Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Ralf

Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Ralf »

Hallo.

Für mich war es vor mehr als einem Jahr eine große Überraschung (gelinde gesagt) zu lesen und zu erfahren, dass die göttliche Natur Jesu im Gegensatz zu seiner menschlichen am Kreuz nicht gelitten haben soll. So lautet zumindest der Glaubenssatz (ich finde aber im Moment nicht die Quelle dazu).

Kennt Ihr den aktuellen Diskussionsstand dazu? Ist das überhaupt in der theolog. Diskussion?

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Nietenolaf
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Nietenolaf »

Ralf hat geschrieben:Kennt Ihr den aktuellen Diskussionsstand dazu? Ist das überhaupt in der theolog. Diskussion?
Ja / nein. Das ist zweifellos so: wie kann Gott leiden?
F. Wie konnte Jesus Christus leiden, da Er doch Gott ist?
A. Er hat gelitten und starb nicht in Seiner göttlichen, sondern in Seiner menschlichen Natur, und nicht, weil Er die Leiden nicht vermeiden konnte, sondern weil Er zu leiden wünschte (s. Joh. 10:17f.).
("Ausführlicher Christlicher Katechismus der Orthodoxen Katholischen Ostkirche", Mitropolit Filaret; Übersetzung von :N:)
:N:

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Das ist das "Problem" der sog. Idiomenkommunikation. Man kann nicht Idiomata (Eigenheiten) der einen Natur auf die Andere übertragen. Man kann menschliche Eigenheiten nicht auf göttliche übertragen und umgekehrt. Aber: man kann in diesem Sinne Aussagen über die zweite Person der Trinität machen, solange man nicht die Naturen vermischt.

Die Person Jesu hat am Kreuz gelitten. - Das ist also eine Aussage über die Person und nicht die Natur!

Die göttliche Natur kann nicht leiden.
Die menschliche Natur kann leiden.

Die gott-menschliche Person in seiner hypostatischen Union kann leiden. - Wobei man nicht den Fehler machen darf, hier anzufangen die Naturen auseinanderzudividieren.
Gruß Jürgen

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Zwei Beispiele für die Idiomenkommunikation:

Die Aussage:
- Menschen haben die Welt geschaffen
ist falsch, aber
- ein Mensch hat die Welt geschafften
kann man ggf. als richtig ansehen, wenn damit die Person Jesus Christus in seinen zwei Naturen gemeint ist

Die Aussage:
- Gott starb am Kreuz
ist falsch, wenn damit die göttliche Natur gemeint ist
- Gott starb am Kreuz
ist richtig, wenn damit die Person Jesus Christus in seinen zwei Naturen gemeint ist


Verstanden ? :roll:
Gruß Jürgen

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Stefan

Beitrag von Stefan »

Juergen hat geschrieben:Verstanden ?
nein.

Ralf

Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Ralf »

Nietenolaf hat geschrieben: wie kann Gott leiden?
Das weiß ich nicht. Ich weiß aber auch nicht, wie Gott das mit der Schöpfung macht, Er macht es aber auch ohne mein Verständnis.

Die Frage ist nicht das Wie, sondern das Ob.

Warum soll denn Gott nicht leiden können?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Weil Gott vollkommen ist.
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pierrot
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Unermeßliches Leiden

Beitrag von pierrot »

Die Aussage, Jesus habe "nur" der menschlichen Natur nach gelitten, scheint eine Verharmlosung dieses Leidens nahezulegen. Aber wenn wir es richtig betrachten: Auch wir leiden immer in unserer menschlichen Natur, die ja unsere einzige ist. Kann man deshalb sagen, das Leiden sei kein wirkliches? Wenn nun die zweite göttliche Person die menschliche Natur tatsächlich so angenommen hat, daß sie ihr wirklich angehört (nicht nur mehr oder minder unverbunden ihr "angeklebt" ist): Ist dann nicht das Leiden in vollem Sinne gewahrt?
Zu bedenken ist auch, daß die menschliche Natur Jesu ganz frei von der verrohenden Befleckung durch die Sünde und somit (in leiblicher wie geistiger Hinsicht) unendlich empfindsam war. Diese Tatsache läßt ein Leiden erahnen, das über alle unsere Vorstellungen geht.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Das Auseinanderdividieren der Naturen Jesu und die Frage welche Natur gelitten hat ist sinnlos.

Die Naturen sind unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteilbar in Christus, wie das Konzil von Chalkedon in seiner berühmten Definitio lehrt.

Ein sinnvolle Aussage kann nur über die Person gemacht werden. Und die Person Jesus Christus hat am Kreuz gelitten.
Gruß Jürgen

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Bruno-Maria Schulz
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Beitrag von Bruno-Maria Schulz »

Auch wenn Ralf wie in PM angekündigt manchen meiner Beiträge löscht; hier ein Kommentar:

Ralf schrieb:
>Für mich war es eine große Überraschung zu erfahren, dass die göttliche Natur Jesu im Gegensatz zu seiner menschlichen am Kreuz nicht gelitten haben soll. So lautet zumindest der Glaubenssatz<

Ralf, dies ist kein Glaubenssatz, sondern Ignoranz. Da Jesus ganz Gott und ganz Mensch war, litt Er ganz. Welchen Sinn hätte die Passion, wenn sie nur einseitig – symbolisch geschehen wäre.

Nietenolaf fragt WIE KANN GOTT LEIDEN?
Gott entäußerte sich und wurde in Jesus Christus wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen und das Gottes unter uns.

Jürgen macht die Frage zum Idiomata und sagt: Man kann menschliche Eigenheiten nicht auf göttliche übertragen, aber Aussagen über die zweite Person der Trinität machen, solange man nicht die Naturen vermischt.

Jürgen; „Naturen“ sind Gott auch dann nicht, wenn Er in Jesus Christus Mensch wurde. Er war ganz Gott und ganz Mensch. Litt als Gott und als Mensch, bis zu dem Zeitpunkt, als Er um absolut und alleine Mensch zu sein, letztendlich von Gott verlassen schrie: VATER, WARUM HAST DU MICH VERLASSEN – und in diesem Augenblick alleine Mensch war, aber bereits im nächsten Augenblick in die Arme Seiner und unseres Vaters sank.

Richtig ist, dass man: „nicht den Fehler machen darf, hier anzufangen die Naturen auseinanderzudividieren“ denn Jesus war ganz Gott und ganz Mensch – bis auf einen Augenblick des Sterbens – denn;
nur ein Mensch kann sterben!

Jesus Christus hat allerdings nicht wie du sagst, auch als Mensch die Welt geschaffen, sondern Gott schuf die Welt, in der Trinität Gottes zu einen Zeitpunkt, als Gott sich noch nicht entäussert hatte.

Ketelhohn sagt so lapidar wie treffend: Weil Gott vollkommen ist. Dies trifft die Diskussion und beantwortet alles vollkommen! Wie, warum und weshalb machen wir uns Gedanken über das Allerhöchste und den Allerhöchsten, wenn wir die Grundbegriffe nicht verstanden haben.

Nein, eine „Verharmlosung“ der Passion liegt nicht vor wie Pierrot befürchtet, denn selbst wenn wir Jesus Christus nur versehentlich angestoßen hätten, wäre die Ungeheuerlichkeit des Vergehens weltumwälzend! Was aber mehr taten wir von Verunglimpfung, bis verhöhnen, anspucken und fesseln, geißeln bis kreuzigen!? Ist das fassbar? Eine Schandtat, die über jedes Menschen Fassungsvermögen geht!

Es ist allerdings nicht so, dass hier nur eine sinnvolle Aussage über die PERSON Jesu gemacht werden kann, denn es war GOTT den wir peinigten und verhöhnen – auch mit jeder weiteren Sünde.

Herzlichen Gruß
Bruno

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Hallo,

also ich würde euch uneingeschränkt zustimmen, wenn ihr das Leiden auf das rein körperliche Leiden beschränkt hättet (oder war das so gemeint?).

Jedenfalls ist eine Art "seelisches Leiden" Gottes aber doch im AT bezeugt, z.B. in Form des Mitleids, ja der Reue, als er Ninive die angedrohte Strafe erließ. MitLEID schließt ja schon dem Namen nach die Fähigkeit ein, selbiges zu empfinden, oder? Oder denke ich hier in zu menschlichen Maßstäben?

HeGe

Ralf

Beitrag von Ralf »

Bruno-Maria Schulz hat geschrieben:Auch wenn Ralf wie in PM angekündigt manchen meiner Beiträge löscht; hier ein Kommentar:

Ralf schrieb:
>Für mich war es eine große Überraschung zu erfahren, dass die göttliche Natur Jesu im Gegensatz zu seiner menschlichen am Kreuz nicht gelitten haben soll. So lautet zumindest der Glaubenssatz<

Ralf, dies ist kein Glaubenssatz, sondern Ignoranz.
Ein kleines Zitat dazu aus dem BREVILOQUIUM des Hl. Bonaventura, eine immer noch sehr lesenswerte scholastische Einführung in das rechte Verständnis der Hl. Schrift (so um 1250 geschrieben). Nachdem Bonaventura das Leiden Christi ausgeführt hat, schreibt er (Teil IV, Kapitel 9):

Schließlich: all das betraf nicht die göttliche Natur, die nicht leidensfähig ist, sondern allein die menschliche. Darum geschah beim Tode Christi die Trennung von Seele und Leib auf solche Weise, dass die Einheit der Person nicht angetastet wurde und die Vereinigung des Leibes wie der Seele mit der göttlichen Natur bestehen blieb. Da die Vereinigung der Seele mit dem Leib den Menschen ausmacht, und zwar den lebendigen Menschen, war Chritus in jenen drei Tagen nicht "Mensch", auch wenn Leib und Seele mit der Gottheit vereint blieben. Und weil der Tod in der menschlichen Natur seine tödliche Kraft nicht auf die immer lebendige Person ausdehnen konnte, darum erstarb der Tod im Leben. [...]

Aber vielleicht war Bonaventura (ein gewisser Ratzinger hat über ihn promoviert und sich hablitiert, Guardini nur promoviert, glaube ich) ja auch ein Ignorant.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Bruno-Maria Schulz hat geschrieben:Es ist allerdings nicht so, dass hier nur eine sinnvolle Aussage über die PERSON Jesu gemacht werden kann, denn es war GOTT den wir peinigten und verhöhnen – auch mit jeder weiteren Sünde.
Nein !

Es war nicht "Gott" der gelitten hat, es war Jesus Christus, die zweite Person der Trinität. Der Vater hat nicht gelitten, - das wäre Patripassianismus!
Leo I / DH 384 hat geschrieben:...Diese Art der Gotteslästerung übernahmen sie von der Auffassung des Sabellius, dessen Schüler zurecht auch Patripassianer genannt werden; denn wenn der Sohn derselbe ist wie der Vater, dann ist das Kreuz des Sohnes das Leiden des Vaters; und alles, was der Sohn in der Gestalt des Knechtes im Gehorsam gegenüber dem Vater ertragen hat, das hat der Vater selbst ganz in sich aufgenommen.
Die ist dem katholischen glauben zweifellos entgegengesetzt, der die Dreifaltigkeit der Gottheit dergestalt als wesensgelich bekennt, daß er glaubet, daß der Vater und der Sohn und der heilige Geist ohne Vermischung ungeteilt, ohne zeit ewig und ohne Unterschied gleich (sind); denn die Einheit in der Dreifaltigkeit macht nicht dieselbe Person, sondern dasselbe Wesen vollständig...
Oder schön ausgedrückt bei Augustinus:
Io. eu. tr. 36, 9. hat geschrieben:....Vergesse nicht die Person, unterscheide die Personen. Unterscheide verständig, trenne nicht unredlich, damit du nicht wieder gleichsam der Charybdis entfliehst in die Scylla rennst. Es verschlang dich nämlich der Strudel der Unfrömmigkeit der Sabellianer, daß du sagtest, derselbe ist der Vater, wer der Sohn ist ...
Erkenne an, daß der Vater der Vater ist und der Sohn der Sohn ist. Erkenne es richtig, aber ohne zu sagen: der Vater ist größer, der Sohn ist geringer; ohne zu sagen: der Vater ist Gold, der Sohn ist Silber. Eine Substanz ist es, eine Gottheit, eine Gleichewigkeit, vollkommene Gleichheit, keine Unähnlichkeit. Denn wenn du bloß glaubst ein Anderer sei Christus, nicht der, der Vater ist, in irgend etwas aber der Natur nach verschieden, bist du der Charybdis entgangen aber hast an der Küste der Scylla Schiffbruch erlitten. Fahre in mitten beider gefahrvollen Seiten des Weges. ...
Schon sagst du: Der Vater ist Vater, der Sohn ist Sohn. Gut bist du der Gefahr des verschlingenden Strudels entkommen, warum willst du auf die andere Seite gehen, daß du sagst: etwas anderes ist der Vater, etwas anderes der Sohn? Ein Anderer ist er, sagst du richtig; etwas anderes, ist nicht richtig. Ein anderer nämlich ist der Sohn, daher weil er selbst nicht der Vater ist; ein anderer ist der Vater, daher weil er nicht der Sohn ist, nicht aber ist er anders, sonder dasselbe ist der Vater und der Sohn. Was ist es, was dasselbe ist? Es ist ein Gott. ... höre den Sohn selbst: ich und der Vater sind eins. Er sagt nicht: ich bin der Vater, oder auch: ich und der Vater sind einer, sondern wenn er sagt: ich und der Vater sind eins, höre beide Seiten: eins und wir sind, und du wirst von der Charybdis und Scylla befreit werden. Wenn er in den beiden Worten sagt: eins, befreit er dich von Arius, wenn er sagt wir sind bereit er dich von Sabellius.
Gruß Jürgen

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Killerdackel

Hat GOTT - Vater gelitten als ...

Beitrag von Killerdackel »

Euere Gedanken zu folgenden Fragen:

1. Hat Gott-Vater gelitten als er den Sohn am Kreuz leiden sah ?

2. Ist GOTT nicht der einzig wirklich LEIDTRAGENDE, - auch in Ewigkeit?

Begründung: Die Auserwählten werden sich in Ewigkeit an der Herrlichkeit GOTTES erfreuen dürfen und in SEINEM Anblick verlieren. Wird GOTT die vergessen, die nicht gerettet wurden, da sie es nicht wollten ?

3. Kann man vorsichtig unterstellen, dass GOTT wusste, als ER den Entschluss fasste die Schöpfung ins Sein zu rufen, am Ende allen materiellen Seins der Einzige sein würde, der in Ewigkeit weiter leiden würde, da ein liebender VATER niemals seine Kinder vergessen kann, die das Erlösungsopfer nicht angenommen haben ?

vielen Dank für euere Gedanken !

Gast

Beitrag von Gast »

Beeindruckender als die Künstler des Mittelalters kann man Deine Fragen kaum beantworten:

"Der Gnadenstuhl"

hier in der Wiesenkirche zu Soest

Bild

Der "Gnadenstuhl" war ursprünglich (d.h. im alten Israel) der Deckel der Bundeslade. Einmal jährlich, am Versöhnungsfest (Jom Kipur) besprengte der Hohepriester den Deckel der Bundeslade mit dem Blut eines Opfertieres zur Tilgung der Sünden.

Daran lehnt sich die christliche Darstellung des "Gnadenstuhls" an: Unsere Sünden sind durch Christi Tod getilgt.

Nicht zu vergessen, was die obige Darstellung gleichfalls aufzeigt: "Gott ist dreifaltig einer..." Er hat nicht aus weiter Ferne zugeschaut und "gelitten", als er in weiter Ferne den Sohn am Kreuz sah. Ich denke, er hat IM Sohne gelitten.

Margarete

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Bruno-Maria Schulz
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Beitrag von Bruno-Maria Schulz »

Zu: „ Es war nicht "Gott" der gelitten hat, es war Jesus Christus, die zweite Person der Trinität. Der Vater hat nicht gelitten“

Leidet der Vater oder ist er unbeteiligt wenn der Sohn die Passion durchleidet?
War Jesus ganz Gott und ganz Mensch oder war er gespalten?

War Jesus Gott?

Und warum um alles in der Welt entzweien wir uns ob solcher, nur Gott selbst angehenden Frage, ohne vorher die Grundwahrheiten des Glaubens begriffen zu haben?

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Bruno-Maria Schulz hat geschrieben:Zu: „ Es war nicht "Gott" der gelitten hat, es war Jesus Christus, die zweite Person der Trinität. Der Vater hat nicht gelitten“

Leidet der Vater oder ist er unbeteiligt wenn der Sohn die Passion durchleidet?
Wenn Du ein Leiden der göttlichen Natur meinst: nein
Wenn Du "leiden" im Sinne von "Mitleid haben" meinst, dann ist das ein Anthropomorphismus der in Aporien führt.
War Jesus ganz Gott und ganz Mensch oder war er gespalten?
Er war ganz Gott und Mensch: unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteilbar.
War Jesus Gott?
Er war ganz Gott und Mensch: unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteilbar.
Und warum um alles in der Welt entzweien wir uns ob solcher, nur Gott selbst angehenden Frage, ohne vorher die Grundwahrheiten des Glaubens begriffen zu haben?
Wieso entzweien?
Wer hat wo was nicht begriffen?
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen hat geschrieben:»Wenn Du "leiden" im Sinne von "Mitleid haben" meinst, dann ist das ein Anthropomorphismus der in Aporien führt.«
Reden wir doch vom Erbarmen Gottes.
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Miserere Nobis Domine
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ich finde das Argument "Gott kann nicht leiden" völlig daneben. Wenn Gott etwas nicht könnte, dann wäre er ja nicht Gott.

Im Übrigen erinnert es mich an das islamische "Gott kann nicht Mensch werden".

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Peti
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Peti »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Ich finde das Argument "Gott kann nicht leiden" völlig daneben. Wenn Gott etwas nicht könnte, dann wäre er ja nicht Gott.

Im Übrigen erinnert es mich an das islamische "Gott kann nicht Mensch werden".
Bei uns Menschen ist Leiden oft ein unfreiwilliges äußeres Widerfahrnis. Diese Bedeutung muß man bei Gott ausschließen.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

Miserere Nobis Domine
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Peti,

Das ist richtig. Aber auch als (nur) Mensch kann man unter Umständen freiwillig das Leid anderer auf sich nehmen:
Am 29. Juli 1941 wurden Männer als Vergeltungsmaßnahme für die nur vermutete Flucht eines anderen Häftlings (dessen Leiche später gefunden wurde) zur Ermordung aussortiert. Als einer der Männer, Franciszek Gajowniczek, in lautes Wehklagen um sich und seine Familie ausbrach, bat Pater Kolbe den Kommandanten Karl Fritzsch, um den Platz von Gajowniczek (der eine Frau und zwei Söhne hatte) einnehmen zu dürfen, und wurde am 31. Juli 1941 in den berüchtigten „Hungerbunker“ gesperrt. Dort betete er mit seinen Leidensgenossen und tröstete sie. Am 14. August wurden Pater Kolbe und drei andere Verurteilte, die noch nicht verhungert waren, durch Phenolspritzen umgebracht und im Krematorium verbrannt. Franciszek Gajowniczek überlebte das KZ und starb 1995.
http://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_Kolbe

Miserere Nobis Domine
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ich habe hier das Buch eines orthodoxen Theologen gefunden, wo klar gesagt wird, dass die Kirchenväter das Leiden Gottes lehrten.


http://www.oxfordscholarship.com/oso/pu ... 2/toc.html
Abstract: Major reconsideration of the notion of divine impassibility in patristic thought. It is commonly claimed that patristic theology fell prey to the assumption of Hellenistic philosophy about the impassibility of God and departed from the allegedly biblical view, according to which God is passible. The author argues that this standard view misrepresents the tradition. For the fathers, the attribute of divine impassibility functioned in a restricted sense as an apophatic qualifier of divine emotions. Gavrilyuk construes the development of patristic thought as a series of dialectical turning points taken to safeguard the paradox of God’s voluntary and salvific suffering in the incarnation.

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Peti
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Peti »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Ich habe hier das Buch eines orthodoxen Theologen gefunden, wo klar gesagt wird, dass die Kirchenväter das Leiden Gottes lehrten.
Ich kann mich da jetzt nicht in dieses Thema vertiefen, ich muß zur Arbeit.
Ich weiß nur aus der Theodramatik von Hans Urs von Balthasar, daß es da Unterschiede zwischen Clemens von Alexandrea und Augustinus, die die Apathie Gottes betonen und Ignatius von Antiochien und Origenes gibt.
Ausgangspunkt in der Schrift für ein "inneres Bewegtsein" Gottes ist sicher wie vorher schon gesagt die Rede vom Erbarmen Gottes.
Zuletzt geändert von Peti am Freitag 16. Oktober 2009, 15:57, insgesamt 1-mal geändert.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ausgangspunkt ist natürlich auch die Ungeteiltheit der Naturen Christi.

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Robert Ketelhohn
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Ich habe hier das Buch eines orthodoxen Theologen gefunden, wo klar gesagt wird, dass die Kirchenväter das Leiden Gottes lehrten.
Das lese ich in deinem Zitat nicht. Wie kommst du auf den Quatsch?
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Miserere Nobis Domine
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

"Gavrilyuk construes the development of patristic thought as a series of dialectical turning points taken to safeguard the paradox of God’s voluntary and salvific suffering in the incarnation."
Im Übrigen ist die Trennung der Naturen Christi Dyophysitismus.


Wenn nicht Gott*, sondern nur die menschliche Natur Chrisit gelitten hätte, was sollte das Ganze dann eigentlich? Kann ein Mensch die ganze Schuld der Welt auf sich nehmen?

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Peti
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Peti »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Wenn nicht Gott*, sondern nur die menschliche Natur Chrisit gelitten hätte, was sollte das Ganze dann eigentlich? Kann ein Mensch die ganze Schuld der Welt auf sich nehmen?
Der Tod Jesu Christi am Kreuz ist ein Geschehen, das in seiner Tiefe analogielos ist.
Es geht beim Tod Jesu Christi mehr als um das stellvertretende Sterben eines jüdischen Frommen. Auch die Deutung, daß es sich um das "Auf-sich-nehmen" des allen Menschen gemeinsamen Todesschicksals handelt ist minimalistisch. Diese Aspekte sind zwar im Tod Jesu Christi enthalten, sie sind aber nicht das Eigentliche.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

Raphael

Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Raphael »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Kann ein Mensch die ganze Schuld der Welt auf sich nehmen?
Yep! :)

Der hellenistisch Gebildete denkt bspw. an Atlas; dort wird ähnliches symbolisiert.

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Robert Ketelhohn
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:"Gavrilyuk construes the development of patristic thought as a series of dialectical turning points taken to safeguard the paradox of God’s voluntary and salvific suffering in the incarnation."
Im Übrigen ist die Trennung der Naturen Christi Dyophysitismus.


Wenn nicht Gott, sondern nur die menschliche Natur Christi gelitten hätte, was sollte das Ganze dann eigentlich? Kann ein Mensch die ganze Schuld der Welt auf sich nehmen?
Das ist doch oben alles erklärt.

Vom „Leiden Gottes“ kann man im selben Sinne reden, wie wir auch vom „Gottesmord“
oder von der „Gottesgebärerin“ sprechen. Also aufgrund der hypostatischen Union der
zwei Naturen in der einen Person. (Dies übrigens bezeichnet genau das – freilich eher un-
gebräuchliche – Wort „Dyophysitismus“. Von „Trennung der Naturen“ ist da keine Rede.
Nur von der Zweizahl.)

Es hat nur die menschliche Natur gelitten, und nur sie kann leiden. Die göttliche Natur
kann ihrem Wesen nach nicht leiden, so wenig, wie sie beispielshalber nicht-sein kann.
Das für einen Defekt der Allmacht zu halten bedeutet nur, Defizite der eigenen Sprach-
kompetenz zu offenbaren. Denn es geht dabei, wenn wir sagen: „Gott kann dies oder
das nicht“, nicht um Nicht-Können, um Unvermögen, sondern im Gegenteil um die Fülle
des Vermögens, die jedes Unvermögen und jeden Defekt ausschließt. Das Nicht-Können
Gottes ist also nur ein logischer Begriff, der besagt, daß eine Kategorie auf Gott dessen
Wesen nach a priori nicht anwendbar ist. Gott „kann nicht“ mangelhaft sein, anders wäre
er nicht Gott.

Nebenbei kann man in einem allgemeinen, nicht auf eine der drei göttlichen Personen
bezogenen Sinn, auch so vom „Leiden Gottes“ sprechen wie z. B. vom „Zorn Gottes“.
Das ist natürlich eine anthropomorphe Redeweise, aber das ist legitim, wie der Gebrauch
der Heiligen Schrift und die Tradition uns lehren. Wir dürfen und müssen das aber, unter
Anwendung des gegebenen interpretatorischen Werkzeugs, philosophisch-theologisch
durchdringen und die anthropomorphe und allegorische Sprache der Schrift erkennen.
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Miserere Nobis Domine
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ich meinte den Dyophysitismus, den man Nestorius vorwarf.
Wir dürfen und müssen das aber, unter
Anwendung des gegebenen interpretatorischen Werkzeugs, philosophisch-theologisch
durchdringen und die anthropomorphe und allegorische Sprache der Schrift erkennen.
Nein, denn gerade weil sie das versucht hat, ist die Westkirche der Häresie verfallen. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass Gott für uns und unsere Erlösung gelitten hat, auch wenn wir das "philosophisch-theologisch" nicht so ganz nachvollziehen können.

Diese armseligen Versuche, die Mysterien Gottes in aristotelischer Logik aufzulösen, waren der erste Schritt zum heutigen Atheismus.

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Robert Ketelhohn
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Du haust wieder zusammen, was ich oben sorgsam geschieden hatte. Heraus
kommt großer Käse. Verzeihung, aber dazu kann ich weiter nichts sagen. Wenn
dich das Thema überfordert, dann laß es bleiben.
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Juergen
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Re: Hat die göttliche Natur Jesu am Kreuz gelitten?

Beitrag von Juergen »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Wenn nicht Gott*, sondern nur die menschliche Natur Chrisit gelitten hätte, was sollte das Ganze dann eigentlich? Kann ein Mensch die ganze Schuld der Welt auf sich nehmen?
Nietenolaf hat geschrieben:
F. Wie konnte Jesus Christus leiden, da Er doch Gott ist?
A. Er hat gelitten und starb nicht in Seiner göttlichen, sondern in Seiner menschlichen Natur, und nicht, weil Er die Leiden nicht vermeiden konnte, sondern weil Er zu leiden wünschte (s. Joh. 10:17f.).

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