ar26 hat geschrieben:
Ich würde es mal so sagen, nur weil etwas als "galizische Tradition" gilt, muss es noch nichts zwingend mit Galizien zu tun haben. Namen sind da Schall und Rauch. Weiter wird als Galizien sowohl das ehemals polnische Ostgalizien um Lemberg, als auch Westgalizien (Region Krakau) bezeichnet. Insgesamt gehören/gehörten die Polen in Galizien (Ost und West) dem lateinischen Ritus an, die Ostriten sind den Ukrainern zuzuordnen. Es gab ja auch einen lat. poln. Bischof vom Lemberg bis 1945. Die Ukrainer, die nach 1945 in Polen lebten, wurden im übrigen aus politischen und auch aus Rachegründen (weil "mutmaßliche dt. Kollaborateure") in den Nordosten Polens umgesiedelt.
Danke für die Antwort. Übrigens dachte ich vor allem, dass die Ukrainer (Ruthenier) aus Galizien nach Kolberg, Stettin und Westhinterpommern umgesiedelt wurden (gegen ihren Willen - immer noch werden die vertriebenen deutschen Pommern dá in ihrer ehemaligen Heimat herzlicher empfangen als z.B. im richtig von Zentralpolen übergenommenen Danzig bzw. Allenstein), weil sie verdächtigt wurden nicht sosehr mit den Deutschen kollaboriert zu haben (obwohl es ja eine Waffen-SS Division Galizien gab aus griechisch-katholischen bzw. ukrainisch-autonom-orthodoxen Rutheniern), als wohl, daß die Unterstützung für die noch bis 1955 gegen Sowjets und kommunistisches Polen kämpfende UIA (Ukrainische Insurgenten Armee) gefürchtet wurde und deswegen alle Nicht-Polen ausgetrieben wurden ins "deutschleere" Stettiner bzw. Kolberger Raum.
Historisch gesehen war Krakau übrigens kein richtiger Teil von Galizien (wenn auch politisch manchmal schon), sondern von der Region Kleinpolen. Nur die heutige Wojewodschaft Subkarpatien ist glaube ich, als Galizien zu bezeichnen.
Kaczynskis Familie stammt aus Warschau. Die Eltern haben in der Tat im Warschauer Aufstand für die Heimatarmee (armia krajowa) gekämpft. Der Begriff galizische Tradition meint wohl nur, dass der Weihnachtsbrauch vor allem in Galizien noch Bestand hat. Galizien gilt bis heute als polnischer Traditionshort, was zum einen daran liegt, dass die Region schon im 19. Jahrhundert innerhalb der k.u.k. Reiches Autonomie und damit gefühlte Souveränität besaß. Die österreichische Zeit wird dort durchaus als positiv bewertet. Weiterhin ist die galizische Bevölkerung ihrer Heimat sehr stark verbunden, anders als die Polen in den [ehemals deutschen] Westgebieten, was aufgrund der Implementierung nach 1945 verständlich ist. Galizien ist auch Hochburg der derzeitigen Regierung. Auch das religiöse Leben der Gläubigen ist dort viel stärker.
Ist natürlich logisch, dass die Polen (sicherlich wenn Kolonisten oder aus Wilna oder Lemberg ausgesiedelte Flüchtlinge) in den ehemaligen Deutschen Ostprovinzen sich da weniger "da heim" fühlen. Es gibt ja keine Familienvergangenheit da, keine polnische Kirchenbauten, nur deutsche Häuser, deutsche Friedhöfe (wenn auch oft zerstört), immer nur deutsche Erinnerungen. Nur ganz weit zurück ein bisschen Westslawisches, und das nur kurz (600 bis 1250 war diese Gebiete dünn mit Slawen bevölkert, vorher und nachher "Germanisch").
Du meinst wohl
Surkarpatien (Westgalizien, nicht Kleinpolen, Krakau oder Vorkarpaten) als "Hochburg" der Regierung der Kazynskis oder? Das ist kein Wunder: die Ukrainer da haben im II. WK oft die untergrunds wirkende UIA unterstützt, die gegen Polen Racheakte verübte. Nach 1945 war die Region sehr nationalistisch polnisch (als die Rusyn ausgetrieben waren nach Pommern). Die Ukrainische Seite ist ja sehr ukrainisch-nationalistisch.
Schau dir mal die Seite:
http://tradycja.org/ an. Das ist ein Portal für Indultmessen in Schlesien. Schon die Ansätze von Mehrsprachigkeit (insbesondere Deutsch und Tschechisch) sprechen hier Bände und werden Schlesiens Kultur und Geschichte gerecht. Es ist davon auszugehen, dass hier neben Schlesiern auch ethnische Polen dabei sind.
Auch die Seite
http://www.piotrskarga.pl/ (leider nur polnisch) steht im Dunstkreis der Krakauer ED-Gemeinde. Ansonsten ist sie Teil dieser intern. Organisation "Tradition Familie Privateigentum".
Erfreulich an diesen Sachen ist, dass dort kein polnischer Nationalismus sondern politischer Konservatismus propagiert wird und auch keine eindeutige politische Parteinahme betrieben wird. Das unterscheidet deutlich von Radio Maryja, welches eine seltsame Mischung aus Nationalismus, Sozial- und Wirtschaftskonservatismus und flacher Form in Liturgie und Kunst propagiert. Hauptsache einfach und hausbacken.
Die Anhänger des Monarchismus in Polen sind tatsächlich eher traditionell orientiert, aber das gilt ja auch in anderen Ländern.
Sehr schön. Die Verknüpfung von Deutsch und Katholisch gibt es in Schlesien noch. Leider fehlt das in Danzig, wo die deutsche Minderheit - wenn nicht teilweise kaschubisch (=katholisch) - fast vollständig Lutherisch-Protestantisch ist.
Die Schlesier zwischen Oppeln und Ratibor (in Glatz wurde i.ü. 1945 vollständig vertrieben) sind in ihrer großen Mehrheit deutsch-orientiert und auch ein stück weit antipolnisch. Hier treten auch starke kulturelle und mentale Unterschiede zwischen den Volksgruppen auf. Auch die bessere wirtschaftliche Situation der Schlesier seit 1990 (sie besitzen oft die dt. Staatsangehörigkeit und können in D und der EU arbeiten) trägt dazu bei. Bischof Nossol musste und muss hier oft als Mittler auftreten, um den Frieden zu waren. Im übrigen lässt sich in dieser Gegend kaum Unterscheiden, wer "verdeutschter Slawe" und "richtiger Deutscher" ist. Generell haben die Polen da auch kaum Unterschiede gemacht. Den Schlesiern wurde generell der latente Vorwurf der Deutschfreundlichkeit gemacht und sie wurden als Bürger 2. Klasse behandelt. Inklusive der Unterdrückung der dt. Sprache und des weitverbreiteten slawisch-oberschlesischen Dialektes. Daher sind die Schlesier heute auch den Polen gegenüber eher reserviert.
Der latente Vorwurf ist mir bekannt. Übrigens gilt das gleiche - wenn auch etwas weniger - für die slawischen Kaschuben. Bei den Wahlen wurde dem liberalen Kandidaten Donald Tusk ja wegen seiner kaschubischen Herkunft einen Wehrmachtsdienst seines Vater bzw. seines Großvaters vorgeworfen! Sind aber heute die meisten Einwohner Schlesiens (vor allem Niederschlesiens) nicht einfache Zentralpolen, oder Polen aus dem Raum Wilna? Ich weiss zwar, dass es in Ostoberschlesien die westslawisch-schlesische Sprachen gibt (oft mit deutschen Worten), aber sonst habe ich - ausserhalb von der deutschen Minderheit - nie von viel schlesischem im Raum Gleiwitz z.B. gehört.
Die Schlesier im Raum Kattowitz sind ja schon seit 1919 bei Polen und entweder polnisch oder originär schlesisch orientiert, weniger deutsch.
Grundsätzlich würde das Thema Schlesien eine eigene Erörterung verdienen.
Ist wahr. Ist sehr komplex. Übrigens das vielfältige (40 % Ruthenisch bzw. Ukrainisch, 40 % Polnisch, 12 % Jüdisch, 8 % Deutsch) Galizien auch.
Die Handkommunion ist nur in den Diözesen Warschau und Oppeln erlaubt. In der Diözese Oppeln bin ich desöfteren aus privaten Gründen. Ich habe in den Gemeindemessen nie gesehen, dass jemand Handkommunion praktiziert hat. Kommunionbank und Patene sind die Regel.
Was das Wachstum der altrituellen Gemeinden angeht, würde ich sagen, dass in Polen weniger Verhärtungen vorhanden sind und auch manche Dinge einfach nicht so problematisch wie in Westeuropa. Schon das Thema "Ökumene" hat mangels einer größeren Anzahl nichtkatholischer Polen kaum Relevanz.
Ist natürlich wahr. Das Ausbleiben der Handkommunion in der "deutschen" Diözese Oppeln freut mich. Natürlich aber vor allem das Wachstum der Gemeinde des überlieferten Römischen Ritus... Das Apostolat der FSSPX sowie der Ecclesia Dei-Gemeinschaften scheint sich bei Jugendlichen und Studenten (vor allem nach einem nationsweit berichteten Auftritt P. Karl Stehlin an der Kath. Univ. von Lublin vor einigen Monaten) auch bekannt zu machen und einige zum Denken anzuregen. Man ist da offen. Hat nicht die französische politischen Probleme mit "den maurrasistischen Lefebvristen" oder der "tridentinischen" hl. Messe als ganzes. Das liegt auch am neutralen Auftreten z.B. eines Deutschen Paters Karl Stehlin, eines geliebten Amerikaners Pater Johnson, sowie der Polnischen Pfarrer usw. die sich Ecclesia Dei bzw. der FSSPX angeschlossen haben. Es gibt keine FSSPX-Priester, wie in Frankreich, die
bei Rechtsnationalen Partein oder wie im kommunistischen UNgarn bei sozialistischen Ereignissen auftreten in geistlichem Sinne.
Weil z.B. aus der FSSPX polnische Seminaristen nach Zaitzkofen gehen, ist es auch gut für deutsch-polnische Aussöhnung. Auch um die Interessen der vertriebenen Deutschen verständlich zu machen (zumal z.B. die FSSPX in Neugablonz, der Sudetendeutschen, eine Kapelle hat, und einige andere Vertriebenenkinder in Zaitzkofen studieren bzw. studiert haben). Das gleiche für die Petrusbruderschaft.
Ein internationales friedvolles Zusammenleben auf christlicher, katholischer Basis, wird so für die Zukunft möglich. Wer weiss wie Gott das noch alles benutzt und leitet für Frieden zwischen den Völkern.
Leider ist Bischof Alfons Nossel, der Deutschen in Oppeln (Auxiliator Episcopus), eher der Liturgiedeform und der Handkommunion zugeneigt, sagte mir ein amerikanischer polnischer Student, der oft zu Hause in Krakau und Subkarpatien ist. (Auf einem Forum verleumdete er ganz unsinnig die moderne ukrainische Byzantinische Göttliche Liturgie, nur weil sie auf ukrainisch ist und somit "unverständlich bäuerlich" wäre [in Subkarpatien sprachen früher vor allem die Bauern ukrainisch bzw. ruthenisch]! Deswegen fand er die Deutschen aus Oppeln und Oberschlesien auch keine guten Katholiken.)
Vielleicht kann man in kurzem noch mal ein levitiertes Hochamt auf Lateinisch mit deutscher und polnischer Predigt auf dem St. Annaberg und auf Maria-Schnee zelebrieren.
Ein ganz unerwartet positiver Faktor der überlieferten Liturgie: sie schreitet über Grenzen hinweg in die Herzen aller Europäer.