Lateinschule

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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Linus hat geschrieben:Nu ja als 13 bzw 14 jähriger Schöler hatt ich nach der Ankündigung das man den Abl Abs nur umschreibender Weise übersetzen könne und alles nicht so einfach sei, das als Aufforderung "Vergiß die Grammatik, lern die Vokabel" gesehen. Mit dem Entsprechenden Erfolg in sämtlichen Schularbeiten (ich glaub bei Euch: Klassenarbeit) aus der Übersetzung inhaltlich nicht zusammenhängender Sätze schöne Geschichten zu basteln. Das dürfte gefallen haben....

ROMA LOCUTA heißt also eigentlich "gesprochen habenden Roms". Klar kann man das so unmöglich stehen lassen und man muss umschreiben mit "nachdem/weil/obwohl/wo doch usw. Rom gesprochen hat", je nach Kontext. In guten Grammatiken wird die Parallele zum deutschen absoluten Genetiv aber gezogen - und erst da versteht man endlich, was da eigentlich grammatisch läuft.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Vorausgesetzt man hatte auch gute Deutschlehrer. Ohne die nix nutzts. Vastehst? :D

Linus, dessen Deutschlehrerin noch eine gute war (durchaus, bloß es bleibt am Schöler nix hängen)
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kurt hat geschrieben:Den Unterschied zwischen "Nobis" und "Nostris" habe ich ja noch verstanden. Aber wie ist das nun mit dem "sanctus" und "sacer"? Beides heißt "heilig" aber worin besteht der genaue Unterschied?
Mal ganz grob gesagt und auf die Schnelle: sacer, sacra, sacrum ist, was der Mensch für Gott bestimmt (geheiligte oder geweihte Zeiten, Räume, Dinge). Sanctus Dominus Deus Sabaoth. Sanctus, sancta, sanctum ist Gott selbst und was von Ihm her heilig ist.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Kurt hat geschrieben:Den Unterschied zwischen "Nobis" und "Nostris" habe ich ja noch verstanden. Aber wie ist das nun mit dem "sanctus" und "sacer"? Beides heißt "heilig" aber worin besteht der genaue Unterschied?
Mal ganz grob gesagt und auf die Schnelle: sacer, sacra, sacrum ist, was der Mensch für Gott bestimmt (geheiligte oder geweihte Zeiten, Räume, Dinge). Sanctus Dominus Deus Sabaoth. Sanctus, sancta, sanctum ist Gott selbst und was von Ihm her heilig ist.
Aja, der Priester also (Sacer-dos) ist vom Menschen für Gott bestimmt; wenn Gott will, und der Priester heilig gesprochen wird, dann wird der zum Sanctus. So etwa?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kurt hat geschrieben:Aja, der Priester also (Sacer-dos) ist vom Menschen für Gott bestimmt; wenn Gott will, und der Priester heilig gesprochen wird, dann wird der zum Sanctus. So etwa?
Nee, quäl nich die Ettüllommolologie jetze. :ikb_wine: Sanctus kommt auch von sacer. (Stamm sac-r- minus Stammerweiterung -r- ergibt √sac-, plus Nasalinfix + Verbalstammauslaut -i- plus Inifinitivendung -re ergibt Infinitiv sa-n-c-i-re, dies minus Stammauslaut und Endung plus PPP-Stammerweiterung -t- plus Nominalstammauslaut -o- (hier › -u-) plus Endung Nom. Sg. mask. -s ergibt sa-n-c-t-u-s. Alles klar?)

Was ich oben schrieb, gilt (grob) für die beiden Wörter sacer und sanctus. Der sacerdos ist gebildet vom o. g. Stamm sac-r- plus idg. √*dhe- „setzen, stellen“ plus (seltenes) Nominalsuffix -ot- plus Endung -s. Dabei wird, statt -i- als normale lateinische Kompositionsfuge einzufügen (also sacri-, wie in sacrificium), das silbenbildende -r- des Stamms analog zur Bildung von sacer durch vorangestelltes -e- nicht wirklich erweitert, sondern aussprachegerecht geschrieben; der Stammauslaut -t- ist ferner vor Endung -s weggefallen.

Der sac-‹e›r-do[t]-s ist also eigentlich einer, der etwas von Menschen der Gottheit Geweihtes irgendwohin „setzt“, sprich: der das Opfer darbringt.
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Kurt
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Beitrag von Kurt »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Kurt hat geschrieben:Aja, der Priester also (Sacer-dos) ist vom Menschen für Gott bestimmt; wenn Gott will, und der Priester heilig gesprochen wird, dann wird der zum Sanctus. So etwa?
Der sac-‹e›r-do[t]-s ist also eigentlich einer, der etwas von Menschen der Gottheit Geweihtes irgendwohin „setzt“, sprich: der das Opfer darbringt.[/color]
Sach das doch direkt 8)
Heissen Dank!

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Irenaeus
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brauche Hilfe: "brutal schön" in Latein?

Beitrag von Irenaeus »

Wie könnte man "brutal schön" übersetzen?

ich bin an dem Thema gescheitert

aber ich freue mich auf Eure Ideen - und danke Euch für Eure Hilfe!

es grüßt herzlich, Irenaeus
Per Deum omnia fieri possunt.
Benedicamus Domino!
PAX

maliems
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nachfrage

Beitrag von maliems »

"brutal schön" ist auch im Deutschen schwer verständlich.

Bitte den Zusammenhang!

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incarnata
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Beitrag von incarnata »

pulchritudine terebrans ?

Du musst etwas über den Zusammenhang schreiben,in dem das
"brutal schön" steht,damit man vernünftige Vorschläge machen kann !
Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende
Licht aus der Höhe.......(Lk1,76)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

perbellus

Aber sie haben recht. Ohne Kontext geht nichts.
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taddeo
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Beitrag von taddeo »

"Brutal schön" soll ja wahrscheinlich in der heutigen Jugendsprache ausdrücken, daß etwas ganz besonders schön ist. Solche Fälle werden doch im Lateinischen oft durch ein Hendiadyoin wiedergegeben, oder funktioniert das nur mit Substantiven?
Man müßte daneben aber auch noch wissen, worauf sich die Schönheit bezieht, um das richtige Wort zu wählen, also zB neben pulcher (schön) etwa formosus (wohlgestalt) oder bellus (hübsch, niedlich) oder auch decorus (schmuck, reizend).

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Warum wird denn dort der Vocativ als 5. Fall und der Ablativ als 6. Fall bezeichnet? Ich habe es stets andersherum gelernt - und auch noch nie so gesehen.

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Peregrin
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Beitrag von Peregrin »

Kurt hat geschrieben: Warum wird denn dort der Vocativ als 5. Fall und der Ablativ als 6. Fall bezeichnet? Ich habe es stets andersherum gelernt - und auch noch nie so gesehen.
Bei uns (Liber latinus) war auch der Ablativ der sechste Fall.

Edit: Da scheint es neuerdings diverse Zählungen zu geben. In der Wikipedia gehen Kraut und Rüben durcheinander: In der Liste der Fälle steht Abl. an 5. und Voc. an 6. Stelle (außerdem kommt an 7. ein "Lokativ", von dem ich in sechs Jahren Latein nie etwas gehört habe), bei der a- und o-Deklination der Adjektive steht Abl. an 6. und Voc. an 5., bei konsonantischer, i- und Misch- gibt es gar keinen Vokativ.
Zuletzt geändert von Peregrin am Samstag 3. November 2007, 00:42, insgesamt 2-mal geändert.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Reihenfolge ist eher unwichtig. Ich habe es auch nach dem Schema: Nom., Gen., Dat., Akk., Abl. (und dann, wo relevant, Vok.) gelernt. Den Vokativ als fünften Fall zu zählen ist aber nicht so sehr ungewöhnlich. Bei Kühner etwa steht es auch so.

In der (bes. älteren) Germanistik findest du oft die Abfolge: Nom., Akk., Dat., Gen. Wenn du die Slawistik oder gar Indogermanistik hinzunimmst, wird es ohnehin noch bunter.

Wenn du in acht Jahren Latein vom Lokativ nie gehört hast, hast du entweder Jahre deines Lebens verpennt, oder die bairischen Schulen haben doch nicht die ihnen oft zugesprochene Qualität.

Den Lokativ (Sg. auf -i) berücksichtigt man üblicherweise nicht in den lateinischen Flexionstabellen, weil von ihm nur Rudimente bewahrt sind, während überwiegend der Ablativ seine Funktion übernommen hat. Die vorhandenen Reste kommen aber häufig vor, ja der Lokativ ist trotz seiner Rudimentarität sogar noch produktiv. (Das heißt, er wird nicht nur in stehenden Wendungen gebraucht, sondern auch von neuen Wörtern gebildet.) Lateinische Lektüre zu bewältigen, ohne dem Lokativ zu begegnen, ist praktisch nicht möglich.

Du findest diesen Kasus im klassischen wie im traditionellen Latein insbesondere bei Ortsnamen der I. und II. Deklination, als z. B. Romæ (‹ Romai) - „in Rom“ oder Corinthi - „in Korinth“.
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Linus
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Beitrag von Linus »

Peregrin hat geschrieben:
Kurt hat geschrieben: Warum wird denn dort der Vocativ als 5. Fall und der Ablativ als 6. Fall bezeichnet? Ich habe es stets andersherum gelernt - und auch noch nie so gesehen.
Bei uns (Liber latinus) war auch der Ablativ der sechste Fall.

Edit: Da scheint es neuerdings diverse Zählungen zu geben. In der Wikipedia gehen Kraut und Rüben durcheinander: In der Liste der Fälle steht Abl. an 5. und Voc. an 6. Stelle (außerdem kommt an 7. ein "Lokativ", von dem ich in acht Jahren Latein nie etwas gehört habe), bei der a- und o-Deklination der Adjektive steht Abl. an 6. und Voc. an 5., bei konsonantischer, i- und Misch- gibt es gar keinen Vokativ.
Zwar nur 2 Jahre Latein aber auch mit Li(e)ber Lat(r)inus.

Linus,heute in Carnuntum gewesen.
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Peregrin
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Beitrag von Peregrin »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Den Lokativ (Sg. auf -i) berücksichtigt man üblicherweise nicht in den lateinischen Flexionstabellen, ... Lateinische Lektüre zu bewältigen, ohne dem Lokativ zu begegnen, ist praktisch nicht möglich.
Ich habe hauptsächlich an die Tabellen gedacht. Aber ich kann mich trotzdem nicht an die Form erinnern, obwohl ich alle abgeforderten Lektüren ganz passabel bewältigt habe. :P Aber man vergißt halt alles, ich konnte mich ja noch nicht einmal auf Anhieb erinnern, wieviele Jahre Latein ich in der Schule hatte (zwei weniger als ursprünglich geschrieben).
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sca81
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Beitrag von sca81 »

Peregrin hat geschrieben:ich konnte mich ja noch nicht einmal auf Anhieb erinnern, wieviele Jahre Latein ich in der Schule hatte (zwei weniger als ursprünglich geschrieben).
ist es dir länger vorgekommen, gell? *g*

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Udalricus
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Beitrag von Udalricus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wenn du in acht Jahren Latein vom Lokativ nie gehört hast, hast du entweder Jahre deines Lebens verpennt, oder die bairischen Schulen haben doch nicht die ihnen oft zugesprochene Qualität.
Ich tippe eher auf verpennen, denn ich habe in einer bayrischen Schule (in Passau) sehr wohl den Lokativ gelernt, allerdings nicht als eigenen Fall, sondern als Sonderform des Ablativs, ähnlich wie der Separativ oder der ablativus absolutus.
Bei uns wurde der Vokativ auch der fünfte Fall genannt, aber jetzt wo ich zum ersten Mal lese, dass er anderswo als sechster bezeichnet wird, muss ich sagen, dass das durchaus sinnvoller ist, da er ohnehin nur bei der o-Deklination sichtbare Spuren aufweist.

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Peregrin
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Beitrag von Peregrin »

Udalricus hat geschrieben: allerdings nicht als eigenen Fall, sondern als Sonderform des Ablativs, ähnlich wie der Separativ oder der ablativus absolutus.
Das kommt hin. So war das wohl auch bei uns.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Udalricus hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wenn du in acht Jahren Latein vom Lokativ nie gehört hast, hast du entweder Jahre deines Lebens verpennt, oder die bairischen Schulen haben doch nicht die ihnen oft zugesprochene Qualität.
Ich tippe eher auf verpennen, denn ich habe in einer bayrischen Schule (in Passau) sehr wohl den Lokativ gelernt, allerdings nicht als eigenen Fall, sondern als Sonderform des Ablativs, ähnlich wie der Separativ oder der ablativus absolutus.
Bei uns wurde der Vokativ auch der fünfte Fall genannt, aber jetzt wo ich zum ersten Mal lese, dass er anderswo als sechster bezeichnet wird, muss ich sagen, dass das durchaus sinnvoller ist, da er ohnehin nur bei der o-Deklination sichtbare Spuren aufweist.
1. „Bairisch“ habe ich als Stammesbezeichnung gebraucht; wenn du den süddeutschen Freistaat meinst, müßtest du auch „bayerisch“sagen. :P

2. Was du mit »Sonderform des Ablativs« meinst, ist keine Sonderform, sondern eine Funktion des Ablativs. Das meinte ich ja oben. Der Ablativ hat verschiedene Funktionen, deren Grundstock daher rührt, daß mehrere ursprünglich eigene Kasus in ihm zusammengefallen sind, nämlich der eigentliche Ablativ (oder Separativ), der Instrumental und – partiell – der Lokativ.

Der Lokativ ist aber als eigener Fall nicht völlig geschwunden, sondern für bestimmte Wortgruppen – wie oben beschrieben – mit eigenen Formen erhalten. Es gibt also einen lokativischen Ablativ und einen echten Lokativ. Der lokativische Ablativ tritt überall dort ein, wo der alte Lokativ keine eigenen Formen bewahrt hat.

3. Der ablativus absolutus gehört gar nicht hierher, da er weder morphologisch eine besondere Form ist noch grammatisch eine spezielle Funktion des Ablativs darstellt. Es handelt sich vielmehr um eine syntaktische Erscheinung.
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Kurt
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Beitrag von Kurt »

In meiner alten Ausgabe der Ars Latina, die heute so aussieht:

Bild

wird der Lokativ mit dem Ablativ behandelt (abl. loci).
Der Lokativ als eigener Kasus ging in der indogermanischen Sprache auf -i aus. Erhalten ist diese -i (lt. §95) u.a. noch in

ubi, ibi, h-i-c

Weitere Hinweise auf eine eigenen Existenz des Lokativ finde ich dort nicht, ausser auf die Reste in den Ortsnamen.

Dass die Seite keinerlei Gebrauchsspuren aufweist, bedeutet nicht, dass wir es im Unterricht nicht durchgenommen haben. Allenfalls war es nicht prüfungsrelevant.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kurt hat geschrieben:Weitere Hinweise auf eine eigenen Existenz des Lokativs finde ich dort nicht, außer auf die Reste in den Ortsnamen.
Um die Reste in den Ortsnamen geht es doch gerade! Darin besteht ja jene „eigene Existenz“. Diese Reste sind nämlich recht häufig, und die entsprechenden Formen können nicht nur, sie müssen dann, sobald sie können, auch gebildet werden, selbst von ganz neu entstandenen Ortsnamen. Wo eigene Formen des alten Lokativs existieren, müssen sie verwendet werden. Der ablativus loci wäre in diesen Fällen schlicht falsch.
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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Die großen französischen Städte gehen auch fast alle auf Ablativi loci pluralis zurück, z.B. Paris aus Parisiis "bei den Parisii", Reims aus Remis "bei den Remern", Poitiers aus Pictavis "bei den Piktavi".
Und natürlich auch unser Freund Hugo Chávez: von (aquis) Flaviis "bei den flavischen Wässern".

Protagoras
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Beitrag von Protagoras »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Um die Reste in den Ortsnamen geht es doch gerade! Darin besteht ja jene „eigene Existenz“. Diese Reste sind nämlich recht häufig, und die entsprechenden Formen können nicht nur, sie müssen dann, sobald sie können, auch gebildet werden, selbst von ganz neu entstandenen Ortsnamen. Wo eigene Formen des alten Lokativs existieren, müssen sie verwendet werden. Der ablativus loci wäre in diesen Fällen schlicht falsch.
Auch der hl. Hieronymus hat sich brav dran gehalten. Romae kommt im NT dreimal (Apg. 23.11, Röm. 1.7, 1.15), Corinthi sogar viermal (Apg. 19.1, 1Kor. 1.2, 2Kor. 1.1, 2Tim. 4.20) vor.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Esperanto hat geschrieben:z.B. Paris aus Parisiis "bei den Parisii"
Ja, so die Entwicklung übers Vulgärlateinische zum Volgare. In klassischem Latein dagegen (als seltenere Variante parallel fortbestehend, im Humanismus zu neuen Ehren gekommen): Lutetiæ Parisiorum.
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overkott
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Beitrag von overkott »

contemplatio = Betrachtung, Anschauung, Ansehen, Erblicken

maliems
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Beitrag von maliems »

Mojn,

Ich bin seit langem auf der Suche nach einer webseite mit einem umfangreichen, übersichtlichen Fundus an deutschen Übersetzungen lateinischer Klassiker. (konkret suche ich im Moment Tacitus, Annalen, aber lieber wäre mir eine Seite für eine Menge Autoren.)

So wie für die originaltexte eben bei www.thelatinlibrary.com

eine klasse Seite, aber auf deutsch?

Kurt
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Beitrag von Kurt »

maliems hat geschrieben:Mojn,

Ich bin seit langem auf der Suche nach einer webseite mit einem umfangreichen, übersichtlichen Fundus an deutschen Übersetzungen lateinischer Klassiker. (konkret suche ich im Moment Tacitus, Annalen, aber lieber wäre mir eine Seite für eine Menge Autoren.)

So wie für die originaltexte eben bei www.thelatinlibrary.com

eine klasse Seite, aber auf deutsch?
Wenn Du übersetzt, mach ich die Webseite. :)

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overkott
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Beitrag von overkott »

Kurt hat geschrieben:
maliems hat geschrieben:Mojn,

Ich bin seit langem auf der Suche nach einer webseite mit einem umfangreichen, übersichtlichen Fundus an deutschen Übersetzungen lateinischer Klassiker. (konkret suche ich im Moment Tacitus, Annalen, aber lieber wäre mir eine Seite für eine Menge Autoren.)

So wie für die originaltexte eben bei www.thelatinlibrary.com

eine klasse Seite, aber auf deutsch?
Wenn Du übersetzt, mach ich die Webseite. :)
Bitte Übersetzungen nicht mit Quellen verwechseln.

Lernt lieber Latein und lest die Quellen im Original.

maliems
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Beitrag von maliems »

Danke, ich kann ganz gut Latein, aber wenn ich bsp. eine bestimmte Stelle bei Livius suche, ist eben eine Suche in der Übersetzung wesentlich schneller.

michaelis
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Beitrag von michaelis »

Da hier ja einige anscheinend ganz gut Latein können:

Heißt es eigentlich richtig Thurifer oder Thuriferar (analog bei cero-, libri-, signi- u.a.)?

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