angesprochene Bodensee Region). Versucht werden sollte dabei, dass jede Region wirtschaftlich gleich stark zum Wohl Gesamteuropas beiträgt. Da im einzelnen Möglichkeiten zu finden bedarf noch unzähliger Details und innovativer Wege. Diskutier auch das gerne bzw. zitier die Gedanken die ich mir dazu gemacht habe aus meinem Manuskript.
Genau wie heut die D oder jeden demokratischen Staat kann jeder Bürger auch jede Region verlassen und sein Glück und sein Glück woanders versuchen. Ist ja auch heute schon so, auch aus beruflichen Gründen, Beispiel der mit der Hoftradition des Hochschwarzwalds brechende Schiffsbauingenieur.
Wenn sich die Mehrheit einer Region zum Austritt aus der EU ausspricht würde man die ziehen lassen, als Enklave gibt es heute ja das Beispiel Schweiz. Nur sehe ich nicht den Vorteil, wenn sich die Mehrheit von 2-3 Millionen Einwohnern einer Region ausschließt. Was kaum jemand möchte, ist das mehrere Regionen sich separieren und es wieder zu einem Fleckenteppich kommt, dann schon lieber in der Verfassung die Möglichkeit zur Rückkehr der Nationalstaaten falls das Moder Europa der Regionen scheitern sollte, offen lassen. Versuch mal über deinen pessimistischen Schatten zu springen, zumal das Modell Europa der Regionen ja nicht von oben sondern durch freie Wahl seiner Bürger entstehen sollte.

Hab mal die letzten 3 Punkte zusammen gefasst. Bitte ich bin nur ein einfacher pensionierter Kaufmann der eine friedliche Zukunft für unsere Kinder, unseren liebenswerten Kontinent und unsere Mutter Erde visionär skizziert. Wissenschaftler, Experten, Wirtschaftswaise würden diese sicher in der Luft zerreißen, dass ich es als Praktiker überhaupt wage ihre Thesen in Frage zu stellen.
Nur beraten die ja wohl auch die Bundesregierung und andere Regierungen. Kann es ärger noch kommen??
Anderen Visionen, praktischen Vorschlägen, Modellen, Konzepten oder Ansätzen die Hoffnung für die Zukunft geben stehe ich sicher aufgeschlossen gegenüber.

In diesem Sinne nochmals allen ein gesegnetes, gesundes und friedliches Neus Jahr.

Lisieux

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Lisieux hat geschrieben: Eins was wir heute schon tun können ist eben im Mai zur Europawahl gehen und über die jeweiligen Abgeordneten eurer Region Einfluss zu nehmen, das EU Parlament, auf Kosten des Einflusses der Bürokraten der Kommission, zu stärken. Nur die gewählten EU Parlamentarier kann man auch wieder abwählen, die durch Mauscheleien auf ihren Sitz gehievten Kommissionäre eben nicht.

Lisieux
Hier unterscheiden wir uns wahrscheinlich fundamental:

Ich glaube kaum, daß irgendein Abgeordneter der Systemparteien am gegenwärtigen System etwas ändern will und es auch nicht kann. Entschieden wird in den Parteizentralen und die sind "europäisch", sehen die Zukunft in einem immer enger zusammenwachsenden Europa, in dem die Unterschiede in allen Bereichen ganz verschwinden. Das Ziel dort ist weder ein Europa der Nationalstaaten oder Regionen, sondern die Vereinigten Staaten von Europa - als "global player". Mir hat allerdings noch niemand schlüssig zu erklären vermocht, warum das künftig notwendig sein soll. Andere erfolgreiche Staaten wie die Schweiz, Norwegen, Singapur, Südkorea, Australien oder Neuseeland kommen auch gut ohne Teilnahme an den G8-Gipfeln zurecht.

Änderungen wurden in der Bundesrepublik von den Systemparteien immer nur dann aufgenommen und umgesetzt, wenn die Gefahr bestand, daß Themen, die der Bevölkerung auf den "Nägeln brannten", von neuen/extremen Parteien besetzt wurden. Beispiele hierfür sind
die Umwelt und die Grünen in den 8'igern
der Asylkompromiß und die Republikaner in den 9'igern
das Zurückrudern bei der Internetkontrolle (Zensurusla) nach der letzte Wahl und die Piraten.

Inwieweit das relativ starke Abschneiden der AfD bei der letzten Wahl zu einem härteren Auftritt der Bundesregierung in Brüssel führt, muß man abwarten.

Will man also die Macht in Brüssel beschränken und eine Zurückverlagerung der Zuständigkeiten in den nationalen Bereich fördern, darf man auf keinen Fall die europ. Systemparteien wählen. Diese gehen nur auf ihrem Weg in einen europ. Zentralstaat weiter, denn schließlich wurde ihnen dafür auch vom "Wähler das Vertrauen ausgesprochen". Was in ihren Wahlprogrammen steht interessiert sie sowieso nicht - wie geschlossene Verträge, die ohne Bedenken gebrochen werden, wenn es denn Europa vermeintlich dient.... :kotz:

Europa ist zu unterschiedlich, es kann nicht "zusammenwachsen", wie es sich die Systemparteien vorstellen. Die Unterschiede werden hier gut zusammengefaßt:
Wir Deutsche sehen Reformbedarf, und dann gehen wir hin und setzen die Reformen um, und glauben, die Anderen würden das genauso machen. Nun führt uns der Euro aber täglich vor, wie unterschiedlich wir Deutschen, Franzosen und Italiener wirtschaftspolitisch ticken. Und es gibt keinen Ausweg, wir sind in der Logik der gemeinsamen Währung gefangen. Gefährdet der Euro den Frieden?

Die Tragik ist, dass der Euro, der als großes Friedensprojekt geplant war, zu einer größeren Spaltung Europas führt. Das große Missverständnis bei der Einführung des Euro von deutscher Seite war, zu meinen, dass man ein Regelsystem aufsetzt, das dann funktionieren würde. Gleichzeitig hat man die tiefen politisch-kulturellen Differenzen in Europa missachtet.

Was für die Deutschen der Vertrag und die Regel ist, das ist für die Franzosen die Politik. Was im Deutschen Korruption heißt, das heißt im Französischen „corriger la fortune", also dem Glück nachzuhelfen. Was für die Deutschen die Stabilität ist, ist für die Franzosen die Sozialpolitik. Und während für die Deutschen das Trauma die Inflation ist, sind das Trauma der Franzosen die Deutschen.

In Italien gibt es die Kultur des Solidarismo, des Mitleids mit dem armen Teufel, dessen Leid irgendwie vergemeinschaftet wird. Man nimmt aber auch den Erfolgreichen nicht so ganz ernst. Das ist etwas ganz anderes als die angelsächsische Kultur, in der jeder seines Glückes Schmied ist.

Die Probleme dieser tiefen politisch-kulturellen Differenzen in Europa, die ja auch die Vielfalt Europas ausmachen, hat man bei der Gestaltung der Währungsunion schlicht und einfach ignoriert. Ab einem bestimmten Punkt hat die europäische, zumal die deutsche Integrationspolitik ideologische Züge angenommen: es kann nicht sein, was nicht sein darf.
http://www.wsj.de/article/SB1142452 ... eutschland

Der gegenwärtige Brüsseler Zentralismus fördert nicht die Unterschiede, sondern die Gleichmacherei - eine Tendenz in zentralistischen Staaten. Wenn man aber Brüssel schwächen will, darf man nicht Parteien wählen, die "Europa" auf ihren Fahnen haben.

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Ein Blick nach Frankreich:

http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 36536.html

@Lisieux
Schau Dir mal die Leserkommentare an, z.B. diesen:
Vor dem Euro fanden wir Asterix und Obelix sehr sympathisch und haben die ständigen Protesten der Bauern und Gewerkschaften amüsiert zur Kenntniss genommen. Seitdem wir in die Zwangsheirat einer totkranken Einheitswährung gezwungen wurden, ist die renitente Grundhaltung der Franzosen auch unser Problem. Sie wählen einen unfähigen Sozialisten zum Präsidenten und weigern sich, ihre maroden Strukturen zu reformieren. Wir werden dafür mit zur Kasse gebeten, dank des Euros.
Da kannst Du doch nicht glauben, daß der Euro dem Zusammenwachsen in Europa dienlich ist.

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Caviteño hat geschrieben:Da kannst Du doch nicht glauben, daß der Euro dem Zusammenwachsen in Europa dienlich ist.
Ich warte eigentlich noch auf Dydimus, möchte Dir vorab dennoch antworten. Langsam habe ich den Eindruck, dass Du nicht nur gegen den Euro bist, sondern gegen ein vereintes Europa generell. Wenn dem so ist, dann unterscheiden wir uns wirklich funfamental.
Ich schrieb ja schon, dass ich durchaus bereit bin über einen zweigeteilten Euro à la Henkel zu diskutieren, ja selbst auch über Regiowährungen, nur einen Zefall, sprich Rückfall zu chauvinistischen Nationalstaaten sähe ich mit viel Sorge.
100 Jahre nach Ausbruch des I.WK hätte ich nie gedacht, dass ich diese Sorge wieder haben könnte! Seit den mutigen Anfängen Adenauers und deGaulle (die beide diesen, sowie den II. WK erlebten) war Europa schon 3 Schritte weiter, jetzt geht man mindesten einen, wenn nicht gar zwei zurück.
Gerade jetzt wäre es angebracht visionär und solidarisch voran zu gehen, Europas Wirtschaft wieder auf gesunde, den Bürgern zu Gute kommende, Beine zu stellen und sich vom angelsächsischen Finanzkapitalismus zu lösen.
Wenn Du aber doch eine, wie auch immer gestaltete gemeinsame europäische Union möchstest dann warte ich immer noch auf Deine Antwort, Dein Modell wie Du die Aufgaben einer gemeinsamen Regierung/Verwaltung und Institutionen finanzieren willst. Sollen die Bürger mit nationalen Währungen jedes Jahr unterschiedliche Steuern/Abgaben nach Europa abführen. Und wären dann nicht gerade die Bürger mit starker Währung benachteiligt?
Lisieux

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7125
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Protasius »

Welche Aufgaben blieben denn noch übrig, für die ein vereintes Europa sinnvoll ist?

Die Wirtschafts- und Finanzpolitik haben wir ja in unserem Modell schon auf regionale Verantwortung verschoben.

Die Außenpolitik zu vergemeinschaften hatten wir als utopisch abgetan.

Die Innenpolitik: europaweit geltenede Regeln für Polizeieinsätze sind vllt. in Grundsätzen sinnvoll, aber bei Dingen wie der unterschiedlichen Ausstattung mit Überwachungskameras (vgl. uns mal mit Großbritannien) hört die Vergleichbarkeit schon auf.

Energiepolitik ist bei so heterogenen Dingen wie den quasi ausschließlich über Wasserkraft laufenden Skandinaviern, den Franzosen mit der strahlenden Zukunft und unserem Erneuerbare-Energien-Wahn auch nur in Grundzügen vereinbar.

Bildung: Wollen wir wirklich, daß die Leute, die uns den Bologna-Prozeß eingebrockt haben, noch mehr Macht bekommen? Der hat kaum eines der gesteckten Ziele erreicht (die Studenten machen heute seltener Auslandssemester als zu Diplom- und Magisterzeiten), dafür aber einen Wasserkopf an Akkreditierungskram geschaffen.

Gesundheits- und Sozialpolitik: Bislang sind die Systeme da meiner bescheidenen Meinung nach zu heterogen, als daß sie zentral steuerbar wären.

Und damit haben wir kaum Aufgaben bzw. noch ein großes Stück Arbeit, bevor Aufgaben übernommen werden könnten, obwohl es jetzt auch funktioniert.

Als einziger triftiger Grund bleibt dann das Verhindern eines innereuropäischen Krieges, wie wir ihn am Anfang der beiden Weltkriege beobachtet haben. Wenn wir uns Jugoslawien ansehen, hat das aber auch nur mäßig gut funktioniert.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Protasius hat geschrieben:Welche Aufgaben blieben denn noch übrig, für die ein vereintes Europa sinnvoll ist?
Das Sinnvolle (z.B. Binnenmarkt, Schengen) ist ja in vielen Fällen bereits erreicht und damit könnte man sich zufrieden geben. Allerdings gibt es für die hard-core Europäer noch sehr viel zu "vergemeinschaften" und sie meinen sogar, es sogar auch "begründen" zu können:

1. gemeinsames Strafrecht
Es bestehen in einigen Ländern Straftatbestände, die in anderen Ländern straffrei sind. Der Unionsbürger muß davor geschützt werden ggfs. unbeabsichtigt im Ausland eine Straftat zu begehen - ich erinnere an die "Zungenkußproblematik", die anläßlich der Verhandlung über den europ. Haftbefehl beim BVerfG erörtert wurde....

2. gemeinsames Zivilrecht
Kaufverträge, Ehescheidungen usw. sollten europaweit einheitlich geregelt sein

3. gemeinsame Sozialversicherung
Die Schaffung einer einheitl. Arbeitslosenversicherung wurde bereits gefordert. Begründung ist der europ. Arbeitsmarkt, der natürlich nur bei einer gemeinsamen (und einheitlichen) Arbeitslosenunterstützung funktionieren kann....
Auf die Schwierigkeiten der Rentenbeantragung in anderen Ländern wurde hier auch bereits hingewiesen, D. macht hier eine Ausnahme, wie ich oben dargelegt habe.
Kann es denn sein, daß die med. Versorgung in D. besser ist als z.B. in GR, die Bewohner GR also benachteiligt werden, weil sie keinen Zugriff auf modernste Untersuchungsmethoden haben und/oder ggfs. höhere Zuzahlungen für die gleichen Medikamente leisten müssen?
Also vergemeinschaften!

4. gemeinsames Steuerrecht
Um Steuerflucht zu verhindern sind einheitliche, für alle EU-Länder gleiche Vorschriften zu Gewinnermittlung und zu den Steuersätzen bei Einkommen- und z.B. Erbschaftsteuer notwendig - damit man z.B. nicht noch kurz vor dem Ableben seinen Wohnsitz in ein günstigeres EU-Land verlegen kann und den bisherigen Wohnsitzstaat um seine Erträge aus der Erbschaftsteuer bringt.....

An diesen Beispielen werden auch die Schwierigkeiten von Lisieux's "Europa der Regionen" deutlich. Sollen diese Dinge durch die (hundert, zweihundert??) europäischen Regionen geregelt werden, würden sich die Vorschriften vervielfachen. Die Regionen hätten die Gesetzgebungshoheit (z.B. beim Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht oder im allgemeinen Recht) und würden diese natürlich auch ausfüllen. Selbst wenn die "alten" Vorschriften (BGB, StGB, EStG) z.B. in den deutschen Regionen übernommen würden, könnte man diese nach einigen Jahren nicht mehr wiedererkennen, weil jede Abgeordnetenkammer durch Ergänzungen, Streichungen usw. ihre Existenzberechtigung nachweisen will. Das Gleiche gilt natürlich auch für Frankreich oder Spanien. Zwischen den Regionen (z.B. Andalusien und dem Elsaß) wären Doppelbesteuerungs- und Sozialabkommen notwendig - eine beängstigende Vorstellung.
Es würde alles viel, viel komplizierter, die Verwaltungen würden aufgebläht - ohne wesentlichen Gewinn für den Bürger.

Werden die obigen Punkte einheitlich durch die EU geregelt, stoßen sie auf den Widerstand der Bevölkerung. Strafrecht, Zivilrecht oder auch die Sozialversicherung (und ihre Finanzierung) - um einige Beispiele zu nennen - sind historisch in den EU-Staaten gewachsen, die Völker haben sich an ihr Modell gewöhnt und sperren sich natürlich gegen eine "Vergemeinschaftung" oder "Vereinheitlichung". Es gibt Rechtskonstrukte, die nur in bestimmten EU-Ländern bestehen. Sollen sie jetzt europaweit eingeführt werden?
Welche Vorteile sollte eine EU-einheitliche Regelung in vielen Fällen auch haben, wenn die Fragen durch zweiseitige Verträge geregelt werden können?

Die Frage ist doch, was man unter einem "vereinten" Europa versteht. Fast jeder will keine "Vereinigten Staaten von Europa", aber wo liegen die Grenzen? Das Zauberwort "Subsidiarität" hilft hier nicht weiter, sonst würden für den Binnenmarkt weder Glühlampen noch Olivenkännchen einheitlich geregelt werden müssen.
Wahrscheinlich kann man sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß es auch zum Rückbau einiger EU-Zuständigkeiten kommen muß, wenn man die gegenwärtige Europamüdigkeit (um es positiv auszudrücken) beenden will. LePen hat es ähnlich formuliert wie Cameron:
„Man kann sich vorstellen, dass ganze Gebiete der nationalen Souveränität wiederhergestellt werden", sagt Le Pen. „Was in eine Richtung geht, geht auch in die andere."
http://www.wsj.de/article/SB1142452 ... ernational

:klatsch: :klatsch: :daumen-rauf: :daumen-rauf:

Wer allerdings die Fehlerbehebung (z.B. eine Rückabwicklung des Euros, Eingrenzung des Sozialhilfebezugs für Immigranten, um aktuelle Ereignisse aufzugreifen) als Gefahr künftiger Kriege (vergleichbar WK I und II) in Europa hochpusht, sollte zumindest berücksichtigen, daß allein durch die beiden Atommächte GB und F die "Kriegsgefahr" zwischen europ. Ländern deutlich vermindert wurde. Ein Atomkrieg in Europa ist nicht vorstellbar.

Durch eine engere "Zusammenarbeit", "Vergemeinschaftung" oder "Vereinheitlichung" in Europa wächst aber die Aversion der Völker gegeneinander. Das wird spätestens seit der "Euro-Rettung" deutlich.
Lisieux hat geschrieben: Wenn Du aber doch eine, wie auch immer gestaltete gemeinsame europäische Union möchstest dann warte ich immer noch auf Deine Antwort, Dein Modell wie Du die Aufgaben einer gemeinsamen Regierung/Verwaltung und Institutionen finanzieren willst. Sollen die Bürger mit nationalen Währungen jedes Jahr unterschiedliche Steuern/Abgaben nach Europa abführen. Und wären dann nicht gerade die Bürger mit starker Währung benachteiligt?
Die Frage ist ganz einfach zu beantworten:
Da ich kein engeres Europa wünsche, reicht die gegenwärtige Form der Finanzierung aus. Die EU hat einen Haushalt, der von den Mitgliedsstaaten genehmigt wird und erhält von diesen die entsprechenden Beträge überwiesen. Warum sollte daran etwas geändert werden?
Eine eigene Steuerhoheit der EU lehne ich definitiv ab. Es würde nur zu weiteren Steuererhöhungen kommen (oder glaubst Du, daß die Nationalstaaten ihre Steuern im Ausmaß der dann eingesparten EU-Zahlungen senken würden :D ) - ganz davon abgesehen, daß sich dann auch folgende Fragen stellen:
a) um welche Steuern (Gewinn-, Verkehrs- oder Verbrauchssteuern) soll es sich handeln?
b) wer soll diese Steuern erheben?

Man muß nicht immer etwas Neues machen, um als sich guter "Europäer" zu zeigen. Häufig geht der Schuß nach hinten los - siehe Euro und eine eigene Steuerhoheit der EU hätte das Potential, das Entfremden der europ. Völker noch zu verstärken. Die Gelder würden - überwiegend - im Norden kassiert und - überwiegend - im Süden verausgabt. Glaubst Du, daß die "Solidarität" der europ. Völker soweit reicht? :nein:

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Caviteño hat geschrieben: http://www.wsj.de/article/SB1142452 ... ernational

:klatsch: :klatsch: :daumen-rauf: :daumen-rauf:

Wer allerdings die Fehlerbehebung (z.B. eine Rückabwicklung des Euros, Eingrenzung des Sozialhilfebezugs für Immigranten, um aktuelle Ereignisse aufzugreifen) als Gefahr künftiger Kriege (vergleichbar WK I und II) in Europa hochpusht, sollte zumindest berücksichtigen, daß allein durch die beiden Atommächte GB und F die "Kriegsgefahr" zwischen europ. Ländern deutlich vermindert wurde. Ein Atomkrieg in Europa ist nicht vorstellbar. :
Wer sich allerdings an LePen, der FN und anderen Rechtspopulisten orentiert... .. mit Beifall und thumb-up smileys :boese: Ich hoffe, zum Wohl unserer Kinder, dass sie, nicht wie ihre Grosseltern und Urgrosseltern in einem völkischen Europa leben müssen mit allen Konsequenzen. Ich bin ja nicht der Einzige der warnt, aus dem o.g. Artikel:
"Das Verhalten einiger rechtspolitischer Mitglieder des Europaparlaments zeigt, dass sie nicht für die Demokratie dort sind", sagt Edward McMillan-Scott, ein britischer Parlamentsabgeordneter der Allianz aus Liberalen und Demokraten. „Ihr Ziel ist die Volksverführung, und sie nutzen das Parlament als Plattform."
Protasius hat geschrieben:Welche Aufgaben blieben denn noch übrig, für die ein vereintes Europa sinnvoll ist?

Die Wirtschafts- und Finanzpolitik haben wir ja in unserem Modell schon auf regionale Verantwortung verschoben..
Wer ist denn wir??? In welchem Modell? Meins sieht gerade konträr aus, wie oben beschrieben: Alle regional relevanten Entscheidungen weitest gehend den Regionen überlassen, aber gerade im europäischen Gesamtinteresse eine gemeinsame Verteidigungs-Aussen-Aussenwirtschaftspolitik!
Finanz-Recths-Verkehrspolitik etc. je nach Relevanz gesplittet.
Lisieux

Didymus
Beiträge: 508
Registriert: Donnerstag 7. März 2013, 09:20

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Didymus »

Hallo Lisieux,
danke für die ausführliche Antwort. Ich bin noch nicht dazu gekommen, meinerseits darauf zu antworten, werde es aber in Kürze tun.

Benutzeravatar
overkott
Beiträge: 19634
Registriert: Donnerstag 8. Juni 2006, 11:25

Re: Europawahl 2014

Beitrag von overkott »

Die CSU betreibt mit ihrer Wer-betrügt-der-fliegt-Kampagne mehr als Europawahlkampf. Es geht gegen Missbrauch. Aber es geht eben auch um Bayern einig Wählerland. Denn sollte Altpromi Olaf Henkel nächsten Dienstag seinen AfD-Beitritt bekannt geben, würde dies der CSU den Europawahlkampf nicht erleichtern. Die meisten Bayern lässt die Europawahl kalt. Die Beteiligung an der Europawahl war vor fünf Jahren umgekehrt zur Landtagswahl. Allerdings schnitt die CSU im Ergebnis bei der Europawahl deutlich besser ab und schöpfte ihr gegenwärtiges Potential aus. Wer zur Wahl ging, kreuzte bei den Schwarzen. Erfolgreich entzündeten die Christsozialen vor der aktuellen Landtagswahl mit dem Mautthema einen Streit auf Impfschutzniveau. Diesen Kurs steuern sie offenbar auch mit dem Bestandsschutz in der sozialen Grundsicherung.

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Der CSU dürfte es bereits seit längerem bekannt sein:
Gegen Gebühr bürgert Rumänien massenhaft Bewohner seiner Nachbarrepublik Moldau ein. Deutsche Innenminister sind alarmiert: Sie befürchten mehr Armutszuwanderung und Missbrauch durch Kriminelle.
Es ist leicht, ein exklusiver EU-Bürger zu werden. Die rumänischen Behörden bürgern gegen eine Gebühr massenhaft Bewohner der Nachbarrepublik Moldau ein. Sie erhalten einen Freifahrschein für die EU mit sämtlichen Vorteilen, der Arbeitserlaubnis und Reisefreizügigkeit.
Den Pass gibt es aber auch schneller: In Chișinău, der Hauptstadt Moldaus, besorgen Händler die nötigen Unterlagen und Siegel. Für ihre guten Kontakte zu rumänischen Beamten muss man allerdings das Portemonnaie öffnen.
Führende deutsche Unionspolitiker kritisieren nun Rumänien. Sie fordern die Regierung in Bukarest zu einem Kurswechsel auf. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der "Welt": "Rumänien darf durch zu großzügige Einbürgerungen von Staatsangehörigen aus Moldawien nicht zum Eintrittstor in die EU werden. Die betreffenden Moldawier erhalten dadurch die Rechtsstellung freizügigkeitsberechtigter EU-Bürger mit allen Konsequenzen, wie wir sie derzeit im Zusammenhang mit der Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien erleben."
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... ie-EU.html

Gutes Timing sieht eigentlich anders aus.....

und noch ein interessanter Blick aus der Schweiz von Roger Köppel zum Ausbruch des WW I und der EU:
Die EU sägt ­inzwischen gewählte nationale Regierungen ab (Berlusconi in Italien) und verschiebt Milliarden an Steuergeldern und Garantien aus dem Norden Richtung Süden. Vor allem aber dient die EU den Politikern ihrer Mitgliedsländer als willkommene Nebelbank oder Dunkelkammer, um Massnahmen herbeizuschlawinern, die sie in einem ordentlichen demokratischen Prozess nie durchgebracht hätten. Natürlich stehen wir nicht unmittelbar davor, dass die Europäische Union China den Krieg erklärt, aber wenn wir uns aus­malen, welche gewaltigen sozialen Konflikte aus der undemokratisch erzwungenen Fehlkonstruktion des Euro herauswachsen können, wird eine Ahnung der Gefahren fühlbar, die heute durch unkontrollierte politische Entscheidungen heraufbeschworen werden.
(...)
Bedrohlich klingt vor diesem Hintergrund die immer häufiger zu hörende neue Selbst­definition der EU nicht mehr als blosses, nach innen gerichtetes «Friedensprojekt», sondern als sich muskulös nach aussen plusterndes «Bollwerk» gegen die «Blöcke» «Asien» und «USA». Schon früher tarnten Europas Eroberer ihre raumgreifenden Fantasien ins Vokabular der präventiven Notwehr. Wir können froh sein, dass sich die Ambition heute erst im Stadium der Rhetorik befindet. Die Sehnsucht, politische Grossmacht zu spielen, ist in Europa bald hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg wieder erschreckend salonfähig.
http://www.weltwoche.ch/ausgaben/214- ... 2214.html

Wie ich schon oben schrieb: Mir hat bisher noch niemand klargemacht, warum nur ein "vereintes Europa" der Zukunft gewachsen ist - vor allem, wenn man andere, von mir erwähnte Länder, als Vergleich heranzieht.

Benedikt

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Benedikt »

Da Rumänien weite Teile Moldawiens inklusive seiner Bewohner für sich beansprucht, ist das doch nur folgerichtig. Auch in Deutschland werden nach wie vor "Volksdeutsche" mit einer Staatsbürgerschaft ausgestattet.

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Benedikt hat geschrieben:Da Rumänien weite Teile Moldawiens inklusive seiner Bewohner für sich beansprucht, ist das doch nur folgerichtig. Auch in Deutschland werden nach wie vor "Volksdeutsche" mit einer Staatsbürgerschaft ausgestattet.
Das mag ja sein, allerdings wird - wie auch im Fall Zypern und enteignete Russen - deutlich, welche Auswirkungen der freie Personenverkehr in der EU hat. Wenn z.B. Malta sich entschließt, seine Staatsbürgerschaft gegen einen Betrag von über einer halben Million Euro zu verkaufen betrifft das eben nicht nur Malta, sondern die gesamte EU. Ebenso wie die gesamte EU betroffen war, als Spanien 700.000 "sin papeles" legalisierte, denn auch die Aufenthaltsgenehmigung in Spanien führt irgendwann zur EU-Aufenthaltsgenehmigung.
Stell Dir einfach einmal vor, ein EU-Land würde seine Rohöl-Rechnungen nicht mehr bezahlen können und böte Nigeria an, xxx.xxx Nigerianern seine Staatsbürgerschaft zu verleihen. Nicht möglich oder an den Haaren herbeigezogen? :neinfreu: Natürlich wird das Rohöl bezahlt, der Betrag fließt dann wieder zurück - Goldman-Sachs kann das schon regeln.....
Selbst wenn man sich trotzdem ein solches Szenario nicht vorstellen kann/will, das mit einem möglichen massenhaften Verkauf der Staatsbürgerschaft verbundene Erpressungspotential ist beachtlich.

Es ist doch widersinnig, wenn z.B. Malta, Rumänien, Zypern oder von mir aus auch D., nationalstaatlich über den Erwerb ihrer Staatsbürgerschaft entscheiden können, diese Entscheidung aber Auswirkungen auf die gesamte EU hat. Die EU hat zwar bzgl. der Duschköpfe in den Haushalten und den Olivenkännchen auf den Restauranttischen das letzte Wort hat, darf aber hier nicht mitreden. :vogel:

Gibt es eigentlich noch deutlichere Beispiele, wie blödsinning die Zuständigkeit in der EU geregelt sind? :hmm:
Und unter dieser Voraussetzung sollen Staaten zusammenwachsen, die vorn und hinten nicht zueinanderpassen und ganz unterschiedliche Entwicklungen durchlaufen haben, die sie prägten. :patsch:

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Caviteño hat geschrieben:
und noch ein interessanter Blick aus der Schweiz von Roger Köppel zum Ausbruch des WW I und der EU:
Die EU sägt ­inzwischen gewählte nationale Regierungen ab (Berlusconi in Italien) und verschiebt Milliarden an Steuergeldern und Garantien aus dem Norden Richtung Süden. Vor allem aber dient die EU den Politikern ihrer Mitgliedsländer als willkommene Nebelbank oder Dunkelkammer, um Massnahmen herbeizuschlawinern, die sie in einem ordentlichen demokratischen Prozess nie durchgebracht hätten. Natürlich stehen wir nicht unmittelbar davor, dass die Europäische Union China den Krieg erklärt, aber wenn wir uns aus­malen, welche gewaltigen sozialen Konflikte aus der undemokratisch erzwungenen Fehlkonstruktion des Euro herauswachsen können, wird eine Ahnung der Gefahren fühlbar, die heute durch unkontrollierte politische Entscheidungen heraufbeschworen werden.
(...)
Bedrohlich klingt vor diesem Hintergrund die immer häufiger zu hörende neue Selbst­definition der EU nicht mehr als blosses, nach innen gerichtetes «Friedensprojekt», sondern als sich muskulös nach aussen plusterndes «Bollwerk» gegen die «Blöcke» «Asien» und «USA». Schon früher tarnten Europas Eroberer ihre raumgreifenden Fantasien ins Vokabular der präventiven Notwehr. Wir können froh sein, dass sich die Ambition heute erst im Stadium der Rhetorik befindet. Die Sehnsucht, politische Grossmacht zu spielen, ist in Europa bald hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg wieder erschreckend salonfähig.
http://www.weltwoche.ch/ausgaben/214- ... 2214.html

Wie ich schon oben schrieb: Mir hat bisher noch niemand klargemacht, warum nur ein "vereintes Europa" der Zukunft gewachsen ist - vor allem, wenn man andere, von mir erwähnte Länder, als Vergleich heranzieht.
Warum sollte ein gemeinsames Europa auf Konfrontationskurs gegenüber anderen Regionen, Kontinenten oder Wirtschaftsmächten gehen? Gerade ein Europa von unten, ein Europa der Bürger (der Regionen oder anderer urdemokratischer Modelle) wäre sicher eines dass Frieden mit und in der Welt anstrebt. Mir schwebt eine win win win... Vereinbarung vor, in der man nach ausreichendem Wohlstand in den eigenen Gebieten sich zusammen kooperativ für ärmere, wirtschaftlich schlechter gestellte (z.B. Afrika) Weltregionen einsetzt.
Das würde langfristig auch die Armutswanderungen stoppen.

Lisieux

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Lisieux hat geschrieben: Warum sollte ein gemeinsames Europa auf Konfrontationskurs gegenüber anderen Regionen, Kontinenten oder Wirtschaftsmächten gehen?
Ganz einfach: Um seine Interessen besser durchsetzen zu können. Ziel sind dabei nicht vorrangig die großen Blöcke oder Länder, sondern zunächst die Nachbarn, insbesondere solche, die sich den Vorstellungen der EU widersetzen. Wie schreibt Klöppel in seinem oben verlinkten Kommentar:
Doch lassen wir uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass grossräumig angehäufte politische Macht, wie sie heute die EU durchaus darstellt, zu jeder Zeit das Problem ihrer Anwendung und Kontrolle aufwirft. Die Schweiz hat bereits zu spüren bekommen, wie sich in der EU die Anmassung ausbreitet, sich über einen unabhängigen Kleinstaat hinwegzusetzen, ihm Regeln aufzuzwingen, die nur dem Grossen Vorteile verschaffen. Neuerdings soll die Schweiz genötigt werden, mit der EU Verträge abzuschliessen, die der EU exklusiv das Recht einräumen, die Verträge einseitig zu ändern, wobei der Schweiz Sanktionen drohen, sollte sie sich Brüssels Verfügungen widersetzen. Der Grosse würgt den Kleinen.
Gerade die "Kleinen" in der Nähe eines "Großen" merken besonders schnell, wie dieser sie behandelt und ziehen daraus ihre Schlüsse. Bundeskanzler Kohl war da noch viel feinfühliger. Nach seinem traditionellen Antrittsbesuch in Paris reiste er nach ---- Luxemburg!

Andere Beispiele, wie die "Kleinen" von der EU in den letzten Jahren unter Druck gesetzt wurden, ist der Kampf gegen die sog. "Steuerflucht". Inzwischen ist es der EU gelungen, mit fast allen in Europa liegenden "Steuerparadiesen" (dazu gehört nicht nur die Schweiz, sondern auch die Kanalinseln, Andorra, Monaco, sowie außerhalb Europas die Antillen oder die Jungferninseln) einen Informationsaustausch zu vereinbaren und die sog. EU-Zinsrichtlinie durchzusetzen. Weitere Vereinbarungen über einen automatischen Informationsaustausch sind vorgesehen. Natürlich war/ist das nur mit gewaltigen Druck der EU möglich, die Nationalstaaten hätten z.B. bei der Schweiz auf Granit gebissen, obwohl sie die Kavallerie aussenden wollten....
Man kann zwar, in diesem speziellen Fall, von einem berechtigtem Anliegen der EU-Staaten - angesichts ihrer leeren Kassen - ausgehen, gleichwohl bleibt beim Umgang des Großen mit den Kleinen ein sehr schaler Beigeschmack. Ist das die Politik des Friedens, der Freundschaft und Zusammenarbeit, die die EU immer propagiert? :/

Erschwerend kommt mE hinzu, daß die EU beim Druck nur selektiv vorgeht. Er wird nur im engeren Umfeld der EU ausgeübt. Singapur hat das Ansinnen, eine ähnliche Vereinbarung mit der EU zu treffen, asiatisch-höflich abgewiesen und verhandelt allenfalls über eine Ergänzung der nationalen Abkommen.

Lisieux hat geschrieben: Mir schwebt eine win win win... Vereinbarung vor, in der man nach ausreichendem Wohlstand in den eigenen Gebieten sich zusammen kooperativ für ärmere, wirtschaftlich schlechter gestellte (z.B. Afrika) Weltregionen einsetzt.
Das würde langfristig auch die Armutswanderungen stoppen.
Lisieux
Sorry Lisieux, aber das sind unrealistische Träumereien.
Ich erinnere an die Geschichte des Euros. Er wurde auch von den "Europäern" als Möglichkeit gesehen, das Zusammenwachsen und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Völker Europas zu steigern; er sollte die politische Union erzwingen.
Das genaue Gegenteil ist eingetreten. Ein früher kaum erwähnter Besuch des deutschen Außenministers in GR bringt es in 214 zur Schlagzeile; die Kanzlerin muß bei ihrem Besuch in Athen von xxxx Polizisten geschützt werden. Das Mißtrauen zwischen den Völkern und die gegenseitigen Vorwürfe ware noch nie so stark wie im Augenblick. In vielen Ländern Europas wachsen die Europa-kritische Parteien:
Der Blick auf die politische Landkarte zeigt, dass Euroskepsis vor allem ein nordeuropäisches Phänomen ist. Die größte Tradition hat dieses Denken in Großbritannien und skandinavischen Ländern, die allesamt spät der EU beitraten und nicht jeden Integrationsschritt mitgemacht haben. Hinzu kommen Gründungsmitglieder wie die Niederlande oder Belgien und seit der Gründung der AfD auch Deutschland. In Süd- und Osteuropa spielt parteipolitisch organisierte Euroskepsis, von einigen Ausnahmen wie Italien abgesehen, dagegen eine wesentlich geringere Rolle. Im Süden mag das daran liegen, dass die EU sehr lange als Quelle großzügiger Subventionen galt, während im Osten die EU-Mitgliedschaft bis heute als Abkehr von der kommunistischen Vergangenheit populär ist.
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 4321.html
(Ein sehr guter Artikel, der auch auf die Situation in einzelnen Ländern verlinkt.)

Glaubst Du ernsthaft, ein "Augen zu und durch" oder ein "Weitermachen, wie bisher" hilft weiter, wenn bei einem nicht geringen Teil der europ. Bevölkerung ein Umdenken i.S. "EU" eingesetzt hat.... :/

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Wenn ich "unrealistisch träume" bin ich da hoffentlich auch nicht alleine. Auch wenn ich das Fehlverhalten der EU den Menschen Europa besser zu erklären, ich selbst wie je geschrieben für ein demokratischeres Europa - mehr Mitbeteiligung der Bürger eintrete, ist nicht alles verwerflich was aus Brüssel kommt. Jeder europäische Bürger hat durchaus Rechte und Mitbeteiligungsmöglichkeiten, dazu müsste man sich selbst aber mal schlau machen und die EU besuchen. Das geht virtuell, durch den Bezug von Publikationen oder auch der Verfolgung von Europa Magazinen im FS. Ausserdem hat die EU in vielen grossen Städten (ich weiss es von Marseille) ein Vertretung mit Bürgersprechstunden.
Verlinke mal ein Dokument dessen Lektüre des Ganzen ich sehr empfehle:
http://europa.eu/newsroom/highlights/eu ... df/9de.pdf
Absatz 5 beschreibt die Verpflichtung zum weltweiten Frieden in Europa, Absatz 7 das friedliche Verhältnis zu den Nachbarn (Mittelmeeranrainer, ehemaligen UdSSr Staaten).
Ich denke, wenn es eine Rückbesinnung zu den gemeinsamen Werten in Europa gibt, Europa seinen Friedenswillen in der Verfassung manifestiert und beispielgehend Vertrauen in der Welt gewinnt bin ich optimistisch dass sich, im Interesse aller, konstruktive bilaterale Gespräche und Verträge entwickeln können.
Lisieux

Stelle als Nachtrag einen Brief ein dem ich im Januar 2007! an Manuel Barroso schrieb:

Re. : open letter from an concerned and engaged European

Sehr geehrter Herr Präsident Barroso, liebe europäische Mitbürger,

als einfacher Bürger Europas, dem unser gemeinsamer Kontinent sehr am Herzen liegt, sorge ich mich doch um dessen Zukunft. Obwohl 3-sprachig, kann ich mich doch immer noch am besten in meiner Muttersprache artikulieren und bitte daher um Verständnis, dass ich diesen Brief auf Deutsch schreibe.

Zunächst richte ich an Sie, sehr verehrter Herr Präsident Barroso, stellvertretend für alle die sich seit der Ära De Gaulles und Adenauers für das Zusammenwachsens Europas eingesetzt haben meinen aufrichtigen und tief verbundenen Dank. Wir alle profitierten von einer über 60-jährigen vorwiegend friedlicher Phase innerhalb der EU Grenzen. Mir geht es vor allem darum, im Interesse unserer Kinder, dies aufrecht zu erhalten.

Seit einigen Jahren betrachte ich jedoch verschiedene Anzeichen für die Zukunft der Welt und Europas mit einigen Sorgen. Parallelen zu geschichtlichen Entwicklungen, beispielsweise zu den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, die zu oft das Ende friedlicher Zeiten eingeläutet haben, sind nicht nur für mich erkennbar. Ich wurde dabei durch von mir unter den Pseudonym „Fabian“ in verschiedenen politischen Foren (unter anderem dem Forum der ARD) geführten Diskussionen und Austausch mit anderen Teilnehmern bestätigt und möchte hier nur ein paar Punkte ansprechen, die u.a. mir zu diesen Sorgen Anlass gibt.

In ganz Europa erweitert sich die Schere zwischen arm und reich. Wie noch in der wirtschaftlichen Aufbauphase über Jahrzehnte gegeben, profitieren seit einigen Jahren immer weniger Menschen die nicht aus wohlhabenden Familien stammen, vom Aufschwung während bei wenigen sich der Reichtum immens vermehrt. Gerade auch bei meinen Gesprächen mit einfachen aber aufrichtigen Mitmenschen z.B. auch in Bars und Kneipen spüre ich eine steigende Wut. Es kann doch auch nicht im Interesse der wirtschaftlichen und politischen Führung sein, dass diese sich eines Tages entlädt. Dabei wird mit Erlaub, meiner Ansicht noch zuviel auf traditionelle Lösungen, um z.B. dem Problem steigender Arbeitslosigkeit, die vorwiegend durch Automatisierung und globaler Flexibilität seitens der Wirtschaft ausgelöst wurde und wird, gesetzt, anstatt intelligente und moderne Ansätzen und Ideen (nur ein Beispiel: Bürgergeld von Götz Werner) in den Parlamenten zumindest zu diskutieren.

Eine weitere meiner großen Sorgen gilt der zunehmenden Verschlechterung unserer Umwelt. Das ich damit nicht alleine stehe, beweist eine kürzlich vom ZDF erhobene Umfrage, in der mehr als 75% der an der TED Umfrage teilnehmenden deutschen Bevölkerung in dem letzte Woche weite Teile Europas überziehenden Orkantiefs Kyrill„ Vorboten der Klima Katastrophe erkennen.

Ich könnte noch einige weitere Punkte, beispielsweise die teilweise unnötig gewordenen Verteidigungsausgaben der einzelnen Nationalstaaten etc. ansprechen, weiß aber nicht inwieweit die geäußerten Gedanken eines Einzelnen zu unserem
liebenswerten Kontinent und Sorgen um dessen Zukunft Gehör finden. Viele meiner Diskussionsbeiträge in den Foren habe ich abgespeichert und stelle eine Auswahl bei Interesse gerne zur Verfügung.

Da ich diesen Brief mit einem persönlichen Appell beende, weitere, wenn möglich verstärkte Anstrengungen im europäischen Einigungsprozess, vor allem auf den Gebieten Außen- Verteidigungs- Umwelt-Wirtschaft- und Sozialpolitik voranzutreiben, erlaube ich mir, diesen Brief offen zu gestalten und Kopie an ausgesuchte Redaktionen europäischer Presseorgane zu schicken. Ich danke Ihnen und allen für Europa engagierten Politikern und Menschen in allen Mitgliedsstaaten der EU und schließe für ihre Aufmerksamkeit und eine eventuelle Antwort mit:

Vielen Dank, Merci beaucoup, thank you very much, molto grazie, muchas gracias, muito obrigado

Benutzeravatar
Protasius
Moderator
Beiträge: 7125
Registriert: Samstag 19. Juni 2010, 19:13

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Protasius »

Was haltet ihr von der Christlichen Mitte? Vieles klingt gut, aber einiges kommt mir sehr spanisch vor, wie z.B. die Forderung nach Ausweisung krimineller Muslime -- wieso nur die, und was ist mit den Muslimen, die deutsche Staatsbürger sind? Und einen Punkt verstehe ich nicht: was könnte in der Jugendpolitik mit "Strafrechtsschutz vor der Homosexualität" gemeint sein?

Hintergrund ist, daß ich von einer Bekannten wegen einer Unterstützungsunterschrift angefragt worden bin, damit die Partei zur Europawahl zugelassen werden kann.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Tritonus
Beiträge: 1451
Registriert: Samstag 25. Juni 2011, 03:03

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Tritonus »

Protasius hat geschrieben:Was haltet ihr von der Christlichen Mitte? Vieles klingt gut, aber einiges kommt mir sehr spanisch vor, wie z.B. die Forderung nach Ausweisung krimineller Muslime -- wieso nur die, und was ist mit den Muslimen, die deutsche Staatsbürger sind? Und einen Punkt verstehe ich nicht: was könnte in der Jugendpolitik mit "Strafrechtsschutz vor der Homosexualität" gemeint sein?

Hintergrund ist, daß ich von einer Bekannten wegen einer Unterstützungsunterschrift angefragt worden bin, damit die Partei zur Europawahl zugelassen werden kann.
Schon das Grundsatzprogramm scheint mir extrem unausgegoren zu sein. Um nur mal ein Beispiel zu nennen:
1. Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben MIR haben. Die CHRISTLICHE MITTE sagt NEIN zur Islamisierung Deutschlands und JA zu einem christlichen Deutschland.
Es scheint es sich doch eher um eine Anti-Moslem-Partei zu handeln als um eine christliche Partei. Ihre Scheuklappen bei der Interpretation des ersten Gebots finde ich geradezu skurril.

Auch wenn mir als Christ der Islam fern liegt, so liegt er mir immer noch wesentlich näher als einige der heute gängigen und mindestens ebenso intoleranten "säkularen Religionen" meiner Mitmenschen, angefangen bei denen, die den Mammon anbeten. Insofern scheint mir die Christliche Mitte mehr als der parlamentarische Arm einer Debilenplattform wie pi-news ("Proamerikanisch · Proisraelisch · Gegen die Islamisierung Europas") zu fungieren als als Partei mit christlicher Grundlage.

Und im Rest des Grundsatzprogramms geht es genauso weiter: Da "muss eine islamistische Terrordrohung mit allen Mitteln bekämpft werden" und "kriminelle Muslime ausgewiesen werden" usw. Also was mich betrifft, gibt es massenhaft Dinge, vor denen ich mich wesentlich mehr fürchte als vor "islamistischen Terrordrohungen". (Um "islamistischem Terror" zu entgehen, hilft es ja vielleicht als erste Maßnahme schon etwas weiter, erstmal unsere nutzlosen Besatzungstruppen aus Afghanistan zurückzuziehen.) Und warum sind es nur "kriminelle Muslime", die ausgewiesen werden sollen? Was ist mit kriminellen Christen, Juden, Agnostikern, Atheisten, Mammonsanbetern und Goldfetischisten?

Wahrscheinlich war irgendwann das Bier alle, sodass sie erstmal nicht weiterdenken und weiter an ihrem Programm feilen konnten.

Benutzeravatar
martin v. tours
Beiträge: 3479
Registriert: Sonntag 2. November 2008, 21:30

Re: Europawahl 2014

Beitrag von martin v. tours »

Habe ich gerade gefunden:
http://www.youtube.com/watch?v=l_s6OebE78

Besser als ab Minute 2.4 hat mir noch niemand unsere Demokratie und die Einflussmöglichkeiten des Wählers, erklärt .
;)
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

martin v. tours hat geschrieben:Habe ich gerade gefunden:
http://www.youtube.com/watch?v=l_s6OebE78

Besser als ab Minute 2.4 hat mir noch niemand unsere Demokratie und die Einflussmöglichkeiten des Wählers, erklärt .
;)
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wenn man das Publikum als Idioten darstellt und dieses dann auch noch dazu Beifall spendet.....

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Das Thema wird auch die Europawahl 214 bestimmen: die Ausweitung der Sozialhilfe für andere "Unionsbürger".

Dazu weist die FAZ heute auf eine interessante Entwicklungen hin:
Die aktuelle Diskussion dreht sich derzeit fast ausschließlich um HartzIV in Deutschland, dabei geht es um wesentlich mehr. Eine Ausweitung von Sozialleistungen würde auch alle anderen EU-Staaten treffen. Für Diskussionsstoff sorgte das Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 19.September 213, in dem ausgerechnet ein deutscher Rentner in Österreich den Stein für die mögliche Ausweitung von Sozialleistungen ins Rollen brachte (Az.: C-14/12). Er hatte dagegen geklagt, dass er anders als österreichische Pensionäre keinen Anspruch auf eine Solidarrente hat, mit der dort kümmerliche Altersbezüge aufgestockt werden. In diesem Fall sah der EuGH ein Problem darin, dass diese Sozialleistung automatisch für alle „wirtschaftlich nicht aktiven“ Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist. Für mittellose Rentner könnte die Alpenrepublik also durchaus ein interessantes Auswanderungsland werden. Umgekehrt könnte allerdings auch die von der großen Koalition geplante „Lebensleistungsrente“ eine völlig neue Dimension bekommen, wie der Europarechtler Daniel Thym von der Universität Konstanz betont. Nach dem derzeitigen Stand soll sie 85Euro im Monat betragen – und setzt damit durchaus Anreize.
Wahrscheinlich wird man, wenn man einmal genau alle Gesetze durchprüfen würde, zu dem Ergebnis kommen, daß vieles nicht europarechtskonform ist. Angeblich war das wohl auch niemals beabsichtigt:
Der Vorsitzende der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, hat die Stellungnahme der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) scharf kritisiert, die einen leichteren Zugang für Zuwanderer zu deutschen Sozialleistungen fordert.
"Ich halte diese Stellungnahme für brandgefährlich", sagte Ferber der "Welt". Damit werde die "Solidarität der Mitgliedstaaten untereinander so überdehnt, dass am Ende das europäische Einigungswerk gefährdet werden kann."
Mit ihrer "rein formaljuristischen Einschätzung" leiste die Kommission der europäischen Idee einen Bärendienst, sagte Ferber weiter. "Kompletter Zugang in die Sozialsysteme war nie der Wille des europäischen Gesetzgebers. Die Kommission hat nie ein Ideal zu vertreten, sondern den Willen des Gesetzgebers. Und sie muss Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten berücksichtigen." All das aber habe die Kommission ausgeblendet.
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... ienst.html

Schon merkwürdig, daß die europ. "Elite", der es sonst niemals zu schnell und zu weit mit dem europäischen Einigungsprojekt gehen kann, zurückschreckt, wenn die negativen Auswirkungen ihres "fruchtbaren" Wirkens sichtbar werden. Dabei ist es doch eigentlich klar: Wenn man keine rechtlichen Unterschiede zwischen den eigenen Staatsangehörigen/der Wohnbevölkerung und den Unionsbürgern machen darf (s. aktuelle Mautdiskussion), habe dies auch Anspruch auf alle sozialen Leistungen, die den eigenen Staatsangehörigen/der Wohnbevölkerung zustehen. Das sollten auch die Europa-Abgeordneten wissen!

Also entweder man schafft die Leistungen auch für die eigene Bevölkerung ab oder zahlt sie an alle, die (will)kommen (sind). Die dritte Möglichkeit, die Leistungen europarechtskonform auszugestalten, ist schwierig, wie man auch an der Mautkommission sehen kann.
Gut ist allerdings, daß die Diskussion so kurz vor der Europawahl aufkommt. Nicht nur in Berlin, auch in London, Paris und anderen nordeurop. Hauptstädten ist man nicht glücklich, daß jetzt auch die Sozialleistungen unterschiedslos an jeden gezahlt werden sollen/müssen, der sich im Land befindet - egal ob er bei seiner Suche nach Beschäftigung überhaupt eine Chance hat oder nur der Armut seiner Heimat entfliehen will. Bleibt nur zu hoffen, daß das Thema auch bei vielen Menschen ankommt und zu entsprechenden Wahlergebnissen führt.

Mit welchen Tricks gearbeitet wird, um demokratische Abstimmungen über Europa zu verhindern, kann man z. Zt. in England sehen. Dort versuchen europafreundliche Lords des Oberhauses die Abstimmung über das geplante Gesetz zum Europa-Referendum zu verhindern:
Gefahr droht dem umstrittenen Gesetz, das ein „in-out-Referendum“ bis Ende 217 festschreibt, nicht so sehr durch eine Abstimmungsniederlage, sondern durch Verschleppung. Lords der Labour Party, der Liberaldemokraten und sogar einige Europafreunde der Tories haben durchblicken lassen, dass sie den Beratungsprozess so in die Länge ziehen wollen, dass das Gesetz nicht mehr rechtzeitig vor den Wahlen im Mai 215 in Kraft treten kann.
Seit Premierminister David Cameron vor einem Jahr ankündigte, die Briten über ihre EU-Mitgliedschaft abstimmen zu lassen, ist er bemüht, sein Versprechen unumkehrbar zu machen. Er weiß, wie tief das Misstrauen bei den Briten sitzt, sie könnten ein weiteres mal um ihre Mitsprache betrogen werden. Weil Camerons liberaldemokratischer Koalitionspartner gegen ein Referendumsgesetz ist, wählte er einen parlamentarischen Sonderweg. Nicht die Koalitionsregierung brachte den Antrag ein, sondern der Tory-Abgeordnete James Wharton.
Im Unterhaus wurde der Entwurf gebilligt, weil sich Liberaldemokraten und Labour Party bei der Abstimmung enthielten. Dies wirft ein Licht auf deren ambivalente Haltung. Beide Parteien sind mehrheitlich gegen ein Referendum, fürchten sich aber davor, von den Konservativen als Gegner der Demokratie vorgeführt zu werden. Von dieser Spannung war auch die Zweite Lesung im Oberhaus geprägt.
http://www.faz.net/aktuell/politik/euro ... 46559.html

Wenigstens hat sich Westminster noch ein Restgefühl für "Demokratie" bewahrt. Wenn ich an das geplante Referendum in GR erinnere, das von Merkel und Sarkozy verhindert wurde, kann man fast zu dem Ergebnis kommen: Gefängnis EU - rein kann man, raus nur theoretisch.....

Raphael

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Raphael »

Caviteño hat geschrieben:Wenigstens hat sich Westminster noch ein Restgefühl für "Demokratie" bewahrt.
Diesen Punkt in Deinen ansonsten vorzüglichen Ausführungen sehe ich allerdings etwas skeptischer:
Die von Westminster erwünschte Eigenständigkeit hat seine Ursache nicht ín einem etwaigen Respekt vor demokratischen Entscheidungsprozessen, sondern ist vielmehr ein Kniefall vor den Interessen des Londoner Finanzviertels. Wenn ein sozialistisch geprägtes Europa aufgrund wachsender europäischer Integration noch mehr verbindliche Regeln für alle Mitgliedsstaaten festlegen kann, muß die Finanzoligarchie "bluten"; ein Umstand, den diese Herrschaften unter allen Umständen vermeiden möchten. :roll:

Der Königsweg ist also die Vermeidung von Kommunismus in sozialistischem Gewande und die Vermeidung einer verstärkten europäischen Integration.

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Raphael hat geschrieben: Die von Westminster erwünschte Eigenständigkeit hat seine Ursache nicht ín einem etwaigen Respekt vor demokratischen Entscheidungsprozessen, sondern ist vielmehr ein Kniefall vor den Interessen des Londoner Finanzviertels. Wenn ein sozialistisch geprägtes Europa aufgrund wachsender europäischer Integration noch mehr verbindliche Regeln für alle Mitgliedsstaaten festlegen kann, muß die Finanzoligarchie "bluten"; ein Umstand, den diese Herrschaften unter allen Umständen vermeiden möchten. :roll:

Der Königsweg ist also die Vermeidung von Kommunismus in sozialistischem Gewande und die Vermeidung einer verstärkten europäischen Integration.
In Westminster, also dem Parlament, scheinen wohl doch die Europa-Befürworter zu überwiegen, denn aus dem Artikel geht hervor, daß Liberaldemokraten und Labor sich in der Abstimmung über ein Referendum der Stimme enthalten haben - sie wollen kein Referendum (klar, beschränkt die Macht des Parlaments), haben aber andererseits Angst, als Gegner der Demokratie dargestellt zu werden. Dies meinte ich auch mit "Restgefühl für Demokratie". In D. wäre ein solcher Vorwurf unvorstellbar, obwohl das Grundgesetz natürlich auch Abstimmungen vorsieht.

Die Beweggründe von Cameron dürften wohl auch mehr der Angst entspringen, einen - großen(?) - Teil seiner Wähler an die UKIP mit ihrem Vorsitzenden Nigel Farage zu verlieren. Wer diesen rhetorisch brillianten Politiker einmal im Europ. Parlament gesehen hat ( z.B. hier ), kann dies durchaus nachvollziehen. Cameron selbst versucht ja noch verzweifelt, einen Teil der Souveränität von Brüssel zurückzuerhalten - obwohl London bei wichtigen (und noch mehr bei vielen unwichtigen) Vorhaben der EU nicht beteiligt ist (Euro, Schengen oder z.B. die Charta der Grundrechte der Europ. Union oder der Richtlinie zur Familienzusammenführung). Er will dann damit für einen Verbleib in der EU werben. Interessant könnte es werden, wenn seine EU-Kollegen ihm die kalte Schulter zeigen und Cameron kurz vor dem Referendum mit leeren Händen vor sein Volk tritt. Wird er dann für einen Austritt plädieren?

Ich bin mir nicht sicher, ob die geplante Bankenunion überhaupt für GB gilt. Am einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism" oder kurz SSM) nehmen verpflichtend nur die Euro-Länder teil, für die übrigen EU-Staaten besteht eine Beitritts- und Austritts([Punkt])möglichkeit.

http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/F ... 18#15218

Angesichts der in 215 anstehenden Wahlen in GB darf wohl kaum damit gerechnet werden, daß das Parlament die City unter eine einheitliche EU-Aufsicht stellen wird. Es handelt sich beim SSM doch wieder um einen typischen EU-Kompromiß, weder Fisch noch Fleisch und mit vielen Interpretationsmöglichkeiten, deren Existenz wir erst erfahren, wenn "die Hütte brennt" (vgl. bail-out-Verbot, Staatsfinanzierung durch die EZB, um nur einige zu nennen).

Im übrigen kann ich die britischen Befürchtungen vor einem immer mehr sozialistischem Europa und einer immer enger werdenden Zusammenarbeit durchaus nachvollziehen und teilen.

Caviteño
Beiträge: 12707
Registriert: Sonntag 14. März 2010, 02:31
Wohnort: Diözesen Imus und Essen

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Caviteño »

Jetzt wissen wir es endlich:
A campaign for the European Union to become a "United States of Europe" will be the "best weapon against the Eurosceptics", one of Brussels' most senior officials has said.
Viviane Reding, vice president of the European Commission and the longest serving Brussels commissioner, has called for "a true political union" to be put on the agenda for EU elections this spring.
"We need to build a United States of Europe with the Commission as government and two chambers – the European Parliament and a "Senate" of Member States," she said.
Mrs Reding's vision, which is shared by many in the European institutions, would transform the EU into superstate relegating national governments and parliaments to a minor political role equivalent to that played by local councils in Britain.
Under her plan, the commission would have supremacy over governments and MEPs in the European Parliament would supersede the sovereignty of MPs in the House of Commons.
National leaders, meeting as the European Council, would be reduced to consultative, second chamber role similar to the House of Lords.
(...)
Senior EU figures, such as Mrs Reding, want the European elections in May to move beyond debates over eurozone austerity by embracing a grand vision of Europe.
"This debate is moving into the decisive phase now. In a little more than four months' time, citizens across Europe will be able to choose the Europe they want to live in," she said.
http://www.telegraph.co.uk/news/worldne ... icial.html

Ob da bei Frau Reding nicht der Wunschtraum der Vater ihrer Gedanken ist. Nicht alle Bürger wollen ein "vereintes" Europa, in dem die eigene Regierung nur noch über Straßenumbennungen und örtliche Geschwindigkeitsregeln entscheiden kann/darf.

Es wäre schön, wenn der Wahlkampf genau um die von Frau Reding vorgetragene Alternative ginge - aber leider wird den "Europäern" wieder nichts anderes einfallen, als ihre Existenzberechtigung mit der Vergangenheit "zu beweisen":
"It is especially important to recall this as we will commemorate this year the start of the First World War. We must never take peace, democracy or freedom for granted. It is also especially important to remind this as in May the peoples of Europe will be called to participate in European elections."
meint Herr Barroso und scheint nicht zu sehen oder sehen zu wollen, wie weit sich in seiner Präsidentschaft die Völker wieder voneinander entfernt haben.

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Hoffentlich gehört dieser SPON Leser nicht wieder zu einer Minderheit in D, hier im Forum habe ich den Eindruck gehörte er schon:
Nachdem ich im Anschluss an die Ereignisse in Hellersdorf, Greiz und Schneeberg doch nun wirklich dachte, eine Gesellschaft (ja auch die deutsche) könne wohlmöglich doch lernen, muss ich nun erschrocken feststellen, dass dem wohl nicht so ist.

Ging das letzte mit der ermutigenden Einsicht zu ende, dass sich auch in Ostdeutschland nun eine Zivilgesellschaft hat etablieren können, die sich gegen allzu offenen Rassismus zur Wehr setzt, dass eine Presse existiert, die sich endlich traut, Rassismus auch aus der "Mitte der Gesellschaft" als solchen zu benennen, dass sich Ausländer im Sinne von "Das Boot ist voll" auch von der Union nicht zum Wahlkamofthema gemacht wurde...

Und nun doch alles wieder beim Alten: Wir Deutsche gegen alle die bösen uns überfremden wollenden EU und Weltinstitutionen... Ich könnte kotzen!

Die Frage ist dann doch nur: Bis zur welchen Eskalationsstufe wollen es Seehofer und Co diesesmal kommen lassen?
Quelle:http://forum.spiegel.de/f22/hartz-iv-fu ... 10456.html Beitrag 5

Kann dem kaum noch etwas hinzufügen, ausser, dass der ein oder andere hier mal wieder im NT das Leben unseres Erlösers Jesus den Parolen der das christlich soziale in ihrem Namen weiss-blauen patriotischen Partei gegenüber stellen sollten.

Lisieux

Tritonus
Beiträge: 1451
Registriert: Samstag 25. Juni 2011, 03:03

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Tritonus »

Lisieux hat geschrieben:...
... Die Frage ist dann doch nur: Bis zur welchen Eskalationsstufe wollen es Seehofer und Co diesesmal kommen lassen?
...
So einfach wie in dem zitierten Satz ist es leider nicht. Erstens geht die Eskalation nicht allein von Seehofer und Co aus, denn die greifen auch nur die bereits vorhandenen Stimmungen und Ängste im Volk auf, um sie jetzt als Politiker wahlkampfmäßig auszuschlachten. Zweitens sind diese Stimmungen und Ängste ja nicht völlig grundlos, sondern es gibt Sachverhalte (Überforderung der Kommunen ...), die Anlass zur Besorgnis geben.

Vor einer zunehmenden Eskalation habe ich tatsächlich Angst. Nicht so sehr wegen der Ausländer oder vor den Ausländern -- ich wohne in einem großen Mehrfamilienhaus, das mehrheitlich von Ausländern verschiedener Herkunft bewohnt ist (alle berufstätig übrigens), und meine Frau ist ebenfalls Ausländerin. Nein, ich habe zunehmend Angst, dass es hier in Deutschland mal gewaltig knallt, und zwar nicht deshalb, weil Deutsche ein besonders rabiates und intolerantes Volk wären, sondern einfach deshalb, weil hier schon zu lange mit Gewalt von oben der Deckel draufgehalten wurde und es unter Umständen schon als rechtsextrem galt/gilt, falls jemand mal etwas Besorgnis äußert. Solange sich an dieser Diskussionskultur des Verschweigens und Leugnens von Problemen nichts wesentlich ändert, werde ich hier mit meiner Frau mehr oder weniger auf gepackten Koffern sitzen, um zur Not schnell in ihr Heimatland abzuziehen, wenn es hier schließlich rummst, weil den Leuten schließlich der Kragen platzt und keine Unterschiede mehr gemacht werden.

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Alleine die Vokabeln "Ausländer" "foreigner" "étranger" sind Unworte. Warum sollte ein Mensch der durch GOTTES Fügung woanders, als in einem, anderem als den eigenen, künstlich entstandenden oder geschaffenen Nationalstaats, geboren wurde, ausgegrenzt werden?

Lisieux

Benutzeravatar
Sarandanon
Beiträge: 1590
Registriert: Mittwoch 20. Februar 2013, 19:59
Wohnort: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Sarandanon »

Lisieux hat geschrieben:Kann dem kaum noch etwas hinzufügen, ausser, dass der ein oder andere hier mal wieder im NT das Leben unseres Erlösers Jesus den Parolen der das christlich soziale in ihrem Namen weiss-blauen patriotischen Partei gegenüber stellen sollten.

Lisieux
Mein lieber Lisieux,
Dein geschriebenes Wort kann ich nur unterstützen. Das kommt bei vielen sich selbst so bezeichnenden "Christen" in diesem Lande leider viel zu kurz. Die nicht Gläubigen können und wollen leider mit SEINEN Worten und Taten sowieso nichts anfangen.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

Raphael

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Raphael »

Lisieux hat geschrieben:Kann dem kaum noch etwas hinzufügen, ausser, dass der ein oder andere hier mal wieder im NT das Leben unseres Erlösers Jesus den Parolen der das christlich soziale in ihrem Namen weiss-blauen patriotischen Partei gegenüber stellen sollten.

Lisieux
Die Wolkenkuckucksheime der 68-er-Generation mit dem Namen des Erlösers in Verbindung zu bringen, ist schon keine Chuzpe mehr, sondern schlicht und ergreifend Blasphemie. :daumen-runter:

Tritonus
Beiträge: 1451
Registriert: Samstag 25. Juni 2011, 03:03

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Tritonus »

Raphael hat geschrieben: ... Die Wolkenkuckucksheime der 68-er-Generation mit dem Namen des Erlösers in Verbindung zu bringen, ist schon keine Chuzpe mehr, sondern schlicht und ergreifend Blasphemie. :daumen-runter:
Also eins muss man Dir lassen: Du schaffst es regelmäßig und zuverlässig, mit einem einzigen Beitrag aus Deiner Feder jede sich entwickelnde Diskussion gleich wieder auf Null zu stellen und jedes kontroverse Gespräch gegen die Wand zu fahren.

:ikb_furious: So langsam werde ich doch ein bisschen sauer: Hat es Dir vielleicht schon einmal gedämmert, dass außer den beiden Möglichkeiten, die Du zu kennen glaubst -- die Wolkenkuckucksheime der 68er und die CSU -- noch unzählige weitere Möglichkeiten existieren könnten? Oder wäre so ein blasphemischer Gedanke schon zu viel für Dich?

Raphael

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Raphael »

Tritonus hat geschrieben::ikb_furious: So langsam werde ich doch ein bisschen sauer: .......
Das tut mir leid für Dich! :tuete:

Nichtsdestoweniger erscheint mir Deine Gemütslage kein Grund zu sein, meinen Verweis auf die unsittliche Vereinnahmung unseres Erlösers zurückzunehmen ...........

Benutzeravatar
Lisieux
Beiträge: 126
Registriert: Dienstag 17. September 2013, 16:21

Re: Europawahl 2014

Beitrag von Lisieux »

Raphael hat geschrieben: Die Wolkenkuckucksheime der 68-er-Generation mit dem Namen des Erlösers in Verbindung zu bringen, ist schon keine Chuzpe mehr, sondern schlicht und ergreifend Blasphemie. :daumen-runter:
Es ist schon erstaunlich, was Du immer in die Beiträge Mitschreibender interpretierst. Hätte ich behauptet, dass die weissblauen und/oder höchstens noch der Kölsche Klüngel Jesus vereinahmen können, hättest Du ja vielleicht Grund gehabt. So unterstellst Du mir ähnliches mit den 68ern.
Als ich den USA lebte hörte ich einen fanatischen Evangeliken der wahrhaftig behauptete, dass GOTT alle Menschen liebt, aber die Amis besonders, deshalb gab er ihnen "GOD'S own country".
Du tust mir ein wenig Leid, scheinst noch recht jung und "grün" hinter den Ohren zu sein. Kann Dir nur wünschen zu reifen, bete darum.
Das GOTT alle Menschen liebt ist wahr, der 2. Teil in Abschnitt 2 allerdings bullshit.

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema