Antiamerikanismus in Deutschland

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:Mal sehen, wann die Osteuropäischen Länder und das heilige Rußland in die Mache genommen werden.
Nicht nötig, Ewald.
Die Amis sind - vielleicht mit Ausnahme Rußlands - im Osten hochangesehen. Denke nur mal an Polen.
Ich will Dir auch sagen weshalb: Die wissen, wem sie in Punkto Freiheit und Sicherheit vertrauen müssen: nicht den Deutschen oder Franzosen, die den Begriff Freiheit zwar ständig im Munde führen, im Grunde aber mit jedem perversen Schlächter gut Freund sind, wenns dem eigenen Vorteil nutzt.
Die Amis sind da etwas naiver, manchmal wenigstens.
Es ist, wie Rumsfeld sagte, ein Unterschied zwischen Old und New Europe. Die alten Europäer sind krank, schwächlich, feige, heuchlerisch und dem Untergang geweiht. Sorry to say.
Was heißt hier sorry - ich weine dieser gottverfluchten Drecksbande keine Träne nach.
Lieber Tacitus, nun fluchst Du auch; ich habe dafür Verständnis. Ich habe die Amis madig gemacht. Sicher gehören die alten Europäer zu der aussterbenden Art. Die sind überholt und sie stehen wohl auf verlorenen, unhaltbaren Posten. Ich sehe das auch so;

Aber mir ist das untergehende Europa dennoch lieber und näher als die strahlende Weltmacht USA. Da bin ich gerne auf der Verliererstraße.

Übrigens sind die Amis, was ihre "Freunde" angeht auch nicht gerade wählerisch, wenn es ihnen nützt. Ich habe ein Photo gesehen, auf dem halten Rumsfeld & das böse Väterchen Saddam Händchen.

Aber, lieber Tacitus, laß uns nicht über diese Dinge streiten. Da sind wir nun einmal zu gegensätzlicher Ansicht.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Werner hat geschrieben:Wenn man tatsächliche, wie das manche tun, die USA als "wahre Achse des Bösen" sieht, dann muß man natürlich konsequenterweise es auch ablehnen, dort in einer Führungsposition mitzumischen.
Nö. Ich kann doch Cheney, Rumsfeld, Perle, Wolfowitz, Kissinger, Brzesinski und wie die Kerle heißen, samt den Herren der Mauerstraße, für Satansknechte halten und doch selber ein Amt annehmen. Die Frage ist, ob ich dafür meine Seele verkaufe. (Und ob Bush je einen ernennte, der nicht längst seine Seele verkauft hat.)
Werner hat geschrieben:ob Roberts "als Katholik" den Posten ablehnen sollte
Ich denke, ich möchte das nicht ablehnen …
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Es-Ergo-Cogito
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Beitrag von Es-Ergo-Cogito »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Werner hat geschrieben:Wenn man tatsächliche, wie das manche tun, die USA als "wahre Achse des Bösen" sieht, dann muß man natürlich konsequenterweise es auch ablehnen, dort in einer Führungsposition mitzumischen.
Nö. Ich kann doch Cheney, Rumsfeld, Perle, Wolfowitz, Kissinger, Brzesinski und wie die Kerle heißen, samt den Herren der Mauerstraße, für Satansknechte halten und doch selber ein Amt annehmen. Die Frage ist, ob ich dafür meine Seele verkaufe. (Und ob Bush je einen ernennte, der nicht längst seine Seele verkauft hat.)
Werner hat geschrieben:ob Roberts "als Katholik" den Posten ablehnen sollte
Ich denke, ich möchte das nicht ablehnen …
Na ja ... den Bart dazu hast Du schon mal.
Ich denke Du kriegst meine Zweitstimme (nach Klärung der "Abflussrohrfrage" vielleicht auch die Erststimme)
«::: pax tecum :::»

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Wie die NZZ meldet, sind die Horrorberichte über Plünderungen, Morde und Vergewaltigungen in New Orleans nach Katrina nahezu haltlos.
http://www.nzz.ch/2005/10/01/al/articleD6XZK.html
Schuld daran seien nicht die Reporter vor Ort, sondern die "Starjournalisten" in den Zentralen.
Das Problem: durch die Berichte wurden die bereitstehenden Hilfslieferungen aus Angst vor Übergriffen verspätet entsandt.

Journalisten als Mörder - eine alte Variante der Zunft, doch vermutlich wird sich keiner als Schreibtischtäter fühlen. ... und es wird weiter investigiert. :D

Hass und Verachtung über die deutschen und europäischen Antiamerikaner, die sich schon wieder am Tod von Amerikanern delektierten. Wenn man schon jemandem auf den Leim geht, dann am liebsten sich selbst, gelle?

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Übrigens, Ihr Freunde Amerikas, hab da was für Euch:

Spiegel online in einem Gespräch mit dem französischen Philosophen André Glucksmann. Er hält Antiisraelismus, Antiamerikanismus und Hass auf Frauen für die zentralen Vorurteile der Weltgemeinschaft, der Allianz des Bösen, sozusagen.
Hier ein kurzer Ausschnitt aus dem Gespräch, das ganz zu lesen sich lohnt.
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,376427,00.html

SPIEGEL: Für den Antiamerikanismus scheint die Erklärung einfach: Imperialismus. Steckt in dieser Kritik nicht eine berechtigte Frustration über die amerikanische Hypermacht, die die Welt nach ihren Vorstellungen regieren und formen will?

Glucksmann: Amerikanern wie Juden wird der Vorwurf gemacht, die Weltordnung zu stören - ohne sie wäre alles besser. Der Mythos von der Allmacht Amerikas dient dazu, Amerika für alles verantwortlich zu machen und für alles schuldig zu erklären. Die Welt ist jedoch längst multipolar, Amerika kann nicht überall seine Bedingungen diktieren. Ist Russland unter Putin nicht imperial? Und China, dieser pharaonische Staat mit 1,3 Milliarden Menschen, der dabei ist, modernste Technik mit den Arbeitsbedingungen einer Sklavengesellschaft zu verbinden - kann dieses neue Ägypten nicht zu einer immensen Bedrohung heranwachsen?

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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

02.10.2005, 14:00-15:30

60 Jahre Hessen - Diskussion live aus Wiesbaden
http://www.hr-online.de/website/fernseh ... mm.jsp?t=h

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Leon de Winter schreibt einen zweiten Offenen Brief an George W. Bush. Auszüge daraus:
Leon de Winter hat geschrieben:Sehr geehrter Präsident Bush,
Sie haben zwei Völker von Tyrannen befreit. Keinen mickrigen kleinen Tyrannen der Sorte Honecker, die natürlich schon schlimm genug war, sondern Tyrannen von klassischem Format, von Ausmaßen, die wir uns hier im befriedeten Europa gar nicht mehr vorstellen können. Dennoch spricht man in Europa nicht mit Respekt von Ihnen.
Es war schön von den Vereinigten Staaten, uns auf dem Balkan zu Hilfe zu kommen. Gleich dreimal in achtzig Jahren haben die Vereinigten Staaten uns unter Aufopferung ihrer Söhne von unermesslicher Gewalt befreit. Aber ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sie dafür nicht nur Dank, sondern auch Hass ernten? Dankbarkeit mündet auf die Dauer immer in Ranküne.
In Afghanistan und im Irak haben Sie grausame Regimes verjagt, und demzufolge stellen Sie in den Augen gebildeter europäischer Denker paradoxerweise eine Gefahr für den Weltfrieden dar. Man misstraut Ihren Motiven, Ihrer Macht, ja sogar Ihrem Charakter. Sie werden gehasst.
http://www.welt.de/data/2003/10/11/180698.html?s=1

Leon de Winter spricht mir aus der Seele.

Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Tacitus hat geschrieben:Leon de Winter schreibt einen zweiten Offenen Brief an George W. Bush. Auszüge daraus:
Leon de Winter hat geschrieben:Sehr geehrter Präsident Bush,
Sie haben zwei Völker von Tyrannen befreit. Keinen mickrigen kleinen Tyrannen der Sorte Honecker, die natürlich schon schlimm genug war, sondern Tyrannen von klassischem Format, von Ausmaßen, die wir uns hier im befriedeten Europa gar nicht mehr vorstellen können. Dennoch spricht man in Europa nicht mit Respekt von Ihnen.
Es war schön von den Vereinigten Staaten, uns auf dem Balkan zu Hilfe zu kommen. Gleich dreimal in achtzig Jahren haben die Vereinigten Staaten uns unter Aufopferung ihrer Söhne von unermesslicher Gewalt befreit. Aber ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sie dafür nicht nur Dank, sondern auch Hass ernten? Dankbarkeit mündet auf die Dauer immer in Ranküne.
In Afghanistan und im Irak haben Sie grausame Regimes verjagt, und demzufolge stellen Sie in den Augen gebildeter europäischer Denker paradoxerweise eine Gefahr für den Weltfrieden dar. Man misstraut Ihren Motiven, Ihrer Macht, ja sogar Ihrem Charakter. Sie werden gehasst.
http://www.welt.de/data/2003/10/11/180698.html?s=1

Leon de Winter spricht mir aus der Seele.
Schön dass Bush frühere Fehler amerikanischer Regierungen korrigierte... :jump:
da wären noch einige!

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Ein Buch zum Thema:
Dan Diner, Feindbild Amerika, 2002

Amerika ist unser Bild von Amerika

„Antiamerikanisch – weshalb eigentlich nicht? Von der Pflicht, dem weltweit verheerenden Einfluss der USA zu widerstehen“ - Mechtersheimer, Alfred, Grüner, Nationalist und Ghaddafi-Freund, 1991. „Ami go home. Plädoyer für den Abschied von einem gewalttätigen Land.“ Winter, Rolf, linker Journalist, 1989.
Weshalb – so fragt Diner – verkauft sich derlei eigentlich besonders in Deutschland so gut? Die Wurzeln führen ihn in die deutsche Romatik.

Keine Nachtigall

Die Romantik mit ihrer Liebe zum Gewordenen und zur Tradition war allem revolutionär Entstandenen abhold. Die USA waren durch Revolution gegen eine europäische Macht entstanden. Nikolaus Lenau, der sich 1831/32 für wenige Monate in den Vereinigten Staaten befand, prägte in seinen Veröffentlichungen bis heute wirksame Stereotypen – vor allem die des kulturlosen Amerikaners: „Diese Amerikaner sind himmelanstinkende Krämerseelen. Tot für alles geistige Leben, mausetot.“ Die Amerikaner zeigen nur Interesse an „merkantilen“, „technischen Fertigkeiten“. „Hier entfaltet sich der praktische Mensch in seiner furchtbarsten Nüchternheit.“
Die Amerikaner als „vaterlandslose Gesellen“: „Was wir Vaterland benennen, ist hier bloß eine Vermögensassekuranz.“
Der geldbesessene Amerikaner: „Der Amerikaner kennt nichts, er sucht nichts als Geld; er hat keine Idee; folglich ist der Staat ... nur eine materielle Konvention.“
Der degenerierte Amerikaner: Für Lenau kommen in Amerika Menschen und Tiere (!) „von Geschlecht zu Geschlecht weiter bergab“.
Und so kennt der Amerikaner „keinen Wein und keine Nachtigall“. Geschieht ihm recht! Lenau: „Die Nachtigall hat Recht, dass sie bei diesen Wichten nicht einkehrt. Das scheint mir von ernster, tiefer Bedeutung zu sein, dass Amerika gar keine Nachtigall hat. Es kommt mir vor wie ein poetischer Fluch.“

„Rechts“, „links“ - jede politische Coleur bedient sich amerikafeindlicher Resentiments, das junge Deutschland, Heine, Marx sowieso.
Es entsteht die Metapher von der Entfremdung, die in den sich industrialisierenden USA ihre größte Ausprägung findet. Amerika steht für Geld und Moderne, für Dekadenz und Abbruch der Tradition. So finden sich amerikafeindliche Phobien gerne bei den Eliten, beim Adel. Nobilität in den USA nicht mehr durch Geburt, sondern durch Fleiß, Wagnis, Geschäftssinn. Die Mühseligen und Beladenen dagegen optieren nur allzuoft für die Auswanderung ins gelobte Land.

Imperialismus

Die Legende lebt: die USA ergreifen im WK I erst dann Partei, als sich die Niederlage der Achsenmächte abzeichnet. Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg der deutschen Flotte gegen die Handelsflotte der USA konnte aber nicht ohne Folgen bleiben. Die vierzehn Punkte des amerikanischen Präsidenten Wilson verhinderten den völligen militärischen Zusammenbruch Deutschlands – ein Faktum, das den Deutschen wohlweislich verschwiegen wurde. So wird Wilson zum kollektiven Hassobjekt der Verlierernation, und mit ihrem Präsidenten die USA.

Die Nationalsozialisten setzen sich ins gemachte Nest. Hitler: „Die USA ist ein innerlich faules Land mit Rassenproblemen und sozialer Ungleichheit, ein Land ohne Ideen ... Meine Gefühle für Amerika sind voller Hass und Widerwillen; halb verjudet, halb vernegert und alles auf dem Dollar beruhend ... Die Amerikaner haben ein Hühnergehirn. Das Land ist ein Kartenhaus mit ungleichem materiellen Nieveau. Die Amerikaner leben wie die Schweine, wenn auch in einem höchst luxuriösen Schweinestall.“

USA-SA-SS

Der Antiamerikanismus der Nachkriegszeit arbeitet sich an Morgenthau-Plan und Besatzungsregime der Amis ab. Wolfgang Koeppen lässt in seinem Roman „Tauben im Gras“ eine Frau Behrend über die Minderwertigkeit der Besatzer räsonnieren (ein Topos übrigens, auf den auch die Russen treffen!): „Beine auf dem Tische ... Fließbandnahrung ... Im Garten spielten die fremden Kinder, tütenblau, dottergelb, feuerrot, ... siebenjährige Mädchen, die Lippen wie Huren geschminkt, die Mütter in Schlosserhosen ... fahrende Leute, unernste Menschen.“ „Zu viel Freiheit verwildert.“
Die Bundesrepublik? Nach Winter „ein amerikanisches Erzeugnis“.
Kultur? „Barbarei der Kulturindustrie“ Amerikas.

Befreiende Wirkung des Vietnamkriegs: endlich konnten die Sieger mit den Nazis auf eine Stufe gestellt werden. Die 68er skandierten: USA-SA-SS und erfreuten sich an Ho-Ho-Ho-Tschi-Minh. Antiamerikanismus als Generationsproblem: Die Söhne der Nazis wollten nicht sein wie die Väter und glaubten, dem Faschismus der Gegenwart widerstehen zu sollen. Der Faschismus der Gegenwart aber hatte eine Adresse: Amerika. Die Vereinigten Staaten als Hort des Monopolkapitalismus. Die Vereinigten Staaten als Weltfeind (Hans Magnus Enzensberger). Die Vereinigten Staaten als Verursacher des Elends der Dritten Welt. Und:

Nach dem 11. September 2001

Die Vereinigten Staaten als Verursacher des islamischen Terrorismus. Jean Baudrillard zu den Terroranschlägen auf Twintowers und Pentagon: Die USA selbst habe „die objektiven Bedingungen dieses furchtbaren Gegenschlages geschaffen. Der immanente Irrsinn der Globalisierung bringt Wahnsinnige hervor, so wie eine unausgeglichene Gesellschaft Delinquenten und Psychopathen erzeugt. In Wahrheit sind diese aber nur die Symptome des Übels.“

Globalisierung als neuer Begriff für Moderne.
Amerika ist Metapher für die Moderne und Antiamerikanismus Ausdruck des Unbehagens an ihr.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Der USA fliegen jetzt die eignen "Menschenrechtsbomben" um die Ohren

USA und Menschenrechte

LG
Fiore
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spectator
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Beitrag von spectator »

FioreGraz hat geschrieben:Der USA fliegen jetzt die eignen "Menschenrechtsbomben" um die Ohren

USA und Menschenrechte

LG
Fiore
Dort lesen wir:
Um welche osteuropäischen Staaten es sich handeln könnte, darüber gab es am Donnerstag zahlreiche Spekulationen und Dementis.
Ich tippe auf die Slowakei. Bush wurde dort sehr freundlich empfangen und in der hohen Tatra, wo noch viele Bären frei herumlaufen, gibt es genug Platz für Gefängnisse. ;)

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:Übrigens, Ihr Freunde Amerikas, hab da was für Euch:

Spiegel online in einem Gespräch mit dem französischen Philosophen André Glucksmann. Er hält Antiisraelismus, Antiamerikanismus und Hass auf Frauen für die zentralen Vorurteile der Weltgemeinschaft, der Allianz des Bösen, sozusagen.
Hier ein kurzer Ausschnitt aus dem Gespräch, das ganz zu lesen sich lohnt.
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,376427,00.html

SPIEGEL: Für den Antiamerikanismus scheint die Erklärung einfach: Imperialismus. Steckt in dieser Kritik nicht eine berechtigte Frustration über die amerikanische Hypermacht, die die Welt nach ihren Vorstellungen regieren und formen will?

Glucksmann: Amerikanern wie Juden wird der Vorwurf gemacht, die Weltordnung zu stören - ohne sie wäre alles besser. Der Mythos von der Allmacht Amerikas dient dazu, Amerika für alles verantwortlich zu machen und für alles schuldig zu erklären. Die Welt ist jedoch längst multipolar, Amerika kann nicht überall seine Bedingungen diktieren. Ist Russland unter Putin nicht imperial? Und China, dieser pharaonische Staat mit 1,3 Milliarden Menschen, der dabei ist, modernste Technik mit den Arbeitsbedingungen einer Sklavengesellschaft zu verbinden - kann dieses neue Ägypten nicht zu einer immensen Bedrohung heranwachsen?
Das wundert mich nicht. "Vorurteile" haben immer nur die anderen.
Die weltweiten Glucksmänner sind, wie könnte es anders sein, exzellent aufgeklärt und selbstredend vorurteilsfrei.

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nemesis
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Beitrag von nemesis »

Tacitus hat geschrieben:Leon de Winter schreibt einen zweiten Offenen Brief an George W. Bush. Auszüge daraus:
Leon de Winter hat geschrieben:Sehr geehrter Präsident Bush,
Sie haben zwei Völker von Tyrannen befreit. Keinen mickrigen kleinen Tyrannen der Sorte Honecker, die natürlich schon schlimm genug war, sondern Tyrannen von klassischem Format, von Ausmaßen, die wir uns hier im befriedeten Europa gar nicht mehr vorstellen können. Dennoch spricht man in Europa nicht mit Respekt von Ihnen.
Es war schön von den Vereinigten Staaten, uns auf dem Balkan zu Hilfe zu kommen. Gleich dreimal in achtzig Jahren haben die Vereinigten Staaten uns unter Aufopferung ihrer Söhne von unermesslicher Gewalt befreit. Aber ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sie dafür nicht nur Dank, sondern auch Hass ernten? Dankbarkeit mündet auf die Dauer immer in Ranküne.
In Afghanistan und im Irak haben Sie grausame Regimes verjagt, und demzufolge stellen Sie in den Augen gebildeter europäischer Denker paradoxerweise eine Gefahr für den Weltfrieden dar. Man misstraut Ihren Motiven, Ihrer Macht, ja sogar Ihrem Charakter. Sie werden gehasst.
http://www.welt.de/data/2003/10/11/180698.html?s=1

Leon de Winter spricht mir aus der Seele.
naja nachdem bush & co. saddam aufgerüstet und auch die taliban an die macht gebracht haben, haben sie ihre "fehler" korrigiert. die zärtlichkeit bushs ist in form von bombenteppichen auf diese länder (besonders afghanistan) gekommen und hat einiges an menschenmaterial gekostet.

nur die leon de winters dieser welt sind so naiv, denn Saudi-Arabien ist das reaktionärste regime und der größte Verbündete.
wenns ums schwarze gold geht.....
Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen. - Kurt Tucholsky

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nemesis hat geschrieben:nur die leon de winters dieser welt sind so naiv
Der Mann ist sicher nicht naiv, bloß unser Tacitus.
[/color]
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nemesis
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Beitrag von nemesis »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Nemesis hat geschrieben:nur die leon de winters dieser welt sind so naiv
Der Mann ist sicher nicht naiv, bloß unser Tacitus.
[/color]
oder so...
Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen. - Kurt Tucholsky

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nemesis
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Beitrag von nemesis »

Ich kann mich noch erinnern, ein offensichtlich etwas erregter Autor drechselte während des Kosovo-Krieges die These, die indianische Urbevölkerung in Nordamerika sei fast ausgerottet worden, zum "alten Topos des Antiamerikanismus". Und in der nächsten Runde seines argumentativen Deliriums feierte er die Benennung von Kampfhubschraubern nach einem Indianerstamm als eine gelungene Art von Wiedergutmachung aus "Schuldbewusstsein gegenüber den Erschlagenen". Die wehren sich bekanntlich nie.

Das Buch von Dan Diner wurde ja auch erwähnt. Anhand der Bücher von ihm ("Verkehrte Welt", 1993 und "Das Jahrhundert verstehen", 1999) kann man zeigen, wie der von Hause aus leeren Propagandaformel "Antiamerikanismus" durch beliebige sozialpsychologische Spekulation nachträglich beliebige Inhalte verpasst und Motive untergeschoben werden. Z.b. die gegen den Vietnamkrieg Protestierenden in den 60er und 70er Jahren waren "antiamerikanisch" orientiert, weil ihnen Diner im nachhinein die kollektive Ferndiagnose stellt, "die in Vietnam erkannten Verbrechen" hätten sich in den Köpfen und Seelen (!) der Demonstranten "mit den Verbrechen der eigenen Väter" im Zweiten Weltkrieg verwoben. Das Argument läuft doppelt: weil die Väter und Großväter gegen die Nazis nichts unternommen hätten, wollten das deren Kinder und Enkel "generationsverschoben" kompensieren oder die Kinder und Enkel kämpfen wie Väter und Großväter gegen "Amerika" – jetzt als Demonstranten, früher als Soldaten. Ergo: Anti-Vietnam-Protest ist in jedem Fall "Antiamerikanismus". Ein apartes "Wissen". Ganz abgesehen davon, dass derlei Motiv"forschung" rein spekulativ ist und auf fragwürdigen Konstruktionen wie einem "kollektiven Unbewussten" beruht, vermag die Improvisation nicht einmal zu erklären, warum die Proteste gegen den Vietnam- wie gegen den zweiten Golfkrieg weltweit (und auch in den USA selbst) stattfanden und sich politisch artikulierten und nicht "geopolitisch" oder völkerpsychologisch.
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Nemesis hat geschrieben:nur die leon de winters dieser welt sind so naiv
Der Mann ist sicher nicht naiv, bloß unser Tacitus.
[/color]
Ach, ich halte Tacitus überhaupt nicht für naiv. Tacitus ist nur tiefgläubig. Er ist ein besonders geglücktes Produkt der alliierten Umerziehung.

So wie er sollten in der amerikanischen Besatzungszone alle glauben.

Indes klappt das noch nicht so richtig. Manche wagen sogar Amerika an seiner eigenen humanitären Phrase zu messen.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

BARBARUS HIC ERGO SUM, QUIA NON INTELLEGOR ULLI

Ein Barbar bin ich hier, da ich von keinem verstanden werde.
Ovid

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Tacitus hat geschrieben:BARBARUS HIC ERGO SUM, QUIA NON INTELLEGOR ULLI

Ein Barbar bin ich hier, da ich von keinem verstanden werde.
Ovid
Das geht mir auch oft so; da stellt sich dann leicht ein Gefühl von Einsamkeit, Ohnmacht und Trauer ein.

Wir leben in einer Zeit der Zersplitterung, der Atomisierung.

Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Tacitus hat geschrieben:BARBARUS HIC ERGO SUM, QUIA NON INTELLEGOR ULLI

Ein Barbar bin ich hier, da ich von keinem verstanden werde.
Ovid
Ovid,
ist das nicht der,
mit den interessanten orgiastischen Beschreibungen?
Aber ein Lehrer der Kirche wird er sicher nicht sein.
Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist...

!Nichts

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nicht orgiastisch, Ragnar, erotisch.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Wo willst Du da schon die Grenze ziehen, lieber Robert?

Ragnar hat geschrieben: Ovid,
ist das nicht der,
mit den interessanten orgiastischen Beschreibungen?
Aber ein Lehrer der Kirche wird er sicher nicht sein.
Publius Ovidius Naso, kurz Ovid (* 20. März 43 v. Chr. in Sulmo, † 17 n. Chr. oder später in Tomis) war ein römischer Dichter.
Näheres hier.

Ein Lehrer der Kirche? Nun, die Kirche kann von allen lernen, im Guten wie im Schlechten. Aber ein Kirchenlehrer im engeren Sinne - nein, das kann er schon nach einem kurzen Blick auf seine Lebensdaten nicht gewesen sein. Eher schon ein alttestamentlicher Prophet.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Wo willst Du da schon die Grenze ziehen, lieber Robert?
Vorher, mein Lieber, vorher … ;)
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Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Tacitus hat geschrieben:Wo willst Du da schon die Grenze ziehen, lieber Robert?

Ragnar hat geschrieben: Ovid,
ist das nicht der,
mit den interessanten orgiastischen Beschreibungen?
Aber ein Lehrer der Kirche wird er sicher nicht sein.
Publius Ovidius Naso, kurz Ovid (* 20. März 43 v. Chr. in Sulmo, † 17 n. Chr. oder später in Tomis) war ein römischer Dichter.
Näheres hier.

Ein Lehrer der Kirche? Nun, die Kirche kann von allen lernen, im Guten wie im Schlechten. Aber ein Kirchenlehrer im engeren Sinne - nein, das kann er schon nach einem kurzen Blick auf seine Lebensdaten nicht gewesen sein. Eher schon ein alttestamentlicher Prophet.
Sicher kein alttestamentlicher Prophet,
es sei denn,
Du meintest einen der falschen Propheten!
denn dafür hat er dann doch eher den Leuten von Sodom und Gomorra gehuldigt,
die hier ja auf wechselnde Sympathien treffen
(was Ihr so alles zur lest :jump: )
Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist...

!Nichts

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Das wundert mich nicht. "Vorurteile" haben immer nur die anderen.
Die weltweiten Glucksmänner sind, wie könnte es anders sein, exzellent aufgeklärt und selbstredend vorurteilsfrei.
Das Vorurteil ist recht für den Menschen gemacht, es tut der Bequemlichkeit und der Eigenliebe Vorschub, zweien Eigenschaften, die man nicht ohne die Menschheit ablegt.
Immanuel Kant (1724 - 1804)

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Beitrag von Tacitus »

nemesis hat geschrieben:naja nachdem bush & co. saddam aufgerüstet und auch die taliban an die macht gebracht haben, haben sie ihre "fehler" korrigiert. die zärtlichkeit bushs ist in form von bombenteppichen auf diese länder (besonders afghanistan) gekommen und hat einiges an menschenmaterial gekostet.

nur die leon de winters dieser welt sind so naiv, denn Saudi-Arabien ist das reaktionärste regime und der größte Verbündete.
wenns ums schwarze gold geht.....
The Americans will always do the right thing... After they've exhausted all the alternatives.
Winston Churchill, Sir (1874-1965)  

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nemesis
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Beitrag von nemesis »

The Americans will always do the right thing... After they've exhausted all the alternatives. Winston Churchill, Sir (1874-1965)
Ob jemand als Freund der USA oder als das Böse der Welt präsentiert wird, ist eine Frage des Datums oder des Zufalls.
Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen. - Kurt Tucholsky

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

1. Geht auf www.google.de (oder www.google.com).
2. Gebt "failure" ein.
3. Drückt "Auf gut Glück!" (bzw. "I'm Feeling Lucky" in der englischen Variante).
4. Bild

Ist offenbar von Google so gewollt.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

nemesis hat geschrieben:Ob jemand als Freund der USA oder als das Böse der Welt präsentiert wird, ist eine Frage des Datums oder des Zufalls.
Am Ende bleibt den Amerikanern doch nur ein Freund: Gott.

Bild

Aber auch dagegen will nun ein verrückter Ami klagen: Wegen der Verankerung der Trennung von Staat und Kirche in der Verfassung der USA möchte er "In God We Trust" vom Dollarschein verbannt sehen. Da steht's!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dieser „Gott“ hat allerdings mit dem der Christen nichts zu tun,
wie du unschwer an der triefenden Maurersymbolik der Dollar-
note erkennen kannst. Da geht’s nur um den GBaW.
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Yeti
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America

Beitrag von Yeti »

Hm, ich war jetzt zweimal "drueben". Was mir auffiel: schoene Landschaften, aber sie "dauern" zu lang (war viel mit dem Auto unterwegs) = die ersten fuenf Minuten sind spannend, dann bleibt die Landschaft hunderte von Meilen gleich. Sofort wuenschte ich mir den Schwarzwald zurueck ;D . Die Leute: ganz unterschiedlich, aber alle freundlich (wenn auch meist oberflaechlich freundlich), bessere, tiefergehende Gespraeche ergaben sich meist eher mit gesellschaftlich schlechter Gestellten, Leute aus den oberen Schichten hielten in meinen Gespraechen mit ihnen (merkwuerdigerweise) eher an ihren Vorurteilen bzw. Nichtwissen fest (Eine wahrscheinlich oft erzaehlte Anekdote hab ich auch erlebt: "Hitler ist doch Praesident bei euch, oder?").

Die Oberflaechlichkeit ist hier Programm. Das kann angenehm sein, wenn sie einem in Form eines Zuwinkens von einem nach Tagen entgegenkommenden Autos (bzw. dessen Fahrer) begegnet, aber auch schlimm, wenn man mit Leuten redet. Besonders ausgepraegt ist solch ein Verhalten in Geschaeften; dort herrscht zwar eine Freundlichkeit, von der sich viele der hierzulande im Verkauf Taetigen eine Scheibe abschneiden koennten, allerdings geht`s halt ums Geld ("Man merkt die Absicht und ist verstimmt").

Was man manchmal merkt, ist die intellektuelle Unbeweglichkeit vieler Leute; das wirkt sich so aus, dass man sich gar nicht vorstellen kann, dass andere Kulturen eben anders leben und auch gar nicht anders leben wollen, u.U. auch ueberhaupt nicht dieselben Werte teilen. Das kann man allerdings nur der oberen Schicht anlasten, die entsprechenden Zugang zu einer ganzheitlichen Bildung hatten bzw. haben. Das Ignoranzpotential gegenueber anderen Laendern, Kulturen etc. ist wie gesagt hoch. Meine Tante (sie lebt seit fast 30 Jahren dort u. hat einen Amerikaner geheiratet) meint, dass die grosse Masse der Leute durch hohe Buchpreise, fehlenden Zugang zu wirklich oder eher unabhaengigen Medien (kosten Geld, z.B. CNN nur durch Kabel, ueberregionale Zeitungen etc., Internet wird selten zur Bildung benutzt) bewusst dumm gehalten werden sollen. Das halte ich fuer etwas ueberspitzt formuliert, aber kommt zumindest dem Effekt nach hin.

Nach dem Abschluss meiner Ausbildung haette ich die Moeglichkeit gehabt, dort eine Stelle zu bekommen, ich habe aber abgelehnt, weil ich mir das Leben dort nicht vorstellen konnte. Ich bereue das bis heute nicht.

Noch was zur Bildung, nur ein kleines Streiflicht: ich hab mir das Schulbuch meiner Nichte aus Texas angesehen; eine Seite ueber die Ausrottung der Indianer (ohnehin grotesk verzerrt), ganze 15 Seiten ueber die Shoa. Niemand will relativieren, aber das war symptomatisch. Mit den dunklen Seiten ihrer Vergangenheit befassen sie sich weniger gern, das scheint aber eine angelsaechsische Eigenart zu sein (bzw. gibt`s auch in Frankreich oder warum sind bis heute die den II. Weltkrieg betreffenden Archive in Paris, London und Washington gesperrt, wogegen man beschaemenderweise in Moskau mittlerweile fast durchgaengig freien Zugang bekommt?). Auch wenn speziell bei uns in Deutschland das manchmal etwas "ausgebatscht" wird, das ist mir dann doch lieber als diese konsequente Verdraengung.

In diesem Zusammenhang ist mir was die USA (aber auch Grossbritannien und Frankreich) betrifft aufgefallen, welcher fast schon quasireligioeser Kult um nationale Symbole betrieben wird. Im Oberstuebchen hab` ich mir dazu eine kleine Theorie zugelegt: Ueberall dort, wo uebermaessig Flaggen als nationale Symbole zu sehen sind, stimmt was nicht bzw. ist im Durchschnitt keine oder nur wenig Reflektionsvermoegen ueber die eigene Herkunft, Geschichte bis hin zur eigenen Biographie etc. vorhanden, als waere eine Stufe der Individuation in der Entwicklung ueberschritten oder ausgelassen worden (Trennung von Symbol und Symbolisiertem). Interessanterweise wurde mir das von Briten u. Amerikanern bestaetigt, allerdings mit dem Hinweis, dass "wir" Deutschen das auch uebertreiben wuerden. Da koennte was dran sein, wir neigen ja ein bissl zur Uebertreibung, aber ein wenig mehr Reflektion koennte manchmal Kriege verhindern...z.B. das ehrliche Nachgehen nach der Frage, warum man nur so unbeliebt ist? Erst wenn man sich diese Frage gar nicht erst mehr stellt, ist der Rubicon zur Hybris ueberschritten, bezeichnenderweise habe ich gerade in letzter Zeit Vergleiche der USA mit dem zusammenbrechenden roemischen Imperium gehoert. Analogien zur Naturwissenschaft bieten sich an: ein "sterbender" Stern blaeht sich auf, bevor er in einer Supernova implodiert.
Gruss, Yeti

Tacitus
Beiträge: 1176
Registriert: Montag 20. Juni 2005, 18:50

Beitrag von Tacitus »

Hm, also doch: Die Amis sind oberflächlich, dumm, ignorant und kulturell auf dem absteigenden Ast.
Schön, dass Dir Deine Besuche in den USA alle Vorurteile bestätigt haben, die die Deutschen schon seit über hundert Jahren pflegen.
Reisen bildet!
Lieber Yeti, mit dieser Einstellung wirst Du hier im Forum noch weit kommen, ehrlich. Gott segne Dich!

To bad that the Americans do not agree. Listen to that Link. Good music, man! And read the text carefully.

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