"Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Sempre
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"Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Sempre »

cantus planus hat geschrieben:In der Tat sehe ich für einen Katholiken derzeit nur zwei ernsthafte Möglichkeiten: Sedisprivationismus oder Orthodoxie.
Wie kann ein Katholik, dem das Gebaren des aktuellen Papstes oder der jüngeren Päpste aufstößt, ernsthaft in Erwägung ziehen, dass die Kirche seit 1000 Jahren im Irrtum sei? Er gäbe sein Bekenntnis des Glaubens der Kirche auf.

cantus planus hat geschrieben:Ich habe hier neulich einen Satz gesagt, der für einige Irritationen gesorgt hat ("Sedisprivationsimus oder Orthodoxie"). Viele romtreue Katholiken werden bald erkennen müssen, dass sie keine Möglichkeit mehr haben, in der offiziellen Kirchenstruktur der deutschsprachigen Länder noch zu überleben. Eine tragfähige Lösung der daraus entstehenden Probleme kann ich im Moment allerdings auch noch nicht anbieten, wie ich gleich betone. Ich denke noch nach.
Wie lautete die Begründung dafür, dass der Heiligen Stuhl de jure unbesetzt sei?
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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cantus planus
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von cantus planus »

Danke, dass du dieses Thema aufgegriffen hast, sempre. Vielleicht kommen ja jetzt ein paar konkrete Antworten. Vorweg muss man allerdings klar sagen, dass sich das Problem ja ganz und gar nicht auf den Heiligen Stuhl beschränkt. Das an sich wäre unproblematisch. Höchstens etwas ärgerlich. Das Problem durchzieht den gesamten Episkopat, ja die ganze Kirche.
Sempre hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:In der Tat sehe ich für einen Katholiken derzeit nur zwei ernsthafte Möglichkeiten: Sedisprivationismus oder Orthodoxie.
Wie kann ein Katholik, dem das Gebaren des aktuellen Papstes oder der jüngeren Päpste aufstößt, ernsthaft in Erwägung ziehen, dass die Kirche seit 1000 Jahren im Irrtum sei? Er gäbe sein Bekenntnis des Glaubens der Kirche auf.
Es stellt sich einzig die Frage, ob nicht die Kirche ihren Glauben aufgegeben hat. Und zwar in sämtlichen Bereichen. An den neuralgischen Punkten hat sich auch unter diesem Pontifex nichts geändert, wie jene Petitionsverfasser neulich um Leute wie Msgr. Gherardini korrekt feststellten. Es wurde nicht einmal eine bescheidene Kommission eingesetzt, die die Lehre des II. Vaticanums auf ihre Vereinbarkeit mit der Tradition überprüft, oder die Ansatzpunkte für eine konkrete liturgische "Reform der Reform" zu finden. Es sind einige wenige Impulse vom Papst gekommen, die in der Tat Gutes bewirkt haben. Aber auf weiter Fläche ist es eher noch schlimmer geworden.

Und wenn ich vermute, dass diese Tendenz mittlerweile unumkehrbar sein dürfte, weil nach diesem Papst nur noch Leute auf den Stuhl Petri gelangen können, die bereits ausschließlich in der verwirrten, nachkonziliaren Theologie ausgebildet wurden, muss man sich in der Tat einige peinliche Fragen stellen. Vor allem frei von den Scheuklappen, dass einfach nicht sein kann, was nicht sein darf.

In diesem Pontifikat stellt sich für mich die Frage noch nicht akut. Aber warten wir mal ab, wie es weitergeht. Ich denke über verschiedene Dinge nach, um nicht hinterher kalt überrascht zu werden und behaupten zu müssen, man habe es ja nicht ahnen können...

Vor allem muss man aufhören, alleine nach Rom zu schielen: hätten wir einen wirklich miserablen Papst, könnte die Kirche das problemlos verkraften, wäre der Rest der Kirche gesund. Wir haben aber einen absolut miserablen Episkopat, eine absolut miserable akademische Theologie, ein miserables Kirchenrecht (welches im Gegensatz zum CIC von 1917 mit Häresien und Irrtümern durchsetzt ist) und eine - freundlich formuliert - fragwürdige Liturgie, wobei immer noch nicht nachgewiesen ist, dass sie überhaupt hätte eingeführt werden dürfen und der Nachweis fehlt, dass ein Papst überhaupt die Vollmacht hat, von heute auf morgen solche Reformen durchzuführen.

Und wir sehen deutlich, dass selbst einem großen Theologen und gutwilligen Papst wie Benedikt XVI. echte Reformen scheinbar nicht mehr möglich sind, weil von allen offiziellen kirchlichen Stellen permanent Sabotage betrieben wird oder man das römische Vorgehen einfach komplett ignoriert.

Im offensichtlichen Unwillen des Heiligen Vaters (womit ich jetzt nicht nur die Person Benedikts XVI. meine, sondern auch schon seine Vorgänger), diese Fragen wirklich offensiv anzugehen, obgleich er nicht nur aus Kreisen der FSSPX, sondern auch von unzweifelhaft in voller Einheit mit dem Papst stehenden vatikanischen Prälaten und anderen angesehenen Persönlichkeiten seit Jahrzehnten dazu gedrängt wird, und mittlerweile die Zeit reift, das II. Vaticanum allmählich auf den Prüfstand zu stellen (war es überhaupt ein Konzil? Nach "Auctorem Fidei" z. B. ganz klar nicht. War es das "Zweite Vatikanische"? Nein. Denn was ist mit der ausstehenden Fortsetzung des abgebrochenen I. Vaticanums? War es "ökumenisch"? Ganz klar nein, denn es nahmen nicht nur jene daran teil, die wirklich "zum Haus gehörten", sondern Häretiker und Schismatiker hatten bedenklichen Einfluss in den Kommissionen.), was eben vor einem Jahrzehnt noch undenkbar gewesen wäre, sieht man meines Erachtens klar, dass der Bruch mit der vorkonziliaren Kirche wenn nicht gewollt, so doch billigend in Kauf genommen wird.

Die Frage, ob Päpste irren können, ist meiner Meinung nach unzureichend beantwortet: wenn das Gesetz des Betens das Gesetz des Glaubens bestimmt, ist die Liturgiereform eben äußerst problematisch und die verheerenden Früchte sind nicht zu übersehen. Hier klafft eine empfindliche Lücke in der Betrachtung des päpstlichen Lehramtes, die diskutiert werden muss. Auch muss endlich klargestellt werden, wer die Vollmacht hätte, eine häresiebedingte Sedisvakanz festzustellen und was dann zu geschehen hätte.

Dass wir unter Johannes Paul II. nur um Haaresbreite daran vorbeigeschrammt sind, diese peinlichen Frage nicht nur theoretisch zu diskutieren, sollte uns Warnung genug sein.

Außerdem ist es für mich vollkommen unzureichend, dass ein Papst wie Johannes Paul II. in zahllosen Glauensfragen zumindest permanent sehr fragwürdige Positionen vertrat, aber eben nichts dogmatisiert hat. Damit ist die katholische Welt für die einen in Ordnung, und die anderen wittern einen Notstand, der ebenfalls rechtlich nicht zu fassen, schlecht zu begründen und einzugrenzen und damit fragwürdig ist. Ich habe hier im Forum ja schon mehrfach angesprochen, wie die FSSPX wohl weitermachen will, wenn dieser "Notstand" die nächsten zwei Jahrhunderte anhält? Es kann ja nun nicht sein, dass man einfach so weitermacht. Das würde jede gesunde Ekklesiologie ad absurdum führen.

Ebenso habe ich mehrfach angesprochen - ein Gedanke, der komischerweise nie von jemandem kommentiert wurde - was eigentlich ein Kirchenrecht wert ist, dass den Gläubigen gewisse Rechte garantiert, aber man vom Pfarrer angefangen bis zum Heiligen Stuhl hinauf ins Leere läuft, wenn man die Beschneidung dieser Rechte moniert. Solange das Kirchenrecht nur für schöne Worte zuständig ist, und ansonsten Berge von Akten produziert, die in Ordinariaten gebunkert und vergessen werden können, ist offenkundig etwas massiv nicht in Ordnung.

Und auch das ist letztlich keine Frage rechtlicher Schwierigkeiten, sondern in letzter Konsequenz eine dogmatische Angelegenheit. Wenn die Argumentation der Traditionalisten richtig ist - wovon ich ausgehe, da ich keine Argumente dagegen finde und man den Bruch zwischen den vor- und nachkonziliaren Dokumenten ja schwarz auf weiß nachlesen kann - gibt es keinen Bereich in der Kirche, in dem nicht seit Jahrzehnten Notstand herrschte. Ich habe damit gewisse Glaubensschwierigkeiten, denn wenn die offizielle der Hierarchie in ihrer Gesamtheit permanent irrt, kommt auch die traditionelle Theologie recht bald in Not, diesen Zustand zu erklären und zu begründen.
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Germanus
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Germanus »

Der Glaube der Kirche ist nicht der Glaube von vor 1000 Jahren, wie "sempre" schreibt, sondern der Glaube der Apostel, den die Kirche weiterzugeben hat. Wie "cantus planus" ganz richtig bemerkt, würde es keine Rolle spielen, wenn dieser oder jener Papst oder Bischof ausschert und Falsches proklamiert. Wenn eine Theologie sich jedoch immer weiter darauf stützt, dass sie doch recht hat und deshalb nicht irren kann etc. etc., es aber offenkundig nicht schafft, den apostolischen Glauben weiterzuvermitteln, dann stimmt sehr viel nicht mehr. Die Kirche kann nicht aus Furcht vor Häresie nur um ihr "Recht" kämpfen und mit theologischen Totschlagargumenten, die sich selbst Beweis sein sollen, um sich werfen. Das ist nicht ihre Berufung. Wenn man schon solche verrückten Begriffe wie "Sedisprivationismus" in den Raum stellen muss, dann zeigt das, wie sehr sich manche Menschen um den Glauben sorgen, und dass sie das zu Recht tun. Das ist in keiner Weise ein Angriff auf die Menschen, die aus Treue zur Kirche zu handeln meinen. Diese sollten aber auch ihrerseits nicht Verdammung und Hölle heraufbeschwören, wenn andere Menschen aufrichtig den apostolischen Glauben leben wollen.
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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Moser
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Moser »

cantus planus hat geschrieben:Es wurde nicht einmal eine bescheidene Kommission eingesetzt, die die Lehre des II. Vaticanums auf ihre Vereinbarkeit mit der Tradition überprüft, oder die Ansatzpunkte für eine konkrete liturgische "Reform der Reform" zu finden.
Warum hätte Benedikt das tun sollen?
Er ist doch sowohl von der Vereinbarkeit überzeugt ("Hermeneutik der Kontinuität") als auch vom NOM, ansonsten hätte er diesen ja kaum als ordentliche Form des römischen Ritus bezeichnet.
Daher werden sich ihm diese Fragen nicht stellen. Und nur weil FSSPX und Co. laut danach krähen, muss er deswegen noch gar nix.

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ottaviani
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von ottaviani »

cantus planus hat geschrieben:Danke, dass du dieses Thema aufgegriffen hast, sempre. Vielleicht kommen ja jetzt ein paar konkrete Antworten. Vorweg muss man allerdings klar sagen, dass sich das Problem ja ganz und gar nicht auf den Heiligen Stuhl beschränkt. Das an sich wäre unproblematisch. Höchstens etwas ärgerlich. Das Problem durchzieht den gesamten Episkopat, ja die ganze Kirche.
Sempre hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:In der Tat sehe ich für einen Katholiken derzeit nur zwei ernsthafte Möglichkeiten: Sedisprivationismus oder Orthodoxie.
Wie kann ein Katholik, dem das Gebaren des aktuellen Papstes oder der jüngeren Päpste aufstößt, ernsthaft in Erwägung ziehen, dass die Kirche seit 1000 Jahren im Irrtum sei? Er gäbe sein Bekenntnis des Glaubens der Kirche auf.
Es stellt sich einzig die Frage, ob nicht die Kirche ihren Glauben aufgegeben hat. Und zwar in sämtlichen Bereichen. An den neuralgischen Punkten hat sich auch unter diesem Pontifex nichts geändert, wie jene Petitionsverfasser neulich um Leute wie Msgr. Gherardini korrekt feststellten. Es wurde nicht einmal eine bescheidene Kommission eingesetzt, die die Lehre des II. Vaticanums auf ihre Vereinbarkeit mit der Tradition überprüft, oder die Ansatzpunkte für eine konkrete liturgische "Reform der Reform" zu finden. Es sind einige wenige Impulse vom Papst gekommen, die in der Tat Gutes bewirkt haben. Aber auf weiter Fläche ist es eher noch schlimmer geworden.

Und wenn ich vermute, dass diese Tendenz mittlerweile unumkehrbar sein dürfte, weil nach diesem Papst nur noch Leute auf den Stuhl Petri gelangen können, die bereits ausschließlich in der verwirrten, nachkonziliaren Theologie ausgebildet wurden, muss man sich in der Tat einige peinliche Fragen stellen. Vor allem frei von den Scheuklappen, dass einfach nicht sein kann, was nicht sein darf.

In diesem Pontifikat stellt sich für mich die Frage noch nicht akut. Aber warten wir mal ab, wie es weitergeht. Ich denke über verschiedene Dinge nach, um nicht hinterher kalt überrascht zu werden und behaupten zu müssen, man habe es ja nicht ahnen können...

Vor allem muss man aufhören, alleine nach Rom zu schielen: hätten wir einen wirklich miserablen Papst, könnte die Kirche das problemlos verkraften, wäre der Rest der Kirche gesund. Wir haben aber einen absolut miserablen Episkopat, eine absolut miserable akademische Theologie, ein miserables Kirchenrecht (welches im Gegensatz zum CIC von 1917 mit Häresien und Irrtümern durchsetzt ist) und eine - freundlich formuliert - fragwürdige Liturgie, wobei immer noch nicht nachgewiesen ist, dass sie überhaupt hätte eingeführt werden dürfen und der Nachweis fehlt, dass ein Papst überhaupt die Vollmacht hat, von heute auf morgen solche Reformen durchzuführen.

Und wir sehen deutlich, dass selbst einem großen Theologen und gutwilligen Papst wie Benedikt XVI. echte Reformen scheinbar nicht mehr möglich sind, weil von allen offiziellen kirchlichen Stellen permanent Sabotage betrieben wird oder man das römische Vorgehen einfach komplett ignoriert.

Im offensichtlichen Unwillen des Heiligen Vaters (womit ich jetzt nicht nur die Person Benedikts XVI. meine, sondern auch schon seine Vorgänger), diese Fragen wirklich offensiv anzugehen, obgleich er nicht nur aus Kreisen der FSSPX, sondern auch von unzweifelhaft in voller Einheit mit dem Papst stehenden vatikanischen Prälaten und anderen angesehenen Persönlichkeiten seit Jahrzehnten dazu gedrängt wird, und mittlerweile die Zeit reift, das II. Vaticanum allmählich auf den Prüfstand zu stellen (war es überhaupt ein Konzil? Nach "Auctorem Fidei" z. B. ganz klar nicht. War es das "Zweite Vatikanische"? Nein. Denn was ist mit der ausstehenden Fortsetzung des abgebrochenen I. Vaticanums? War es "ökumenisch"? Ganz klar nein, denn es nahmen nicht nur jene daran teil, die wirklich "zum Haus gehörten", sondern Häretiker und Schismatiker hatten bedenklichen Einfluss in den Kommissionen.), was eben vor einem Jahrzehnt noch undenkbar gewesen wäre, sieht man meines Erachtens klar, dass der Bruch mit der vorkonziliaren Kirche wenn nicht gewollt, so doch billigend in Kauf genommen wird.

Die Frage, ob Päpste irren können, ist meiner Meinung nach unzureichend beantwortet: wenn das Gesetz des Betens das Gesetz des Glaubens bestimmt, ist die Liturgiereform eben äußerst problematisch und die verheerenden Früchte sind nicht zu übersehen. Hier klafft eine empfindliche Lücke in der Betrachtung des päpstlichen Lehramtes, die diskutiert werden muss. Auch muss endlich klargestellt werden, wer die Vollmacht hätte, eine häresiebedingte Sedisvakanz festzustellen und was dann zu geschehen hätte.

Dass wir unter Johannes Paul II. nur um Haaresbreite daran vorbeigeschrammt sind, diese peinlichen Frage nicht nur theoretisch zu diskutieren, sollte uns Warnung genug sein.

Außerdem ist es für mich vollkommen unzureichend, dass ein Papst wie Johannes Paul II. in zahllosen Glauensfragen zumindest permanent sehr fragwürdige Positionen vertrat, aber eben nichts dogmatisiert hat. Damit ist die katholische Welt für die einen in Ordnung, und die anderen wittern einen Notstand, der ebenfalls rechtlich nicht zu fassen, schlecht zu begründen und einzugrenzen und damit fragwürdig ist. Ich habe hier im Forum ja schon mehrfach angesprochen, wie die FSSPX wohl weitermachen will, wenn dieser "Notstand" die nächsten zwei Jahrhunderte anhält? Es kann ja nun nicht sein, dass man einfach so weitermacht. Das würde jede gesunde Ekklesiologie ad absurdum führen.

Ebenso habe ich mehrfach angesprochen - ein Gedanke, der komischerweise nie von jemandem kommentiert wurde - was eigentlich ein Kirchenrecht wert ist, dass den Gläubigen gewisse Rechte garantiert, aber man vom Pfarrer angefangen bis zum Heiligen Stuhl hinauf ins Leere läuft, wenn man die Beschneidung dieser Rechte moniert. Solange das Kirchenrecht nur für schöne Worte zuständig ist, und ansonsten Berge von Akten produziert, die in Ordinariaten gebunkert und vergessen werden können, ist offenkundig etwas massiv nicht in Ordnung.

Und auch das ist letztlich keine Frage rechtlicher Schwierigkeiten, sondern in letzter Konsequenz eine dogmatische Angelegenheit. Wenn die Argumentation der Traditionalisten richtig ist - wovon ich ausgehe, da ich keine Argumente dagegen finde und man den Bruch zwischen den vor- und nachkonziliaren Dokumenten ja schwarz auf weiß nachlesen kann - gibt es keinen Bereich in der Kirche, in dem nicht seit Jahrzehnten Notstand herrschte. Ich habe damit gewisse Glaubensschwierigkeiten, denn wenn die offizielle der Hierarchie in ihrer Gesamtheit permanent irrt, kommt auch die traditionelle Theologie recht bald in Not, diesen Zustand zu erklären und zu begründen.
Mein Lieber du irrst
für den einzelnen Katholiken stellt sich die Frage nicht (der klassische Irrtum der Sedis) es ist nicht das Problem ist der Papst die Kirche als solchen kann den Glauben nicht verlieren sie kann von den Feinden besetzt werden aber so lange noch gültige Sakramente gespendet werden besteht nicht der geringste Anlaß solche Überlegungen an zu stellen die Sakramente sind gesicher durch die Priester die nach Vorkonziliaren Riten ordiniert wurden (/durch Bischöfe die nach dem alten Pontifikale geweiht wurden, das ist das Drama der Ecclesia Dei Gemeinschaften) und durch die Unierte Kirche ich denke man muß einfach so weiter tun wie zur Zeit des großen abendlänsdischen Schismas eine andere Qualität bekommt die Geschichte erst dann sollte ein Papst unfehlbar etwas Verkünden was klare Haeresie ist oder z.b. die Frauen Ordination erlauben
vorher sind es nette gedanken Spielereien mehr nicht

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lifestylekatholik
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von lifestylekatholik »

cantus planus hat geschrieben:Wenn die Argumentation der Traditionalisten richtig ist - wovon ich ausgehe, da ich keine Argumente dagegen finde und man den Bruch zwischen den vor- und nachkonziliaren Dokumenten ja schwarz auf weiß nachlesen kann - gibt es keinen Bereich in der Kirche, in dem nicht seit Jahrzehnten Notstand herrschte. Ich habe damit gewisse Glaubensschwierigkeiten, denn wenn die offizielle der Hierarchie in ihrer Gesamtheit permanent irrt, kommt auch die traditionelle Theologie recht bald in Not, diesen Zustand zu erklären und zu begründen.
Im Prinzip kann ich alles unterschreiben. Bis auf das: »die offizielle Hierarchie in ihrer Gesamtheit«. Das ist falsch.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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ottaviani
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von ottaviani »

die Hierarchie irrt gemeinsam im punkten wie Ökumenismus Religionsfreiheit usw aber nicht verbindlich in ihrer Gesamtheit
Im übrigen kommt die traditionelle Theologie nur wegen der Dauer des Ereignisses nicht in Not wie kommst du darauf daß das ein Problem sein könnte
vom praktischen Gesichtspunkten mal abgesehen

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Linus
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Linus »

passt nicht ganz, aber gestern hab ich eine Zusendung der Edition Hagia Sophia erhalten, u.a ein interessanter Titel. Erzpriester Georgios Metallinos: Wie der Papst "unfehlbar" wurde. Ich glaube, ich werds mir besorgen.

Linus, der sich in des Cantus Gemütlage durchaus einfühlen kann.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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martin v. tours
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von martin v. tours »

Nachdem ich auch gestern das Schreiben von Hagia Sofia erhalten habe,scheinen wir beide auf der Kundenliste zu stehen :hmm: .
Ich bin über deine Buchbesprechung gespannt,falls Du es dir bestellst.
martin v. tours
Nach dem sie nicht erreicht hat, daß die Menschen praktizieren, was sie lehrt, hat die gegenwärtige Kirche beschlossen, zu lehren, was sie praktizieren.
Nicolás Gómez Dávila

HeGe
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von HeGe »

martin v. tours hat geschrieben:Nachdem ich auch gestern das Schreiben von Hagia Sofia erhalten habe,scheinen wir beide auf der Kundenliste zu stehen :hmm:
Ich habe das Schreiben auch bekommen. :D Ich habe allerdings da auch schon mal was über den Amazon Marketplace bestellt.
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Kirchenjahr
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Kirchenjahr »

Linus hat geschrieben:passt nicht ganz, aber gestern hab ich eine Zusendung der Edition Hagia Sophia erhalten, u.a ein interessanter Titel. Erzpriester Georgios Metallinos: Wie der Papst "unfehlbar" wurde. Ich glaube, ich werds mir besorgen.

Linus, der sich in des Cantus Gemütlage durchaus einfühlen kann.
Im ersten Augenblick dachte ich, es handle sich um ein Buch von August Bernhard Hasler mit Vorwort von Küng. Das ist die 1,79 EUR nicht wert, für die man es gebraucht in Onlineshops kaufen kann (jajaja, keine Schleichwerbung).

Berichtet mal, falls darin Neuigkeiten berichtet werden. Dafür gibt es bereits einen eigenen Thread!

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Sempre
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Sempre »

cantus planus hat geschrieben:Im offensichtlichen Unwillen des Heiligen Vaters (womit ich jetzt nicht nur die Person Benedikts XVI. meine, sondern auch schon seine Vorgänger), diese Fragen wirklich offensiv anzugehen, obgleich er nicht nur aus Kreisen der FSSPX, sondern auch von unzweifelhaft in voller Einheit mit dem Papst stehenden vatikanischen Prälaten und anderen angesehenen Persönlichkeiten seit Jahrzehnten dazu gedrängt wird, und mittlerweile die Zeit reift, das II. Vaticanum allmählich auf den Prüfstand zu stellen (war es überhaupt ein Konzil? Nach "Auctorem Fidei" z. B. ganz klar nicht. War es das "Zweite Vatikanische"? Nein. Denn was ist mit der ausstehenden Fortsetzung des abgebrochenen I. Vaticanums? War es "ökumenisch"? Ganz klar nein, denn es nahmen nicht nur jene daran teil, die wirklich "zum Haus gehörten", sondern Häretiker und Schismatiker hatten bedenklichen Einfluss in den Kommissionen.), was eben vor einem Jahrzehnt noch undenkbar gewesen wäre, sieht man meines Erachtens klar, dass der Bruch mit der vorkonziliaren Kirche wenn nicht gewollt, so doch billigend in Kauf genommen wird.
So ist es. Und - wie Du selbst feststellst - ist es so schon seit Jahrzehnten.

cantus planus hat geschrieben:Es stellt sich einzig die Frage, ob nicht die Kirche ihren Glauben aufgegeben hat. Und zwar in sämtlichen Bereichen.
Nur wegen der Formulierung: Die Kirche sind natürlich immer die, die den Glauben nicht aufgegeben haben. Die, die nicht wegrennen und den Glauben der Kirche weiterhin umfänglich bekennen.

cantus planus hat geschrieben:Und wenn ich vermute, dass diese Tendenz mittlerweile unumkehrbar sein dürfte, weil nach diesem Papst nur noch Leute auf den Stuhl Petri gelangen können, die bereits ausschließlich in der verwirrten, nachkonziliaren Theologie ausgebildet wurden, muss man sich in der Tat einige peinliche Fragen stellen. Vor allem frei von den Scheuklappen, dass einfach nicht sein kann, was nicht sein darf.

In diesem Pontifikat stellt sich für mich die Frage noch nicht akut. Aber warten wir mal ab, wie es weitergeht. Ich denke über verschiedene Dinge nach, um nicht hinterher kalt überrascht zu werden und behaupten zu müssen, man habe es ja nicht ahnen können...
Was für peinliche Fragen denn? Wieso "kalt überrascht"? Läuft doch schon seit Jahrzehnten so! Es ist nicht sicher, auf den Papst und die anderen Konzilsbischöfe zu hören. Was sie verkünden, ist z.T. gar vernunftwidrig, wie etwa das natürliche Recht auf Ablehnung des Doppelgebots der Liebe aka Religionsfreiheit. Man hält sich besser an die Tradition.

Die in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen, sind nicht nur nicht in diesem Pontifikat noch nicht akut, sondern sie sind schon seit einigen Pontifikaten höchst akut. In diesem Pontifikat gab es bisher ein paar Brosamen zwecks Ruhigstellung der Halbkonservativen, nichts Neues.

cantus planus hat geschrieben:Vor allem muss man aufhören, alleine nach Rom zu schielen: hätten wir einen wirklich miserablen Papst, könnte die Kirche das problemlos verkraften, wäre der Rest der Kirche gesund. Wir haben aber einen absolut miserablen Episkopat, eine absolut miserable akademische Theologie, ein miserables Kirchenrecht (welches im Gegensatz zum CIC von 1917 mit Häresien und Irrtümern durchsetzt ist) und eine - freundlich formuliert - fragwürdige Liturgie, wobei immer noch nicht nachgewiesen ist, dass sie überhaupt hätte eingeführt werden dürfen und der Nachweis fehlt, dass ein Papst überhaupt die Vollmacht hat, von heute auf morgen solche Reformen durchzuführen.
Ja, so ist es. Eine schwere Prüfung für die Gläubigen, letztlich aber kein Grund, nicht am Glauben umfänglich festzuhalten. Wir lesen ja bereits im Neuen Testament von Fürchterlichstem, was da kommen wird.

cantus planus hat geschrieben:Die Frage, ob Päpste irren können, ist meiner Meinung nach unzureichend beantwortet: wenn das Gesetz des Betens das Gesetz des Glaubens bestimmt, ist die Liturgiereform eben äußerst problematisch und die verheerenden Früchte sind nicht zu übersehen. Hier klafft eine empfindliche Lücke in der Betrachtung des päpstlichen Lehramtes, die diskutiert werden muss. Auch muss endlich klargestellt werden, wer die Vollmacht hätte, eine häresiebedingte Sedisvakanz festzustellen und was dann zu geschehen hätte.
So etwas schiene auf den ersten Blick vielleicht ungemein praktisch und hilfreich für verunsicherte unmündige Schafe. Nur: wie sollte das aussehen? Die einzige Lösung wäre wohl: Ein Aufsichtsrat Zentralrat zur Überwachung des Papstes. Das stünde dann dem Jurisdiktionsprimat entgegen und wäre selbst häretisch.

cantus planus hat geschrieben:Ich habe hier im Forum ja schon mehrfach angesprochen, wie die FSSPX wohl weitermachen will, wenn dieser "Notstand" die nächsten zwei Jahrhunderte anhält? Es kann ja nun nicht sein, dass man einfach so weitermacht. Das würde jede gesunde Ekklesiologie ad absurdum führen.
[...]
[ich gehe davon aus, es gibt] keinen Bereich in der Kirche, in dem nicht seit Jahrzehnten Notstand herrschte. Ich habe damit gewisse Glaubensschwierigkeiten, denn wenn die offizielle der Hierarchie in ihrer Gesamtheit permanent irrt, kommt auch die traditionelle Theologie recht bald in Not, diesen Zustand zu erklären und zu begründen.
Bisher fünf zweifelhafte Päpste. In zweihundert Jahren vielleicht 25 oder 30. Was änderte das? Ob 5 oder 25 oder 50? Wenn die kommenden Päpste so weitermachen wie bisher, immer weiter bergab, ändert sich die Situation für traditionsverbunden Katholiken nicht. Ein Problem ergäbe sich, wenn Glaubenswidriges verbindlich zu glauben vorgelegt würde. Da aber ist der Heilige Geist vor. Aber auch so: Modernisten haben es nunmal nicht so mit Glauben und verbindlich und Dogma und so. Es besteht kein Grund zu einer derartigen Sorge.


Zu den Orthodoxen abwandern bedeutete nur, selbst auch noch vom Glauben der Kirche abzufallen. Ob man nach privatem Gutdünken den Papst als de jure Papst einschätzt oder nicht, was macht das für einen Unterschied? Entweder betet man, dass ein glaubenstreuer Papst kommen mag, der Klartext spricht und aufräumt, oder halt dass überhaupt ein Papst kommen mag. Ich selbst halte nichts davon, einen Papst als de jure doch nicht Papst einzustufen, bevor er nicht Irrtümer verbindlich lehrt oder wegen Irrtümern qualifiziert zur Rede gestellt wurde.
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

Ralf

Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Ralf »

cantus planus hat geschrieben:In der Tat sehe ich für einen Katholiken derzeit nur zwei ernsthafte Möglichkeiten: Sedisprivationismus oder Orthodoxie.
Es wäre traurig, wenn Du die Einheit mit dem Nachfolger Petri aufgeben würdest, traurig vor allem für Dich selbst, aber auch für den Leib Christi, dem ein wichtiges Glied fehlen würde.

Aber dennoch eine kleine Bitte: schreib doch anstelle "für einen Katholiken" lieber "für mich". Denn so ist es und so vereinnahmstDu niemanden.

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lifestylekatholik
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von lifestylekatholik »

Ralf hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:In der Tat sehe ich für einen Katholiken derzeit nur zwei ernsthafte Möglichkeiten: Sedisprivationismus oder Orthodoxie.
Aber dennoch eine kleine Bitte: Schreib doch anstelle "für einen Katholiken" lieber "für mich". Denn so ist es und so vereinnahmst Du niemanden.
Lieber Ralf, wenn du Cantus Argumente nachvollziehst, kommst du zu dem Ergebnis, dass er in der Tat »für einen Katholiken« schreiben musste. Den Vorwurf, er »vereinnahme« damit jemanden, verstehe ich nicht. Vielleicht willst du das noch ein wenig elaborieren.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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ar26
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von ar26 »

sempre hat geschrieben:So etwas schiene auf den ersten Blick vielleicht ungemein praktisch und hilfreich für verunsicherte unmündige Schafe. Nur: wie sollte das aussehen? Die einzige Lösung wäre wohl: Ein Aufsichtsrat Zentralrat zur Überwachung des Papstes. Das stünde dann dem Jurisdiktionsprimat entgegen und wäre selbst häretisch.
Seit Honorius I. wissen wir ja, daß so etwas möglich ist. Natürlich ist dies nur einem ökumenischen Konzil unter Zustimmung eines nachfolgenden Papstes gestattet.

Mir scheint zunächst notwendig, daß Problem zu strukturieren. Der erste Punkt ist die Möglichkeit eines papa haeraeticus. Dieses Problem sehe ich bei den letzten Päpsten nicht, sondern eher häresiebegünstigendes Verhalten wie bei jenem Honorius. Aber selbst wenn dies anders wäre, so folgt für mich daraus nur ein Problem für den Messkanon (das Gebet una cum). Da aber auch der Sedisprivationismus einer formellen Feststellung ausweicht, dürfte man die Nennung des Papstes wie auch des Ortsbischofes hinnehmen, weil er jenes Amt eben inne hat.

Der zweite Punkt erscheint mir viel gewichtiger. Kann ich der traditionellen Theologie noch vertrauen, wenn ich seit 50 Jahren feststellen muss, daß diese nicht mehr Teil des kirchlichen Lebens ist, vielmehr entgegenstehendes gelehrt wird, es der traditionellen Theologie auf Dauer an der Durchsetzungsmöglichkeit zu mangeln scheint.

Ein von Alters her in der Kirche akzeptierter Grundsatz ist, daß die Wahrheit daran zu erkennen ist, daß sie sich letztlich durchsetzt. Das kann man der traditionellen Theologie daher schon einmal zu Gute halten. Diese hatte sich ja schon einmal durchgesetzt, sonst hätten wir ja keine Kenntnis von ihr und würden sie nicht zum heute noch gültigen Maßstab erheben. Diesen Umstand sollte man aber nicht damit verwechseln, daß die Wahrheit immer von allen zu jeder Zeit akzeptiert wird.

Zu fragen ist nun, ob die Charakterisierung als Wahrheit verloren gehen muss, wenn diese 50 Jahre scheinbar keine Geltung mehr zu besitzen scheint. Hier muss zunächst einmal klar gesagt werden, daß man Zeiträume nicht dramatisieren darf. 50 Jahre mögen für uns moderne Menschen eine enorme Zeitspanne sein, vor dem Auge der Welt- oder Kirchengeschichte sind sie ein Fliegenschiss. Wenn 50 Jahre Irrtum, die Möglichkeit, im Besitz der Wahrheit zu sein, gänzlich ausschließen sollten, dann können beispielsweise die Kirchen byzantinischer Tradition schon gar keine Alternative sein, denn deren Vertreter im ersten Jahrtausend fanden sich bedeutend länger im Irrtum, wenn wir uns allein die Diskussion um den Monophysismus/Monotheletismus anschauen und das wenig ruhmreiche Verhalten eines Akakios oder Sergius oder Pyrhoss usw. Preisfrage ist, wer damals den rechten Glauben der Gesamtkirche verteidigt hat, richtig die Bischöfe von Rom wie Felix II. Martin I. oder Leo II.

Die Ursache der Ablehnung der traditionellen Theologie müssten daher näher beleuchtet werden. Hier ist aus meiner Sicht ganz klar eine Parallele zu den eben kurz angerissenen Ereignissen. Genau wie seinerzeit in Ostrom gefällt von Zeit zu Zeit den Mächtigen die Wahrheit nicht, dies gilt heute praktisch weltweit, da es bereits eine alternative Zivilreligion gibt. In diese kann das Christentum zwar eingebaut werden, aber eben nur so, wie es etwa von Kardinal Lehmann verstanden wird, nicht hingegen die traditionelle Theologie. Wie lange dieser Zustand andauern wird, ist schwer zu sagen. Die Lösung ist jedoch klar, man muss Widerstand leisten und die Hierarchen müssen die Geister scheiden. Das erfordert Mut und Abschied vom Traum der Vermeidung eines Schisma, das längst da ist.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

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Robert Ketelhohn
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Care cantus, du weißt ja, daß ich hier schon wiederholt die Gefahr gleichsam an
die Wand gemalt habe (und als reales, ja wahrscheinliches Szenario beschrieben),
daß die Kirche des römischen Patriarchats ihren Kirchencharakter in einem schlei-
chenden Prozeß verliere, daß die Kirchlichkeit verdunste, unter Fortbestehen der
äußeren Strukturen, so daß man in absehbarer Zeit an einen Punkt komme, an
welchem man diese verbliebenen, aber hohlen Strukturen trotz ihres katholischen
Namens werde fliehen müssen, um gerettet zu werden.

Mir scheinen deine Gedanken, wenngleich anders akzentuiert, in die selbe Rich-
tung zu gehen. Vielleicht kann ich noch ein paar Gedanken beitragen. – Zunächst
ist die beschriebene Situation generell noch nicht eingetreten, mancherorts aber
doch, teils in einzelnen Pfarreien, teils aber auch in größeren Regionen, bis hin zu
ganzen Diözesen, obschon es auch dort immer noch irgendwo Oasen der Kirchlich-
keit gibt.

Daß kein Mißverständnis aufkommt: Ganz überwiegend ist es so weit noch nicht.
Ich fürchte aber, daß der Rubico überschritten ist. Den Gutwilligen, den kirchlich
Gesinnten fehlt die Kraft, der Mut oder die rechte Erkenntnis der Lage, um das
Rechte und Nötige auch zu tun, während denen, die den Mut womöglich hätten,
aus Verhärtung nicht selten die kirchliche Gesinnung notleidend wird, ganz abge-
sehen davon, daß die Gesamtlage erfolgreich verhindert, daß solch Mutige über-
haupt in Leitungsämter gelangen.

Eine Gesamtanalyse der Ursachen und möglicher remediorum kann ich jetzt natür-
lich nicht einmal versuchen (obgleich ich mir vorgenommen habe, da demnächst
einmal heranzugehen). Eine Vorhersage will ich aber doch wagen. Die lateinische
Kirche wird sich nicht mehr selber retten können, ihr fehlt – wie beschrieben – die
Kraft dazu.

Neben echter innerer Reform, parallel zu ihr, kann der Patriarchat von Rom nur
gerettet werden, wenn die Versöhnung mit den getrennten Ostkirchen gelingt. Da-
zu wird es auch einer Korrektur von Fehlentwicklungen der Vergangenheit bedür-
fen. Dies betrifft nicht nur die offenkundigen Mißstände, die heute ein jeder sehen
kann, der die Augen auftut, sondern das geht tiefer und weiter zurück.

Gewiß, das Vaticanum II ist als „ökumenisches“ Konzil nicht haltbar. Das erste Vati-
canum
aber auch nicht. Um die Anerkenntnis, daß es sich um römische Generalsyn-
oden handelt, die als solche zu achten sind, aber nur die abendländische Kirche be-
treffen und auch nicht a priori einer Revision entzogen sind, werden wir nicht her-
umkommen.

Unumgänglich wird denn auch eine Revision lehramtlicher Aussagen dieser Gene-
ralkonzilien sein. Das braucht keineswegs durch förmliche Verwerfung zu gesche-
hen, man mag das im Sinn einer „Hermeneutik der Kontinuität“ durchaus so tun,
daß man verbindliche Auslegungen gibt, die an der Tradition und apostolischen
Lehre maßnehmen, mag ihnen auch der Wortlaut mancher Konzilstexte entgegen-
stehen und die Absicht der Verfasser solcher Texte eine andre gewesen sein.

Im Fall des vom ersten Vatikanischen Konzil postulierten Universalepiskopats des
römischen Bischofs ist der Gegensatz am schärfsten. Man wird die Aussagen von
Pastor æternus nur hinsichtlich der lateinischen Kirchendisziplin gelten lassen kön-
nen, und insoweit auch nicht als irreversibel.

Weitere Punkte in diesem Zusammenhang sind die verkündeten Lehrsätze über
Mariens unbefleckte Empfängnis und leibliche Himmelfahrt. Es ist zu klären, daß
beide keine unmittelbar heilsnotwendigen Glaubensgegenstände betreffen. Der
Satz von Mariens Himmelfahrt gibt gleichwohl den Glauben der ganzen Kirche
wieder und ist insofern unproblematisch. Der Lehrsatz von der unbefleckten Emp-
fängnis hingegen, der eine bestimmte Lehrmeinung oder ein Theologumenon einer
gewissen Schule darstellt und dem einige der wichtigsten Kirchenlehrer auch im
Westen widersprochen haben, wird so zu deuten sein, daß diese Meinung nicht
verketzert werden darf, mithin, daß ausgeschlossen sei, wer einen wegen dieses
Satzes der Häresie bezichtigt.

Auf ähnliche Weise ist mit dem Filioque zu verfahren. Die römische Kirche soll es
nach alter päpstlicher Tradition aus dem Symbol wieder entfernen, aber – den Spu-
ren des Florentiner Konzils folgend – unter Anerkennung der Gleichwertigkeit der
Formulierungen ex Patre Filioque und ex Patre per Filium als ausgeschlossen den und
nur den ansehen, welcher die Anhänger der einen oder der andern Redeweise ver-
ketzert.

Vielen besonders traditionellen Gläubigen der lateinischen Kirche erscheinen diese
oben aufgezählten Brocken als unschluckbare Kröten. Ich weiß. Es gilt dennoch den
Blick über den Horizont des 19. Jahrhunderts hinaus zu weiten. Ohne dies wird es
keine Rettung geben, und es ist noch nicht einmal genug.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Lupus
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Lupus »

:klatsch:
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cantus planus
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von cantus planus »

ar26 hat geschrieben:Mir scheint zunächst notwendig, daß Problem zu strukturieren. Der erste Punkt ist die Möglichkeit eines papa haeraeticus. Dieses Problem sehe ich bei den letzten Päpsten nicht, sondern eher häresiebegünstigendes Verhalten wie bei jenem Honorius. Aber selbst wenn dies anders wäre, so folgt für mich daraus nur ein Problem für den Messkanon (das Gebet una cum). Da aber auch der Sedisprivationismus einer formellen Feststellung ausweicht, dürfte man die Nennung des Papstes wie auch des Ortsbischofes hinnehmen, weil er jenes Amt eben inne hat.
Der Sedisprivationismus weicht nicht aus, sondern seine Vertreter sind sich schlicht und ergreifend der Tatsache bewußt, dass einerseits ein gewisser und mit den üblichen lehramtlichen Grundsätzen nicht erklärbarer Notstand herrscht, sie andererseits aber einfach nicht die Autorität haben, ihn umfassend zu be- oder gar verurteilen. Deshalb - und aus anderen Gründen - halte ich selbst übrigens den Sedisvakantismus für theologisch vollkommen ausgeschlossen.

Dem Rest deines Beitrages kann ich genau so zustimmen.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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taddeo
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Vielen besonders traditionellen Gläubigen der lateinischen Kirche erscheinen diese
oben aufgezählten Brocken als unschluckbare Kröten. Ich weiß.
Robert, was Du da aufzählst, ist nichts anderes als die Wunschliste der orthodoxophilen Ökumeneromantiker.
Historismus pur, der ungeeignete Versuch, das Rad der Kirchen- und Dogmengeschichte zurückdrehen zu wollen.

Aber ungeachtet dessen: Selbst wenn man von Seiten "Roms" alle diese angesprochenen Punkte "revidieren" würde, würde das in keinem Fall den Weg für eine Wiedervereinigung mit den getrennten Ostkirchen ebnen. Dort herrscht ein Geist, der solchen Anbandelungen prinzipiell widerstrebt, wie ja hier im Forum ausgiebig dokumentiert ist. Man würde für jeden Streitpunkt, bei dem Rom "nachgibt", sofort drei neue Bedingungen aufstellen. Ein "Dialog auf Augenhöhe" ist von dort nicht erwünscht, sondern bestenfalls die bedingungslose Kapitulation der katholischen Kirche mit anschließender Hegemonie der orthodoxen Patriarchen, bzw. desjenigen von Moskau.

Und das sage ich, obwohl ich wie Du der Meinung bin, daß zB die Frage der "Ökumenizität" von Konzilien und damit ihrer universalkirchlichen Geltung dringend einer Klärung bedarf, an der auch die Ostkirchen beteiligt sind.

Allerdings halte ich es im Gegensatz zu Dir für keineswegs unmöglich, daß sich die Kirche des Westens regeneriert - nicht aus eigener Kraft freilich, sondern aus der Kraft des Heiligen Geistes. An all den Orakeln, wie Du sie hier formulierst oder auch cantus, fehlt mir völlig das Vertrauen in das Wirken Gottes in und mit seiner Kirche.
Ja wo samma denn? Mir ist auch manches in den kirchlichen Zeitläuften nicht ganz einsichtig, aber daß letztlich keine noch so große Menge von Katholiken jeden Standes in der Lage ist, das Wirken Gottes in seiner katholischen Kirche zu verhindern, ist für mich seit Kindertagen die sicherste Gewißheit meines Glaubens.

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ad-fontes
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von ad-fontes »

Wenn man in einer Sackgasse ist, hilft nur der Weg zurück. Die Erinnerung an den (Sonder-)Weg wird aber bleiben. Die RKK* sehe ich in einer solchen Situation.


*Ich schreibe bewußt nicht "abendländisches Patriarchat" oder "Lateinische Kirche", denn die lehramtliche Dimension, die du ansprichst, betrifft ja alle Kirchen, die in Einheit mit dem römischen Papst stehen.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Sempre
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Vielen besonders traditionellen Gläubigen der lateinischen Kirche erscheinen diese oben aufgezählten Brocken als unschluckbare Kröten. Ich weiß.
Unschluckbare Kröten ist noch harmlos formuliert. Der Glaube der Kirche schließt (nicht nur) traditionell selbstverständlich die göttlich offenbarten Dogmen ein. Es ist mir völlig unbegreiflich, wie Du der Kirche anhangen und gleichzeitig der Auffassung sein kannst, dieselbe verbreite Unwahrheiten als göttliche Offenbarung. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, ohne an Bewusstseinsspaltung oder dergleichen zu denken. (Das ist ganz sachlich und ernst gemeint. Bitte nicht irgendwie missverstehen.)
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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taddeo
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von taddeo »

Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Vielen besonders traditionellen Gläubigen der lateinischen Kirche erscheinen diese oben aufgezählten Brocken als unschluckbare Kröten. Ich weiß.
Unschluckbare Kröten ist noch harmlos formuliert. Der Glaube der Kirche schließt (nicht nur) traditionell selbstverständlich die göttlich offenbarten Dogmen ein. Es ist mir völlig unbegreiflich, wie Du der Kirche anhangen und gleichzeitig der Auffassung sein kannst, dieselbe verbreite Unwahrheiten als göttliche Offenbarung. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, ohne an Bewusstseinsspaltung oder dergleichen zu denken. (Das ist ganz sachlich und ernst gemeint. Bitte nicht irgendwie missverstehen.)
Ich denke, Robert will nicht behaupten, die Kirche "verbreite Unwahrheiten als göttliche Offenbarung". Möglicherweise ist es aber vorstellbar, daß die Kirche aufgrund ungünstiger Umstände göttliche Offenbarung in mißverständlicher Weise gedeutet und verbreitet hat. Falls dies vorstellbar ist, könnten zB die beiden Vatikanischen Konzilien in einem neuen Licht gewertet werden (wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen).

Ralf

Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Ralf »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:In der Tat sehe ich für einen Katholiken derzeit nur zwei ernsthafte Möglichkeiten: Sedisprivationismus oder Orthodoxie.
Aber dennoch eine kleine Bitte: Schreib doch anstelle "für einen Katholiken" lieber "für mich". Denn so ist es und so vereinnahmst Du niemanden.
Lieber Ralf, wenn du Cantus Argumente nachvollziehst, kommst du zu dem Ergebnis, dass er in der Tat »für einen Katholiken« schreiben musste. Den Vorwurf, er »vereinnahme« damit jemanden, verstehe ich nicht. Vielleicht willst du das noch ein wenig elaborieren.
Wenn ich sie nicht nur nachvollziehen, sondern sogar teilen würde (was ich nicht tue), dann würde das stimmen. Er schreibt ja, was "er sehe", also seine eigene Ansicht, insofern finde ich das ja nicht dramatisch, daß er danach von "Katholiken" statt von sich selbst spricht. Allerdings ist es in der Tat eine Vereinnahmung, vor allem, wenn er selbst diesen Schritt, den er hoffentlich nie geht, noch nicht gegangen ist. Andererseits ist es auch keine Vereinnahmung, weil es reichlich irrelevant ist, was der Mensch hinter dem Pseudonym "cantus planus" über die Pflichten "eines Katholiken" denkt, genauso irrelevant wie meine Meinung dazu.

Ralf

Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Ralf »

Den Abgesang auf die Katholische Kirche in Einheit mit dem Bischof von Rom (lateinische und andere), die nach meinem Glauben übrigens die Kirche Jesu Christi ist, werde ich natürlich ebensowenig anstimmen wie cp oder Robert zustimmen.
Aus eigener Kraft kann die Kirche, wie taddeo schon richtig schrieb, sowieso nichts schaffen oder vollbringen.

Wenn sie die Kirche Gottes ist, wird Er sich ihrer annehmen, wie er es immer tut, allerdings mit Wegen, die wir nicht verstehen geschweige denn antizipieren.

Wenn sie es nicht ist, wird sie früher oder später verschwinden, aber auch hier in Zeitläufen, die uns vielleicht nicht passen.

Aber da ich vom ersten überzeugt bin, mache ich mir da gar keine Sorgen.

Ich muß ja auch die Kirche nicht retten.

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lifestylekatholik
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von lifestylekatholik »

Ralf hat geschrieben:Allerdings ist es in der Tat eine Vereinnahmung
Cantus schreibt, er sehe für Katholiken nur zwei Möglichkeiten, die ernsthaft in Betracht kämen. Wie man das zu einer »Vereinnahmung« interpretieren kann, bleibt nach wie vor unerklärt. (Muss es wohl auch, weil es schlicht keine »Vereinnahmung« ist.)
Ralf hat geschrieben:Wenn sie es nicht ist
Wenn sie es nicht ist, lieber Ralf, dann allerdings kann ich deine Ruhe nicht ganz nachvollziehen. Denn dann hangst du einer falschen Kirche an und musst dich aber ganz heftig um deine ewige Seeligkeit sorgen.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Ralf

Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Ralf »

Meine Überzeugung habe ich ja bereits kundgetan, lsk. Deswegen bin ich ja auch ruhig (zumindest was die Zugehörigkeit zur Kirche angehört, unruhig bin ich angesichts meines Verhaltens ...)

Ralf

Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Ralf »

Sehe ich das übrigens richtig, daß u.a. cp und Robert die Sieben Punkte vom Sel. John Henry Cardinal Newman zum "Development of Doctrine" nicht teilen?

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ar26
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von ar26 »

In mir erwächst der Eindruck, daß dieser Thread zunehmend als Gesinnungs-TÜV missbraucht wird. Lieber Ralf, nimm mir das nicht übel, aber ich muss deutlich darauf hinweisen, daß es nicht sinnvoll ist, einem Bruder, der von Zweifeln oder Ängsten geplagt ist, vorzuwerfen, wie er denn dazu käme.

Niemand, der eine kirchliche Gesinnung hat, wird leugnen können, daß sich in der Kirche des letzten halben Jahrhunderts ein grandioser Zusammenbruch ereignet hat, den zu begreifen nicht einfach ist. Ich kann cantus da schon verstehen, zudem hat er im kirchlichen Dienst gearbeitet und dort mehr gesehen als ich mir vorstellen möchte. Seine Äußerungen sollten daher Einladung sein, die Brüder zu stärken.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

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Robert Ketelhohn
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:Sehe ich das übrigens richtig, daß u.a. cp und Robert die Sieben Punkte vom Sel. John Henry Cardinal Newman zum "Development of Doctrine" nicht teilen?
Kannst du diese sieben Punkte mal eben thesenartig zusammenfassen?
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sempre hat geschrieben:… Es ist mir völlig unbegreiflich … Ich kann mir das gar nicht vorstellen …[/size]
Ich weiß. Das ist Teil des Problems. Wie ich oben geschrieben habe: »Es gilt dennoch den Blick über den Horizont des 19. Jahrhunderts hinaus zu weiten.«
Sempre hat geschrieben:Der Glaube der Kirche schließt (nicht nur) traditionell selbstverständlich die göttlich offenbarten Dogmen ein.
Natürlich. Es gilt aber (immer wieder: semper reformanda!) dies von der menschlichen Zutat zu scheiden. (Die angesprochenen Einzelthemen möchte ich hier freilich nicht diskutieren. Dafür haben wir jeweils gesonderte Stränge.)
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

taddeo hat geschrieben:Robert, was Du da aufzählst, ist nichts anderes als die Wunschliste der orthodoxophilen Ökumeneromantiker.
Nein, in keiner Weise. Das ist Ergebnis nüchterner Betrachtung der lateinischen Kirche und ihrer Geschichte. Natürlich auch – aber nicht zuerst – geschärft am Seitenblick auf die Ostkirche, natürlich auch wegen der gestellten Thematik hier genannt. Aber man braucht diesen Seitenblick nicht, um das katholische Binnenproblem zu erkennen. Die Idee eines sogenannten Universalepiskopats etwa halte ich für wesentlich mitverantwortlich an der ganzen heutigen Misere. Da wurde der Episkopat entmannt. Die Eunuchen kannst du mittlerweile nicht mehr zählen.
taddeo hat geschrieben:Historismus pur
Nein, in keiner Weise. Es geht um das Prinzip der Ecclesia semper reformanda.
taddeo hat geschrieben:der ungeeignete Versuch, das Rad der Kirchen- und Dogmengeschichte zurückdrehen zu wollen.
Nein, Herr Lehmann. … Äh Verzeihung, mit wem rede ich? :kratz:
Aber ungeachtet dessen: Selbst wenn man von Seiten "Roms" alle diese angesprochenen Punkte "revidieren" würde, würde das in keinem Fall den Weg für eine Wiedervereinigung mit den getrennten Ostkirchen ebnen.
Die Reihenfolge wäre auch Quatsch. Im Rahmen und Verlauf eines Versöhnungsprozesses würden die genannten Punkte allerdings relevant. Damit würde der Versöhnungsprozeß auch zu einem Reinigungsprozeß.
Dort herrscht ein Geist, der solchen Anbandelungen prinzipiell widerstrebt, wie ja hier im Forum ausgiebig dokumentiert ist. Man würde für jeden Streitpunkt, bei dem Rom "nachgibt", sofort drei neue Bedingungen aufstellen. Ein "Dialog auf Augenhöhe" ist von dort nicht erwünscht, sondern bestenfalls die bedingungslose Kapitulation der katholischen Kirche mit anschließender Hegemonie der orthodoxen Patriarchen, bzw. desjenigen von Moskau.
Das ist grober Unfug. Natürlich gibt es solche Leute „dort“, wie „hier“ oder „bei uns“ auch. (Das zu erkennen heißt auch schon, sich der Wurzel der Spaltung zu nähern.) Aber mit deinem pauschalen »dort« liegst du selber schon auf derselben Linie.

Daß man nicht einfach alle gegenseitigen Vorurteile wegfegen kann, weder hüben noch drüben, das weiß ich wohl. Ich behaupte nicht einmal, daß es überhaupt gelingt. Ich prophezeie allerdings, daß es anders für die lateinische Kirche als Kirche keine Rettung gibt.
Und das sage ich, obwohl ich wie Du der Meinung bin, daß zB die Frage der "Ökumenizität" von Konzilien und damit ihrer universalkirchlichen Geltung dringend einer Klärung bedarf, an der auch die Ostkirchen beteiligt sind.
Das wiederum freut mich sehr.
Allerdings halte ich es im Gegensatz zu Dir für keineswegs unmöglich, daß sich die Kirche des Westens regeneriert - nicht aus eigener Kraft freilich, sondern aus der Kraft des Heiligen Geistes.
Ohne den Heiligen Geist geht’s sowieso nicht, und Gott kann immer wirken, was uns unmöglich scheint. Das entbindet uns aber nicht davon, die Wirklichkeit wahrzunehmen und die Zeichen zu erkennen.
An all den Orakeln, wie Du sie hier formulierst oder auch cantus, fehlt mir völlig das Vertrauen in das Wirken Gottes in und mit seiner Kirche.
Ich werde nicht beleidigt sein wie Jonas, wenn Gott Ninive verschont. :blinker:

An dem Vertrauen fehlt’s uns nicht, glaube ich. Aber daß die Verheißung non prævalere portas inferi sich ausgerechnet hier erfüllen müsse, das anzunehmen sehe ich keinen hinreichenden Grund. Es sieht nicht so aus. Und es sind schon die Kirchen ganzer Reiche mit vielen Metropolien verschwunden. Was ist aus der ruhmvollen Kirche Africas geworden? Wohin ist die Kirche Zentralasiens, die einmal bis weit nach China sich erstreckte, gekommen?
Ja wo samma denn? Mir ist auch manches in den kirchlichen Zeitläuften nicht ganz einsichtig, aber daß letztlich keine noch so große Menge von Katholiken jeden Standes in der Lage ist, das Wirken Gottes in seiner katholischen Kirche zu verhindern, ist für mich seit Kindertagen die sicherste Gewißheit meines Glaubens.
Wenn die Zeit nicht abgekürzt würde …
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Re: "Sedisprivationismus oder Orthodoxie"

Beitrag von lifestylekatholik »

Ralf hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Wenn sie es nicht ist
Wenn sie es nicht ist, lieber Ralf, dann allerdings kann ich deine Ruhe nicht ganz nachvollziehen. Denn dann hangst du einer falschen Kirche an und musst dich aber ganz heftig um deine ewige Seeligkeit sorgen.
Meine Überzeugung habe ich ja bereits kundgetan, lsk. Deswegen bin ich ja auch ruhig.
Du hast nicht verstanden.

Du hast geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Wenn sie es nicht ist, wird sie früher oder später verschwinden.
Wenn sie es nicht ist, geht es nicht so sehr darum, ob sie verschwinden wird oder nicht, sondern darum, dass du dich am Ende rechtfertigen musst, warum du falschen Propheten gefolgt bist.

Wahrheit steht tatsächlich nicht mehr hoch im Kurs bei Katholens. Logisches Denken ebensowenig.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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