Griechenland nach den Wahlen

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Marcus
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Marcus »

Einfacher wäre es gewesen, sich stabile Anleihen anderer Staaten zu kaufen. Im Zweifel würde ich mir Anleihen von der Schweiz oder von Liechtenstein kaufen. Hier dürfte die Rendite zwar sehr mager sein, aber langfristig sichere als eine Euro- oder Dollar-Staatsanleihe oder ein vielleicht eines Tages in Drachme umgewandeltes Bankguthaben dürften sie sicherlich sein.
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Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Wobei natürlich auch zu berücksichtigen ist - wie lutherbeck zu Recht schreibt - daß das Geld in GR bei einem Währungsschnitt nicht sicher ist. Auch bei uns gab es ja einmal einen Lastenausgleich mit Vermögens- und Hypothekengewinnabgabe. Die einfache Umwandlung bestehender Euroguthaben in CHF-Anleihen (oder z.B. Norw. Krone) bringt nicht viel, wenn das Geld weiterhin im Lande bleibt und dem Zugriff des Fiskus ausgesetzt ist.

Aus diesem Grunde ist ja auch die Kapitalflucht aus den Peripherie-Staaten zu beobachten.

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Marcus
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Marcus »

Stimmt. Den Aspekt hatte ich dabei zunächst nicht beachtet. Aber klar. Die Hoheitsgewalt des griechischen Staates erstreckt sich natürlich auch auf die Depotbücher. Auf gesetzlicher Grundlage ließe sich davon auch rechtsstaatlich etwas abschöpfen.
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Ewald Mrnka
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Ewald Mrnka »

Marcus hat geschrieben:Stimmt. Den Aspekt hatte ich dabei zunächst nicht beachtet. Aber klar. Die Hoheitsgewalt des griechischen Staates erstreckt sich natürlich auch auf die Depotbücher. Auf gesetzlicher Grundlage ließe sich davon auch rechtsstaatlich etwas abschöpfen.
Man sollte sicherheitshalber schon mal Euroscheine mit dem "Y" vor der Seriennummer loswerden.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Marcus hat geschrieben: Auf gesetzlicher Grundlage ließe sich davon auch rechtsstaatlich etwas abschöpfen.
Mögliche Maßnahmen lassen besonders gut anhand der Argentinien-Krise, die Ende 2001 begann, studieren. Die argentinische Währung (Real) war mit einem Austauschverhältnis von 1:1 fest an den USD gebunden. Argentinien hatte also - ähnlich wie GR und der € - solange keine eigene Währungshoheit mehr, wie diese Bindung bestand. Da die Inflation in ARG immer höher war als in den USA (ähnlich GR und die "Nordländer"), wurde auch der Währungskurs immer unrealistischer und mündete in einer Finanzkrise.
Die Weigerung des IWF, eine Hilfstranche von gut 1 Mrd € auszuzahlen, führte dann zum Staatsbankrott. Wie hoch waren bisher die "Rettungszahlungen" nach GR? :hmm:
Als Cavallo Ende November 2001 äußerte, das vom IWF vorgegebene Haushaltsziel nicht zu erreichen, führte dies zu einer Weigerung des IWF, eine vorgesehene 1,25 Mrd. USD-Tranche an Argentinien zu überweisen. Diese Schreckensnachricht führte zu einem drastischen Vertrauensverlust für den Staat und so zu einer raschen Kapitalflucht, die das Bankensystem in eine tiefe Krise stürzte. Um ein komplettes Chaos zu verhindern, führte Cavallo Anfang Dezember das so genannte Corralito ein, das eine Obergrenze von 250 Peso die Woche für das Abheben von Bargeld von Girokonten vorsieht. Der Hintergrund war, einen Umtausch der Währung in Dollar zu verhindern, da sonst das Bankensystem Giro- und Sparkonten nicht mehr hätte auszahlen können.
(...)
In der Zwickmühle vor allem wegen der fatalen Folgen der Abwertung des Peso für die Banken, entschied man sich für eine rigide Maßnahme, die bald als Corralón bekannt wurde. Sie bestand darin, alle Konten über einem bestimmten Grenzwert in festverzinsliche Sparbücher umzuwandeln, deren Rückgabetermine bis 2010 gestreckt wurden. Besonders problematisch erwies sich die Situation der unter der Regierungszeit Menems eingeführten Konten in Dollar, da diese sich ja im Wert vervielfacht hätten. So entschied man sich, Dollarkonten als Pesokonten mit Wert 1 zu 1,40 zu betrachten und erst im Laufe von mehreren Monaten, im Falle von hohen Werten sogar mehreren Jahren zurückzugeben. Schulden konnte man dagegen zunächst mit dem Kurs 1:1 zurückzahlen.
Quelle: s.o.

Insbesondere ist an eine zwangsweise Umstellung der Euro- und Fremdwährungskonten in GR zu einem von der Regierung festgelegten Umtauschkurs zu denken.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Von zwei Parteien wurden die Wahlprogramme vorgelegt:
Der griechische Linkspolitiker Alexis Tsipras will den Sparkurs beenden, die Kreditverträge mit der EU aufkündigen und die Privatisierungen einfrieren, wenn sein Bündnis der radikalen Linken (Syriza) nach der Wahl in zwei Wochen in Athen an die Regierung kommt.
(...)
Die erste Maßnahme einer von Syriza geführten Linksregierung werde es sein, im neuen Parlament ein Gesetz zur Annullierung des Memorandums einzubringen, wie das mit der EU vereinbarte Rettungspaket in Griechenland genannt wird.
(...)
Der Syriza-Chef nannte eine Reihe von Sofortmaßnahmen, die er gleich nach der Wahl umsetzen will. Die Privatisierungen von Staatsunternehmen und öffentlichen Liegenschaften sollen sofort abgebrochen werden. (...)
Die griechischen Banken will Tsipras im Zuge der notwendigen Rekapitalisierung verstaatlichen. Bereits privatisierte Unternehmen, wie der Fernmeldekonzern OTE, der zu 4 Prozent der Deutschen Telekom gehört, will der Radikallinke wieder „schrittweise“ unter staatliche Kontrolle bringen.
(...)
Tsipras kündigte an, er werde die im Frühjahr umgesetzte Senkung des Mindestlohns um 22 Prozent rückgängig machen. Das ebenfalls im März gekürzte Arbeitslosengeld soll von 36 wieder auf 461 Euro erhöht werden. Die im vergangenen Jahr eingeführte Immobilien-Sondersteuer will Tsipras streichen, die Mehrwertsteuer senken und eine „Reichensteuer“ einführen.
und das Programm der konservativen ND
Die konservative ND hatte bereits am Donnerstag ein 18-Punkte-Programm zur Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik vorgelegt. Es sieht Steuersenkungen, höhere Renten und Anreize zur Schaffung neuer Arbeitsplätze vor.
Samaras will im Fall seines Wahlsieges zwar den Sparkurs grundsätzlich fortsetzen, die Bedingungen des Konsolidierungsprogramms aber in Verhandlungen mit der Troika modifizieren. So sollen die nach dem bisherigen Programm für die Jahre 212 und 213 geplanten Ausgabenkürzungen von 11,7 Milliarden Euro bis 216 gestreckt werden. Samaras möchte auch über die Konditionen der bereits ausgezahlten Hilfskredite von knapp 142 Milliarden Euro, also Zinsen und Tilgungspläne, neu verhandeln.
(...)
Eine Anzahl von Sparmaßnahmen der Vorgängerregierung will der ND-Chef zurücknehmen. So verspricht Samaras, die stark gestutzten Niedrigrenten und das Kindergeld wieder auf das Niveau von 29 anzuheben. Das Arbeitslosengeld soll künftig zwei Jahre lang gezahlt werden – bisher gibt es die Unterstützung höchstens für zwölf Monate.
(...)
Samaras will die Sätze in der Einkommensteuer schrittweise senken und den Grundfreibetrag von 5. auf 8. Euro erhöhen, „sobald sich die Steuereinnahmen stabilisieren“.
und zum Wahlausgang:
Zwei Wochen vor dem Urnengang ist der Ausgang der Wahl völlig offen. Die meisten bisher veröffentlichten Umfragen lassen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der ND und Syriza erwarten. In der Mehrzahl der Erhebungen der vergangenen Wochen lag die ND knapp vorn. Der Abstand zwischen den beiden führenden Parteien lag dabei aber meist im Rahmen der Fehlertoleranz solcher Umfragen.
Die am Freitag veröffentlichte Umfrage des Instituts Public Issue, das als eines der seriösesten Unternehmen im Bereich der Meinungsforschung gilt, sieht jedoch Syriza mit einem Vorsprung von sechs Prozentpunkten klar in Führung. Das würde für 132 bis 134 der 3 Sitze im nächsten Parlament reichen. Bildet Syriza eine Koalition mit der Splitterpartei Demokratische Linke, die auf 19 bis 2 Mandate veranschlagt wird, ergäbe sich eine knappe absolute Mehrheit von 151 bis 154 Stimmen.
Die am Freitag publizierten Umfragen waren die letzten vor der Wahl. In Griechenland ist die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen in den letzten zwei Wochen vor der Abstimmung verboten.
http://www.handelsblatt.com/politik/int ... 2-all.html
(Hervorhebung von mir)

Solche Programme sind angesichts der Tatsache, daß der griechische Staatshaushalt noch nicht einmal einen Primärüberschuß ausweist, "mutig". Ich frage mich nur, wer das finanzieren soll... :pfeif:

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Marcus
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Marcus »

Diese Frage wird sicherlich erst während der nächsten Legislaturperiode politisch relevant werden. ;D Jetzt geht es erst einmal darum, Stimmen zu sammeln... :ja: So viel Freiheit sollte man auch den Kandidaten in einer „EU-gelenkten Demokratie“ noch zubilligen können... :breitgrins:
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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Ich frage mich nur, wer das finanzieren soll... :pfeif:
Wer das finanzieren könnte. Und derjenige, der das kann, würde es nicht tun, weil solche Programme seinem ureigensten Interesse widersprechen. Finanzieren ließe sich das über die internationalen Finanzmärkte, die aber einen Teufel tun werden, einem Staat Kredit zu geben, der sich unfähig zeigt, sich gesamtgesellschaftlich auf die Renditeerwartungen des Finanzkapitals - sich kapitalistisch hin- und zuzurichten. Und da kann das Vertrauen der Finanzmärkte schon wieder ein ganzes Stück weit aufgebaut werden, wenn Politik nicht demokratisch gestaltet wird, sondern eingesetzte Experten den Erwartungen des Kapitals entgegenkommen und alles unternehmen, um das Steueraufkommen zu erhöhen, die Ausgaben zu reduzieren und sich von den Protesten der Bevölkerung vor Ort(ob Griechenland oder Spanien) unbeeindruckt zu zeigen. Und je deutlicher wird, dass die Krisenverwaltung gegen die Interessen der Bevölkerung agiert, umso glaubhafter wird es, dass das Interesse derer bedient wird, die den Kredit geben. Deshalb das Reden von den "glaubhaften Anstrengungen".

Die Programme der extremen Linken und der Konservativen in Griechenland mögen auf den ersten Blick sozial gerecht und, was den Binnenmarkt betrifft, vielleicht auch wirtschaftlich vernünftig erscheinen. sie sind aber witzlos vor dem Hintergrund der Finanzierung. Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft, auch was Nachhaltigkeit und Ökologie betrifft, strebte zuerst einmal nach Unabhängigkeit von den Finanzmärkten. Ähnlich der Unabhängigkeit vom Öl. Dabei sinkt der materielle Wohlstand erst einmal auf jeden Fall, in dem Sinne, dass Konsumwünsche nicht erfüllbar sind. Was fehlt ist eine Vision, was die Gesellschaft als solche will, welches Ziel sie hat und welche Erwartungen sie damit verknüpft. Immer mehr materieller Wohlstand und Individualismus, der Traum träumt sich nicht nur in Griechenland langsam aus.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

@Torsten:

Soll/kann/darf ein Staat auf Dauer (also über Jahrzehnte) mehr ausgeben, als er durch seine Steuern und Gebühren einnimmt?
Lassen wir einmal den Sonderfall Japan mit der ausschl. Kreditaufnahme bei der eigenen Bevölkerung beiseite. Ein solcher Staat ist dann zur Finanzierung seiner Leistungen (Wohltaten) auf ausländische(!) Kreditgeber angewiesen.

Besteht für Dich eine Verpflichtung der ausl. Kreditgeber, einen solchen Staat auch bedingungslos weiter zu unterstützen, wenn die Kredite auslaufen?

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Jeder kapitalistische Staat gibt Jahr für Jahr mehr aus, als er durch Steuern und Gebühren einnimmt. Kein kapitalistischer Staat ist in der Lage, seine Schulden bis auf den letzten Cent oder Heller zu begleichen. Er kann höchstens das Defizit verringern, was bei den Kapitalgebern aber auf wenig Gegenliebe stößt. Denn die haben kein Interesse daran, ihr Geld im Safe zu horten, sondern es renditeträchtig anzulegen, wie es sich für das namensgebende Wirtschaftsmodell gehört. Der gegebene Kredit ist kein Gnadenakt, sondern eine Notwendigkeit in Sachen Geldanlage. Aber Vorschriften darüber, wer ihn bekommt, kann den Märkten keiner machen, weil das eben auch diesen kapitalistischen Gesetzen gehorcht.

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Wenn man sich geistig ein wenig entrückt, kann man fragen: Was machen die Finanzmärkte, was macht das Finanzkapital, wenn es dem Staat Geld gewährt? Es stellt der Gesellschaft ein Medium zur Verfügung, mit dessen Hilfe sich die Menschen untereinander vermitteln, sich gesellschaftlich organisieren. Dieses Medium haben sie nicht aus sich heraus. Wird es ihnen weggenommen, dann herscht Sprachlosigkeit, Stillstand, gesellschaftliche Lähmung. Der Preis dafür, dieses Medium zu erhalten, ist der, es zu vermehren, es wachsen zu lassen. Es immer neu zu erarbeiten. Und dieses Erarbeiten gibt der Gesellschaft erst die Organisation, die Sprache, die Bewegung.

Wenn ein Staat nicht wettbewerbsfähig ist, und das absehbar auch nie wieder werden wird, dann ist es ein hoffnungsloses Unterfangen, diese Organisation, diese Sprache und Bewegung aufrecht erhalten zu wollen, die die des Kapitals ist, auf das er keinen Zugriff mehr hat. Er wird zunächst alles versuchen, diesen Zugriff wieder zu erlangen, sich als würdig zu erweisen. Und wird damit das Volk ins Elend stürzen. Welches auf die Straße geht und demonstriert, für die Beibehaltung der Verhältnisse, für die es nicht fit genug ist, sie zu verdienen.

Europa hat eine Hymne, die oft gespielt, oft gehört, aber nicht verstanden wird.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:Jeder kapitalistische Staat gibt Jahr für Jahr mehr aus, als er durch Steuern und Gebühren einnimmt.
Nein.
Die Bundesrepublik hatte von 1949 bis in die 6'iger Jahre ausgeglichene Haushalte und keine Schulden. In den 5'iger Jahren wurden vom damaligen Finanzminister Schäffer sogar Überschüsse erwirtschaftet; s.a. "Juliusturm". Die Misere mit den Schulden fing bei der ersten Rezession der Nachkriegszeit Mitte der 6'iger Jahre an und steigerte sich dann. Ähnliches dürfte für die meisten westeuropäischen Länder gelten, die damals nach Keynes versuchten, die Konjunktur durch Nachfragestimulierung anzukurbeln. Die Rechnungen für diese sinnlosen Versuche bezahlen wir noch heute.

http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsvers ... utschlands
Torsten hat geschrieben: Kein kapitalistischer Staat ist in der Lage, seine Schulden bis auf den letzten Cent oder Heller zu begleichen. Er kann höchstens das Defizit verringern, was bei den Kapitalgebern aber auf wenig Gegenliebe stößt.
Norwegen - ein "kapitalistischer" Staat - hat keine Nettoschulden; im Gegensatz zu GB oder NL, die ebenfalls über umfangreiche Öl- bzw. Gaseinnahmen verfügen.
Die Schweiz und Schweden haben in den letzten Jahren ihre Schulden erheblich abgebaut, in der Schweiz z.B. innerhalb von fünf Jahren (26 - 21) von 47% auf 38% des Bruttoinlandsprodukts.

http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/i ... ulden.html

Estland hatte eine größere Wirtschaftskrise als GR (ohne dauernd zu klagen und medienwirksam zu protestieren). Es wurden radikale Reformen durchgeführt, inzwischen wächst die Wirtschaftsleistung. Die Schuldenquote liegt bei 6,6%.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/e ... -1.112477

Man sollte nicht immer nur auf den Kleinkosmos Bundesrepublik Deutschland schauen und die gleiche Situation in anderen Ländern unterstellen.
Torsten hat geschrieben: Denn die haben kein Interesse daran, ihr Geld im Safe zu horten, sondern es renditeträchtig anzulegen, wie es sich für das namensgebende Wirtschaftsmodell gehört. Der gegebene Kredit ist kein Gnadenakt, sondern eine Notwendigkeit in Sachen Geldanlage.
Besonders "renditeträchtig" sind augenblicklich deutsche Staatsanleihen mit einer Minus-Verzinsung. :ja: Und die generelle Sicherheit von Staatsanleihen wurde kürzlich in GR eindrucksvoll bestätigt, als die privaten Anleger auf über 5% ihrer Forderungen aus Renditegründen "freiwillig" verzichtet haben. :D
Nicht alle Großgläubiger erhielten danach ensprechende "Rettungsspritzen" von der Regierung - um einen beliebten Einwand gleich zu beantworten.

Warum schauen sich die großen Kapitalsammelstellen nach alternativen Investments z.B. in Windparks, Stromleitungen (Munich Re ist führend bei Desertec) usw. um? Weil diese höhere Renditen als Staatsanleihen abwerfen und im Gegensatz zu Staatsanleihen einen Sachwert (kein Papier oder Zahlungsversprechen) darstellen.
Warum werden Staatsanleihen nach Basel 2 begünstigt und müssen nicht mit Eigenkapital unterlegt werden? Die Begründung "weil sie ausfallsicher sind" überzeugt nach den jüngsten Entwicklungen doch niemanden. Der Staat will sich einen Wettbewerbsvorteil sichern. Inzwischen können sich nämlich Unternehmen mit guter Bonität (AA, fünf Jahre 1,6% ) günstiger finanzieren als der EU-Staat Italien (S&P-Rating BBB+). Dieser zahlt die gleichen Zinsen (1 Jahre, 5,8%) wie Guatemala (BB+). ;D
Und da die Zinshöhe auch das Kreditrisiko widerspiegelt, kann man ersehen, wie die Rückzahlungswahrscheinlichkeit eines solchen Staatskredits eingeschätzt wird.

Quelle: FAZ vom 31. 5. 212 - Emissionskalender - nicht online

Einige Staaten haben verstanden, daß die Aufnahme neuer Kredite künftig schwieriger sein wird, weil Investoren andere Möglichkeiten haben werden. Die relativ schuldenfreien Schwellenländer gehen einen anderen Weg. Statt Schulden für Infrastrukturprojekte aufzunehmen, setzen sie verstärkt auf sog. "PPP-Modelle", z.B. sollen auf den Philippinen Bahnlinien und Häfen so errichtet bzw. modernisiert werden. Für die Kapitalanleger (im Falle der PH meist koreanische und chinesische Kapitalsammelstellen) ist die Finanzierung solcher Investitionen weitaus lukrativer als ein Investment in Staatsanleihen, bei denen die Regierung einfach den Schuldendienst einstellen kann. Die Regierungen belasten nicht künftige Generationen mit Schulden, sind von Zinsschwankungen unabhängig und müssen ggfs. keine Devisen für den Schuldendienst ausgeben. Eine win-win-Situation für die Beteiligten. :ja:

Die Zeiten, in denen Staatsanleihen "alternativlos" waren, sind vorbei.

Paulus Minor
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Paulus Minor »

Ein klitzekleines Beispiel dafür, dass sich nicht nur kapitalistische Staaten überschulden:

Aus dem Leben von Pfalzgraf Ottheinrich (einem Wittelsbacher), dem Herrscher des 1506 gegründeten Fürstentums Pfalz-Neuburg (= Neuburg an der Donau im heutigen Oberbayern):

"Auf Grund seiner aufwändigen Lebensführung drohte Ottheinrich schon bald der Bankrott, den er durch ständig neue Kreditaufnahmen abzuwenden versuchte. In seinen Besitz kam auch ein Schuldschein aus dem Nachlass seiner Großmutter Hedwig. Dieser Schuldschein über 32.000 Gulden, ausgestellt von König Kasimir IV. von Polen aus Anlass der Heirat seiner Tochter Hedwig mit Georg dem Reichen, war vom polnischen Königshof jedoch nie ausgezahlt worden. Ottheinrich ließ Zins und Zinseszins errechnen und kam auf die stolze Summe von 200.000 Gulden, die ihm der polnische König schuldete. So brach Ottheinrich am 27. November 1536 zu seinem Großonkel, dem polnischen König Sigismund I. nach Krakau auf, wo er am 24. Dezember 1536 eintraf. Während der dreiwöchigen Verhandlungen konnte Ottheinrich zwar die Ausbezahlung des Schuldscheins erreichen, nicht jedoch die Auszahlung der Zinsen. Die Finanzkrise Ottheinrichs blieb also ungelöst. (...)

1541 erhielt Ottheinrich von seinem Bruder Philipp dessen Landesteil mitsamt seinen Schulden zurück. (...)

Im Jahr 1544 beliefen sich Ottheinrichs Schulden auf über 1 Million Gulden. Über 600 Gläubiger erschienen auf Schloss Neuburg. In den folgenden Verhandlungen übernahmen schließlich die Landstände die Schulden Ottheinrichs. Im Gegenzug übernahmen sie die Regierungsgewalt und verkauften zur Schuldendeckung Ottheinrichs Besitz." (Wikipedia)

Zur Schuldendeckung den Besitz der heute Regierenden zu verkaufen, würde wohl nicht auseichen, um die Staatsschulden zu tilgen. ;-)

Immerhin hat sich Ottheinrich später durch die Erlangung der Kurfürstenwürde der Kurpfalz wieder sanieren können, und er hat allerhand an Kunstwerken, Buchsammlungen und Bauwerken (Schloss Neuburg, dortige Hofkirche, Ottheinrichsbau im Schloss von Heidelberg etc.) hinterlassen, was man von den heute Regierenden nicht erwarten kann.

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Ewald Mrnka
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Ewald Mrnka »

Paulus Minor hat geschrieben:Ein klitzekleines Beispiel dafür, dass sich nicht nur kapitalistische Staaten überschulden:

Aus dem Leben von Pfalzgraf Ottheinrich (einem Wittelsbacher), dem Herrscher des 1506 gegründeten Fürstentums Pfalz-Neuburg (= Neuburg an der Donau im heutigen Oberbayern):

"Auf Grund seiner aufwändigen Lebensführung drohte Ottheinrich schon bald der Bankrott, den er durch ständig neue Kreditaufnahmen abzuwenden versuchte. In seinen Besitz kam auch ein Schuldschein aus dem Nachlass seiner Großmutter Hedwig. Dieser Schuldschein über 32.000 Gulden, ausgestellt von König Kasimir IV. von Polen aus Anlass der Heirat seiner Tochter Hedwig mit Georg dem Reichen, war vom polnischen Königshof jedoch nie ausgezahlt worden. Ottheinrich ließ Zins und Zinseszins errechnen und kam auf die stolze Summe von 200.000 Gulden, die ihm der polnische König schuldete. So brach Ottheinrich am 27. November 1536 zu seinem Großonkel, dem polnischen König Sigismund I. nach Krakau auf, wo er am 24. Dezember 1536 eintraf. Während der dreiwöchigen Verhandlungen konnte Ottheinrich zwar die Ausbezahlung des Schuldscheins erreichen, nicht jedoch die Auszahlung der Zinsen. Die Finanzkrise Ottheinrichs blieb also ungelöst. (...)

1541 erhielt Ottheinrich von seinem Bruder Philipp dessen Landesteil mitsamt seinen Schulden zurück. (...)

Im Jahr 1544 beliefen sich Ottheinrichs Schulden auf über 1 Million Gulden. Über 600 Gläubiger erschienen auf Schloss Neuburg. In den folgenden Verhandlungen übernahmen schließlich die Landstände die Schulden Ottheinrichs. Im Gegenzug übernahmen sie die Regierungsgewalt und verkauften zur Schuldendeckung Ottheinrichs Besitz." (Wikipedia)

Zur Schuldendeckung den Besitz der heute Regierenden zu verkaufen, würde wohl nicht auseichen, um die Staatsschulden zu tilgen. ;-)

Immerhin hat sich Ottheinrich später durch die Erlangung der Kurfürstenwürde der Kurpfalz wieder sanieren können, und er hat allerhand an Kunstwerken, Buchsammlungen und Bauwerken (Schloss Neuburg, dortige Hofkirche, Ottheinrichsbau im Schloss von Heidelberg etc.) hinterlassen, was man von den heute Regierenden nicht erwarten kann.
Ja, Staatsbankrotte waren schon immer & überall verbreitet; Philipp II (Spanien) hat über diese Mehtode die Fugger "verarmen" :breitgrins: lassen.

Regierende neigen zu solchen "Entschuldungen", weil sie über die Macht verfügen ihre Gläubiger und ihre Völker zu prellen.

Das geht nicht immer gut: gelegentlich leiten Finanz- und Überschuldungskrisen blutige Phasen der historischen Entwicklung ein. Die Erschütterungen & Verwerfungen von 1789 wirken bis heute nach.

Mal sehen, was die gegenwärtige Krise auslösen wird; ich fürchte, daß die jüngeren Zeitgenossen nicht so glatt & vergleichsweise komfortabel über die Runden kommen werden wie meine Generation.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Die Bundesrepublik hatte von 1949 bis in die 60'iger Jahre ausgeglichene Haushalte und keine Schulden. In den 50'iger Jahren wurden vom damaligen Finanzminister Schäffer sogar Überschüsse erwirtschaftet
Das war die Zeit, in der die relative Mehrwertproduktion prosperierte. Die Märkte und Konsumenten gierten nach neuen Produkten, deren Herstellung noch einiges an menschlichem Arbeitsaufwand erforderte. Arbeitslosigkeit gab es im Grunde kaum und die Löhne waren derart, dass man sich die Produkte, die man herstellte, auch selber leisten konnte. Fordismus vom Feinsten.
Die Misere mit den Schulden fing bei der ersten Rezession der Nachkriegszeit Mitte der 60'iger Jahre an und steigerte sich dann. Ähnliches dürfte für die meisten westeuropäischen Länder gelten, die damals nach Keynes versuchten, die Konjunktur durch Nachfragestimulierung anzukurbeln.
Wie kam es zu der Rezession? Was ist passiert? Hatten die Menschen plötzlich das Arbeiten verlernt? Wieso wird es zum Problem und zur Krise, wenn alle fleißig malochen und der menschliche Erfindungsgeist ständig Innovationen entwickelt, die die Arbeit erleichtern und rationeller machen? Erkläre das doch bitte mal, dass wir es alle verstehen.

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Ewald Mrnka
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Ewald Mrnka »

Demokratie/Demokatur:

http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... ammen.html

Haben wir in der Bundesrepublik auch; fällt nur (noch) nicht so auf; Gollum, Trulla & die übrige Laienspielgruppe agieren & lügen überzeugender.
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Ewald Mrnka hat geschrieben: Regierende neigen zu solchen "Entschuldungen", weil sie über die Macht verfügen ihre Gläubiger und ihre Völker zu prellen.
Wobei es heute überwiegend die Parlamente sind, die Wohltaten beschließen und die Regierung, insbesondere der Finanzminister versucht, die Ausgaben zu deckeln.
Aber es stimmt schon - Staatsanleihen sind unter Anlagegesichtspunkten durchaus riskant, denn wenn der Staat nicht zahlen will oder kann, hat man als Gläubiger kaum eine Möglichkeit, zwangsweise die Einziehung seiner Forderung vornehmen zu lassen.
GR läßt grüßen!
Torsten hat geschrieben: und die Löhne waren derart, dass man sich die Produkte, die man herstellte, auch selber leisten konnte.
:klatsch: :klatsch: - die Aussage ist besonders gut und von keiner Sachkenntnis getrübt :kugel: :kugel:

Weißt Du eigentlich was damals verdient wurde? Offensichtlich hast Du überhaupt keine Vorstellung.
Ich habe noch eine Gehaltstabelle aus dem Jahre 1969. Ein Postbote, Besoldungsgruppe A3 fing mit ca. 630 DM an, ein Polizeibeamter (A5) hatte ein Anfangsgehalt von ca. 670 DM und ein Lehrer von ca. 1.200 DM. Ein Fernsehapparat kostete über 1.000 DM (natürlich schwarz-weiß), also für die meisten mehr als ein Monatsgehalt. Und heute? :hmm:
In den fünfziger Jahren kann ich mich an Brötchenpreise von 0,08 - 0,10 DM erinnern, in den siebziger hatte sich der Preis auf 0,20+ DM erhöht.

Es ist doch vollkommen unstrittig, daß man sich heute mit seinem Geld mehr und Besseres leisten kann als früher.
Torsten hat geschrieben: Wie kam es zu der Rezession? Was ist passiert? Hatten die Menschen plötzlich das Arbeiten verlernt? Wieso wird es zum Problem und zur Krise, wenn alle fleißig malochen und der menschliche Erfindungsgeist ständig Innovationen entwickelt, die die Arbeit erleichtern und rationeller machen?
Die Rezession in den 60'iger Jahren war die erste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik. Sie wurde auch als Zechensterben bezeichnet und begann bereits früher, erreichte aber ihren Höhepunkt in den 60'iger Jahren. Die Gründe waren neben billigeren Importen von Steinkohle und zu hohen und damit nicht wettbewerbsfähigen Bergbaulöhnen auch die zunehmende Nutzung von Braunkohle, Heizöl sowie Atomkraft bei der Energiegewinnung. Die Nachfrage nach Steinkohle brach ein (Dampfzüge gab es z.B. kaum noch), die Bergleute wurden arbeitslos. Es dauerte einige Zeit, bis sie wieder einen Arbeitsplatz gefunden hatten. Viele waren auch nicht bereit umzuziehen. Ford in Köln suchte für seine Autofabrik dringend Arbeitskräfte und Bergleute waren begehrt. Leider waren nur wenige bereit, vom Ruhrgebiet nach Köln zu ziehen.

Rezessionen sind Teil des Konjunkturzyklus, sie können schwächer oder stärker ausfallen - sind aber nicht unbedingt eine "Krise". Dieser Ausdruck wird gegenwärtig von Medien sehr inflationär gebraucht und jeder Produktionsrückgang wird als "Krise" verkauft. Wahrscheinlich sollen damit zusätzliche Fördermaßnahmen eingefordert werden. ;D
Dabei sollte man doch wissen, daß man die Konjunktur nicht steuern kann und eine Wirtschaft erst recht nicht. Die DDR und der Ostblock haben es bewiesen - die Rechnungen müssen immer noch beglichen werden.

Natürlich führt der menschliche Erfindergeist dazu, daß Arbeiten produktiver werden, das gleiche Produkt also mit weniger Arbeitsstunden hergestellt werden kann. (Hätte es sonst die Kohlenkrise gegeben?) Nur was ist daran schlimm? Gleichzeitig entstehen auch neue Arbeitsplätze. Der ganze EDV-Bereich, die heute bestehende Umwelttechnologie und vieles andere waren doch vor 30 - 40 Jahren nicht oder kaum existent.
Besichtige doch einfach einmal eine Autofabrik, ein Stahlwerk oder eine Zeche. Da werden dann meist Filme gezeigt, wie vor 30 - 40 Jahren noch gearbeitet wurde und dann schau Dir an, wie das heute ist.
Natürlich könnte man mit den früheren Anlagen auch heute noch produzieren. Die Chinesen haben den Hochofen II der Henrichshütte abmontiert, in China wieder aufgebaut und produzieren damit Stahl. Das wäre also hier auch möglich gewesen - wenn man chinesische Löhne gezahlt hätte. :ja:

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Ewald Mrnka
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Ewald Mrnka »

Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Erster "dry run" mit der neuen Drachme (XGD = Greek Drachme post Euro):

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/k ... -1.1373855

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Die Wahlen könnten evtl. durch einen Streik lahmgelegt werden:
Ihre Mitarbeiter bekämen deutlich weniger Geld für die im Rahmen der Wahlen anfallende Arbeit als Regierungsmitarbeiter, sagte Gewerkschaftschef Themis Balassopoulos. Bei den Wahlen am 6. Mai lag der Lohn für Angestellte einer Stadt demnach bei 6 Euro, während Mitarbeiter des Innenministeriums ein vielfaches davon erhalten haben.
(Hervorhebung von mir)

http://www.handelsblatt.com/politik/int ... 24228.html

und in Deutschland:
Wahlhelfer erhalten ein Erfrischungsgeld in Höhe von 21 €. In manchen Gemeinden wird in eigener Verantwortung das Erfrischungsgeld aufgestockt.
(Hervorhebung von mir)

http://www.bundeswahlleiter.de/de/gloss ... elfer.html

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Edi
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Edi »

Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Oberster Steuerfahnder geißelt Zahlungsmoral der Griechen

"Die Steuerflucht in Griechenland erreicht 12 bis 15 Prozent des Bruttosozialprodukts. Das sind 40 bis 45 Milliarden Euro im Jahr.
Als reicher oder wohlhabender Grieche würde ich keinen Cent Steuern an einen Staat, an eine Gesellschaft abführen wollen, die im großen Stil Steuerflucht begeht, wo sich jeder aus der Verantwortung stiehlt und immer nur die Hand aufhält.
Zuletzt geändert von Torsten am Freitag 8. Juni 2012, 17:27, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Juergen »

Oberster Steuerfahnder geißelt Zahlungsmoral der Griechen

"Die Steuerflucht in Griechenland erreicht 12 bis 15 Prozent des Bruttosozialprodukts. Das sind 40 bis 45 Milliarden Euro im Jahr.
Das ist doch seit langem bekannt. Das Geld wird in die Schweiz geschafft und die schweizer Banken haben davon den Mond finanziert, der bekanntlich ja aus Käse besteht.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Das ist auch der Grund, warum der Mond eine dunkle Seite hat: Er ist zur Hälfte aus Schwarzgeld bezahlt.

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Juergen
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Juergen »

Genau, jetzt hast Du es verstanden.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Als reicher oder wohlhabender Grieche würde ich keinen Cent Steuern an einen Staat, an eine Gesellschaft abführen wollen, die im großen Stil Steuerflucht begeht, wo sich jeder aus der Verantwortung stiehlt und immer nur die Hand aufhält.
Es kommt nicht darauf an, daß man Steuern bezahlen "will" - es also praktisch in das eigene Ermessen gestellt ist. Der Staat muß in der Lage sein, seinen Steueranspruch auch zwangsweise und gg. den Willen des Betroffenen durchsetzen.

Daran hapert es in GR. Die Verwaltung dort scheint extrem korrupt und ineffizient zu sein. Das Verwaltungsverfahren ist nicht straff; die Steuergesetze weisen wohl erhebliche Lücken auf. So sollen die internat. und mrden-schweren Reeder generell gesetzlich von der Einkommensteuer freigestellt sein.
Die deutsche Finanzverwaltung klagt schon seit Jahren, daß Daten aus GR (z.B. über innergemeinschaftliche Lieferungen bzw. Erwerbe) überhaupt nicht oder nur vereinzelt kommen; Auskunftsersuchen werden nicht beantwortet; GR ist das einzige Land in der EU, mit dem der steuerliche Auskunftsaustausch nicht funktioniert; es führt die entsprechende EU-Vereinbarung einfach nicht aus.

Derartige Strukturen finden sich mehr auf dem Balkan als in mitteleuropäischen Ländern.

Den Originalbericht über das Interview mit weiteren interessanten Einzelheiten gibt es hier:

http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... echen.html

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:
Torsten hat geschrieben:
Als reicher oder wohlhabender Grieche würde ich keinen Cent Steuern an einen Staat, an eine Gesellschaft abführen wollen, die im großen Stil Steuerflucht begeht, wo sich jeder aus der Verantwortung stiehlt und immer nur die Hand aufhält.
Es kommt nicht darauf an, daß man Steuern bezahlen "will" - es also praktisch in das eigene Ermessen gestellt ist. Der Staat muß in der Lage sein, seinen Steueranspruch auch zwangsweise und gg. den Willen des Betroffenen durchsetzen.
Bei jedem Arbeitnehmer funktioniert das.

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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Torsten hat geschrieben:
Bei jedem Arbeitnehmer funktioniert das.
Zum großen Teil - lassen wir mal das Problem der Trinkgelder und der schwarz gezahlten Löhne beiseite.

Nur was ist mit dem Rest? :P

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Torsten
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Torsten »

Caviteño hat geschrieben:Nur was ist mit dem Rest? :P
Dafür kannst du Dir viele Autos und DVD-Player kaufen. Ohne lange Wartezeiten.

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Niemand will dort sparen - Gedankenspiele über den Ausschluß GR aus der Währungsunion folgen einer "faschistischen Logik":

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 81996.html

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf - die EU scheint schon wieder einzuknicken:
Die Euro-Zone will mit Griechenland über die Lockerung des Sparprogramms verhandeln. Unabhängig vom Wahlausgang am Sonntag werde jede neue Regierung Nachverhandlungen verlangen, hieß es in EU-Kreisen. Wenn man das Land in der Euro-Zone halten wolle, werde man sich dem nicht verweigern können. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy versicherte am Dienstag: "Wir werden unser Möglichstes tun, um Griechenland in der Euro-Zone zu halten, während es seine Verpflichtungen erfüllt."
(...)
In EU-Kreisen wird jedoch befürchtet, dass der IWF aussteigen könnte, wenn der Finanzbedarf wächst. Andere rechnen mit einem Deal: IWF-Beteiligung gegen Schuldenschnitt der öffentlichen Gläubiger.
http://www.ftd.de/politik/europa/:euro- ... 49686.html

Der Euro wird "gerettet" - koste es, was es wolle.....

Nachtrag:
Entsprechende Berichte finden sich auch in anderen Zeitungen:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/s ... -1.1381182

und die FAZ kommentiert dazu:
Vor diesem Hintergrund darf es als ausgeschlossen gelten, dass die Eurogruppe ähnliche Schlüsse zieht wie der Währungsfonds. Sie hat sich kategorisch zu einem Verbleib des Landes im Euroraum bekannt und sich so von der griechischen Politik fast beliebig erpressbar gemacht. Deshalb dürfen alle griechischen Parteien weiter auf europäische Hilfe vertrauen - dann ohne IWF, dann mit einem vielleicht eher auf zehn als auf drei Jahre angelegten Programm: Der Preis kann nicht hoch genug sein.
(...)
Die Eurogruppe will das ökonomische Für und Wider eines Ausstiegs gar nicht wirklich diskutieren. Sie will weiter retten, weil das kurzfristig bequemer ist. Sie lädt damit nicht nur die griechische Politik ein, ihr weiter auf der Nase herumzutanzen. Sie verdrängt auch, dass ihr Integrationspathos keinen einzigen der europapolitischen Konflikte löst, die sich in der Euro-Krise aufgetan haben.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 83428.html

Caviteño
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Re: Griechenland nach den Wahlen

Beitrag von Caviteño »

Parteien, die Zustände fordern, wie sie in den meisten westeuropäischen Staaten üblich sind, haben in GR kaum Aussicht, die 3%-Hürde zu erreichen. Ein Beispiel ist der frühere Wirtschaftsminister Stefanos Manos von der Partei "Drasi":
"Das größte Übel, die enorme Größe und Ineffizienz des staatlichen Sektors, wurde systematisch ignoriert“, sagt Manos.
(...)
„Doch statt den aufgeblähten Staatsapparat kleiner und effizienter zu machen, haben Nea Dimokratia und Pasok ihn kaum angetastet. Stattdessen haben sie die Steuern auf ein ungesundes Maß erhöht und eine Rezession in Kauf genommen, um ihre Klientel im Staatsapparat zu schützen.“ Die im Privatsektor beschäftigten Griechen würden in Haftung genommen, um die Privilegien der Beamten und der Beschäftigten in staatlichen Firmen erhalten zu können. „Mehr als eine Million Griechen sind inzwischen arbeitslos. Alle stammen sie aus dem Privatsektor. Ist das ethisch?“, fragt Manos.
(...)
Stefanos Manos erklärt das Fehlen einer liberalen Strömung damit, dass viele Betriebe in der Privatwirtschaft kleine und kleinste Familienunternehmen sind und selbst hier „eine Mentalität der Abhängigkeit“ vom Staat vorherrsche.
Als Beispiel nennt er den Widerstand gegen die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. In Griechenland gibt es viele kleine Läden, die sich wehren gegen eine Freigabe der Öffnungszeiten, „weil sie fürchten, mit den Ketten, die in Schichten arbeiten können, nicht konkurrieren zu können.“ Das sei zwar nachvollziehbar, doch die Folgen seien höhere Preise für alle und ein Mangel an Wettbewerb. "Wir haben in Griechenland Tausende Geschäfte, die anderswo längst vom Wettbewerb verdrängt worden wären, hier aber beschützt werden. Das hat mit der etatistischen Grundeinstellung der Griechen zu tun. Sogar rechte griechische Parteien haben ein Wirtschaftsprogramm, das an westeuropäischen Maßstäben gemessen links ist“, sagt der ehemalige Politiker der Nea Dimokratia,
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 85694.html

Auch weitere "Rettungsaktionen", wie sie z. Zt. geplant werden, führen nicht dazu, daß GR wettbewerbsfähig wird, das Land muß schon selbst die entsprechenden Schritte einleiten. Eine Daueralimentierung durch den sog. "reichen" Norden (und die ärmeren osteuropäischen Staaten) ist nicht zu rechtfertigen. Nach über zwei Jahren "Rettung" sollte auch der dümmste Politiker einsehen, daß die bisherigen Versuche ergebnislos waren und es so nicht weitergehen kann.

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