Zuerst einmal: das Gejammere und das Gerede vom armen Deutschland als wehrloses Opfer kannst du dir gerade sparen. Deutschland ist doch die Macht in Europa. Unter der Führung der sehr geschickt agierenden Kanzlerin hat Deutschland mehr Einfluss auf die Euro und EU Politik als jedes andere Länder und nutzt diesen Einfluss um diese europäische Politik im Dienste seinen eigenen, nationalen Interessen zu gestalten.Caviteño hat geschrieben: Aber auf Feinheiten darf man ja nicht achten, wenn es um das große europäische Projekt geht und Schuldgefühle bei den Deutschen zu wecken ist auch beliebt. Daß jetzt sogar deutsche Exportüberschüsse dazu herhalten müssen - das hätte sich allerdings bei der Euroeinführung niemand vorstellen können.
In Europa leiden Menschen an den Folgen des Eurochaos. Millionen Menschen sogar. Aber nicht in Deutschland, sondern in Griechenland, Portugal, Spanien, Irland, sogar Italien, in Slovenien, der Slovakei, den Ländern des Balkans, die ihre Währungen an den Euro gebunden haben etc. Länder, die dringend eine weichere Währung bräuchten, die dringend eine Erhöhung ihrer Geldmenge und ein teilweises Weginflationieren der privaten und öffentlichen Schulden bräuchten. Länder, die dringend ihre Ökonomien unter Dampf setzen müssten um endlich escape velocity aufnehmen zu können und endlich aus dieser Depression herauszukommen bevor der langfristige gesellschaftliche und wirtschaftliche Schaden, den die Depression anrichtet, so gross ist, dass diese Länder auch in der Zukunft überhaupt keine Chancen mehr haben und nur noch eines exportieren werden: Arbeitskräfte.
Alles was der Süden braucht, braucht Deutschland nicht bzw. es liegt nicht im nationalen Interesse Deutschlands. Deutschland kann gut mit der Depression in Südeuropa leben, ja, diese Depression hilft Deutschland sogar langfristig, denn es wird dem Land helfen, den Rückgang der Bevölkerungszahlen durch Immigration von jungen, auf Kosten anderer Länder ausgebildeten, Arbeitskräften auszugleichen. Die Depression im Süden kommt den deutschen Gebärverweigerern gerade recht.
Weil sie irgendwann keiner mehr bezahlen kann.Caviteño hat geschrieben: Wieso sollen die deutschen Exportüberschüsse nicht nachhaltig sein?
Deutschland hat ja nicht nur einen Handelsbilanzüberschuss sondern auch einen Kapitalbilanzüberschuss. Es exportiert nicht nur Güter sondern auch das Geld, um diese Güter zu kaufen. Das Ergebnis ist ein Zahlungsbilanzüberschuss von fast 7% des Bruttoinlandprodukts (current account to GDP). Wer soll das ausgleichen? Und womit? Güter zu produzieren, diese zu exportieren und gleich noch den Kredit dazu geben, dass die "Kunden" sich die Güter kaufen können ist total Banane! Was passiert wenn die "Kunden" die Kredite nicht mehr bezahlen können, sieht man jetzt.
Der einzige Vorteil für Deutschland aus diesem Handelsbilanzüberschuss ist die Beschäftigungsquote in Deutschland. Da das ökonomische Modell aber nicht nachhaltig ist, ist diese Beschäftigungsquote auch nicht nachhaltig. Deutschland sollte viel weniger exportieren - wie gesagt müsst ihr ja eh schon den Kredit für die Güter auch mit dazu geben und werdet das Geld für eure Güter eh nicht bekommen - sondern die Binnennachfrage stärken und das erwirtschaftet Vermögen besser umverteilen. Ein nachhaltiges ökonomisches Modell zielt auf eine ausgeglichene Zahlungsbilanz. Lebensstandard ist dann auch viel höher.
Ja, aber damals hat Deutschland wenigstens aus dem Ausland Geld bekommen für die exportierten Güter. Heute muss Deutschland einen guten Teil des Exports durch seinen Kapitalbilanzüberschuss selber finanzieren.Caviteño hat geschrieben: Die Bundesrepublik hatte immer in ihrer Geschichte Exportüberschüsse, sogar bei einer aufwertenden DM - ähnlich wie die Schweiz. Hat damals - es gab auch schon den Binnenmarkt - die Wirtschaft nicht funktioniert?
Unsinn. Deutschland soll die Binnennachfrage stärken. In Deutschland erwirtschaftetes Geld soll in Deutschland ausgegeben bzw. investiert werden. Dann sinkt der Zahlungsbilanzüberschuss ganz von alleine. Noch mal: 7% Zahlungsbilanzüberschuss der viertgrössten Volkswirtschaft der Welt kann die Weltwirtschaft nicht verkraften. Es ist nicht nachhaltig. Helmut Schmidt weiss das: http://www.handelsblatt.com/politik/deu ... 59974.htmlCaviteño hat geschrieben: Im übrigen - wie soll denn der Export beschränkt werden und was sollte das bringen? Soll Merkel sich in den Hamburger Freihafen stellen und beim Exportcontainer xxxx die rote Fahne zeigen und den weiteren Export untersagen?
So einfach ist es natürlich auch nicht. Ich glaube nicht, dass 28 frei konvertierbare, nicht aneinandergebundene von 28 Zentralbanken mit 28 verschiedenen Währungspolitiken gemanagte Währungen der EU Stabilität bringen würden. Was es braucht ist ein neues globales Währungssystem, das das alte Bretton Woods System ersetzen kann. Wenn es global nicht geht, dann wäre ein neues europäisches Währungssystem gut. Zum Beispiel eines mit hoher Wechselkursflexibilität zu Beginn und dann einem inner tier mit enger Bindung an die DM, dem nur Länder beitreten können, die wirtschaftlich konvergent sind.Caviteño hat geschrieben: Ohne gemeinsame Währung könnten die Länder auf- und abwerten, alle wären glücklich und zufrieden.
Das eigentliche europäische Problem ist aber die ökonomische Nichtkonvergenz von Deutschland und Frankreich, die man aus Reputationsgründen nicht so offensichtlich werden lässt. Dieses "Sehr des Kaisers schöne neue Kleider" Verhalten muss irgendwann überwunden werden.