Gott in der Schöpfung erkennen -Schöpfungsspritualität

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Marlene
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Gott in der Schöpfung erkennen -Schöpfungsspritualität

Beitrag von Marlene »

Das Gedicht von Reiner Kunze, das gerade im Skriptorium ist, ist eines meiner Lieblingsgedichte. Ich habe dazu mal ein paar Gedanken aufgeschrieben. Vielleicht hat der eine oder die andere von euch Lust, sich ein wenig näher damit zu beschäftigen.


****************************************

ZUFLUCHT NOCH HINTER DER ZUFLUCHT
(für Peter Huchel)

Hier tritt ungebeten nur der wind durchs tor

Hier
ruft nur gott an

Unzählige leitungen läßt er legen
vom himmel zur erde

Vom dach des leeren kuhstalls
aufs dach des leeren schafstalls
schrillt aus hölzerner rinne
der regenstrahl

Was machst du, fragt gott

Herr, sag ich, es
regnet, was
soll man tun

Und seine antwort wächst
grün durch alle fenster


Reiner Kunze



Eine Zuflucht ist zunächst ein konkreter Ort, an den man sich zurückzieht, um Ruhe, Sicherheit und Frieden zu finden. Wir verwenden Zuflucht aber auch übertragen im Sinne von ‚Bergung, Schutz’ und für Gott als den Inbegriff desjenigen, der uns diese Bergung und Sicherheit bietet. „Beim Herrn finde ich Zuflucht“, „Herr, du warst unsere Zuflucht von Geschlecht zu Geschlecht“, „Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue“ singen und beten wir Menschen seit etwa 3000 Jahren in den Psalmen.

Auch in unserem Gedicht haben wir zunächst einen konkreten Ort. Viel erfahren wir nicht über ihn: Hier tritt ungebeten nur der wind durchs tor. Es ist ein Ort mit einer Umfriedung und mit einem Tor. Ein abweisender Ort: Keiner wagt sich ungebeten herein, nur der Wind. Auch ein lebloser Ort. Es gibt zwar einen Kuhstall und einen Schafstall, aber beide sind leer. Es regnet. Wind, leere Gebäude, schrillende Regenstrahlen. Einsamkeit und Trostlosigkeit klingen an. Der Mensch, der sich hierhin zurückgezogen hat, weiß nicht so recht etwas mit sich anzufangen: es regnet, was soll man tun.

Er stellt diese Frage Gott. Gott, der ihm an diesen einsamen, ungastlichen Ort nachgegangen ist. Vielleicht ist auch er ungebeten wie der Wind. Aber er lässt sich nicht abhalten. Gott geht dem Menschen nach, überallhin, hier ruft er ihn an. Leitungen lässt er dafür vom Himmel zur Erde legen, und zwar nicht nur eine oder zwei, sondern unzählige, damit auch wirklich eine Verbindung zustande kommt. Und Gott ruft an und fragt was machst du. Vordergründig haben wir hier ein Telefonat, das typische Bild für eine Kontaktaufnahme im Zeitalter der Massenmedien. In diesem Bild des Anrufens mag aber auch der biblische Gott anklingen, wie er schon vor Tausenden von Jahren dem Menschen nachgegangen ist, und wie wir es etwa in Jesaja 43, 1ff. erfahren: „Ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir. Wenn du durch Wasser schreitest, bin ich bei dir [...] keine Flamme wird dich verbrennen. Denn ich, der Herr, bin dein Gott [...] bin dein Retter“.

Auf die etwas öde Frage des Menschen was soll man tun reagiert Gott: Und seine antwort wächst grün durch alle fenster. Mit diesem letzten Satz kommt plötzlich Farbe und Leben auf. Wer kennt nicht im Frühjahr das Gefühl des inneren Aufbruchs, der Freude und der Hoffnung, wenn die Natur mit dem ersten zarten Grün wieder erwacht. Grün bedeutet Schöpfung, Natur, Wachstum: „Dann sprach Gott: Das Land lasse junges Grün wachsen [...] So geschah es. Das Land brachte junges Grün hervor, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, alle Arten von Bäumen, die Früchte bringen mit ihrem Samen darin. Gott sah, daß es gut war“, lesen wir im Buch Genesis. Grün bedeutet Kraft und Leben: „Aus lichtem Grün sind Himmel und Erde geschaffen, und all die Schönheit der Welt. Die Erde trägt dieses Grün in sich [...] Es ist die Kraft des Lebens“, singt uns Hildegard von Bingen.

Und auf dem Hintergrund dieser Antwort Gottes verändern sich unsere Wahrnehmungen in dem Gedicht. Nicht nur Öde und Trostlosigkeit symbolisiert der Regen, er ist auch Bestandteil des göttlichen Wirkens. Die unzähligen Leitungen vom Himmel zur Erde sind die einzelnen Regenstrahlen, die sich aus dicken Wolken auf die Erde ergießen. Sie vermitteln das Signal für den Anruf. Nicht ein Telefon schrillt plötzlich, sondern es ist der sich von Dach zu Dach ergießende Regenstrahl, der diesen Ton erzeugt. Der Regen ist die elementare Voraussetzung für Wachstum und Leben.

Gott kommt uns Menschen sehr weit entgegen, er zeigt sich uns, er gibt uns Antworten, wenn wir in der Lage sind, seine Botschaft zu empfangen und zu verstehen, wenn wir sein Wirken im lebendigen Wachstum der Schöpfung erkennen. Die Schöpfung ist ein Geschenk Gottes an uns Menschen. Und wenn wir innehalten und schauen, erfahren wir in ihr auch den Schöpfer selbst.

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Marlene
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Beitrag von Marlene »

Hm ... der Einstieg über eine Gedicht mit Interpretation ist nicht so der Hit.

Ich probier es noch mal ganz schlicht:
Gott in seiner Schöpfung begegnen - sagt, bedeutet euch das etwas?

Wie geht ihr damit um?
Sucht ihr IHN auch einmal bewusst in der Natur?
Erkennt ihr im Wachsen und Werden eines Baumes SEINE Schöpferkraft?
Nehmt ihr den gestirnten Himmel als SEIN Werk wahr?

Betet ihr in diesem Sinn?
Die Psalmen sind ja voll des Lobpreises der Schöpfung ...

Herzlich
Marlene

Andreas01
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Beitrag von Andreas01 »

Marlene hat geschrieben:Gott in seiner Schöpfung begegnen - sagt, bedeutet euch das etwas?

Wie geht ihr damit um?
Sucht ihr IHN auch einmal bewusst in der Natur?
Liebe Marlene,

Gott innerhalb der Schöpfung finden zu wollen, ist nicht christlich; dafür gibt es weder in der Bibel noch im KKK irgendwelche Hinweise, oder habe ich was übersehen.

Aufgrund der Komplexität der Schöpfung anzunehmen, dass es keine übermenschliche Intelligenz gebe, die das alles erdacht hat, scheint mir unlogisch; die Annahme, dass Gott existiert, deshalb logisch; das sehe ich als entscheidenden Gottesbeweis an, nicht auf der Basis naturwissenschaftlicher Logik, die letztendlich doch nur vom Menschen stammt, sondern als fundierten Indizienbeweis.

Ich glaube nicht, dass wir Gott in der Schöpfung finden können; so wie das apokryphe Thomas-Evangelium im gnostischen Sinne schreibt, was Gott in jedem Stück Holz und unter jedem Stein vermutet.

Das wären Gedanken, die eher in den Bereich östliche Mystik, Esoterik und New Age gehören.

Ich denke, obwohl ich Gott an jedem Ort und immer ansprechen kann, er als Geistwesen außerhalb seiner Schöpfung steht.

Ich suche Gott nicht in seiner Schöpfung, sondern aufgrund seiner Schöpfung

Gruß Andreas

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Andreas01 hat geschrieben:
Gott innerhalb der Schöpfung finden zu wollen, ist nicht christlich; d

Ich suche Gott nicht in seiner Schöpfung, sondern aufgrund seiner Schöpfung

Gruß Andreas
Äh ... Marlene hatte geschrieben, Gott in der Schöpfung begegnen - und ich meine, das heißt etwas anderes, als "innerhalb der Schöpfung finden" ...

Allerdings muss man schon vorsichtig mit solchen Begriffen sein, sonst ist die Grenze zum Pantheismus leicht überschritten ...wobei ich nicht Marlene meine; ich dachte da jetzt spontan an unseren Willigis Jäger, der Gott im Baum sucht (und angeblich auch findet).

Gott in der Schöpfung b egegnen - wo sonst? frag ich mal ganz lapidar. Als Bestand dieser Schöpfung bleibt mir eigentlich keine andere Möglichkeit.

Geronimo

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

In der Bibel steht auch das über Gott:
"ER ist alles! (Sir 43,27)
Sicher darf man das nicht pantheistisch interpretiren, aber eine Gegenwart Gottes in allen Dingen bei gleichzeitiger Transzendenz wird man doch glauben dürfen/müssen. :kratz:

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ei ja ...

Marlene, ich stimme dir zu. Ich würde sogar sagen - ein Gottgläubiger, der beim Anblick des nächsten Sternenhimmel nicht an den Schöpfer des Weltalls denkt, hat irgendwie den Zusammenhang verpasst ...

Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass Gott in diesen Dingen ist - ich glaube, da gibt es doch einen Unterschied zwischen Schöpfung und Schöpfer, der nicht vergessen werden darf. Um beim Beispiel zu bleiben - Gott ist nicht im Baum, er manifestiert sich nicht in den Erscheinungen der Materie - aber er hat den Baum geschaffen. Und das kommt mir allerdings großartig vor.

Geronimo
Zuletzt geändert von Geronimo am Donnerstag 2. September 2004, 19:52, insgesamt 1-mal geändert.

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Erich
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Beitrag von Erich »

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer aller Dinge.

Das ist die gewaltige Behauptung, mit der wir beginnen: Die großartige, fundamentale Eigenschaft, die Gott ausmacht und uns mit ihm zu dem macht, was wir sind, ist sein schöpferisches Handeln. Wenn das so ist, können wir hinterher kaum behaupten, daß die christliche Religion auch nur im entferntesten etwas Negatives, Statisches oder Langweiliges an sich hat.

„Am Anfang schuf Gott“; von Ewigkeit zu Ewigkeit ist er Gott, der Vater und Schöpfer. Und das beinhaltet gleichzeitig, daß der Mensch am meisten dann mit Gott und sich selbst im Einklang lebt, wenn er schöpferisch tätig ist. Und mit dieser Feststellung behaupten wir weiter, daß Schöpferwille und Schöpferkraft ein absoluter Wert sind — das Höchste, gut an sich, in sich selbst gerechtfertigt und aus sich selbst heraus verständlich.

Wie können wir diese Behauptung, soweit sie uns selbst betrifft, überhaupt überprüfen? Jene Menschen, die mit ihrem Verstand, und jene, die mit ihren Händen etwas schaffen (nicht nur herstellen), werden mir zustimmen, daß ihre schöpferischen Phasen diejenigen sind, in denen sie mit sich selbst und der Welt im Einklang leben. Und jene, die Leben zeugen, werden dasselbe sagen. Es gibt eine psychologische Theorie, daß künstlerische Schöpfungen nur die „Kompensationen“ für sexuelle Frustration sind; aber es ist wohl wahrscheinlicher, daß der geschlechtliche Schöpfungsakt nur eine Spielart des allgemeinen Schöpfungsdranges ist. Unser schlimmstes Problem heute ist unsere geringe Beteiligung an der Schöpfung. Einfach nur dazusitzen und uns mit Fertignahrung füttern zu lassen, bedeutet, daß wir die Kontrolle über unser Leben und unser wahres Menschsein verlieren.

aus Dorothy. L. Sayers: "Was glauben wir"
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

Biggi
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Beitrag von Biggi »

Marlene hat geschrieben:Sucht ihr IHN auch einmal bewusst in der Natur?
Erkennt ihr im Wachsen und Werden eines Baumes SEINE Schöpferkraft?
Nehmt ihr den gestirnten Himmel als SEIN Werk wahr?

Betet ihr in diesem Sinn?
Aber ja [Punkt] Wobei ich gestehe, dass das nicht unbedingt jeden Tag passiert. Aber bei einer Wanderung in den Bergen, beim Anblick des nächtlichen Sternenhimmels oder einer wunderschönen Landschaft... juble ich Gott schon recht häufig zu, dass er das einfach großartig hingekriegt hat! Aber mehr noch "finde" ich Gott im ganz Kleinen: vor dem Mikroskop (eins meiner intensivsten Dank- und Lobgebete fand im 1. Semester beim Mikroskopieren von Kieselalgen statt... ;D ) oder bei der Beschäftigung mit den physiologischen Abläufen im Inneren einer Zelle.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

Ralf

Beitrag von Ralf »

Marlene hat geschrieben:Sucht ihr IHN auch einmal bewusst in der Natur?
Ja, im Nächsten.

Andreas01
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Beitrag von Andreas01 »

Nun, liebe Freunde,

ich denke, eine der für uns Christen gefährlichsten Irrlehren der Gegenwart ist, daß Gott in der Schöpfung enthalten oder die Schöpfung selber sein soll. Und diese Meinung ist en vogue.

Warum: Das würde uns befreien von aller Schuld, außer der Umweltverschmutzung.

Und das schmeichelt dem antiautorität verzogenen modernen Menschen; du darfst alles tun, was der Natur nicht schadet. So erhält Tierschutz Vorrang vor dem Schutz des ungeborenen Lebens. Den Nachbarn zu betrügen, schadet der Natur auch nicht.

Gottes Gebote, die Menschen in unserer Freiheit einschränken, würden belanglos.

Und eine persönliche Beziehung zu Gott, das heißt ein Gebet, wäre nicht mehr möglich, allenfalls Meditationstechniken, die Einklang mit der Natur bringen sollen, statt Gut von Böse differenzieren.

@ roncalli
und kann es sein, daß Gott in der Schöpfung enthalten ist und zugleich transzendental für uns zugänglich;

weiß nicht; ich möchte folgendermaßen vergleichen:
Wenn ich ein Haus baue, bin ich nicht Bestandteil des Hauses, auch wenn die Gestaltung meinen Ideen folgt, sondern wohne nur drin.

und den Text, bei Jesus Sirach, ein Buch, was ich persönlich auch sehr schätze, verstehe ich im Zusammenhang anders:

43, 27b Er ist alles!
43, 28 Wir können (ihn) nur loben, aber nie erfassen, / ist er doch größer als alle seine Werke.




Damit wir uns nicht völlig falsch verstehen: meine Argumente sind mit meinen Vorrednern nicht kontrovers.

Insbesondere will ich Marlene keinesfalls in die buddhistische Ecke eines Willigis Jäger rücken; sie hat Fragen gestellt; intelligente Fragen, wie ich meine, die uns Christen wirklich auf den Nägeln brennen. Großen Dank dafür.

Liebe Freunde, ich bleibe bei meiner These:

Wir sollen Gott suchen nicht in der Schöpfung, sondern aufgrund der Schöpfung.

Gruß Andreas

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Heike
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Beitrag von Heike »

Denn was man von Gott erkennen kann, ist ihnen (die Menschen) offenbar; Gott hat es ihnen offenbart. Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar. Denn sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm gedankt. Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert.
(Römer 1, 19-21)
Zumindest gibt die Natur/Schöpfung deutlich Zeugnis von Gott. Un dieses Zeugnis sollen wir annehmen.

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Biggi hat geschrieben:eins meiner intensivsten Dank- und Lobgebete fand im 1. Semester beim Mikroskopieren von Kieselalgen statt...
Wo es / ER einem halt dämmert ...
Mir hat neulich unser Landwirtschaftsbruder erklärt, wie die Milch in der Kuh entsteht ... das war charismatischer als die letzten 7 Sonntagspredigten im Kloster zusammen ;)

Marlene
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Beitrag von Marlene »

roncalli hat geschrieben:In der Bibel steht auch das über Gott:
"ER ist alles! (Sir 43,27)
Sicher darf man das nicht pantheistisch interpretiren, aber eine Gegenwart Gottes in allen Dingen bei gleichzeitiger Transzendenz wird man doch glauben dürfen/müssen. :kratz:
Ich würde das zwar persönlich nicht so ausdrücken - aber das kommt halt wieder sehr auf darauf an, wie man "Gegenwart" versteht.

Wenn man es schon irgendwie metaphorisiert z.B. für Seine Schöpferhand oder Seine Handschrift versteht, kann ich das absolut nachvollziehen.

Wie würdest du denn "Gegenwart" in diesem Fall erklären, Roncalli?

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Dei Filius hat geschrieben:...Dieselbe heilige Mutter Kirche hält fest und lehrt, daß Gott, der Ursprung und das Ziel aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft aus den geschaffenen Dingen gewiß erkannt werden kann; "das Unsichtbare an ihm wird nämlich seit der Erschaffung der Welt durch das, was gemacht ist, mit der Vernunft geschaut": jedoch hat es seiner Weisheit und Güte gefallen, auf einem anderen, und zwar übernatürlichen Wege sich selbst und die weigen Ratschlüsse seines Willens dem Menschengeschlecht zu offenbaren, wie der Apostel sagt: "Oftmals und auf vielfältige Weise hat Gott einst zu den Vätern in den Propheten gesprochen: zuletzt hat er in diesen Tagen zu uns gesprochen in seinem Sohn"...
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Marlene hat geschrieben: Wie würdest du denn "Gegenwart" in diesem Fall erklären, Roncalli?
Gott ist nicht Teil der Schöpfung, die Schöpfung ist nicht Teil Gottes!
Aber Gott ist in seiner ganzen Schöpfung da und erfüllt sie. Gott ist allgegenwärtig.

Jes 6,3: "Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere. Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt."
Jer 23,24: "Bin nicht ich es, der Himmel und Erde erfüllt? - Spruch des Herrn."
Weish 1,7: "Der Geist des Herrn erfüllt den Erdkreis!"


"Gott [ist] nicht neben oder über der Welt, er ist auch innerweltlich. Er ist uns in allen Dingen nahe. Wir können ihm in den gewöhnlichen wie außergewöhnlichen Ereignissen des Lebens begegnen. Vor allem begegnet er uns durch andere Menschen. Er durchdringt, umfängt, durchwaltet alles. Er ist grenzenlos, unendlich und deshalb allgegenwärtig. 'In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir' (Apg 17,28 ). Man nennt dies die Immanenz Gottes."
(Katholischer Erwachsenenkatechismus, Band I, Seite 70)

"Und diese Weise zu meditieren, indem man Gott unseren Herrn in allen Dingen findet, ist leichter, als wenn wir uns zu den abstrakteren göttlichen Dingen erheben und uns ihnen mühsam gegenwärtig machen."
(Ignatius von Loyola; ich kann Quelle derzeit nicht angeben)

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Erich
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Beitrag von Erich »

Aber Gott ist in seiner ganzen Schöpfung da und erfüllt sie. Gott ist allgegenwärtig
.

und was ist, wenn diese Schöpfung nur ein Alptraum Gottes ist?? :/
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

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roncalli
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Beitrag von roncalli »

Erich hat geschrieben:und was ist, wenn diese Schöpfung nur ein Alptraum Gottes ist?? :/
Die Schöpfung ist kein Teil von Gott, also auch nicht einTraum von ihm. Es stimmt aber, dass vieles, was in ihr geschieht, uns wie ein Alptraum vorkommen kann/muss. Gott gewährt seiner Schöpfung viel Freiheit, sich zu entwickeln, auch fehl zu entwickeln. Aber - das dürfen wir auf Grund der Offenbarung glauben - er bleibt trotzdem das A und O seiner Schöpfung und immer in ihr gegenwärtig, auch wenn es den Geschöpfen oft sehr schwer fällt, ihn zu erkennnen (Gottesfinsternis).

"Die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht." (Joh 1,10)

Marlene
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Beitrag von Marlene »

„Die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden. Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht? Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld. So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können.“ Röm 8,19-26

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Andreas01 hat geschrieben:Gott innerhalb der Schöpfung finden zu wollen, ist nicht christlich; dafür gibt es weder in der Bibel noch im KKK irgendwelche Hinweise, oder habe ich was übersehen.
Hm, wie meint er das jetzt, den Schöpfer "innerhalb der Schöpfung"? Da hätte er ja recht, daß das nicht christlich ist.
Hl. Metropolit Filaret hat geschrieben:15. Kann der Mensch Gott ohne Dessen besondere Offenbarung erkennen?

Der Mensch kann Gott auf dem Wege der Erforschung der von Ihm geschaffenen Dinge erkennen, doch diese Erkenntnis ist unvollkommen und ungenügend und kann nur als Vorbereitung zum Glauben oder als eine gewisse Hilfe zur Erkenntnis Gottes aus Seiner Offenbarung dienen.
"Gottes unsichtbares Wesen, das ist, Seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen, so man des wahrnimmt an den Werken" (Röm. 1:20).
"Und hat gemacht, daß von einem Blut aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat Ziel gesetzt, zuvor versehen, wie lang und weit sie wohnen sollen, daß sie den Herrn suchen sollten, ob sie doch Ihn fühlen und finden möchten. Und zwar Er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns; denn in Ihm leben, weben und sind wir" (Apg. 17:26-28 ).
Die Überlegung über den Glauben an Gott beginnt mit dem Gedanken darüber, daß Gott existiert. Zu diesem Gedanken gelangen wir, indem wir die von Ihm geschaffenen Dinge betrachten. Wenn wir die Welt aufmerksam anschauen, so erkennen wir, daß Gott allweise, allmächtig, gut ist; wir erkennen auch viele Seiner unsichtbaren Eigenschaften. Auf diese Weise nehmen wir Ihn als unseren Höchsten Gebieter an. Da Gott Schöpfer der gesamten Welt ist, wir aber einen Teil dieser Welt darstellen, ist folglich Gott auch unser Schöpfer. Auf dieses Wissen folgt der Glaube, und auf den Glauben – die Anbetung (Basilios der Große, Brief 232). (Metropolit Filaret (Drozdov), "Ausführlicher christlicher Katechismus der orthodoxen katholischen Ostkirche")

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Erich hat geschrieben:
Aber Gott ist in seiner ganzen Schöpfung da und erfüllt sie. Gott ist allgegenwärtig
.

und was ist, wenn diese Schöpfung nur ein Alptraum Gottes ist?? :/
Ja, was? Erklär du es uns. Was wäre dann?

Geronimo

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Erich
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Beitrag von Erich »

Was wäre dann?

Wenn Gott aufwacht sind wir wech :/

Aber mal ernst: Es ist doch wohl so, dass die Schöpfung in Gottes „Gedanken“ sich vollzieht. Wo diese „Gedanken“ bei Gott anzusiedeln sind, weiss der Himmel. Jedenfalls bezieht jedes Quantenteilchen dieses Kosmos sein Leben/Dasein ausschließlich von Gott und dieser weiß zu jeder Zeit wo und in welchem Quantenzustand sich ein Teilchen befindet. Heisenberg rotiert deshalb im Grab. :shock:

Wem das zu viel ist – sorry, kleiner kann ich mir Gott nicht denken. Und nochens: Sollte Gott eines Tages Selbstmord begehen - würde nix vom Sichtbaren und Unsichtbaren übrig bleiben. :kratz:
Das Wort ward Fleisch, nicht Kerygma!

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Ja, Erich - so wär das dann.

So sehr beunruhigt mich das nicht. Schließlich ist es Gottes Sache ...ob er schläft oder träumt oder aufwacht. Oder was auch immer.

Und wenn Gott sich entschlösse, das Licht so locker auszuknipsen wie er es angeknipst hat - ja, dann.

Gott darf das :mrgreen:

Geronimo

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Erich hat geschrieben:Wem das zu viel ist – sorry, kleiner kann ich mir Gott nicht denken. Und nochens: Sollte Gott eines Tages Selbstmord begehen - würde nix vom Sichtbaren und Unsichtbaren übrig bleiben. :kratz:
Wie kann Gott Selbstmord begehen, wenn er vor allen Zeiten war, ist und sein wird?

Andreas01
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Beitrag von Andreas01 »

Nietenolaf hat geschrieben:
Andreas01 hat geschrieben:Gott innerhalb der Schöpfung finden zu wollen, ist nicht christlich; dafür gibt es weder in der Bibel noch im KKK irgendwelche Hinweise, oder habe ich was übersehen.
Hm, wie meint er das jetzt, den Schöpfer "innerhalb der Schöpfung"? Da hätte er ja recht, daß das nicht christlich ist.
Hl. Metropolit Filaret hat geschrieben:15. Kann der Mensch Gott ohne Dessen besondere Offenbarung erkennen?

Der Mensch kann Gott auf dem Wege der Erforschung der von Ihm geschaffenen Dinge erkennen, doch diese Erkenntnis ist unvollkommen und ungenügend und kann nur als Vorbereitung zum Glauben oder als eine gewisse Hilfe zur Erkenntnis Gottes aus Seiner Offenbarung dienen.
"Gottes unsichtbares Wesen, das ist, Seine ewige Kraft und Gottheit, wird ersehen, so man des wahrnimmt an den Werken" (Röm. 1:20).
"Und hat gemacht, daß von einem Blut aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat Ziel gesetzt, zuvor versehen, wie lang und weit sie wohnen sollen, daß sie den Herrn suchen sollten, ob sie doch Ihn fühlen und finden möchten. Und zwar Er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns; denn in Ihm leben, weben und sind wir" (Apg. 17:26-28 ).
Die Überlegung über den Glauben an Gott beginnt mit dem Gedanken darüber, daß Gott existiert. Zu diesem Gedanken gelangen wir, indem wir die von Ihm geschaffenen Dinge betrachten. Wenn wir die Welt aufmerksam anschauen, so erkennen wir, daß Gott allweise, allmächtig, gut ist; wir erkennen auch viele Seiner unsichtbaren Eigenschaften. Auf diese Weise nehmen wir Ihn als unseren Höchsten Gebieter an. Da Gott Schöpfer der gesamten Welt ist, wir aber einen Teil dieser Welt darstellen, ist folglich Gott auch unser Schöpfer. Auf dieses Wissen folgt der Glaube, und auf den Glauben – die Anbetung (Basilios der Große, Brief 232). (Metropolit Filaret (Drozdov), "Ausführlicher christlicher Katechismus der orthodoxen katholischen Ostkirche")

Hallo Nietenolaf,

freut mich, mit dir diskutieren zu können.

-ein exzellenter Beitrag, den du von Hl. Metropolit Filaret zitierst.

Wenn wir zwischen Schöpfer und Schöpfung klar unterscheiden, kommen wir mit unserem Verstand zum Glauben an Gott, nicht schwierig, nicht umständlich, sondern geradlinig und einfach logisch.

Meditation mag auch ein Weg sein zu Gott, aber bitte nicht, um Gott innerhalb der Natur zu finden; sondern im Sinne Filarets ("wenn wir die Welt aufmerksam anschauen") - oder als Konzentrationsübung zur Vorbereitung für unsere Gebete.

Mag sein, dass ich das eine oder andere ich in früheren Beiträgen zu diesem Thema zu knapp oder missverständlich dargestellt habe; bitte nachfragen, damit ich präzisieren kann.

Liebe Grüße Andreas

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Andreas01 hat geschrieben:Meditation mag auch ein Weg sein zu Gott, aber bitte nicht, um Gott innerhalb der Natur zu finden;
Ich frage mich immer wieder, was mit "Meditation" gemeint ist. Das letzte mal, daß ich damit zu tun hatte, war das in irgend einem kryptobuddhistischen Zirkel, wo sich ein Pulk Menschen vor dem Bild eines finster dreinblickenden Guru die "spirituelle Kante" gab. Der Instruktor meinte, man könne stattdessen auch ein Bild Jesu nehmen. Oder sonst eines.

"Gott in der Natur" suchen Menschen mit irgend einem heidnischen Bekenntnis. Nach Aristoteles ist der Kosmos eine Stadt, die von Göttern und Menschen bewohnt wird. Der Mensch ist ein Mikrokosmos - eine eigene kleine Welt in der großen, dem Kosmos. Im Christentum ist es aber genau andersherum - der Mensch ist der Makrokosmos, der im Mikrokosmos lebt. Gott als der Schöpfer ist "überkosmisch", d.h. Er schuf die Welt, Er gab ihr ihre Gesetze; unterliegt ihnen damit nicht. Und aus diesem "überkosmischen" Sein schafft Er den Menschen nach Seinem Bild und Seiner Ähnlichkeit. Deswegen ist der Mensch, auch wenn er in dieser Welt lebt, nicht ihr Gefangener; sein Ursprung ist ein anderer, höherer. Daher kann man wohl durch das Betrachten der Natur zu einer gewissen Gotterkenntnis gelangen, wie man von jedem Werk auf den Schöpfer schließen kann (Röm. 1:20). Aber es genügt eben nicht, weil der Mensch viel mehr in sich trägt, als daß es durch die uns umgebende Natur erfüllt oder erklärt werden könnte.

Marlene
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Beitrag von Marlene »

Nietenolaf hat geschrieben: "Gott in der Natur" suchen Menschen mit irgend einem heidnischen Bekenntnis.
Der Ausdruck „Gott in der Natur suchen" ist mehrdeutig (und damit nicht glücklich gewählt). Völlig verfehlt wäre es in der Tat, etwa - ich spintisiere jetzt mal, sich vor eine Blume zu setzen, die lange genug anzustarren und sich irgendwann einzubilden, man sei Gott begegnet ...

Eine gewisse Gotterkenntnis ... ja. Aber für mich ist „Gott in der Natur suchen / begegnen" eher der Dreischritt schauen - staunen - danken, wie wir es in den Psalmen finden: „Lobe den Herrn, meine Seele. Herr, mein Gott, wie groß bist du ... Herr, wie zahlreich sind deine Werke! Mit Weisheit hast du sie gemacht ..." (Ps 104)

Und spätestens beim Danken wende ich mich ja Gott, dem Schöpfer, ganz unmittelbar und persönlich zu, übersteige also die rein „anschauliche" Ebene.

Biggi
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Registriert: Donnerstag 11. Dezember 2003, 16:46

Beitrag von Biggi »

@ Marlene

So sehe ich es [Punkt]

Der Ausdruck "Gott in der der Natur suchen" ist insofern missverständlich, als er nicht ausschließt, dass die "Natur" losgelöst von ihrem Schöpfer gesehen wird. "Gott in der (bzw. Seiner) Schöpfung suchen" impliziert hingegen, dass die Schöpfung - nun ja, eben als Schöpfung wahrgenommen wird, und man damit indirekt ihren Schöpfer erkennt und preist.
Das Christentum nimmt den Menschen, wie er ist, und macht ihn zu dem, was er sein soll.
(Adolph Kolping, Patron des XX. Weltjugendtags 2005)

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Literaturtip:

Maria- Anna Leenen,
Die Erfahrung des Göttlichen. Meditationen über die Schöpfung.
Johannes- Verlag Leutesdorf

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