Warum wurde Jesus Mensch?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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otto
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Warum wurde Jesus Mensch?

Beitrag von otto »

Advent, nahe ist uns das Fest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus.

Vor 2000 Jahre wurde Jesus Mensch, was können wir im Jahre des Herrn 2003/04 aus diesen Ereignis das nun über 2000 Jahre zurück liegt lernen?

Viele Menschen glauben heute nicht mehr an die jungfräuliche Empfängnis und Geburt unseres Herrn Jesus Christus. Es gibt sogar einige Theologen, die das ganze als angeblich "mythologisch" beiseite schieben und dafür andere Erklärungen suchen. Demgegenüber bekennt sich die Kirche bis heute im vollen Sinn des Wortes zur wunderbar-jungfräulichen Empfängnis und Geburt Jesu Christi aus Maria, seiner Mutter.

Warum hat Gott ausgerechnet diesen Weg in die Welt gewählt?
Und was wollte ER den Menschen sagen, oder erläutern, oder aufzeigen?

Liebe Besucherinnen und Besucher des Kreuzgangs, ich möchte euch dazu ermuntern die Menschwerdung Jesus aus der Situation des Heute zu reflektieren. Wie bereitet sich die Welt des Jahres 2003/04 auf das Fest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus vor?

Oder spielt das Ereignis überhaupt noch eine Rolle, in den westlich geprägten Konsumgesellschaften?

Es geht mir hier nicht um die Wiederholung der bekannten, und gängigen Erklärungen von Erlösung und Leiden, usw…

Nein ich möchte hier den Versuch einer Analyse starten, was hat sich seit der Menschwerdung Jesus vor über 2000 Jahren verändert?

Kam Jesus als Mensch um sein Reich zu verkünden das nicht von dieser Welt ist, oder wollte ER dass sich die Welt seinem Reich annähert, wenn ja wie nahe sind wir ihm?

gruß otto
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Gestalt dieser Welt vergeht. Und Babylon mündet gewißlich nicht in Jerusalem ein. Sie nähert sich auch nicht. Im Gegenteil.
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sternchen
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Warum wurde Jesus Mensch?

Beitrag von sternchen »

Hallo Otto

Wahrlich harte Nüsse die du ins Forum gelegt hast, nun ich versuche diese etwas
aufzuknacken.

Warum wurde Jesus Mensch?
Warum hat Gott ausgerechnet diesen Weg in die Welt gewählt?
Und was wollte ER den Menschen sagen, oder erläutern, oder aufzeigen?


Ja Otto dazu fällt mir kein treffenderes Wort ein als der Abschnitt aus dem neuntem Kapitel des ersten Korintherbriefes, in dem Paulus schreibt:

„Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde' ...Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten.Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an seiner Verheißung teilzuhaben" (1 Kor 9, 16.-22-23). „Allen alles werden"ist das nicht eine maßlose Überforderung? Es kommt ganz auf die Perspektive an.
„Allen alles sein - sicher will dieses Wort des Apostels Paulus nicht den Stress einer universalen Verantwortlichkeit entfesseln, sondern es zeigt den Stil eines Einsatzes, der am Maß Jesus Christi abzulesen ist:

'Alles' - das sind nicht wir, 'alles' können wir den anderen nicht geben. Nur einer vermag alles; nur in einem ist alles gut und gelöst: Christus. Offenheit für ihn, Leben mit ihm, Zeugnis für ihn, darauf kommt es an. 'Allen': Können wir Christus wirklich allen nahe bringen? Sicher, er hat uns gesandt zu allen, um das Evangelium zu bezeugen, und gerade die Geringen, Benachteiligten und Fernen hat er uns auf die Seele gebunden. Doch diese umfassende Offenheit können nicht wir bewerkstelligen, sondern wir können nur seine Leidenschaft im Herzen tragen, die uns je neu über unsere engen Grenzen hinausführt.
'Sein': Es heißt nicht: alles leisten und alle erreichen, sondern sich offen halten für den, der allein alles ist und vermag, und zugleich sich offen halten auf jene hin, für die er sich ohne Grenzen hingegeben hat. Das ist Maß des Seins und Maß des Lebens.

Fazit: Nicht ich bin allen alles, sondern Er, Christus, ist allen alles, und ich 'bin'. dass Er, Christus, allen alles sein kann."

Warum aber können wir uns trotzdem so leidenschaftlich an dieser konkrete Kirche mit all ihren Fehlern und Schwächen binden, die wir sehr nüchtern wahrnehmen? Es geht nicht um die Selbstbehauptung einer menschlichen Institution. Es geht um Bindung an Jesus Christus vielmehr um ein feines Gespür für das eigentliche Geheimnis der Kirche: Es macht ein Stück der Größe Gottes aus, dass er sich in Jesus an eine Gemeinschaft von unfertigen Menschen binden kann, die als Christen immer wieder hinter dem eigenen Anspruch zurückbleiben. Was die Kirche trägt, ist die Einsicht, dass sie von Gott getragen ist. Ihre Zukunft liegt darin, dass Jesus immer wieder neu auf sie zukommt. Die „Jetzt –erst – recht - Einstellung, bezeugt eine Ahnung davon, dass ein Durchhalten in Schwierigkeiten nur möglich ist, wenn ich von Jesus gehalten bin. So gesehen, können wir neuen Mut zum Kirchesein in einer Zeit vermitteln, die von Umbrüchen in den verschiedensten Lebensbereichen gekennzeichnet ist. Wir können lernen, dass die Kirche zwar unseren Einsatz braucht, aber nicht zuerst unter dem Aspekt der menschlichen Machbarkeit zu sehen ist. Uns liegt diese Versuchung vielleicht besonders nahe, weil wir mit unseren Technologien und Kommunikationsmöglichkeiten heute fast alles planen, organisieren und produzieren können. Kirche lässt sich jedoch nicht machen - ich kann als Christ immer nur mitmachen bei der Initiative Gottes. der in Jesus stets neu schwache Menschen in ihrer Vorläufigkeit zu Vorläufern des Endgültigen beruft - für sein Reich, in dem er einmal alles in allem sein wird.

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sternchen
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Wie bereitet sich die Welt des Jahres 2003 auf das Fest vor?

Beitrag von sternchen »

Jetzt zur zweiten Passage:

Nein ich möchte hier den Versuch einer Analyse starten, was hat sich seit der Menschwerdung Jesus vor über 2000 Jahren verändert?

Wie bereitet sich die Welt des Jahres 2003/04 auf das Fest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus vor?

Oder spielt das Ereignis überhaupt noch eine Rolle, in den westlich geprägten Konsumgesellschaften?


Otto deine Frage nach der Sicht von Heute ist geradezu eine Herausforderung für die Menschen von heute ich sage es einmal so:

Vor einiger Zeit berichteten Zeitungen über eine - auf den ersten Blick - Aufsehen erregende Erkenntnis. Die Meldungen handelten von dem Buch des italienischen Jesuiten und Historikers Giovanni Magnani: „Jesus, Erbauer und Meister."
Magnani vertritt darin die Überzeugung, dass unser Mensch gewordener Herr Jesus Christus aus ganz anderen sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen stammte als bisher angenommen. Nicht in bescheiden-ärmlichen Verhältnissen einer Handwerkerfamilie erlebte Jesus seine Kindheit und Jugend, vielmehr sei anzunehmen, daß der Ziehvater Josef ein wohlhabender Bauingenieur gewesen sei, der es zu nicht unbedeutendem Wohlstand gebracht habe. Und der Sohn - Jesus - müsse daher zur damaligen Oberschicht gezählt werden: ein gesellschaftlich anerkannter Mittelständler; ein Selbständiger, der nicht wie ein abhängiger Taglöhner von der Hand in den Mund leben mußte; ein Unternehmer mit einigen Angestellten vielleicht, einer, dem es gut geht, der anzuschaffen hat und der sein Scherflein ins Trockene bringen kann.
Wenn Jesus von Nazareth so zu sehen wäre, dann hätte das Konsequenzen:
Zuerst einmal müßte der Stallgeruch verschwinden, der sich um die Herkunft und die Geburt dieses Menschensohnes entwickelt hat. Denn dass Jesus ein „Arme-Leute-Kind" war, könnte dann nicht mehr behauptet werden. Wie wird gerade im Umfeld von Weihnachten die Armut, die Bedürfnislosigkeit glorifiziert, in die sich unser Erlöser begeben hatte! War das mit Herbergsverweigerung und Hirtensolidarität nur eine fromme Legende, die ins Bild des armen Messias passen mußte? Dann wäre das bei Christus nicht anders als bei vielen anderen Weltverbesserern, die zwar von ihren Anhängern Anspruchslosigkeit erwarten - sie selbst aber leben, wenn schon nicht in Saus und Braus, so doch gut und angenehm.
Jesus, der Unternehmer: Das hat Auswirkungen auf die Ernsthaftigkeit seiner Lehre. Da werden in der Bergpredigt die Mühseligen und Beladenen gepriesen. Aber hat dieser Jesus Christus überhaupt die soziale Kompetenz, so zu sprechen?
Jesus, der Selbständige: Das bedeutet, daß kein Geringerer als der Heilige Franz von Assisi diesem Handwerker auf den Leim gegangen ist. Franziskus pries ja wie kein anderer die Armen selig, erkor die Armut für sich selbst als sein Gewand, und er war es ja auch, der als erster das liebliche Spiel der armen Geburt im Stall inszenierte.
Jesus, der Mittelständler: Muss sich da nicht auch der Weltkatechismus korrigieren, in dem zu lesen ist: „Von der Krippe bis zum Kreuz teilt Jesus das Leben der Armen: er kennt Hunger, Durst und Entbehrungen. Mehr noch: er identifiziert sich mit den Armen aller Art
Alles in allem: Haben wir unseren Herrn Jesus Christus mit seiner Geburt im Stall schief gewickelt? Muss da nicht vieles neu geschrieben und bedacht werden?

So werden die Geburt Jesus und seine Lebensumstände heute sehr gerne dargestellt. Jesus der Unternehmer.

Dennoch sollten wir darüber Nachdenken: denn dies alles kann uns an Weihnachten veranlassen, über das einfache Menschwerden unseres Herrn nachzudenken, über seine Entäußerung, daß er an seiner Gottheit nicht festhielt, sondern wirklich diese „Karriere nach unten" vollzog. Denn darin hat dieses Buch des italienischen Gelehrten Magnani recht:
Christus ist wie kein anderer ein „Selbständiger" gewesen, ein Selbst-Stehender, der ein „Unternehmen" beginnt, das seinesgleichen sucht: das Unternehmen von Erlösung und Rettung. Und er ist bis heute ein „Mittelständler" geblieben: Er, der in der Mitte der Zeit zur Welt kam, steht in der Mitte - zwischen Gott und den Menschen - als Mittler, als Vermittler, als Bringer des Heils.
Seit jeher bekennt die Kirche, daß sich an Weihnachten ein wunderbarer Tausch vollzogen hat: Er, Christus, nahm unsere menschliche Armut an, damit wir teilhaben dürfen an seinem göttlichen Reichtum.
Wenn wir von der Armut des Kindes im Stall reden, dann sind wir Christen der Überzeugung, daß hier kein Geringerer als Gott unsere Bedürftigkeit in all ihren Konsequenzen angenommen und getragen hat. Jesu Menschwerdung zeigt uns in einem ganz neuen Licht unsere eigene Bedürftigkeit. Gleichgültig, ob ein Menschenkind ins Stroh gelegt oder auf weichen Kissen gepflegt wird: Wir sind und bleiben Bedürftige. Blicken wir auf das Kind im Stall: Nicht nur, weil dieses Kind rein, unschuldig und naiv ist, sondern weil es nichts, aber auch gar nichts vorzuweisen hat, und deshalb ganz aufs Empfangen gestellt ist, wird es zum Gleichnis und Vorbild unseres Glaubens. Als Bedürftige wissen wir: Das Entscheidende im Leben kann nicht hergestellt werden. Wir dürfen empfangen, wie auch das Kind in den einfachen Verhältnissen vor 2000 Jahren empfangen durfte. Daher kommt es gar nicht so sehr darauf an, wie arm Jesus und sein Ziehvater Josef waren, sie blieben arme, bedürftige Schlucker, die wußten, daß letztendlich nur Gott ihre leeren Hände füllen konnte.
Und dieser Gott ist uns in diesem Jesus Christus so nahe gekommen wie nie zuvor in der Geschichte. Da wird einer Mensch - nicht in einem unzugänglichen Palast, nicht dort, wo man sich durch mehrere Vorzimmer kämpfen muß. nicht als geheime Verschlusssache. Dieses Geboren-Werden in einfachen Verhältnissen ist eine Menschwerdung mit freiem Zutritt.

Dieses armselige Kind schaut nun unsere Armseligkeit an. Egal, zu welcher gesellschaftlichen Schicht wir uns zählen.
Der arme Menschgewordene sagt: Hört auf mit euren Ausreden und Beschwichtigungen! Mag der Mensch Großartiges zu leisten imstande sein, mögen seine Erfindungen noch so ausgeklügelt sein, zuerst muß er sich eingestehen - und das ist mutig – ich bin nur ein armes Geschöpf.
Ich erinnere an eine Weisheit, die man sich in den Ländern Südosteuropas erzählt: „Drei Dinge lassen sich nicht verbergen: Liebe, Husten und Armut!"
Über den Gesundheitszustand des Kindes berichten die Evangelisten zwar nichts, aber sie konnten und mussten davon erzählen, was sich bis heute nicht mehr verbergen lässt: In dem Kind von Bethlehem, in der Armut eines Stalles bekommt die Liebe Gottes zu uns Hand und Fuß, und diese Liebe Gottes hat uns reich gemacht.
Vor 2000 Jahren und auch an Weihnachten 2003.
Ob da nun das Ereignis überhaupt noch eine Rolle, in den westlich geprägten Konsumgesellschaften einnimmt, diese Frage sollte jeder für sich beantworten, und sich dementsprechend darauf vorbereiten.

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sternchen
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Er kam in sein Eigentum, / aber die Seinen nahmen ihn nicht

Beitrag von sternchen »

Und ein drittes:

Nun Otto wie ist es mit seinem Reich, wie weit ist er mit seinen Thesen hindurch durch die Zeit bis in das Jahr 2003 gekommen?

Kam Jesus als Mensch um sein Reich zu verkünden das nicht von dieser Welt ist, oder wollte ER dass sich die Welt seinem Reich annähert, wenn ja wie nahe sind wir ihm?

Ich denke die Antwort steht in den Prolog des Johannes Evangeliums:

Der Prolog: 1,1-18
1 Im Anfang war das Wort, / und das Wort war bei Gott, / und das Wort war Gott.
2 Im Anfang war es bei Gott.
3 Alles ist durch das Wort geworden / und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
4 In ihm war das Leben / und das Leben war das Licht der Menschen.
5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis / und die Finsternis hat es nicht erfasst.
6 Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.
7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, / kam in die Welt.
10 Er war in der Welt / und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.
11 Er kam in sein Eigentum, / aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
12 Allen aber, die ihn aufnahmen, / gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, / allen, die an seinen Namen glauben,
13 die nicht aus dem Blut, / nicht aus dem Willen des Fleisches, / nicht aus dem Willen des Mannes, / sondern aus Gott geboren sind.
14 Und das Wort ist Fleisch geworden / und hat unter uns gewohnt / und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, / die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, / voll Gnade und Wahrheit.
15 Johannes legte Zeugnis für ihn ab und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war.
16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, / Gnade über Gnade.
17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
18 Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.

Gruß Sternchen

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Hl. Athanasios der Große hat geschrieben:Gott wurde Mensch, damit der Mensch Gott werden konnte.
Das ist aus dem 4. Jahrhundert... ;)

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Hallo, Sternchen!

Tatsächlich gibt es in den Evangelien keinerlei Hinweise auf ärmliche Verhältnisse bzgl. Jesus und Familie. Die Weihnachtgeschichte selbst sagt nichts von Armut. Dass Jesus in einem Stall geboren wurde, lag einzig und allein daran, dass zur Zeit des römischen Reichs-Census Bethlehem gerammelt voll war und einfach nirgendwo mehr ein Unterkommen einem Zimmer. Man kannd davon ausgehen, (es gibt da eine sehr schöne Ausführung von seiten des Limes-Museums), dass die Herberge ein Anbau war (Stall), der zu einem Gebäude gehörte - vielleicht Verwandte von Josef. Was sich bei so einem Census abspielte an Volksaufmarsch, kann man sich kaum vorstellen (und es war für Bethlehem auch ein Riesengeschäft;-)))
Also, da ist nichts geschönt von den Evangelien aus. Und Zimmermann war bestimmt ein angesehener Beruf. Ich habe auch nie irgendwo in der Bibel gelesen, dass die Heilige Familie am Betttelstab ging.
Wann diese Interpretation in Richtung Armseligkeit anfing, kann ich jetzt so aus dem Stegreif nicht sagen - sicher aber einige Jahrhunderte später. Wäre mal interessant aus kirchenhistorischer Sicht, dieser Veränderung nachzuspüren ... Und warum diese Interpretation entstand.
Gruß
Geronimo

Ralf

Beitrag von Ralf »

Geronimo hat geschrieben:Hallo, Sternchen!

Tatsächlich gibt es in den Evangelien keinerlei Hinweise auf ärmliche Verhältnisse bzgl. Jesus und Familie.

Doch. Die Hl. Familie konnte sich nur Turteltäubchen als Opfergabe leisten, was für finanzielle Engpässe spricht. Sonst wäre ein größeres Tier nach dem Gesetz fällig gewesen (ich weiß0 jetzt nicht mehr welches auswendig, Stier oder so).

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nach Lv 12,8 ein Lamm oder zwei Turteltauben. Aber ein Zeichen für Armut? Nee, Ralf, denk mal an die Umstände: aus Nazareth stammend, in Bethlehem niedergekommen, nach Jerusalem zum Reinigungsopfer. Ich behaupte mal, die Turteltauben waren völlig normal. Mindestens für Auswärtige.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Nette behauptung, Robert, fehlen nur Belege dafür. Außerdem: Du kannst Dich doch bestimmt genug in orientalische Kulturen verstezne um zu wissen, dass ein wohlhabender Familienvater, gesetzestreu, mit einer schwangeren Verlobten mit dem Erstling der Familie auf dem Weg zum Zensus in seine Heimatstadt, genug Cash dabei hatte. Wenn es ein Sohn sein sollte (und das wurde ihm ja so gesagt), dann soll er bei der Opfergabe gespart haben?
Josef als knauserig vor dem Herrn?

Nee nee, der hatte nicht mehr.

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sternchen
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War Jesus arm? Ja, ohne jeden Zweifel!

Beitrag von sternchen »

Hallo Geronimo, Ralf und Robert

War Jesus arm? Ja, ohne jeden Zweifel

Warum?

In der Nähe der Stadt Nazareth, dem langjährigen Lebensort Jesu, werden seit einigen Jahren Überreste einer antiken Stadt ausgegraben: Sepphoris, eine, wie man heute vermutet, wichtige römische Metropole im damaligen Palästina. Wie in anderen Städten des römischen Reiches (daran hat sich bis heute weltweit nichts geändert) gab es auch in Sepphoris zwei bzw. drei gesellschaftliche Schichten: die kleine. aber mächtige und wohlhabende Oberschicht einerseits und auf der anderen Seite die Unterschicht, die sich noch einmal unterteilte in die Armen, die unter dem Existenzminimum lebten und in eine Art Mittelschicht, die ihr Dasein um das Existenzminimum herum zu fristen hatte, die aber aufgrund der sozialen Verhältnisse zur Unterschicht gezählt werden mußte.
In diesen Unterschichten entwickelte sich ein Berufsstand, der als „tekton" beschrieben wird: ein Handwerker für alle Fälle, einer, der mit Holz und Stein zugleich umgehen konnte, und der seine Künste gerade in Sepphoris, der aufstrebenden Stadt, in reichem Maß ausüben konnte. So war also Jesus stärker mit der römisch-hellenistischen Kultur verbunden, als man bisher vermutete. Und es darf angenommen werden, daß der Zimmerer Josef - und sein Sohn -solche „tektones" waren, kundige Handwerker, in verschiedenen Bereichen einsetzbar. Das ändert aber nichts daran, daß Jesus den damaligen Unterschichten angehörte, aus denen dann später das Urchristentum seine Anhänger beziehen sollte.
Noch eines sagt uns Jesus: Über Armut zu reden, bedeutet auch: Wir Christen sind der Überzeugung, daß überall dort, wo wir in unserem menschlichen Dasein hinkommen - von der Geburtenstation bis zum Altenheim, von den belebten Plätzen unserer Stadt bis zu der Einsamkeit eines Krankenzimmers -, daß überall dort Christus schon war. Es ist wahr: Der Menschgewordene sparte in seinem irdischen Leben nichts aus, kein Sektor unseres Daseins ist ihm fremd. Deshalb können wir den Stall von Bethlehem, und die Armut des Jesus von Nazareth, nicht einfach aus dem Evangelium streichen; denn diese einfache Behausung und die Armut Jesus stehen symbolisch für alle Situationen, in die ein Mensch geraten kann.

gruß Sternchen

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Moment ... Ich habe nicht behauptet, dass Jesus aus reichen Verhältnissen stammte. Bescheidene Verhältnisse ... einfache Leute – so würde ich es nennen.

Was die Turteltauben betrifft – bei Matthäus ist nur die Rede davon, dass die Eltern Jesu „ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.“ Es bleibt unser Phantasie überlassen, was sie davon wählten. Von Lämmern war nicht die Rede.

Um noch mal auf den Stall zurückzukommen – bei Matthäus treten die Heiligen Drei Könige ins Haus ein, um das Kind zu begrüßen. Nach meinem Wissen dauerte dieser Census eine ziemliche Zeitlang, so dass die Heilige Familie für längere Zeit in Bethlehem weilte. Möglicherweise zogen sie vom Stall ins Haus zurück, oder Stall und Haus gingen ineinander über. Lukas erwähnt den Stall so ausführlich, weil er sich damit auf das erfüllte Schriftwort von Ochs und Esel bezieht.

Die Armut Jesu bezieht sich m.E. darauf, dass er sich seiner göttlichen Macht entäußerte – einer von uns wurde. Ein einfacher Mensch eben. Man nahm es ihm ja auch sehr übel, dass er nicht als Fürst oder König geboren wurde und solchen Status auch nie anstrebte. Den Messias hatten sich die Juden eben ganz anders vorgestellt.

Dass das einfache Volk immer davon bedroht war/ist, in die Verelendung abzurutschen, steht außer Frage.
Gruß Geronimo

josef
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Beitrag von josef »

Hallo Otto,


Du fragst:
otto hat geschrieben:Warum hat Gott ausgerechnet diesen Weg in die Welt gewählt?
Und was wollte ER den Menschen sagen, oder erläutern, oder aufzeigen?
GOTT hat SICH SEINER Allmacht entledigt und ist in der Person JESU CHRISTI Mensch geworden, um als vollständig Machtloser mit den Menschen die Übel dieser Welt und die Bosheit der Menschen zu erleiden.

Damit ein übler Verdacht ein für allemal ausgeräumt werde, den alle Menschen vor JESU Leiden am Kreuz, hegen mussten:

Der Verdacht, daß GOTT ein böswilliger Despot ist, der den Menschen aus selbstherrlicher Willkür leiden läßt.

Seit dem Kreuzestod JESU kann jeder Mensch wissen, daß GOTT, unser uns liebender VATER, sehr gute Gründe hat uns hier auf Erden leiden zu lassen:

Damit der Mensch erlebe und erfahre was es mit Gut und Böse auf sich hat, und sich aus eigener Einsicht entscheide, dem Bösen ein für allemal zu entsagen.

Der gute Grund:
Selbst der liebevollste Vater kann nicht hinnehmen, daß seine Kinder sich und alles kaputtmachen.


Jeglicher Reichtum bedeutet Macht.
Daher:
Die Heilige Familie war konsequenterweise arm aber nicht in elenden Verhältnissen.


Gruß
josef

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otto
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@sternchen: Deine Ausführungen bringen Licht ins Dunkel

Beitrag von otto »

Danke @sternchen für Deine ausführlichen Erläuterungen.

Deine Ausführungen bringen Licht ins Dunkel.

Hallo @Josef und @alle nur noch eine Frage?

A, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen auf sein kommendes Reich zu vertrösten?

B, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen dazu zu ermuntern seinem Reich auf Erden (nach seinen Geboten) möglichst nahe zu kommen?
Müssen demnach die Menschen seine Gebote achten?

gruß otto
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otto
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Beitrag von otto »

Hallo @Josef und @alle nur noch eine Frage?

A, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen auf sein kommendes Reich zu vertrösten?

B, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen dazu zu ermuntern seinem Reich auf Erden (nach seinen Geboten) möglichst nahe zu kommen?
Müssen demnach die Menschen seine Gebote achten?
Ist die Frage zu schwer, oder die Antwort zu einfach?
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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

otto hat geschrieben:
Hallo @Josef und @alle nur noch eine Frage?

A, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen auf sein kommendes Reich zu vertrösten?

B, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen dazu zu ermuntern seinem Reich auf Erden (nach seinen Geboten) möglichst nahe zu kommen?
Müssen demnach die Menschen seine Gebote achten?
Ist die Frage zu schwer, oder die Antwort zu einfach?
Weder noch.

Nur ist Deine Frage dem Heilsereignis nicht angemessen (zu verkürzend).
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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otto
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Beitrag von otto »

Hallo Erich Dumfarth

Warum immer diese Absolutismen, ob meine Frage dem Heilsereignis angemessen (zu verkürzend) ist oder nicht, dass solltest DU nur für Dich beurteilen.
DU @ Erich Dumfarth bist der Meinung das meine Fragen:

A, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen auf sein kommendes Reich zu vertrösten?

B, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen dazu zu ermuntern seinem Reich auf Erden (nach seinen Geboten) möglichst nahe zu kommen?
Müssen demnach die Menschen seine Gebote achten?

für das Heilsereignis nicht angemessen, zu verkürzt sind, auch wenn andere dergleichen Meinung wären, solltest du nicht für diese Christen sprechen/schreiben.

Für jene die nicht deiner Meinung sind - ist deine Sicht der Dinge ja so und so klar, aber es bleibt halt nur Deine Meinung. ;)


Aber gerade von dir @ Erich Dumfarth hätte ich doch eine tiefer greifende Antwort erwartet.
Ich habe dich als Visionär kennen gelernt. Der wenn unser Papst Johannes Paul II. das Thema Frauen +Priesterweihe als (definitiv, endgültig oder in alle Ewigkeit) für geklärt sieht, immer noch eine wohl abenteuerliche, und utopisch hypothetische These aufstellt, das Thema (Frauen +Priesterweihe) könnte in Zukunft auch ganz anders als heute gesehen werden, ohne dabei die reine und wahre römisch- katholische Lehre zu verlassen.

Zurück zu meiner Ausgangsfrage : WARUM WURDE JESUS MENSCH?

@ Erich Dumfarth meine Erfahrung in diversen Gesprächskreisen lehrte mich, das diese Frage immer dann schwer zu beantworten ist, wenn nicht Jesus in der Mitte der Theologie steht, sondern der Mensch. Die Antwort liegt nicht im „ich (der Mensch) will“ und Gott oder andere „müssen“. Es gibt leider Gruppen innerhalb der katholischen Kirche die “fordern“ von anderen. Ich will - Ihr müsst
Nein diese wollen, nur bildhafte Fatahmorganen die blenden. Ich meine, nicht der Mensch steht im Mittelpunkt, Gott ist es, er schenkt seine Gnade und sein Heil und wir die Menschen empfangen.

Was bleibt ist die Frage: WARUM WURDE JESUS MENSCH?

A, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen auf sein kommendes Reich zu vertrösten?

B, Kam Jesus als Mensch auf die Erde, um die Menschen dazu zu ermuntern seinem Reich auf Erden (nach seinen Geboten) möglichst nahe zu kommen?
Müssen demnach die Menschen seine Gebote achten?


Mit geduldigen Gruß Otto
Zuletzt geändert von otto am Dienstag 9. Dezember 2003, 21:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Er wurde Mensch, um die Menschen zu erlösen. Reicht das nicht?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ja. Mehr als das sogar. Weit mehr.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Also, mir reicht das! :mrgreen:

Ist doch geil genug. :mrgreen:


P.S.: Das zuletzt verwendete Adjektiv ist vielleicht nichts für "fromme Ohren" oder etwas "verwegen", rein theologisch gesehen. ;)

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otto
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Beitrag von otto »

Ralf hat geschrieben:Er wurde Mensch, um die Menschen zu erlösen. Reicht das nicht?
@Ralf schon vergessen?

Es geht mir hier nicht um die Wiederholung der bekannten, und gängigen Erklärungen von Erlösung und Leiden, usw…


Genau so steht es in meinen Eingangsbeitrag.

Wer die Antwort auf meine Frage nicht geben kann, sollte sich bitte in diesen Thread zurück halten.

Aber niemand muss so ausführlich wie @sternchen antworten.

gruß otto
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Ist natürlich doof, wenn man richtige Erklärungen nur deswegen nicht geben darf, weil sie schon bekannt sind. Engt irgendwie den Autausch arg ein.

So nach: "Warum dreht sich der Mond um die Erde?" "Wegen der Schwerkraft." "Nein, die Antwort kenne ich schon, warum dreht sich der Mond um die Erde?" :/

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Otto, du hast eine falsche Alternative konstruiert. A und B taugen beide nicht.
Otto hat geschrieben:»Müssen demnach die Menschen seine Gebote achten?«
Das Gesetz hatten wir vor der Einfleischung Gottes bereits. Und? Was hat’s gebracht?
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otto
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Beitrag von otto »

Ralf hat geschrieben:Ist natürlich doof, wenn man richtige Erklärungen nur deswegen nicht geben darf, weil sie schon bekannt sind. Engt irgendwie den Autausch arg ein.

So nach: "Warum dreht sich der Mond um die Erde?" "Wegen der Schwerkraft." "Nein, die Antwort kenne ich schon, warum dreht sich der Mond um die Erde?" :/
Ja Ralf, wenn ich bei deinem Beispiel bleiben darf, dann liegt die Antwort meiner Frage, in der Erklärung der Schwerkraft, und nicht darin das es die Schwerkraft gibt.
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otto
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Beitrag von otto »

Ketelhohn hat geschrieben:Otto, du hast eine falsche Alternative konstruiert. A und B taugen beide nicht.
Otto hat geschrieben:»Müssen demnach die Menschen seine Gebote achten?«
Das Gesetz hatten wir vor der Einfleischung Gottes bereits. Und? Was hat’s gebracht?
Gut Robert, wie wäre es mit einer neu zu konstruierenten Alternative C?

Wer konstruiert Sie?
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ralf. Siehe oben.
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otto
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Beitrag von otto »

Ketelhohn hat geschrieben:Ralf. Siehe oben.
Ja und wer erklärt nun die "Schwerkraft" um im Bilde zu bleiben.
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sternchen hat geschrieben:»War Jesus arm? Ja, ohne jeden Zweifel«
Ich aber sage dir, Sternchen: Das ist Quatsch.

Warum?

Was du über den Beruf Jesu und eine mutmaßliche Tätigkeit in Sepphoris schreibst, ist ja ganz richtig. Thiede zum Beispiel vertritt diese These sehr nachdrücklich. Ich halte sie auch für sehr plausibel, wenn sie auch nicht mit Sicherheit beweisbar ist.

Weniger plausibel – um nicht zu sagen: aus den Finger gesogen – sind die Ausführungen über die soziale Gliederung oder Schichtung in Sepphoris, abgesehen davon, daß Jesus nicht aus Sepphoris stammte, sondern aus dem nahen Nazareth.

Von Unterschichten zu reden, entbehrt jeder Grundlage. Ich würde eher – wenn denn moderne Begriffe überhaupt anwendbar sind – von mittelständischen Handwerkern reden. Das bedeutet keinen Reichtum. Aber gewiß auch keine Armut. Arme und Angehörige der „Unterschichten“ lernen wir – neben anderen – in den Evangelien durchaus kennen.

Übrigens ist der Begriff der Unterschicht nicht nur materiell zu verstehen. Das hat auch mit dem sozialen Ansehen zu tun. Einer, dessen Mutter und Ziehvater beide Abkömmlinge Davids waren, ist kaum als sozial Degradierter anzusehen, selbst wenn er materiell in Armut abgesunken sein sollte – was man jedoch bei einem im hellenistischen Sepphoris gut beschäftigten, selbständigen Bauhandwerker nicht vermuten kann.

All das bezieht sich aber nur auf die Zeit vor Jesu öffentlichem Auftreten. Wie sah es eigentlich in den drei Jahren seines Wirken aus? Wovon lebten er und die Apostel, die doch nicht arbeiteten? – Geld hatten sie offensichtlich, soviel sie bedurften. Ihnen fehlte nichts. Judas, der den Herrn am Ende verriet, verwaltete die Kasse. Woher also kam das Geld?

Definitiv wissen wir es nicht, die naheliegende Vermutung hat aber alle Wahrscheinlichkeit für sich: Unter den Jüngern Jesu war eine Anzahl reicher Frauen – wir finden sie später in der Nähe von Calvaria und am Grab –, welche die Schar der Zwölfe unterstützt haben dürften.

Waren Jesus und die Apostel also arm? – Arm im Geiste: »Des Menschen Sohn hat nicht, wo er sein Haupt hinlegen kann.« Arm im Geiste: Das heißt, nicht Mammons Knecht. Das heißt jedoch nicht, kein Geld zu haben. Vielmehr bedeutet es, in der Vorläufigkeit zu leben. Gott für den nächsten Tag vorsorgen zu lassen. Mangel litten der Herr und seine Apostel nicht, im Gegenteil.
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Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

@Robert

Dann hat sich Charles de Foucault geirrt, als nach der Armut von Nazareth strebte (die ja auch materiell gemeint war)?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Otto hat geschrieben:»Ja und wer erklärt nun die "Schwerkraft" um im Bilde zu bleiben«
Durch diese „Schwerkraft“, Otto, werde ich nicht erlöst, indem ich sie beobachte, erkläre und mich bemühe, auf ihre Gesetze Rücksicht zu nehmen. Sondern indem ich mich ihr schlicht anvertraue – und mich fallen lasse.

(Ihr Gesetz ist nämlich, daß ich falle. Bemühe ich mich dagegen, wie oben beschrieben, werde ich unter Garantie immer am Punkte vor dem Fall zurückschrecken. Den letzten Schritt in den Abgrund kann ich nicht tun. Das heißt, ich werde ihre Gesetze immer so anwenden, daß ich gerade nicht falle – obgleich ihr Gesetz doch sagt, daß ich fallen muß. Erst wenn ich all mein Mühen fahren lasse und mich ihr ganz übergebe: dann falle ich und zerschelle ich. Ich: mein Ego. Mein Adam, der alte Knilch.)
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dirk hat geschrieben:»Dann hat sich Charles de Foucauld geirrt, als nach der Armut von Nazareth strebte (die ja auch materiell gemeint war)?«
Davon weiß ich nichts, Dirk, also kann mich nicht fundiert dazu äußern. Doch für eine materielle »Armut von Nazareth« finde ich weder in der Schrift noch in irgendwelchen historischen Extrapolationen überzeugende Hinweise.

Vielleicht ist es sinnvoll, hier wieder einmal an die Geschichte vom reichen Jüngling zu erinnern:

Marcus hat geschrieben:»Da blickte ihn Jesus an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eins fehlt dir! Gehe hin, verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm, nimm das Kreuz auf dich und folge mir nach! Er aber ward traurig über diese Rede und ging betrübt davon; denn er hatte viele Güter … Jesus antwortete ihm [Petrus] und sprach: Wahrlich, ich sage euch, es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Kinder oder Äcker um meinetwillen und um des Evangeliums willen verlassen hat, der nicht hundertfältig empfinge, jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker, unter Verfolgungen, und in der zukünftigen Weltzeit ewiges Leben« (10,21.22.29.30).
Jesus sagt dem jungen Mann, was ihm fehlt. Aus Liebe übrigens. Also was? Gott an die erste Stelle zu setzten. Darum soll er (wie du) alles verkaufen und das Geld den Armen geben. Und dann? Dann hat der Jüngling nichts mehr? Nein, er hat Gott. Und weiß Gott nicht, wessen der Mann bedarf? Na, und ob! Hundertfältig soll er empfangen, »jetzt in dieser Zeit«. Durchaus nicht materielle Armut leiden. Aber sich beschenken lassen. Oder auch nicht – jedenfalls, in der Wüste etwa, nicht so wie vorgestellt –, und doch alles haben, was nötig ist, nein: stets mehr als nötig. Woran sein Herz hängt, darauf kommt es an.
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Ralf

Beitrag von Ralf »

Hmmm, der Streit über die Armut Jesu besteht ja seit der Armutsbewegung des Mittelalters.

Es gibt jedenfalls mehr Stellen im NT, die auf einen sehr geringen und unsicheren Lebensstandard Jesu (und z.T. seiner Eltern) hinweisen als dass sie das Gegenteil behaupten:

1. das bereits genannte Opfer der Turteltauben.
2. es gab keinen Platz in der Herberge für sie - dass sie einfach nur voll war, wird nicht gesagt, und wer genug Geld hat, das ist bis heute fast überall auf der Welt so, für den ist immer Platz.
3. der Menschensohn hat, nachdem er seine Gesandschaft in den Mittelpunkt seines Lebens gestellt hatte, keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen könnte. Zu Beginn konnten die ersten Jünger noch sehen, wo er wohnte.

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