Frage zur biblischen Begründung der Gebete zu den Heiligen

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Falk
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Frage zur biblischen Begründung der Gebete zu den Heiligen

Beitrag von Falk »

In Diskussionen über die katholische Heiligenverehrung mit Nicht-Katholiken bekomme ich immer wieder zu hören, wenn die Bibel von vermittelnder Fürsprache berichte, seien es stets noch lebende und niemals verstorbenen Personen, die hier fürsprechend oder anderweitig helfend tätig wurden.

In der Tat ist es mir bisher auch nicht gelungen, ein biblisches Beispiel ausfindig zu machen, wo davon berichtet wird, dass bereits Verstorbene um ihre Hilfe und Fürsprache angerufen wurden oder dieselbe gewährt haben.

Nun habe ich aber im "Großen Katechismus" des hl. Petrus Canisius unter Nr. 44 die folgende Aussage gefunden:

(Gott) "selbst schenkt durch sie und aufgrund ihrer Bitten vieles und schont oft die Unschuldigen, wie wir bei Abraham, Isaak, Jakob, David und Jeremia sehen, die auch als Verstorbene den Lebenden geholfen haben."

Leider fehlen an dieser Stelle Hinweise auf die entsprechenden Bibelstellen, so dass mir hier nicht klar ist, worauf mit der betreffenden Aussage: "die auch als Verstorbene den Lebenden geholfen haben" angespielt werden soll.

Weiß von Euch eventuell jemand, welche Bibelstellen so etwas aussagen könnten?

Denn wenngleich wir als Katholiken selbstverständlich nicht für alles eine ausdrücklich biblische Begründung brauchen, da ja für uns neben der Bibel auch die Überlieferung als Quelle des Glaubens gilt, würde es die Diskussion mit den Andersgläubigen vielleicht doch etwas erleichtern, wenn man ihnen hier mal eine geeignete Bibelstelle vorlegen könnte.

Also kann mir jemand auf die Sprünge helfen, worauf genau an der zitierten Stelle des Canisius-Katechismus angespielt wird?

Interessierte Grüße
Falk

Stefan

Beitrag von Stefan »

Hallo Falk,

mir fällt dazu (indirekt) Mt 17,3 ein:

[bible]Matthaeus 17:3[/bible]

Hier geht es zwar nicht um die Heiligenverehrung, sondern um den Nachweis, daß die Heiligen sofort nach ihrem irdischen Tod ins Himmelreich einkehren. Anders ist nicht erklärbar, wie Moses und Elia erscheinen können.
Wenn sie aber lebendig sind, dann können sie - wie Du selber erwähnst - auch um vermittelnde Fürsprache gebeten werden.
Es geht also eher um die Frage, in welchem "Zustand" sich die irdisch Verstorbenen befinden. Hier bemerkt man aber auch das prinzipielle Problem Evangelikaler, irdische Dimensionen, insbesondere die zeitliche, vom göttlichen Prinzip der Ewigkeit, also Zeitlosigkeit zu trennen. Das führt konsequenterweise auch zum Problem mit der Realpräsenz, da sie die wirklich Gegenwart Christi im Hl. Meßopfer nicht nachvollziehen können - eben wegen der Verzeitlichung Gottes. Das gleiche findet man auch in der Prädestinationslehre wieder. Das "Prä-" wird zeitlich verstanden und führt in die Irre.

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Angelika
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Beitrag von Angelika »

Hallo Falk,
In Diskussionen über die katholische Heiligenverehrung mit Nicht-Katholiken bekomme ich immer wieder zu hören
Das kommt davon, wenn man sich auf evangelikalen Web-Sites rumtreibt. ;)

In der Tat ist es mir bisher auch nicht gelungen, ein biblisches Beispiel ausfindig zu machen, wo davon berichtet wird, dass bereits Verstorbene um ihre Hilfe und Fürsprache angerufen wurden oder dieselbe gewährt haben.
Ein direktes biblisches Beispiel kenne ich auch nicht.
Aber indirekt passt Hebr. 12,22-24:

"Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hingetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind; zu Gott, dem Richter aller, zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten, zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus, und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels." (Hebr. 12,22-24 - Hervorhebung durch mich)

Die gläubigen Christen, hier die im Brief Angesprochenen, sind diesen Aussagen zufolge zur Gemeinschaft der Erstgeborenen und zu den Geistern der vollendeten Gerechten hingetreten. Sie stehen mit ihnen genauso in einer Gemeinschaft wie mit Gott, dem Richter aller, und mit dem Mittler eines neuen Bundes, Jesus. In einer Gemeinschaft ist Kommunikation untereinander möglich. Vollendete Heilige können also um Fürsprache gebeten werden, genauso wie noch auf der Erde lebende Mitchristen.

Gruß
Angelika

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Im Judentum der Zeitenwende, wie es Jesus und die ersten Christengemeinden vorfinden, ist die Fürbitte der Engel und Heiligen nicht unbekannt. So ruft man in Notsituationen und besonders in Todesgefahr den Propheten Elija um seine Hilfe an (vgl. Jesus Sirach 48,11; Mt 27,47 und Parallelstellen). Das zweite Buch der Makkabäer (15,11ff) bezeugt die jüd. Glaubensvorstellung, dass im Jenseits der Prophet Jeremia und der Hohepriester Onias bei Gott "für das ganze jüdische Volk" Fürbitte einlegen. Nach dem Buch Tobit (12,12) trägt der Erzengel Raphael das Gebet des Tobit "vor den heiligen Gott", das Buch Ijob (33,23f) kennt Engel als Fürbitter (vgl. auch Sach 1,12). Das Neue Testament übernimmt diese Vorstellung problemlos, wie die Offenbarung des Johannes beweist (5,8 und 8,4).

Wenn Engel und Heilige bei Gott für die Menschen auf Erden Fürbitte einlegen dürfen, dann, so schloss das gläubige Volk, kann es nicht verboten sein, sie auch darum zu bitten.

Im späteren Judentum lebt die Überzeugung, dass die in die Ewigkeit vorausgegangenen Stammväter und Stammmütter (von Rahel nimmt man das z.B.auf Grund von Jeremia 31,15-17 an) und andere "Gerechte" (z.B. die Zaddikim im Chassidismus) bei Gott für Israel (oder die ganze Menschheit) Fürbitte leisten und Gott ihre "Mühe lohnt". Das Judentum sieht in dieser Fürbitte keinen Widerspruch zur Heiligen Schrift und zum strengen Monotheismus der Bibel.

Probleme gibt es, weil protestantische Gemeinschaften die so genannten deuterokanonischen Schriften der Bibel (von ihnen missverständlich "apokryph" genannt) nicht als kanonisch anerkennen.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Mal nur ganz nüchtern ein paar Gedanken aus der Schrift. Ausgangspunkt zur Beantwortung von Falks Frage sind m.E. folgende beiden Schriftstellen:
Apostel Jakobus in Jak. 5:16 hat geschrieben:...betet füreinander, damit ihr geheilt werdet! Das Gebet eines Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist.
Dazu zählen auch die entschlafenen Gerechten:
Christus Jesus in Mk. 12:26f. u. Lk. 20:38 hat geschrieben:(Gott) ist aber nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen.
Mit dem Bewußtsein, daß die Toten nicht tot, sondern lebendig sind, kann man weiteres nachlesen:
David in 1 Paralipomenon 29:18 hat geschrieben:HERR, Gott unsrer Väter Abraham, Isaak und Israel...
Die Vorväter werden zur Bekräftigung des Gebets erwähnt.

Heilige erscheinen nach ihrem Tod (zusätzlich zur Verklärung auf dem Thabor, die Stefan ganz passend erwähnte):
Apostel und Evangelist Matthäus in Matth. 27:52f. hat geschrieben:Und die Gräber öffneten sich, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf und gingen aus den Gräbern hervor nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen.
Die Gebete der Heiligen werden mit Räucherwerk auf dem Altar Gottes gegeben:
Apostel und Evangelist Johannes in Offb. 8:3f. hat geschrieben:Und ein anderer Engel kam und stellte sich an den Altar, der hatte eine goldene Räucherpfanne; und ihm wurde viel Räucherwerk gegeben, damit er es mitsamt den Gebeten aller Heiligen auf den goldenen Altar gäbe, der vor dem Throne ist. Und der Rauch des Räucherwerks stieg mit den Gebeten der Heiligen aus der Hand des Engels auf vor Gott.
Durch die Gebete der Heiligen, d.h. durch deren Mittlerschaft auch in ihrer Abwesenheit / nach ihrem Tod geschehen Wunder:
4 Kön. 13:21 hat geschrieben:Und es begab sich, als man einen Mann begrub, sahen sie plötzlich die Streifschar kommen; da warfen sie den Mann in Elisas Grab. Und sobald der Mann die Gebeine Elisas berührte, ward er lebendig und stand auf seine Füße.
Apostel und Evangelist Lukas in Apg. 19:12f. hat geschrieben:Und Gott wirkte ungewöhnliche Wunder durch die Hände des Paulus, so daß sogar Schweißtücher oder Gürtel von seinem Leibe weg auf die Kranken gelegt wurden und die Krankheiten von ihnen wichen und die bösen Geister ausfuhren.

Andreas01
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Beitrag von Andreas01 »

und das sollte man, denke ich, frühzeitig in eine Diskussion einbringen, denn diese Stellen werden von vielen evangelischen Mitbrüdern wenig beachtet:
Off 20,4 Dann sah ich Throne; und denen, die darauf Platz nahmen, wurde das Gericht übertragen. Ich sah die Seelen aller, die enthauptet worden waren, weil sie an dem Zeugnis Jesu und am Wort Gottes festgehalten hatten. Sie hatten das Tier und sein Standbild nicht angebetet und sie hatten das Kennzeichen nicht auf ihrer Stirn und auf ihrer Hand anbringen lassen. Sie gelangten zum Leben und zur Herrschaft mit Christus für tausend Jahre.
5 Die übrigen Toten kamen nicht zum Leben, bis die tausend Jahre vollendet waren. Das ist die erste Auferstehung.6 Selig und heilig, wer an der ersten Auferstehung teilhat. Über solche hat der zweite Tod keine Gewalt. Sie werden Priester Gottes und Christi sein und tausend Jahre mit ihm herrschen.
und
Lk 23,43 Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.

So wird belegt, dass Heilige schon vor dem Jüngsten Gericht bei Gott sind

- und als Priester möchte man doch annehmen, dass sie, wenn wir sie darum bitten, für uns bei Gott ein gutes Wort einlegen können.

Gruß Andreas

Falk
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Beitrag von Falk »

Allen, die auf meine Frage eingegangen sind, danke ich herzlich für die Antworten, die mir mit den vielen verschiedenen Hinweisen (einige kannte ich schon, andere nocht nicht) wirklich weitergeholfen haben.

Zwar wird 2 Makk 15,11ff jene, die meinen, dieses Buch gehöre eigentlich gar nicht zur Bibel, auch nicht überzeugen, aber ich denke, es ist wohl jene Bibelstelle, die im Petrus-Canisius-Katechismus gemeint ist, wenn davon gesprochen wird, dass (z.B.) Jeremia den Lebenden auch als Verstorbener geholfen hat.
(Gibt's für die neben Jeremia ebenfalls erwähnten "Abraham, Isaak, Jakob und David" eventuell auch noch so ähnliche Bibelstellen wie für Jeremia?)

Also nochmals danke an alle
und viele Grüße
Falk

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