Ich beginne mit der wunderbar christlich-konservativen, ach! erzkatholischen Paneuropa-Union und ihrem Großfürsten blauesten Blutes Otto von Habsburg. Was sind die Grundlagen dieser für den Außenstehenden eher undurchsichtigen Gesellschaft?
Neben dem erzkatholischen Gehabe fällt in öffentlichen Stellungnahmen Habsburgs und Seiner Adepten vor allem der unversöhnliche Antirussismus auf. Auf Belege kann ich verzichten, man findet sie beispielshalber im Archiv der Tagespost in zahlreichen Artikeln des „Paneuropäers“ Stephan Baier und in Habsburgs Gast-Leitartikeln. Dieser Antirussismus (in gleicher Weise auch gegen Serbien gerichtet) kommt nicht von ungefähr.
Richard Graf Coudenhove-Kalergi (Pan-Europa, Wien & Leipzig ²1924) hat geschrieben:Die ganze europäische Frage gipfelt in dem russischen Problem. Hauptziel der europäischen Politik muß die Verhinderung einer russischen Invasion sein … Seit Peter dem Großen befindet sich Rußland im Anmarsch gegen den Westen.
Richard Graf Coudenhove-Kalergi (ebd. S. 57) hat geschrieben:Gelingt es Rußland, durch einige gute Ernten sich wirtschaftlich zu erholen, bevor Europa sich zusammenschließt - so ist Europas Schicksal besiegelt. Die künftige Staatsform Rußlands ist dabei irrelevant.
Richard Graf Coudenhove-Kalergi (ebd. S. 35) hat geschrieben:Rußland ist, der Rasse nach, aus europäischen und mongolischen (tatarischen und finnischen) Elementen gemischt.
Richard Graf Coudenhove-Kalergi (ebd. S. 54) hat geschrieben:Die ganze europäische Frage gipfelt in dem russischen Problem. Hauptziel der europäischen Politik muß die Verhinderung einer russischen Invasion sein.
Coudenhove freilich interessierte sich nicht für christlich-europäische Kultur: Der Meister, dem er als Hochgrad-Freimaurer folgte, hieß nicht Jesus von Nazareth, sondern Giuseppe Mazzini. Ihn beschwört er immer wieder, und dessen „Giovine Europa“ ist das Urbild des Coudenhoveschen Paneuropa. Dankbar konstatiert er darum:
Richard Graf Coudenhove-Kalergi (ebd. S. 108) hat geschrieben:Der Weltkrieg brachte die Entscheidung: Mazzini siegte über Metternich, der Westen über den Osten, das liberale Prinzip über das konservative, der demokratische Gedanke über den autokratischen.
Richard Graf Coudenhove-Kalergi (ebd.) hat geschrieben:Im Herzen der Europäer soll das nationale Pantheon erweitert werden zu einem europäischen Pantheon, in dem neben Goethe Shakespeare, neben Dante Cervantes, neben Voltaire Nietzsche, neben Spinoza Hus seinen Platz findet. Wenn erst die Deutschen beginnen würden …, die Gedanken der großen Enzyklopädisten in sich aufzunehmen, würden sie bald erkennen, wieviel Fäden von diesen zu den Weimarer Klassikern führen.
Habsburg mag sich tarnen, wie er will: Er bleibt dem Geiste treu, dem er sich verschrieben. Wie Mazzini von London aus seine europaweiten Fäden spann und dabei das Geschäft derer betrieb, deren Maxime im »Teile und herrsche!« besteht, so diente Coudenhove und dient noch heute Habsburg demselben Zweck, die Kontinentalmächte aufeinanderzuhetzen, während parallel das Werk der Schaffung eines europäischen oder am Ende weltweiten Einheitsregiments betrieben wird.
Denn dies wird ja von Habsburg, ganz im Sinne Coudenhoves, sehr intensiv betrieben, ohne daß da Widerspruch geduldet würde. Gerade die bei habituell Konservativen verbreiteten, oft nicht intellektuell durchdachten, sondern eher instinktiv gespürten Vorbehalte gegen „Brüsseler Behörden“ zu überwinden ist der eigentliche Existenzzweck der Paneuropa-Union. Sie ist das Werkzeug zur Einbindung, zur Einlullung der konservativen Gläubigen. Sie sollen auf die Linie des Einheitsstaats gebracht werden. Und sie müssen aufgebracht werden insbesondere gegen jene Macht, die auf absehbare Zeit das größte Hindernis auf dem Weg zum Weltstaat ist: Rußland.
Langfristig ist das entscheidende Machtmittel dahin übrigens nach Coudenhove ebenso wie laut Habsburg die NATO. Kein Wunder also, daß Herr Otto stets auch jegliche amerikanische Kriegspolitik unterstützt.
Die Paneuropa-Union verfolgt also weiterhin uneingeschränkt die Ziele ihres Gründers. Sie bekennt sich dazu ebenso offen wie unermüdlich. Sie versucht zugleich Gläubige mit zur Schau getragenem Konservatismus zu ködern. Maurerische U-Boote im Zeichen gnostischer Pseudohumanität.
Richard Graf Coudenhove-Kalergi (Europäisches Manifest, 1924, S. 80) hat geschrieben:Im Zeichen des Sonnenkreuzes, das die Sonne der Aufklärung verbindet mit dem Roten Kreuze internationaler Menschlichkeit – wird der paneuropäische Gedanke siegen über alle Beschränktheit und Unmenschlichkeit chauvinistischer Zerstörungspolitik. In diesem Zeichen wird das Neue Europa wachsen, zu dem sich heute schon die besten Europäer bekennen.
Der Europarat hat geschrieben:Gegen den blauen Himmel der westlichen Welt stellen die Sterne die Völker Europas in einem Kreis, dem Zeichen der Einheit, dar. Die Zahl der Sterne ist unveränderlich auf zwölf festgesetzt, diese Zahl versinnbildlicht die Vollkommenheit und die Vollständigkeit … Wie die zwölf Zeichen des Tierkreises das gesamte Universum verkörpern, so stellen die zwölf goldenen Sterne alle Völker Europas dar, auch diejenigen, welche heute an dem Aufbau Europas in Einheit und Frieden noch nicht teilnehmen können.