Was ist für dich Ökumene?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Hallo Ralf!

Ich sage doch gar nichts, schon gar nicht würde ich irgendwem die Legitimität absprechen. Christus brachte in erster Linie Freiheit, die über allen Regeln steht (auch über Fastenregeln, sage ich mal --> 1 Kor. 8,8f). Die vielen Wege sind zweifellos vorhanden (1 Kor. 12, 28ff.) - "eremitisch" ist nicht der einzige Weg zu Gott.
Es ging hier nur ein wenig darum, was woher kommt - im Hinblick auf die "Ökumene"; normalerweise sieht man es (hierzulande) tatsächlich so, daß die "katholische" Kirche als eine Art Monstrum dasteht, gegen das man nur herumreformieren kann, wenn man "vernünftig" ist. Daß diese (die römische also) aber nur ein Teil des Ganzen ist (zum Zeitpunkt der Verselbständigung ein Fünftel, s.o.), ist wenigen klar.

N

PS: Das Nick bleibt ;)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Der Aufsatz des Metropoliten Antonij enthält eine Reihe wichtiger Gedanken, die hilfreich sein könnten, würde das Ganze nicht durch mehrere gravierende Schwächen entwertet. Die hauptsächliche Schwäche ist, daß der Autor meint, sein Thema passe als Generalschlüssel zum Verständnis der Trennung von Ost- und Westkirche.

Inhaltlich liegen die Schwächen insbesondere darin, daß er die abendländische Kirche hauptsächlich vom Protestantismus der 19. Jahrhunderts aus beurteilt. Die jahrtausendealte, vielfältige Tradition der lateinischen Kirche kennt er kaum. Daneben scheint mir, daß er auch die Orthodoxie vor allem von einer gewissen, sich im 19. Jahrhundert in Anknüpfung an die alten Hesychasten wieder festigenden Spiritualität aus betrachtet. Das ist denn vielleicht doch nicht das Ganze der byzantinischen Kirchen.

Ich will aber im einzelnen nicht näher darauf eingehen, sondern einige Thesen formulieren, um Anstöße für das weitere Gespräch geben.

I.      Im Jahre 1054 hat kein „Großes Schisma“ zwischen Rom und
        Byzanz seinen Anfang genommen.
II.    Es gab in der Kirchengeschichte vor und nach 1054 zahlreiche
        Schismata, ohne daß diese prinzipiell die Sakramentengemein-
        schaft dauerhaft aufgehoben hätten.
III.   Lateinische und griechische Kirchen sind von Anfang an in vie-
        lem verschieden.
IV.   Die Gegensätze zwischen lateinischen und griechischen Kirchen
        haben sich im Lauf der Geschichte durch zahlreiche politische
        und kulturelle Faktoren verstärkt, ohne die Sakramentengemein-
        schaft grundsätzlich aufzuheben.
V.    Unter dem Eindruck der Reformation im Westen und später des
        Raskol in Rußland begann man, auch das Verhältnis zwischen
        lateinischen und griechischen Kirchen konfessionalistisch zu
        sehen.
VI.   Erst im 18. Jahrhundert zog man daraus die Folgerung, wechsel-
        seitig die Sakramentengemeinschaft aufzukündigen, ohne daß
        tatsächlich Trennendes neu hinzugekommen wäre.
VII.  In Wahrheit sind aber, wie man noch zur Zeit der Brester Union
        gewußt hat, griechische und lateinische Kirchen gleichermaßen
        Ortskirchen der einen, heiligen, katholischen und apostolischen
        Kirche, unbeschadet der teils bestehenden Defizite.
VIII. Beiderseits unbestritten ist das Erfordernis, zur Einheit zurück-
        zufinden; dazu bedarf es zweier Schritte:
    a) Einigung darüber, wessen es bedarf, um die Sakramentengemein-
        schaft wiederherzustellen, und Abgabe entsprechender Erklärun-
        gen.
        (Ich antworte: Es bedarf der ausdrücklichen gegenseitigen Aner-
        kennung der Sakramente; des ausdrücklichen gegenseitigen Ver-
        zichts auf Häresievorwürfe; der Erklärung der griechischen Seite,
        daß der Bischof von Rom den Vorrang unter allen Patriarchen
        hat; Erklärung der lateinischen Seite, daß der Bischof von Rom
        die Rechte der übrigen Patriarchen nicht schmälern wird.)
    b) Einigung darüber, welche Bischofs- und Patriarchenstühle konkret
        vom Schisma betroffen sind, und Beendigung der jeweiligen Schis-
        mata durch Wahl gemeinsamer Hirten unter Wahrung der Rechte
        und Gewohnheiten beider Seiten.
        (Ich antworte: Zunächst ist zu klären, ob es an einem Ort für ver-
        schiedene Riten ebenso viele Bischofs- oder Patriarchensitze ge-
        ben soll wie Riten, oder aber nur einen für mehrere Riten, wie es
        vor dem Zeitalter der Reformation die Regel war. Danach soll
        man langsam und behutsam fortschreiten, und zwar stets unter
        Einbeziehung von Klerus und Volk, um neue Spaltungen zu ver-
        meiden.)
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rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ketelhohn hat geschrieben:        (Ich antworte: Es bedarf der ausdrücklichen gegenseitigen Aner-
kennung der Sakramente; des ausdrücklichen gegenseitigen Ver-
zichts auf Häresievorwürfe; der Erklärung der griechischen Seite,
daß der Bischof von Rom den Vorrang unter allen Patriarchen
hat; Erklärung der lateinischen Seite, daß der Bischof von Rom
die Rechte der übrigen Patriarchen nicht schmälern wird.)
Zum Thema "Rechte der Patriarchen".
Wenn ich mir den CCEO ansehen und gucke, was (unierten) Patriarchen so alles können und dürfen, dann ist das m.E. schon eine ganze Menge.
Ob mir solchen Regelungen die orthodoxen Patriarchen leben können, vermag ich nicht zu sagen.
Zuletzt geändert von Juergen am Montag 5. Januar 2004, 10:56, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Weshalb sollte es denn irgendwelcher „Regelungen“ bedürfen?
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ketelhohn hat geschrieben:Weshalb sollte es denn irgendwelcher „Regelungen“ bedürfen?
Warum nicht?

Ok, eine Gegenfrage ist keine Antwort. Also will ich noch etwas näher dazu sagen:
Wenn es zu einem Anerkenntnis des Papstamtes seitens der orthodoxen Kirchen käme, müßte m.E. beidseitig geklärt werden, was dies konkret - auch administrativ - bedeutet.

Wenn ich mir z.B. den CCEO ansehe, dann hat dort der Patriarch das Recht Gebietsumschreibungen von Bistümern vorzunehmen. In der lat. Kirche liegt hier das Recht beim Papst.
Hier könnte man allerdings fragen, in welcher "Funktion" der Papst dies in der lat. Kirche vornimmt. Handelt er als Papst i.S.v. "Oberhaupt der Gesamtkirche" oder als "Patriarch des Abendlandes"? Es ist immer etwas schwierig diese Frage zu beantworten.
Ich halte in vielen Fällen den c. 19 (CJC) für recht hilfreich. Warum soll bei Handlungen in der lat. Kirche nicht auch mal der CCEO als Hilfsmittel dienen?

Das Papstamt würde sicher keinen Schaden nehmen, wenn bei manchen Entscheidungen klar wäre, daß diese nicht von dem Oberhaupt der Gesamtkirche, sondern "nur" vom Patriarchen des Abendlandes getätigt wurden.

Die Verbindlichkeit der Entscheidungen würde darunter nicht leiden, aber das "Signal" gen Osten wäre deutlich: "Guckt her, ich handel als Patriarch in den selben Grenzen, wie Ihr als Patriarchen es auch könntet, wenn ihr zu Rom gehören würdet."
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sollten wir nicht erst einmal Schritt eins meiner obigen Aufstellung tun?
(NB: Von einer »Anerkenntnis des Papstamtes seitens der orthodoxen Kirchen« habe ich
dort sehr bewußt nicht gesprochen.)
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ich hatte in meinem Posting von 09:41:58 den falschen Absatz zitiert. Das habe ich nun korrigiert. (sonst hätte mein Posting ja auch keinen Sinn ergeben).
Gruß Jürgen

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ketelhohn hat geschrieben:(NB: Von einer »Anerkenntnis des Papstamtes seitens der orthodoxen Kirchen« habe ich dort sehr bewußt nicht gesprochen.)
Es böten sich ja verschiedene "Lösungen" an:

1) Der Papst ist nicht mehr als einer der Pariarchen unter den anderen. Mit gleichen Rechten und Plichten. Gesamtkirchliche Entscheidungen würden synodal getroffen. (gleichsam eine Art abgeschwächter Konziliarismus)

2) Der Papst ist der "erste" unter den Patriarchen. Prinzipiell werden alle Entscheidungen synodal getroffen. Bei "Stimmengleichheit" entscheidet seine Stimme. (Wie ein Aufsichtsratsvorsitzender einer Gesellschaft bei einer Aufsichtsratssitzung)

3) Der Papst ist Oberhaupt über die Kirche und die Patriarchen haben bestimmte weitreichende Rechte. - Wie es jetzt im CCEO vorgesehen ist.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stopp. Wer hat denn gesagt, daß an der jeweils internen gegenwärtigen Praxis etwas geändert werden müsse?

Wer hat gesagt, es müßten alle Eventualitäten des künftigen Verfahrens geregelt und in Normen und Paragraphen gegossen werden?

Geht es denn darum, eine gut organisierte, schlagkräftige Organisation zu bilden, wobei nur die Frage zu entscheiden wäre, ob diese Armee monarchisch oder kollegial geleitet würde?

Es geht um die Wiederherstellung der Kirchengemeinschaft, nicht um die Aufstellung in Reih und Glied. Also erst einmal um die Wiederaufnahme der communicatio in sacris. Ich behaupte: Das ist sofort möglich. Es bedarf nur des Willens und der oben beschriebenen Erklärungen, die bei gutem Willen kein Problem darstellen sollten.

Oder hätte hier jemand Schwierigkeiten damit?
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ketelhohn hat geschrieben:Oder hätte hier jemand Schwierigkeiten damit?
Ich weniger.

Und wenn man z.B. das leider oft sehr gescholtene (und wohl auch mißverstandene Dokument) "Dominus Jesus" liest, dann gewinne ich den Eindruck, daß dort die Ostkirche doch "gut wegkommen".
Die Kirchen, die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande, wie die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie, mit ihr verbunden bleiben, sind echte Teilkirchen.
Also die Ostkirchen - im Gegensatz zu den Protestanten.
Deshalb ist die Kirche Christi auch in diesen Kirchen gegenwärtig und wirksam, obwohl ihnen die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt, insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt.
Darüber gälte es dann wohl noch zu reden :roll:
Gruß Jürgen

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Ralf

Beitrag von Ralf »

Ketelhohn hat geschrieben:Sollten wir nicht erst einmal Schritt eins meiner obigen Aufstellung tun?

Ich fände, eine gemeinsame Terminregelung der Festtage hätte oberste Priorität (nicht nur, aber auch als Zeichen des wirklichen Willens um Einheit). Und schon das erscheint so schwierig.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:»Ich fände, eine gemeinsame Terminregelung der Festtage hätte oberste Priorität (nicht nur, aber auch als Zeichen des wirklichen Willens um Einheit). Und schon das erscheint so schwierig.«
Die Kalenderfrage ist aus sehr konkreten, praktischen Gründen in der Tat wichtig. Ich könnte dir was erzählen, wie wir uns einen abbrechen, nicht bloß mit doppeltem Ostern und Weihnachten, sondern ganz besonders auch mit den jeweils vorbereitenden Fastenzeiten. In der Weihnachtsoktav haben wir das Fasten – trotz orthodoxen Advents – gemeinsam ausgesetzt, dann aber ebenso gemeinsam weitergefastet. Morgen aber ist für mich ein Hochfest, für meine Frau dagegen Heiligabend und damit ein strenger Fastentag. Kurz, ich kenne das Problem.

Aber ist das eine Glaubensfrage? Sogar einige unierte Ostkirchen folgen ja kalendarisch dem alten Stil. Hindert das die Sakramentengemeinschaft?

Laßt mich darum noch einmal zugespitzt fragen: Was hindert heute die Sakramentengemeinschaft zwischen den sogenannten Katholiken und den sogenannten Orthodoxen, außer den darauf gerichteten Verboten der jeweiligen Kirchenleitungen?
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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Juergen hat geschrieben:
Und wenn man z.B. das leider oft sehr gescholtene (und wohl auch mißverstandene Dokument) "Dominus Jesus" liest, dann gewinne ich den Eindruck, daß dort die Ostkirche doch "gut wegkommen".
Die Kirchen, die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande, wie die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie, mit ihr verbunden bleiben, sind echte Teilkirchen.
Also die Ostkirchen - im Gegensatz zu den Protestanten.

und das völlig zu recht.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Ich will wenigstens kurz ein paar Dinge einwerfen, denn in der nächsten Zeit komme ich kaum dazu. Man möge mir den Telegrammstil verzeihen!
Ketelhohn hat geschrieben:I. Im Jahre 1054 hat kein "Großes Schisma" zwischen Rom und Byzanz seinen Anfang genommen.
Gut! Mag sein. Ich weiß jetzt nicht so genau, worauf Du diese Behauptung stützt, aber evtl. ist es die Rücknahme des Anathemas durch Patriarch Athenagoras und Papst Paul VI. im Jahre 1965 ("...als hätte es nie existiert..."). Dieser Bann existiert also nicht mehr. Was ist aber z.B. mit folgendem:
Das I. Vaticanum, 4. Sitzung am 18. Juli 1870, hat geschrieben:I. If anyone says that blessed Peter the apostle was not appointed by Christ the lord as prince of all the apostles and visible head of the whole church militant; or that it was a primacy of honour only and not one of true and proper jurisdiction that he directly and immediately received from our lord Jesus Christ himself: let him be anathema.

II. If anyone says that it is not by the institution of Christ the lord himself (that is to say, by divine law) that blessed Peter should have perpetual successors in the primacy over the whole church; or that the Roman pontiff is not the successor of blessed Peter in this primacy: let him be anathema.

III. If anyone says that the Roman pontiff has merely an office of supervision and guidance, and not the full and supreme power of jurisdiction over the whole church, and this not only in matters of faith and morals, but also in those which concern the discipline and government of the church dispersed throughout the whole world; or that he has only the principal part, but not the absolute fullness, of this supreme power; or that this power of his is not ordinary and immediate both over all and each of the churches and over all and each of the pastors and faithful: let him be anathema.

IV. We teach and define as a divinely revealed dogma that when the Roman pontiff speaks EX CATHEDRA, that is, when, in the exercise of his office as shepherd and teacher of all Christians, in virtue of his supreme apostolic authority, he defines a doctrine concerning faith or morals to be held by the whole church, he possesses, by the divine assistance promised to him in blessed Peter, that infallibility which the divine Redeemer willed his church to enjoy in defining doctrine concerning faith or morals. Therefore, such definitions of the Roman pontiff are of themselves, and not by the consent of the church, irreformable... So then, should anyone, which God forbid, have the temerity to reject this definition of ours: let him be anathema.
Ich habe es leider nicht in deutsch auftreiben können.
Die Katholiken sind nicht einfach nur Leute, die dem römischen Bischof auf seltsam anhängliche Weise zugetan sind. Das katholische Lehramt bannt all jene, die diese Gefühle nicht teilen können. Dieser Bann trifft alle Ostkirchen. Sie abzuschwächen, also als Theologumenon zu interpretieren, hieße aber doch, jenen Päpsten einen dogmatischen Fehler nachzuweisen, die die entsprechenden Dogmen eingeführt und gestützt haben.
Langer Rede kurzer Sinn: der Bann von 1054 ist aufgehoben, diese jüngeren hier aber z.B. nicht.
Ketelhohn hat geschrieben:VI. Erst im 18. Jahrhundert zog man daraus die Folgerung, wechselseitig die Sakramentengemeinschaft aufzukündigen, ohne daß tatsächlich Trennendes neu hinzugekommen wäre."
Auch hier weiß ich nicht, worauf Du das stützt, Robert.
"Durch die Vielzahl ihrer Häresien haben sie (die Lateiner) die ganze Welt entehrt... es gibt kein ewiges Leben für jene, die im lateinischen Glauben verharren." (Hl. Feodosij Pecherskij, 1074 a.D.; s.a. dessen "Wort an den Großfürsten Izjaslav über den Glauben der Varäger (Lateiner)")
"Wir haben die Lateiner aus keinem anderen Grund von uns gewiesen, als dem, daß sie Häretiker sind. Deswegen ist es völlig falsch, sich mit ihnen zu vereinigen. Die Lateiner sind nicht nur Spalter, sie sind Häretiker. Unsere Kirche schwieg deswegen darüber, weil ihr Stamm wesentlich größer und stärker ist als unserer." (Hl. Bischof Markus von Ephesos, 1457 a.D.)
u.v.a.m. ...
Ketelhohn hat geschrieben:VII. In Wahrheit sind aber, wie man noch zur Zeit der Brester Union gewußt hat, griechische und lateinische Kirchen gleichermaßen Ortskirchen der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, unbeschadet der teils bestehenden Defizite."
Was hat man dann mit der erwähnten Union zu tun versucht?
Die Sache ist die, daß die sog. "unierten Kirchen" heute und schon immer für die Ostkirchen das größte Übel waren. Nach den ganzen Unionsversuchen (Lyoner 1274, Florentiner 1439, Brest 1596, Uzhgorod 1646, und die diversen im Nahen Osten mit Armeniern, Kopten etc.) tauchten Uniaten in allen Ostkirchen auf und wurden zur Quelle ständiger Not und Gefahr für die Orthodoxen. Robert, ich muß Dir gegenüber sicher nicht die aktuelle Situation in der Ukraine darlegen.
Auf einer anderen Schiene kam von den Lateinern seit jeher die Gewalt: Deutschritterorden, Schwertträgerorden u.a., also monastische Kampftruppen... und eigentlich sind die Waffen der Lateiner das gewesen, was jeweils die Union durchgedrückt hat. Heute ist es... wer weiß was... eine komische Semi-Verselbständigung der Uniaten. Fakt sind die immerwährenden Expansionsversuche: ideologisch, militärisch. Heute metastasiert die sogenannte Griechisch-Katholische Kirche immer weiter nach Osten: der Sitz ihres Mitropoliten wird von Lwiw nach Kiew verlegt, wo es keine Uniaten gibt und noch dazu der orthodoxe Mitropolit seinen Sitz hat. Wie soll man das auffassen?

Dieser immer wiederkehrende Schmerz hinterließ Spuren in den Menschen, die ziemlich tief sitzen. Es gibt einen Spruch, der lautet: "Lieber einen türkischen Turban als eine römische Tiara". Und dieser tragische Spruch ist alt und hält sich im Volk.
Man muß an der Stelle fragen, wer denn nun für Rom die Teile der Einen Heiligen und Apostolischen Kirche sind: die Uniaten oder die Ostkirchen? Sollen sich die Ostkirchen nach dem Modell der Unierten verwandeln?
Ketelhohn hat geschrieben:VIII. (...) a) (...)Ich antworte: Es bedarf der ausdrücklichen gegenseitigen Anerkennung der Sakramente; des ausdrücklichen gegenseitigen Verzichts auf Häresievorwürfe; der Erklärung der griechischen Seite, daß der Bischof von Rom den Vorrang unter allen Patriarchen hat; Erklärung der lateinischen Seite, daß der Bischof von Rom die Rechte der übrigen Patriarchen nicht schmälern wird.
Ich will gar nicht erst von dogmatischen Dingen anfangen ("Transsubstantiation" usw.). Nein, Robert, zuerst muß Geschichte aufgearbeitet werden. Eine kurzzeitige Sakramentsgemeinschaft zwischen den Russen und Rom hat es in den 60'ern/70'ern gegeben, da v.a. unter dem Einfluß des Mitropoliten Nikodim. Sie hielt nicht. Inzwischen greift Rom wieder an - in der Ukraine, wie schon erwähnt, und in Rußland durch das Errichten von "Kirchenprovinzen" im Februar 2002. Von welchen Sakramenten kann angesichts dieser Handlungen die Rede sein?
Ketelhohn hat geschrieben:b) Einigung darüber, welche Bischofs- und Patriarchenstühle konkret vom Schisma betroffen sind, und Beendigung der jeweiligen Schismata durch Wahl gemeinsamer Hirten unter Wahrung der Rechte und Gewohnheiten beider Seiten. (Ich antworte: Zunächst ist zu klären, ob es an einem Ort für verschiedene Riten ebenso viele Bischofs- oder Patriarchensitze geben soll wie Riten, oder aber nur einen für mehrere Riten, wie es vor dem Zeitalter der Reformation die Regel war. [etc])
Robert, tut mir Leid, aber das liest sich für mich wie ein Strategiespiel.

Nichts für Ungut
:N:

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hallo Nietenolaf! Erst mal frohe Weihnachten!

Zu deinen Ausführungen sage ich vorläufig noch nichts, sondern frage dich dies: Wenn du mir in die Fresse schlügst oder ich dein Auto stähle: Könnten wir dann noch Sakramentengemeinschaft haben? Oder hätten unsere Kinder untereinander fortan noch Sakramentengemeinschaft?
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Lieber Robert,

Христос раждается!

Deine Frage ist m.E. falsch gestellt, sie ist rhetorisch, in etwa wie "Sind wir noch Christen, obwohl wir Sünder sind?". Ja, freilich.

Um diesen Parabel-Talk fortzuführen, laß mich meinerseits die folgende Frage stellen: Kann ich dich guten Gewissens freundlich angrinsen und dir versichern, du bist der Erhabenste (cf. Deine Antwort auf VIII a) Deiner Liste), während du mit deinem linken Fuß auf meinem rechten stehst, und dein anderer Fuß zum Tritt sonstwohin ansetzt? Das wäre geheuchelt, finde ich.

Nota bene, ich benutze in dieser Frage das unpersönliche "du". Ich würde Dir auch nicht in die Fresse schlagen, und ein Auto gibt's bei mir nicht zu holen.

N

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:»Nota bene, ich benutze in dieser Frage das unpersönliche "du". Ich würde Dir auch nicht in die Fresse schlagen, und ein Auto gibt's bei mir nicht zu holen.«
Klar. Genau so habe ich es ja auch gemeint.
Nietenolaf hat geschrieben:»Kann ich dich guten Gewissens freundlich angrinsen und dir versichern, du bist der Erhabenste (cf. Deine Antwort auf VIII a) Deiner Liste), während du mit deinem linken Fuß auf meinem rechten stehst, und dein anderer Fuß zum Tritt sonstwohin ansetzt?«
Erst noch mal eine Gegenfrage: Wenn ich weiß, daß mein Beichtvater ein arger Hurenbock ist – kann ich trotzdem bei ihm beichten und die Lossprechung erhalten?
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Beitrag von Nietenolaf »

Ketelhohn hat geschrieben:Erst noch mal eine Gegenfrage: Wenn ich weiß, daß mein Beichtvater ein arger Hurenbock ist ? kann ich trotzdem bei ihm beichten und die Lossprechung erhalten?
Sicher, aber in dem vorliegenden Fall ist der Tretende nicht mein "Beichtvater." Nicht mal annähernd.

N

Ralf

Beitrag von Ralf »

Der folgende Beitrag bezieht sich auf Roberts Stellungnahme hier, damit wir in dem anderen Thread zum eigentlichen Thema zurückkehren können.

Danke Robert, ich glaube, jetzt habe ich das Problem erstmals (voll?) verstanden.
Wenn wir aber zum Prinzip "ein Volk, ein Bischof" zurückkommen wollen, dann muss sich auf vielen "Seiten" noch vieles ändern, vom Gedanken des "kanonischen Territoriums" (was ja auch kulturell-ethnisch verstanden wird) bis zu den Unierten Kirchen.

Ich sehe da bisher keinen Weg. Du?

Ralf

Beitrag von Ralf »

Juergen hat geschrieben:
Ketelhohn hat geschrieben:(NB: Von einer »Anerkenntnis des Papstamtes seitens der orthodoxen Kirchen« habe ich dort sehr bewußt nicht gesprochen.)
Es böten sich ja verschiedene "Lösungen" an:

1) Der Papst ist nicht mehr als einer der Pariarchen unter den anderen. Mit gleichen Rechten und Plichten. Gesamtkirchliche Entscheidungen würden synodal getroffen. (gleichsam eine Art abgeschwächter Konziliarismus)

2) Der Papst ist der "erste" unter den Patriarchen. Prinzipiell werden alle Entscheidungen synodal getroffen. Bei "Stimmengleichheit" entscheidet seine Stimme. (Wie ein Aufsichtsratsvorsitzender einer Gesellschaft bei einer Aufsichtsratssitzung)

3) Der Papst ist Oberhaupt über die Kirche und die Patriarchen haben bestimmte weitreichende Rechte. - Wie es jetzt im CCEO vorgesehen ist.

Punkt 1) und 2) halte ich für mit der katholischen Lehre über das Papstamt und seine Vollmachten unvereinbar.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:»Ich sehe da bisher keinen Weg. Du?«
Ich halte das nicht für das vordringlichste Problem. Man darf sich vor allem nicht einbilden, dafür plötzlich und mit Gewalt von oben eine Lösung dekretieren zu können. Immerhin gibt es ja, wie ich nebenan angedeutet habe, bei den Orthodoxen auf interpatriarchaler Ebene Überlegungen, wie man in der Diaspora gemeinsame hierarchische Strukturen für die dort lebenden, aus verschiedenen Autokephalien stammenden Gläubigen schaffen könne. Falls man das weiterverfolgt, wird sich freilich die Frage stellen, welchem Patriachat solche neuen Strukturen dann unterstehen sollten. Oder man müßte neue Autokephalien schaffen. Eine dornige Sache.

Und es betrifft doch nur Gläubige des byzantinischen Ritus. Wie könnte das „interrituell“ aussehen? Immerhin gibt es einige Beispiele für Diözesen östlicher Riten in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, die als Suffragane zu lateinischen Kirchenprovinzen gehören; umgekehrt auch die nebenan erwähnten „lateinisch-orthodoxen“ Pfarreien der antiochenisch-orthodoxen Metropolie von Amerika.

Ich weiß nicht, ob das ein Modell sein kann. Persönlich kann ich mir vorstellen, daß der lateinische Erzbischof von Sankt Marien zu Moskau (NB: er heißt genau so, nicht etwa »von Moskau«!) dereinst dem byzantinischen Patriachen von Moskau untersteht oder daß der byzantinische Metropolit von Nischnij Nowgorod irgendwann auch einige lateinische Pfarreien in seinem Sprengel hat. Aber ich weiß natürlich, daß dafür heute noch alle Voraussetzungen fehlen. Vorher wird die heilige Muttergottes von Kasan noch viel Wolgawasser an sich vorüberfließen lassen müssen.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf hat geschrieben:»Punkt 1) und 2) halte ich für mit der katholischen Lehre über das Papstamt und seine Vollmachten unvereinbar.«
Wenn wir Lösungen bloß im Alles-Inklusive-Komplettpaket und auch noch hübsch in Paragraphen gegossen denken können, dann wird es keine Lösung geben. Punkt 1), 2) und 3) sind überflüssig und irrelevant für die Kernfrage, auf welcher ich – mit Verlaub – insistiere:

Was steht heute der Sakramentengemeinschaft konkret entgegen?
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Ketelhohn hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:»Punkt 1) und 2) halte ich für mit der katholischen Lehre über das Papstamt und seine Vollmachten unvereinbar.«
Wenn wir Lösungen bloß im Alles-Inklusive-Komplettpaket und auch noch hübsch in Paragraphen gegossen denken können, dann wird es keine Lösung geben. Punkt 1), 2) und 3) sind überflüssig und irrelevant für die Kernfrage, auf welcher ich – mit Verlaub – insistiere:

Was steht heute der Sakramentengemeinschaft konkret entgegen?
Nichts ... oder doch etwas: menschliche Befindlichkeiten: Stolz, Ärger, Zorn, Rachsucht, Dummheit, Schwäche: kurz: Sünde.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:»Sicher, aber in dem vorliegenden Fall ist der Tretende nicht mein "Beichtvater." Nicht mal annähernd.«
Ich erinnere dich daran, daß wir bildhaft reden wollten. – Aber laß mich diesen Faden heute noch einmal weiterspinnen, bevor ich auf deine auführlichen Ausführungen von vor einigen Tagen eingehe.

Die Frage ist doch: Weshalb ist »der Tretende« nicht dein Beichtvater – oder kann es nicht sein? Darin, daß er tritt, kann der Grund doch auch nach deiner Ansicht nicht liegen, wenn ich dein »sicher« recht verstanden habe. Oder? Worin also dann?
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Falk
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Beitrag von Falk »

Meine Ansicht zum Thema Ökumene ist folgende:

Nach "Dominus Iesus" IV., 17 gibt es "eine einzige Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert und vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird."

Dann gibt es "echte Teilkirchen", denen aber "die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt, insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt."

Jene müssten also die katholische Lehre vom Primat, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt, anerkennen und annehmen.

Dann gibt es kirchliche Gemeinschaften, "die den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben".

Diese können das nicht Bewahrte, eben den gültigen Epsikopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums, sicher nicht allein dadurch wieder erhalten, dass sie daran glauben, denn ein Laie mit Mitra oder ein Laie, der sich auch ohne Mitra Bischof nennt, würde ja nicht schon deshalb zum Bischof werden und die Weihevollmacht erhalten, weil er gewisse katholische Lehren anerkennt, sondern allein dadurch, dass er die Weihe durch einen echten Bischof erhält. Und auch erst dann könnte er eine gültige Eucharistie feiern.

Die Konsensfindung in Glaubensfragen kann also bestenfalls eine Vorstufe und nicht das eigentliche Ziel der Ökumene sein.
Die "vollständige Gemeinschaft mit der katholischen Kirche", der "einen und einzigen Kirche Christi", kann also bei denen, die gültige Sakramente und die apostolische Sukzession gewahrt haben, nur durch die Anerkennung der Lehre vom Primat des römischen Bischofs erfolgen und bei denen, die (außer der Taufe) keine gültigen Sakramente und keine apostolische Sukzession haben, nur dadurch, dass ihre Amtsträger eine gültige Weihe erhalten.

Ich weiß gar nicht, weshalb auch von den offiziellen Ökumene-Verantwortlichen der katholischen Kirche diese einfachen Tatsachen kaum mal beim Namen genannt werden, sondern vielmehr der Eindruck erweckt wird, die Einheit könne irgendwie anders und ohne diese genannten Voraussetzungen "entstehen".

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Bevor dieser Thread in der Versenkung verschwindet, wage ich trotz Zeitmangel einen Einwurf zusammen mit dem Verprechen, in Bälde, sobald sich die Zeit findet, etwas detaillierter z.B. auf diese Abhandlung von Robert einzugehen (denn diese und andere bedürfen m.E. eines Kommentars). Vorerst aber das:
Ketelhohn hat geschrieben:Die Frage ist doch: Weshalb ist »der Tretende« nicht dein Beichtvater ? oder kann es nicht sein? Darin, daß er tritt, kann der Grund doch auch nach deiner Ansicht nicht liegen, wenn ich dein »sicher« recht verstanden habe. Oder? Worin also dann?
Mit "sicher" meinte ich, daß man auch bei einem Priester, der ein "arger Hurenbock" (sic) ist, die Lossprechung nach einer Beichte bekommen kann, und zwar ohne irgend einen Zweifel.

Ansonsten kurz dazu, weshalb er (jener konkrete, auf den Du m.E. anspielst) nicht mein Beichtvater sein kann (ich setze "politisch korrekte" Lesarten in Klammern): er hat einen anderen Glauben und gehört damit nicht zu( meine)r Kirche. (Sein Glauben unterscheidet sich in nicht unwesentlichen Details von dem meinen.)
Falk hat geschrieben:Nach "Dominus Iesus" IV., 17 gibt es "eine einzige Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert und vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird."
Mir scheint, das Jahr 2000 war irgendwie das Jahr der "antiökumenischen" Deklarationen. Ende Juni publiziert Kard. Ratzinger die lehramtliche Interpretation des Begriffes "Schwesterkirche" ("Note über den Ausdruck Schwesterkirchen"), wo ich besonderes Augenmerk auf das Resümee lenken will (Pkte. 10 und 11, und bitte schon mal auf "Dominus Iesus" querdenken).

Kurz darauf, im August 2000, erscheinen die "Grundlegenden Prinzipien der Beziehung der Russischen Orthodoxen Kirche zu den Nicht-Orthodoxen" seitens der Bischofssynode zu Moskau. Dort heißt es gleich zu Beginn unter 1.1:
"1.1. Die Orthodoxe Kirche ist die wahre Kirche Christi, geschaffen von unserem Herrn und Heiland selbst, die Kirche, die gefestigt und erfüllt ist vom Heiligen Geist, die Kirche, von der der Erlöser selbst gesagt hat: "Ich habe meine Kirche gegründet, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen" (Mt 16,18 ). Sie ist die eine heilige katholische und apostolische Kirche, die Hüterin und Spenderin der heiligen Mysterien in der ganzen Welt, "die Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1 Tim 3,15). Sie trägt die Fülle der Verantwortung für die Verbreitung der Wahrheit des Evangeliums Christi, so wie sie auch die Fülle der Gewalt hat, Zeugnis zu geben vom "Glauben, der ein für allemal den Heiligen übergeben ward" (Jud 3)."
Und im September schließlich folgt "Dominus Iesus", woraus Falk oben zitiert.

In diesem Kontext ist es relativ klar, was genau der Vatikan mit "katholischer Kirche" meint. Die "Schwesterkirchen" sind nichts als eine Höflichkeitsfloskel, die "Mutter" nämlich ist nichts abstraktes, sondern sie sitzt in Rom.
Falk hat geschrieben:Dann gibt es "echte Teilkirchen", denen aber "die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt, insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt."
Genau das meine ich. ;)
Falk hat geschrieben:Jene müssten also die katholische Lehre vom Primat, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt, anerkennen und annehmen.
So, und nachdem diese ganzen Deklarationen stattgefunden haben, zieht der Vatikan die logische Konsequenz: die "Schwesterkirchen" werden geschaffen (Expansion der Uniaten, r.-k. Diözesen in Rußland etc.).

Soviel vorerst dazu. Ach ja, die Diözesen in Rußland wurden nicht mit geographischen, sondern mit frommen Namen bedacht: Diözese der Gottesmutter, des Hl. Josef usw., mit einer Ausnahme: im Fernen Osten gibt es einen römisch-katholischen Bischof mit dem Titel "Bischof von Ostsibirien und der Präfektur Karafuto". "Karafuto" war der Name der russischen Insel Sachalin, als diese noch zum japanischen Kaiserreich gehörte. Was bitteschön ist das für eine Geste? :kratz:

Bis später!

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otto
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Beitrag von otto »

Meine Sicht der Dinge:

Ökumene der ein „Rat“ vorsteht? NEIN Danke

Die Ökumene kann nur mit den Bischof von Rom als ihr Oberhaupt gelingen, alles andere wäre Verrat an Jesus und würde seine Kirche zerstören.

Wir haben schon jetzt viel zu viele Gremien in denen endlos an der Realität vorbei diskutiert wird. Diese Gremien befriedigen so manches Ego, und dienen x beliebige Lobbyinteressen der Zivilgesellschaft -innerhalb der Kirche- Gehör zu verschaffen. Bei der Besetzung dieser Gremien herrschen zumeist Intrigen vor, und um die Plätze wird verbittert gekämpft.

Das heißt all das was „DAS WORT GOTTES“ verurteilt und dem es widerspricht.

Jesus selbst setzte den Apostel Petrus als seinen einzigen legitimen Nachfolger ein, und übergab ihm die „Schlüsselgewalt“.

Johannes 21,15-17

15 Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer!
16 Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!
17 Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!



Die Vollmacht des Bischofs von ROM wurde ihm als einzigen direkt von Jesus verliehen, daher ist er der alleinige und einzige, der die Nachfolge Jesus als dessen beauftragter für sich
beanspruchen kann.

Das heißt jeder im Auftrag des Heiligen Geistes, unter Berücksichtigung der entsprechenden Regeln und ohne äußere Einflüsse, durch ein rechtmäßiges Konklave gewählter PAPST ist der legitime Nachfolger auf dem Stuhl Petri. Nur dieser Papst „Bischof von Rom“ kann als Oberhaupt der Kirche Jesus anerkannt und akzeptiert werden.

Niemand, und wenn er noch so ökumenisch ist, hat die Vollmacht auch nur die kleinste Veränderung an dieser von Jesus getroffenen Einsetzung eines Papstes als dem Oberhaupt seiner Kirche herbei zuführen.

Die Ökumene kann nur innerhalb der Kirche Jesus gelingen in der ALLE Christen den Bischof von Rom als Oberhaupt anerkennen, und seine Autorität und somit die Autorität Jesus nicht in Frage stellen.
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Falk hat geschrieben:»Meine Ansicht zum Thema Ökumene ist folgende …«
Lieber Falk, hinsichtlich der »kirchlichen Gemeinschaften, die den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben«, stimme ich dir vollständig zu. Was die »echten Teilkirchen« betrifft, »die gültige Sakramente und die apostolische Sukzession gewahrt haben«, spitzt sich bei dir die Einheitsfrage allein auf die Anerkennung der Primats Petri zu.

Ich möchte das zunächst einmal festhalten. Offen bleibt bei dir noch, welche konkrete Gestalt der Primat haben muß, also was unbedingt erfüllt sein muß, damit vom Primat geredet werden kann. Dem wäre noch nachzugehen. Ebenso möchte ich in diesem Gespräch gern von eruieren, ob und wo weiteres absolut Trennende gesehen wird.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:
Ketelhohn hat geschrieben:»Die Frage ist doch: Weshalb ist »der Tretende« nicht dein Beichtvater? oder kann es nicht sein? Darin, daß er tritt, kann der Grund doch auch nach deiner Ansicht nicht liegen, wenn ich dein »sicher« recht verstanden habe. Oder? Worin also dann?«
»Mit "sicher" meinte ich, daß man auch bei einem Priester, der ein "arger Hurenbock" (sic) ist, die Lossprechung nach einer Beichte bekommen kann, und zwar ohne irgend einen Zweifel.«
Lieber Nietenolaf, laß mich das noch einmal erklären: Deine Ausführungen, die im Bild des Tretenden kulminierten, bestanden in einer Reihung von Vorwürfen individueller oder kollektiver Vergehen oder Sünden. Ich habe das bis jetzt bewußt nicht kommentiert, obgleich einiges Widerspruch heischt, während ich anderem zustimmen kann oder muß. Ich möchte vermeiden, daß wir einander am Ende nur noch Anschuldigungen um die Ohren hauen. (Ich werde auf einige Punkte aber noch eingehen, weil meines Erachtens höchst interessante historische Aha-Effekte möglich sind.)

Sündenvorwürfe also hattest du aneinandergereiht. Darum mein Schlenker vom Hurenbock: Wir glauben beide fest, wie die ganze Kirche, daß die Sünde oder Unwürdigkeit des Spenders das Sakrament nicht unwirksam macht. (Sonst könnte die Kirche auch einpacken.) Wir sind keine Donatisten. Und was vom Hurenbock gilt, das gilt auch vom Treter.

Ich weiß, daß Tritte schmerzen. Aber sie scheiden nicht vom Sakrament. Nicht wenn ich getreten werde, sondern erst dann gerate ich in Gefahr, wenn ich dem Treter nicht vergeben kann. Aber wir sind Menschen. Wir sind Sünder. Darum ist der von Tritten Verletzte ernst zu nehmen, auch wenn er nicht vergeben kann.

Dennoch dürfen alles Verletzen und Verletztwerden uns nicht zum Maßstab werden, mit dem wir über den Glauben richten. All diese Dinge sind wichtig, aber nicht im Glauben trennend. Ich möchte darum versuchen, solche Emotionen ein wenig zu dämpfen, den Vorhang, den sie bilden, beiseite zu schieben und gemeinsam auf das Allerheiligste zu schauen. Sehen wir da dasselbe? Das möchte ich herausfinden.

Nietenolaf hat geschrieben:»Ansonsten kurz dazu, weshalb er (jener konkrete, auf den Du m.E. anspielst) nicht mein Beichtvater sein kann (ich setze "politisch korrekte" Lesarten in Klammern): er hat einen anderen Glauben und gehört damit nicht zu( meine)r Kirche. (Sein Glauben unterscheidet sich in nicht unwesentlichen Details von dem meinen.)«
Gut. Auf diese Frage will ich hinaus. Was macht diesen »andern Glauben« aus? Welche »wesentlichen Details« rechtfertigen es, von einem »andern Glauben« zu reden?

Wenn »anderer Glaube«, dann auch keine Zugehörigkeit »zur Kirche«. Das ist plausibel. Aber laß mich dazu ein interessantes Stück aus demselben Dokument des Jubiläumssynods des Moskauer Patriarchats anführen, aus welchem du weiter unter auch zitierst:

Der Jubiläumssynod des Patriarchats von Moskau und der ganzen Rus hat geschrieben:1.15.Die orthodoxe Kirche bekräftigt durch den Mund der heiligen Väter, daß die Rettung nur in der Kirche Christi erlangt werden kann. Gleichzeitig aber sind die Gemeinden, die aus der Einheit mit der Orthodoxie herausgefallen sind, niemals als vollständig der Gnade Christi beraubt betrachtet worden. Der Bruch der kirchlichen Gemeinschaft führt notwendig zur Schädigung des Gnadenlebens, doch nicht immer zu dessen vollständigem Verschwinden in den abgetrennten Gemeinden. Gerade damit ist die Praxis verbunden, diejenigen, die aus andersgläubigen Gemeinschaften in die orthodoxe Kirche kommen, nicht einfach durch das Sakrament der Taufe aufzunehmen. Ungeachtet der zerbrochenen Einheit bleibt eine gewisse unvollständige Gemeinschaft bestehen, die als Unterpfand der Möglichkeit dient, zur Einheit in der Kirche, in die katholische Fülle und Einheit zurückzukehren.
1.16.Die kirchliche Stellung derer, die sich abgespalten haben, läßt sich nicht eindeutig bestimmen. In der getrennten christlichen Welt gibt es einige Merkmale, die sie auf die Einheit hinordnen: das Wort Gottes, den Glauben an Christus als Gott und Retter, der im Fleisch gekommen ist (1 Joh 1,1-2; 4,2.9), und aufrichtige Frömmigkeit.
1.17.Daß es verschiedene Aufnahmeriten gibt (durch Taufe, Myronsalbung, Beichte), zeigt, daß die orthodoxe Kirche andersgläubige Konfessionen differenziert behandelt. Kriterium ist der Grad, in dem der Glaube und die Kirchenordnung und die Norm des geistlichen christlichen Lebens bewahrt sind. Indem die orthodoxe Kirche verschiedene Aufnahmeriten festsetzt, fällt sie jedoch kein Urteil über das Maß der Bewahrung oder Verletzung des Gnadenlebens bei den Andersgläubigen, denn sie betrachtet dies als Geheimnis der Vorsehung und des göttlichen Gerichts.
Zur Erklärung des letzten Abschnitts: Katholiken werden von den Russisch-Orthodoxen mit der Beichte aufgenommen (sofern sie gefirmt sind). Einmalige Sakramente (die also nach westlichem Sprachgebrauch ein „unauslöschliches Prägemal“ bewirken) werden nicht wiederholt. Bei den Protestanten wird im allgemeinen die Taufe anerkannt, die Aufnahme erfolgt durch die Myronsalbung (Firmung). Ungetaufte oder aus Sekten mit ungültiger Taufe Stammende werden getauft.

Im Kern lese ich hier nichts anderes als in Dominus Jesus, freilich – wie es anders derzeit auch nicht möglich ist – mit genau umgekehrten Vorzeichen. Vertausche jeweils „katholische Kirche“ und „orthodoxe Kirche“ (im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs; natürlich betrachten sich beide „Seiten“ je als katholisch und orhodox), und du hältst die Position der „andern Seite“ in Händen. Die Blickrichtung ist also davon bestimmt, ob einer auf dieser oder jener Seite des Grabens steht, genannt Schisma. Über die nicht in apostolischer Sukzession stehenden Gemeinschaften dagegen besteht im wesentlichen Einigkeit.


Nietenolaf hat geschrieben:
Falk hat geschrieben:Nach "Dominus Iesus" IV., 17 gibt es "eine einzige Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert und vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird."
Mir scheint, das Jahr 2000 war irgendwie das Jahr der "antiökumenischen" Deklarationen. Ende Juni publiziert Kard. Ratzinger die lehramtliche Interpretation des Begriffes "Schwesterkirche" ("Note über den Ausdruck Schwesterkirchen"), wo ich besonderes Augenmerk auf das Resümee lenken will (Pkte. 10 und 11, und bitte schon mal auf "Dominus Iesus" querdenken).

Kurz darauf, im August 2000, erscheinen die "Grundlegenden Prinzipien der Beziehung der Russischen Orthodoxen Kirche zu den Nicht-Orthodoxen" seitens der Bischofssynode zu Moskau. Dort heißt es gleich zu Beginn unter 1.1:
1.1. Die Orthodoxe Kirche ist die wahre Kirche Christi, geschaffen von unserem Herrn und Heiland selbst, die Kirche, die gefestigt und erfüllt ist vom Heiligen Geist, die Kirche, von der der Erlöser selbst gesagt hat: "Ich habe meine Kirche gegründet, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen" (Mt 16,18 ). Sie ist die eine heilige katholische und apostolische Kirche, die Hüterin und Spenderin der heiligen Mysterien in der ganzen Welt, "die Säule und Grundfeste der Wahrheit" (1 Tim 3,15). Sie trägt die Fülle der Verantwortung für die Verbreitung der Wahrheit des Evangeliums Christi, so wie sie auch die Fülle der Gewalt hat, Zeugnis zu geben vom "Glauben, der ein für allemal den Heiligen übergeben ward" (Jud 3).
Und im September schließlich folgt "Dominus Iesus", woraus Falk oben zitiert.

In diesem Kontext ist es relativ klar, was genau der Vatikan mit "katholischer Kirche" meint. Die "Schwesterkirchen" sind nichts als eine Höflichkeitsfloskel, die "Mutter" nämlich ist nichts abstraktes, sondern sie sitzt in Rom.
Lieber Nietenolaf, hier bist du in der Tat einem Mißverständnis aufgesessen, und du hast auch nicht ganz exakt gelesen. Die Mutter ist nicht die Ortskirche von Rom. Das sagt die »Note über den Ausdruck Schwesterkirchen« sogar ganz explizit (Nr. 11). Rom ist Moskaus oder Antiochiens Schwester. Wer aber ist die Mutter? Gestatte mir einen Exkurs.

Die Glaubenskongregation geht in den beiden zitierten Dokumenten im Sinne der kirchlichen Tradition von einem zweifachen Kirchenbegriff aus. Die Kirche, die wir im Symbolum bekennen – die eine, heilige, katholische und apostolische –, ist jene, deren Haupt Jesus Christus ist, Sein mystischer – das heißt: sakramentaler – Leib, die Gemeinschaft aller Engel und Heiligen. Diese ewige Kirche ist wesenhaft eins mit dem Teil ihrer selbst, der je sich aktual auf der Pilgerschaft durch diese irdische Weltzeit befindet und auf welchen spezifisch sich die vom Symbolum genannten Attribute „katholisch“ und „apostolisch“ beziehen.

An dieser wesenhaften Einheit ändert auch der Umstand nichts, daß die pilgernde Kirche in ihrer irdischen Verfaßtheit eine „gemischte Gesellschaft“ ist, eine civitas permixta, in der auch die Bösen, die ihr in Ewigkeit nicht zugehören, ihren Platz neben den Heiligen haben, Sakramente empfangen und spenden können. Die Scheidung von Böcken und Schafen wird erst der Herr vornehmen, wenn der Tag gekommen ist.

Und dennoch ist hier der Ort, an welchem die Herrlichkeit Gottes sich abbildet, an welchem wir die Süßigkeit Gottes vorauskosten können. Wo ist dieser Ort? In der Liturgie. Niemals feiert da die Ortskirche, es feiert die ewige Braut:

Anastasios Kallis hat geschrieben:»In diesem Verständnis der Liturgie läßt sich die ekklesiologische Identität der orthodoxen Kirche erkennen, die eine liturgische Wirklichkeit ist, die Himmel und Erde vereint. „Was für ein Geschenk Christi!“, ruft Johannes Chrysostomos aus: „Oben lobpreisen Heerscharen der Engel, unten lobsingen Versammlungen von Menschenchören denselben Preisgesang. Oben jubeln die Seraphim den Dreimalheiliggesang; unten sendet denselben Gesang die Menschenmenge empor; eine gemeinsame feierliche Versammlung der himmlischen und irdischen Welt kommt zusammen; eine Eucharistie, ein Frohsinn, ein Freudenchor.“«
Dies also ist der erste Kirchenbegriff. Der andere bezieht sich auf die Ortskirchen, in denen sich die eine, heilige, katholische und apostolische Mutter Kirche durch die Sendung der Apostel bis an die Enden der Erde ausgebreitet und ihre konkrete Gestalt gewonnen hat: die aufs apostolische Fundament gebauten Diözesen. Töchter ihrer Mutter, einander aber Schwestern.

Überhaupt keine andere Ekklesiologie finde ich im Dokument des orthodoxen Jubiläumssynods, der also ebensowenig antiökumenisch ist wie die beiden Dokumente der römischen Glaubenskongregation. Vom ganzen bleiben zwei offene Fragen: die des Primats (die natürlich ekklesiologisch relevant ist, kein Zweifel) und die Frage, der denn nun der Schismatiker sei, der zu Unrecht die Einheit verlassen habe. Daraus ergibt sich dann wieder meine Kardinalfrage: Worin eigentlich bestand denn nun das Verlassen der Einheit – sei es dieser, sei es jener Seite.

So, obgleich noch viel zu sagen wäre – gerade auch zu dir Otto –, muß ich hier erst mal abbrechen. Bloß eins noch, eine Kleinigkeit:

Nietenolaf hat geschrieben:»Soviel vorerst dazu. Ach ja, die Diözesen in Rußland wurden nicht mit geographischen, sondern mit frommen Namen bedacht: Diözese der Gottesmutter, des Hl. Josef usw., mit einer Ausnahme: im Fernen Osten gibt es einen römisch-katholischen Bischof mit dem Titel "Bischof von Ostsibirien und der Präfektur Karafuto". "Karafuto" war der Name der russischen Insel Sachalin, als diese noch zum japanischen Kaiserreich gehörte. Was bitteschön ist das für eine Geste?«
Das stimmt nicht. Der dortige Bischof (jetzt Cyryl Klimowicz, zuvor Jerzy Mazur SVD, der dann ausgewiesen wurde und jetzt Bischof von Lyck [Elk] ist) ist Bischof von Sankt Johann Evangelist zu Irkutsk. Lediglich in der Beschreibung seines Zuständigkeitsgebiets stand unter anderm der Name „Karafuto“. Dennoch ein Affront, keine Frage. Ich vermute sogar Absicht. Es gibt an einigen Stellen im Vatikan einen unerfreulichen Antirussismus. Solche Leute mögen die Unwissenheit anderer ausgenutzt haben. Unwissenheit möchte ich doch bei den meisten Beteiligten vermuten. Aber wie auch immer: Provokateuren sollte man nicht den Gefallen tun, genau die Reaktion zu zeigen, die sie provozieren wollten.

(Eine ähnliche Provokation gab es übrigens gegen Rotchina, als man die Heiligsprechung chinesischer Märtyrer ausgerechnet auf einen chinesischen Nationalfeiertag legte. Das kam aus der Propaganda Fide. Aber das bloß am Rande.)
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Nur kurz, bevor ich mich dem Tagwerk zu widmen habe:
Ketelhohn hat geschrieben:Das stimmt nicht. Der dortige Bischof (jetzt Cyryl Klimowicz, zuvor Jerzy Mazur SVD, der dann ausgewiesen wurde und jetzt Bischof von Lyck [Elk] ist) ist Bischof von Sankt Johann Evangelist zu Irkutsk. Lediglich in der Beschreibung seines Zuständigkeitsgebiets stand unter anderm der Name "Karafuto".
Das stimmt nicht mehr. Der Vatikan hat die Präfektur diplomatischerweise in die "von Süd-Sachalin" umbenannt. Bischof Mazur wurde aus eben dem Grund die Einreise verweigert, weil man seinen Zuständigkeitsbereich so auffaßte, als schreibe der Vatikan die Insel Sachalin rechtmäßig eigentlich Japan zu. (Alte Nachrichten darüber z.B. hier, u.v.a.m.)

Zu Ottos Beitrag gibt es nicht wirklich viel zu sagen. Das, v.a. Joh. 21, 15ff. als Untermauerung für ein "Petrusamt" zu interpretieren, ist doch Kinderkram, oder? Jeder weiß, daß das die Wiederherstellung des Petrus nach dessen dreifacher Abkehr ist. (Christus redet ihn drei mal mit dem Namen an, den er vor seinem Apostolat hatte: "Simon, Sohn des Johannes"; direkt nach der Auferstehung (und vor der Wiederherstellung) spricht der Engel in Mk. 16, 7 von "Seinen Jüngern und Petrus", stellt letzteren also außerhalb der Jünger). Ein "Petrusamt", besonders eines für Rom, geht nicht aus der Hl. Schrift hervor, da könnt ihr euch auf den Kopf stellen... ;)

:N:
Zuletzt geändert von Nietenolaf am Samstag 15. Mai 2004, 20:28, insgesamt 1-mal geändert.

Josef Steininger
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Beitrag von Josef Steininger »

@Nietenolaf:
>>Das, v.a. Joh. 21, 15ff. als Untermauerung für ein "Petrusamt" zu interpretieren, ist doch Kinderkram, oder? Jeder weiß, daß das die Wiederherstellung des Petrus nach dessen dreifacher Abkehr ist<<

Und da steht nicht „Weide meine Schafe“ ??? Deine Wahrnehmung der Schrift ist wohl etwas selektiv.



Zur Frage von Robert Ketelhohn: Was hindert die Communicatio in sacris mit den Orthodoxen:
Nun, bisher war es katholische Auffassung, dass man alle Dogmen annehmen muss, um in der katholischen Kirche die Kommunion zu empfangen, also auch die betreffend des Primats des Papstes.

Gruß
Josef Steininger

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Die katholische Kirche anerkennt meines Wissen die Sakramentalität der Eucharistie in der orthodoxen Kirche; soweit ich mich erinnere, ist der Empfang zwar auf Notfälle eingegrenzt, aber prinzipiell "gültig". Wie es umgekehrt ist, ob also die orthodoxe Kirche dies in Hinblick auf die Eucharistie in der katholischen Kirche ebenso gilt ("gültig", aber der Empfang für Orthodoxe auf Notfälle beschränkt), weiß ich nicht, doch würde ich vermuten: nein?
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