anselm hat geschrieben:@otto:
Es wäre alles viel einfacher, wenn die Gesellschaft noch so durchgehend christlich orientiert wäre wie - sagen wir - vor 300 Jahren.
Aber das ist längst nicht mehr der Fall. Unsere Traditionen basieren zwar weitgehend auf christlichen Fundamenten, aber viele Menschen (vielleicht schon die Mehrheit?) scheint mir nicht elementar christlich zu sein. Wie wäre sonst z.B. die Vermarktung des Advents oder der Osterzeit zu verstehen?...
Es kann aber wohl auch nicht so sein, daß man die Gesetze so anpasst, daß jeder dann arbeitet, wie es seinem "Kulturkreis" entspricht.
Also: den Moslems geben wir freitags frei, den Juden samstags, den Christen sonntags etc.
Das erinnert mich an eine Begebenheit aus dem Jahre 1995. Es war Fronleichnam und es fand die Fronleichnamsprozession statt. Sie führte an einem sich in Bau befindlichen Geschäftszentrum vorbei und drinnen wie draußen wurde gearbeitet.
Nach der Prozession haben ich dann die Polizei gerufen. Es dauerte fast eine Stunde bis sich ein Streifenwagen näherte. Der Beamte war über mein Anliegen, daß am Feiertag doch wohl nicht gearbeitet werden dürfte, verwundert und fragte, welche Arbeit mich denn da stören würde, es sei doch gar nicht laut.
Ich habe ihn dann darüber aufgeklärt, daß nach dem Arbeitszeitgesetz Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertage nicht beschäftigt werden dürfen. Der Polizist war etwas verwundert und versuchte sich der Sache anzunehmen. Daraufhin erschien ein Mitarbeiter einer der Firmen, die dort arbeiteten und meinte, die Arbeitehmer kämen einerseits auf einem anderen Bundesland in dem kein Feiertag sei andererseits seien es fast alles keine Christen und daher sei der Feiertag für sie irrelevant.
Der Polizist wollte schon in diesen Chor einstimmen, doch mein Einwand es könne wohl nicht angehen, daß sich jeder nach seiner Glaubensrichtung die Feiertage oder arbeitsfreien Tage selbst aussuche überzeugte ihn dann, doch die Sache näher unter die Lupe zu nehmen. Er war nicht begeistert, denn es stellte sich heraus, daß dort über 20 Firmen arbeiteten; bei den wenigsten war ein Ansprechpartner da, der Auskunft über Sondergenehmigungen geben konnte.
Ich habe den "Tatort" dann verlassen und einen Brief an den Oberkreisdirektor geschrieben.
In seiner Antwort teilte er wenige Tage später mit mit, daß gegen eine Reihe von Firmen ermittelt werde, gegen drei bereits Bußgelder verhängt wurden wegen Verstoßes gegen das Arbeitszeitrechtsgesetz.
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Die Sache zeigt m.E. deutlich, wie wenig sich Arbeitgeber um geltendes Recht scheren, wenn es darum geht Termine einzuhalten etc.
Es hat sich zudem gezeigt, daß selbst die dt. Ordnungskräfte in solchen Fällen recht hilflos sind. - Hier ist zu bedenken, daß im Rahmen der Prozession die Polizei im Bereich der Baustelle den Verkehr geregelt hat und m.E. hätte von sich aus tätig werden müssen.