Der Fluch

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Amandus2
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Der Fluch

Beitrag von Amandus2 »

Der Fluch ist das Gegenteil vom Segen.

Aber was genau ist ein Fluch?

Kann nur Gott verfluchen oder können sich auch Menschen gegenseitig verfluchen? Welche Folgen hat das dann?

Ist der Fluch in der Theologie ein Thema?

Esau war, laut Bibel, schon verflucht bevor er überhaupt geboren wurde. Das war u.a. die Grundlage für die calvinistische Prädestinationslehre.

Wie geht die katholische Theologie mit diesem Begriff um?

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cantus planus
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Re: Der Fluch

Beitrag von cantus planus »

Dazu erstmal ein paar Beispiele aus den Psalmen (was gleichzeitig die Frage beantwortet, ob das in der Theologie Thema sei: Selbstverständlich!):
Psalm 58
1 Dem Chorleiter. Nach der Melodie: "Verdirb nicht!" Von David. Ein Miktam.
2 Redet ihr wirklich Gerechtigkeit, Götter? Richtet ihr in Geradheit die Menschenkinder?
3 Sogar im Herzen übt ihr Ungerechtigkeiten; der Gewalttat eurer Hände brecht ihr Bahn im Land.
4 Abgewichen sind die Gottlosen von Mutterschoße an, es irren von Mutterleibe an die Lügenredner.
5 Gift haben sie gleich Schlangengift, wie eine taube Viper, die ihr Ohr verschließt,
6 dass sie nicht hört auf die Stimme der Beschwörer, des Zauberers, der die Zaubersprüche beherrscht.
7 Zerschmettere, Gott, ihre Zähne in ihrem Maul, brich aus das Gebiss der Junglöwen, HERR!
8 Sie sollen zergehen wie Wasser, das verrinnt! Legt er seine Pfeile an, so seien sie wie abgeknickt.
9 Wie die Schnecke zerschmelzend dahingeht, so einer Frau Fehlgeburt, welche nie die Sonne erblickt!
10 Bevor eure Töpfe den Dornstrauch merken - ob grün oder Glut, er wird ihn fortwirbeln!
11 Freuen wird sich der Gerechte, wenn er die Rache anschaut; er watet im Blut des Gottlosen.
12 Und der Mensch soll sagen: Es gibt doch Lohn für den Gerechten; es gibt doch einen Gott, der auf Erden richtet.
Psalm 59
1 Dem Chorleiter. Nach der Melodie: "Verdirb nicht!" Von David. Ein Miktam. Als Saul sandte und sie das Haus bewachten, um ihn zu töten.
2 Befreie mich von meinen Feinden, mein Gott! Bring mich in Sicherheit vor denen, die sich gegen mich erheben!
3 Befreie mich von denen, die Böses tun, und rette mich von den Blutmenschen!
4 Denn siehe, sie lauern auf meine Seele; Starke greifen mich an, ohne mein Vergehen und ohne meine Sünde, HERR!
5 Ohne eine Schuld meinerseits laufen sie an und gehen in Stellung; wache auf, mir entgegen, und sieh!
6 Und du, HERR, Gott der Heerscharen, Gott Israels, erwache, heimzusuchen alle Nationen! Sei keinem gnädig von den treulosen Götzendienern! //
7 Am Abend kehren sie wieder, heulen wie Hunde und umkreisen die Stadt.
8 Siehe, sie lassen ihren Mund Böses reden, Schwerter sind auf ihren Lippen - denn sie denken: "Wer hört?"
9 Du aber, HERR, wirst über sie lachen, spotten über alle Nationen.
10 Meine Stärke, auf dich will ich achten; denn Gott ist meine Festung.
11 Mein gnädiger Gott wird mir zuvorkommen; Gott wird mich herabsehen lassen auf meine Feinde.
12 Töte sie nicht, damit mein Volk es nicht vergesse; lass sie umherirren durch deine Macht, und stürze sie nieder, Herr, unser Schild!
13 Sünde ihres Mundes ist das Wort ihrer Lippen; so lass sie gefangen werden in ihrem Hochmut und wegen des Fluches und wegen der Lüge, die sie aussprechen!
14 Vertilge im Zorn, vertilge, dass sie nicht mehr sind. Dann wird man erkennen, dass Gott in Jakob herrscht bis an die Enden der Erde! //
15 Und am Abend kehren sie wieder, heulen wie Hunde und umkreisen die Stadt.
16 Sie schweifen umher nach Speise; wenn sie nicht satt werden, knurren sie.
17 Ich aber will singen von deiner Stärke und am Morgen jubelnd preisen deine Gnade; denn du bist mir eine Festung gewesen und eine Zuflucht am Tag meiner Not.
18 Meine Stärke, dir will ich spielen; denn Gott ist meine Festung, der Gott meiner Gnade.
Psalm 137
1 An den Strömen Babels, da saßen wir und weinten, wenn wir an Zion dachten.
2 An die Pappeln dort hängten wir unsere Zithern.
3 Denn die uns gefangen hielten, forderten dort von uns die Worte eines Liedes, und die uns wehklagen machten, forderten Freude: "Singt uns eins der Zionslieder!"
4 Wie sollten wir des HERRN Lied singen auf fremder Erde?
5 Wenn ich dich vergesse, Jerusalem, so werde vergessen meine Rechte!
6 Es klebe meine Zunge an meinem Gaumen, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich Jerusalem nicht zu meiner höchsten Freude erhebe!
7 Gedenke, HERR, den Söhnen Edom den Tag Jerusalems, die da sprachen: Legt bloß, legt bloß - bis auf ihren Grund!
8 Tochter Babel, du Verwüsterin3! Glücklich, der dir vergilt dein Tun, das du uns angetan hast.
9 Glücklich, der deine Kinder ergreift und sie am Felsen zerschmettert!
(Alle Texte aus Rev. Elberfelder)
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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overkott
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Re: Der Fluch

Beitrag von overkott »

Amandus2 hat geschrieben:Der Fluch ist das Gegenteil vom Segen.

Aber was genau ist ein Fluch?

Kann nur Gott verfluchen oder können sich auch Menschen gegenseitig verfluchen? Welche Folgen hat das dann?

Ist der Fluch in der Theologie ein Thema?

Esau war, laut Bibel, schon verflucht bevor er überhaupt geboren wurde. Das war u.a. die Grundlage für die calvinistische Prädestinationslehre.

Wie geht die katholische Theologie mit diesem Begriff um?
Segen und Fluch verhalten sich wie Glückwunsch und Pechwunsch, auf Latein wie benedicere und maledicere, eingedeutscht im PPP gebenedeit und vermaledeit.

Maledicere bedeutet aber auch verurteilen, wie besonders in Gal 3,13 deutlich wird:

Gal 3,13 Christus nos redemit de maledicto legis factus pro nobis maledictum quia scriptum est maledictus omnis qui pendet in ligno

(Von Gal 3,13 ist auch die Parallelstelle zu verstehen: 2Kor 5,21 eum qui non noverat peccatum pro nobis peccatum fecit ut nos efficeremur iustitia Dei in ipso )

Das Gebot nicht zu urteilen entspricht der Bergpredigt Jesu von Gottes Söhnen als Friedenstifter, die durch Gutes Böses überwinden.

Lk 6,28 benedicite maledicentibus vobis

Röm 12,14 benedicite persequentibus benedicite et nolite maledicere

1Kor 6,10 neque maledici regnum Dei possidebunt

1Petr 3,9 non reddentes malum pro malo vel maledictum pro maledicto sed e contrario benedicentes

Das Friedensreich Gottes ist heute weiterhin ein Leitbild für eine christlich geprägte Demokratie.

Es geht also um die Überwindung von Gegensätzen, um den Aufbau von Toleranz und gegenseitiger Anerkennung.

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