Die Woche der Einheit?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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otto
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Die Woche der Einheit?

Beitrag von otto »

Die Woche der Einheit?

Gut, vielleicht sollten wir Christen einmal ein Denken darüber anregen, warum die Zahl der Gläubigen in allen christlichen Kirchen Deutschlands rückläufig ist.

Was hält die Menschen von Gott fern? Warum verlassen sie die Gemeinschaft der Kirche?

Ich glaube nicht das dafür die innerkirchlich diskutierten Themen wie Liturgie oder Friedensgruß die Gründe dafür sind, und mit Blick auf die evangelische Kirche kann das Zölibat oder die nicht „Weihe von Frauen“ auch nicht als Grund des Auszuges angeführt werden.

Ein oft genantes Argument ist die Kirchensteuer, und das Feudale auftreten mancher Amtskirchlicher Personen.

Aber ist der Mammon wirklich der einzige Grund?

Insbesondere möchte ich die Frage an die progressiven unter uns stellen, worin sie die Gründe für den über Jahre anhaltenden Auszug aus beiden christlichen Kirchen Deutschlands sehen.
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

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otto
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Die Woche der Einheit?aller christlichen Menschen im Glauben

Beitrag von otto »

Wurde meine Frage richtig verstanden?

Also ich spreche von der Woche der Einheit, aber ich beziehe diese Einheit nicht nur auf die Einheit der christlichen Kirchen, sondern auf die Einheit aller christlichen Menschen im Glauben an Christus den Herrn. Das heißt ich beziehe auch jene mit ein, die aus den Kirchen ausgetreten sind.

Natürlich könnte es sein das diese Frage in dieser Form hier in diesen Forum deplaziert ist.

Aber dennoch sind einige in diesen Forum, die eine progressive Sicht des Glaubens „im Sinne des Zeitgeistes“ vertreten, und diese vehement und als nachahmenswert darstellen. Gerade in Hinsicht auf die Ökumene sollte man sich doch Gedanken machen, warum die Menschen den Kirchen und somit der Einheit aller Christen in Deutschland trotz oder gerade wegen der „Modernen“ adieu sagen.
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

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umusungu
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Pflicht zur Einheit

Beitrag von umusungu »

Die Pflicht für die Einheit der Christen zu arbeiten und zu beten, ohne sich dabei von Schwierigkeiten entmutigen zu lassen, stand im Mittelpunkt der kurzen Ansprache, die der Papst vor dem Angelusgebet am Sonntag, den 25. Januar, dem Fest der Bekehrung des Apostels Paulus und dem letzten Tag der Ökumenischen Gebetswoche für die Einheit der Christen, hielt. Während der ökumenischen Gebetswoche „haben in allen Teilen der Welt Christen gemeinsam gebetet, damit sich ihre volle Gemeinschaft nach dem Willen Gottes verwirklichen möge“. „Ut unum sint – Alle sollen eins sein (Joh 17,21)“, so der Papst, „Dieser brennende Wunsch Jesu im Abendmahlsaal erinnert weiterhin alle christlichen Gemeinden daran, dass die Einheit ein Geschenk ist, das angenommen und immer tief greifender gefördert werden muss.“
Sodann erinnerte der Heilige Vater daran, dass „die Einheit der Christen stets ein Anliegen meines Pontifikates war und weiterhin zu den wichtigsten Prioritäten meines Amtes gehört“, dabei forderte er alle auf, „das Gebet für die Einheit nie einzustellen und unermüdlich nach ihr zu suchen“ … „Hindernisse, Schwierigkeiten oder gar Missverständnisse und Misserfolge sollen und dürfen uns nicht entmutigen“.

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cathol01
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Beitrag von cathol01 »

Wir leben in einer individualisierten Gesellschaft. Diese Individualisierung betrifft insbesondere auch den Bereich des Religiösen. Unsere Gesellschaft ist nicht areligiös, im Gegenteil: Es gibt eine Wiederkehr des Religiösen, eine neue Faszination für das Heilige, aber die Leute binden sich nicht mehr an die traditionellen Offenbarungsreligionen und die dazu gehörigen Institutionen. Die Menschen von heute sind Religionskomponisten, sie basteln sich ihre Religion - wie ihre Existenz überhaupt - selber zusammen: ein wenig Buddhismus, ein wenig Christentum, ein wenig Esoterik... Institutionen haben es da schwer. Das ist, glaube ich, der tiefere Grund, wieso viele Leute nicht mehr in der Kirche bleiben wollen; sie sehen nicht ein, wieso noch Kirchensteuer zahlen, weil sie sich nicht mehr so richtig damit identifizieren können. Die sog. heissen Eisen (Frauenpriestertum, Zölibat, Unfehlbarkeit usw.) tun ih Übriges dazu. Aber sie sind, richtig bemerkt, nicht der einzige Grund.
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

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PaceVeritas
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Re: Die Woche der Einheit?

Beitrag von PaceVeritas »

Morgen jährt sich zum 31. Mal die Seligsprechung einer italienischen Trappistin, die ihr Leben für die Einheit der Christen hingegeben hat:
Sr. Maria Gabriella dell'Unità (1914-1939)

Bild

Lebensgeschichte

Die Einheit der Christen ist ein göttliches, übernatürliches Werk, das nur durch Gebet erreicht werden kann.
Enzyklika [i]Ut unum sint[/i] hat geschrieben:«Für die Einheit zu beten, ist jedoch nicht denen vorbehalten, die in einem Umfeld der Spaltung unter den Christen leben. Um dieses Erfordernis neuerlich zu bekräftigen, habe ich den Gläubigen der katholischen Kirche ein für mich beispielhaftes Vorbild vor Augen gestellt, nämlich das der Trappistin Maria Gabriella von der Einheit, die ich am 25. Januar 1983 seliggesprochen habe. Auf Grund ihrer Berufung zu einem Leben in Abgeschiedenheit von der Welt hat Schwester Maria Gabriella ihr Dasein der Meditation und dem Gebet mit dem Schwerpunkt auf dem 17. Kapitel des Johannesevangeliums gewidmet und es für die Einheit der Christen dargebracht. Genau das ist der Ansatz und Kern jedes Gebetes: die totale und vorbehaltlose Hingabe des eigenen Lebens an den Vater durch den Sohn im Heiligen Geist ... Das Gebet Christi zum Vater ist Modell für alle, immer und an jedem Ort» (Nr. 27).
» Sic enim dilexit Deus mundum ... «
(Joh. 3,16)
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PaceVeritas
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Re: Die Woche der Einheit?

Beitrag von PaceVeritas »

Papst Benedikt XVI., Köln, 19.08.2005 hat geschrieben:«Ich sehe einen tröstlichen Grund zu Optimismus in der Tatsache, dass sich gegenwärtig eine Art geistliches ‚Netzwerk' bildet zwischen Katholiken und Christen der verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften: Jeder einzelne setzt sich ein durch Gebet, Überprüfung des eigenen Lebens, Reinigung des Gedächtnisses und Öffnung in der Nächstenliebe. Der Vater des geistlichen Ökumenismus, Paul Couturier, hat in diesem Zusammenhang von einem unsichtbaren Kloster gesprochen, das in seinen Mauern diese für Christus und seine Kirche begeisterten Menschen versammelt. Ich bin überzeugt: Wenn sich eine wachsende Anzahl von Menschen von innen her zutiefst dem Gebet des Herrn, dass alle eins seien (Joh 17,21), anschließt, dann wird ein solches Gebet in Jesu Namen nicht ins Leere gehen.»
» Sic enim dilexit Deus mundum ... «
(Joh. 3,16)
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overkott
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Re: Die Woche der Einheit?

Beitrag von overkott »

otto hat geschrieben:Die Woche der Einheit?

Gut, vielleicht sollten wir Christen einmal ein Denken darüber anregen, warum die Zahl der Gläubigen in allen christlichen Kirchen Deutschlands rückläufig ist.
Das ist eine Folge der Denkrichtung dieser Fragestellung. Außerdem hängt sie mit einer Protestantisierung zusammen. Diese drückt sich in einer Glaubensindividualisierung aus. Das protestantische Eheverständnis ist symptomatisch für den Rückgang der Bindungen. Rechtsformalisten verspüren darüber hinaus eine seltsame Lust am Wort Rückgang.

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PaceVeritas
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Re: Die Woche der Einheit?

Beitrag von PaceVeritas »

motu-proprio.de vom 18.1.15 hat geschrieben: Mit dem heutigen Sonntag beginnt die „Gebetswoche für die Einheit der Christen“. Sie ist keine Erfindung der 60er Jahre. Ihre Anfänge liegen im Jahr 1908, als Paul Wattson, Mitbegründer der Franziskaner von Graymoor, anregte, zwischen dem Fest der Kathedra Petri am 18. Januar und dem der Bekehrung des hl. Paulus am 25. Januar eine Oktav mit dem Gebet für die Einheit der Christen abzuhalten. Der Vorschlag wurde von Papst Pius X. begrüßt, und Papst Benedikt XV. empfahl, in der ganzen Kirche danach zu verfahren.

Soweit dieser Vorschlag in der Kirche aufgenommen wurde, verwandte man zur Feier besonderer Gottesdienste zu diesem Anlass das traditionelle Formular der „Votivmesse zur Beendigung einer Kirchenspaltung“. Der Introitus lautet:

"Erlöse uns, o Herr, unser Gott, und sammle uns aus der Mitte der Heiden,
auf daß wir Deinen heiligen Namen preisen und Deines Ruhmes uns rühmen."


Das Tagesgebet:

"O Gott, Du besserst die Irrenden. Du einigst die Zerstreuten und bewahrst die Geeinten;
daher bitten wir Dich: Gieße in Deiner Milde die Gnade der Einheit über das christliche Volk aus,
auf daß es die Spaltung behebe, mit dem wahren Hirten Deiner Kirche sich vereinige
und so Dir würdig zu dienen vermöge."
» Sic enim dilexit Deus mundum ... «
(Joh. 3,16)
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Plueschmors
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Re: Die Woche der Einheit?

Beitrag von Plueschmors »

Hallo Otto,
Otto hat geschrieben:Was hält die Menschen von Gott fern? Warum verlassen sie die Gemeinschaft der Kirche?
ich glaube gar nicht, daß die Menschen von Gott fern sind, wohl aber von der Kirche, die es schlicht nicht versteht, in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft mitzuhalten. Religiöse und spirituelle Bedürfnisse sind ja da und werden auch immer bleiben, da der Mensch auch gar nicht anders kann, aber anscheinend kann die Kirche auch nicht anders, als sich lediglich irgendwo zwischen Greenpeace und Amnesty International zu positionieren, der beständige Zwist der Denominationen tut sein Übriges dazu, um nicht recht ernstgenommen zu werden.

Das Heil wird heute auch persönlicher gesucht und nicht in "Vereinen". Bleibt die Frage, in Zeiten des Internets, wo man 24h täglich Predigten hören und sich komplett informieren kann, wozu die Kirche eigentlich noch gut ist. Damals war die Kirche auch ein sozialer Treffpunkt, heute treffen sich die Menschen eher online oder in "Clubs". Ich nehme an, daß das Interesse an der Institution Kirche schon allein darum gesunken ist, weil es zahllose Alternativen gibt, vor allem für die, die der Kirche eh schon immer fernstanden. Der Anteil der Christen in einer Kirche dürfte zu allen Zeiten immer derselbe gewesen sein, nur waren früher auch viele Ungläubige mit dabei, weil es sich gesellschaftlich so ziemte. Diese sind nun alle weggefallen und wer heute in die Kirche geht, mag immerhin ein echtes und aufrichtiges Interesse am Glauben und Geschehen haben.

Die Werte haben sich verschoben. Was man früher nur in der Kirche fand, findet man vermeintlich heut auch anderswo, siehe z.B. etwa die beständig ausverkauften Fußballstadien am Wochenende. Da kommen auch Menschen zusammen, haben eine Liturgie, feiern und singen, erleben Gemeinschaft usw.

Die Kirche muß hier ordentlich ranklotzen, um noch Menschen in steinalte Gemäuer zu locken, das ist klar, aber eine Idee habe ich bisher leider auch nicht. Es braucht mal wieder eine Reformation, aber wo fangen wir an?

Liebe Grüße, Plueschmors.

PS: cathol01 hat schon gut geschrieben, wie ich finde.
"Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob" (Röm 15,7).

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overkott
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Re: Die Woche der Einheit?

Beitrag von overkott »

Als Katholiken dürfen wir mit gutwilligen Andersgläubigen ein Vaterunser beten, einen Kaffee trinken, einen Witz erzählen oder von ihnen auch Nächstenliebe lernen.

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