Grundzüge des Jansenismus

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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ad-fontes
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Grundzüge des Jansenismus

Beitrag von ad-fontes »

Weil's immer wieder mal zur Sprache kommt, z.B. hier, und noch keinen eigenes Thema dafür existiert.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Gamaliel
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Re: Grundzüge des Jansenismus

Beitrag von Gamaliel »

August Franzen, Kleine Kirchengeschichte hat geschrieben:Der Jansenismus war eine gefährliche Verirrung, die unter dem Schein besonderer Frömmigkeit und Strenge eine einseitig überspitzte augustinische Erbsünden- und Gnadenlehre, nicht ohne Beeinflussung durch den Calvinismus, in die katholische Theologie und Frömmigkeit einführte. Auch die calvinistische Prädestinationslehre erschien in katholischer Gewandung wieder.“

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Robert Ketelhohn
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Re: Grundzüge des Jansenismus

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Gamaliel
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Re: Grundzüge des Jansenismus

Beitrag von Gamaliel »

Zu den Verwüstungen, die der Jansenismus (teilweise bis in die Gegenwart) auf dem Gebiet der eucharistischen Frömmigkeit anrichtete:


[quote="Papst Pius X. - "Über die tägliche Kommunion", 20. Dezember 1905"]Strenge des Jansenismus

Als aber in der Folgezeit die Frömmigkeit nachließ und insbesondere die zersetzende Lehre des Jansenismus sich überall verbreitete, da begann man über die Voraussetzungen zu streiten, die zur häufigen und täglichen Kommunion erforderlich sind. Man suchte gar einander durch größere und schwerere Bedingungen zu übertreffen, die als notwendig erklärt wurden. Der Erfolg dieser Auseinandersetzungen war, dass nur noch sehr wenige für würdig befunden wurden, täglich die heilige Kommunion zu empfangen und aus diesem heilbringenden Sakrament reicheren Segen zu schöpfen. Die übrigen mussten sich damit begnügen, einmal im Jahr oder Monat oder höchstens wöchentlich zu kommunizieren. Ja, man ging in der Strenge sogar so weit, dass ganze Gruppen von Gläubigen, z. B. die Kaufleute oder die Verheirateten, von der öfteren Kommunion ausgeschlossen wurden.[/quote]
Denn durch das Dekret ,,Cum ad aures" vom 12. Februar 1679 hat die Konzilskongregation mit Approbation Innozenz' XI. diese Irrtümer verworfen und dem Missbrauch Einhalt geboten. Zugleich erklärte sie, alle Gläubigen jeglichen Standes, Kaufleute und Eheleute nicht ausgenommen, dürften nach Maßgabe der persönlichen Frömmigkeit und nach dem Urteil des Beichtvaters zur oftmaligen heiligen Kommunion zugelassen werden.
[...]
Trotzdem verschwand das Gift des Jansenismus nicht ganz, das unter dem Vorwand der gebührenden Ehrfurcht vor dem allerheiligsten Altarssakrament auch die Seelen guter Christen angesteckt hatte.
Völlig unempfänglich für die jansenistischen Irrtümer bestimmte der hl. Papst Pius X. sodann:
Die häufige und tägliche Kommunion ist Christus dem Herrn und der Katholischen Kirche sehr erwünscht; daher soll sie allen Christgläubigen jeden Ranges und jeden Standes zugänglich sein, so dass niemand, der im Stande der Gnade und mit rechter und frommer Absicht kommuniziert, vom Tische des Herrn ferngehalten werden kann.

Amandus2
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Re: Grundzüge des Jansenismus

Beitrag von Amandus2 »

Gamaliel hat geschrieben:Zu den Verwüstungen, die der Jansenismus (teilweise bis in die Gegenwart) auf dem Gebiet der eucharistischen Frömmigkeit anrichtete:


[quote="Papst Pius X. - "Über die tägliche Kommunion", 20. Dezember 1905"]Strenge des Jansenismus

Als aber in der Folgezeit die Frömmigkeit nachließ und insbesondere die zersetzende Lehre des Jansenismus sich überall verbreitete, da begann man über die Voraussetzungen zu streiten, die zur häufigen und täglichen Kommunion erforderlich sind. Man suchte gar einander durch größere und schwerere Bedingungen zu übertreffen, die als notwendig erklärt wurden. Der Erfolg dieser Auseinandersetzungen war, dass nur noch sehr wenige für würdig befunden wurden, täglich die heilige Kommunion zu empfangen und aus diesem heilbringenden Sakrament reicheren Segen zu schöpfen. Die übrigen mussten sich damit begnügen, einmal im Jahr oder Monat oder höchstens wöchentlich zu kommunizieren. Ja, man ging in der Strenge sogar so weit, dass ganze Gruppen von Gläubigen, z. B. die Kaufleute oder die Verheirateten, von der öfteren Kommunion ausgeschlossen wurden.
Denn durch das Dekret ,,Cum ad aures" vom 12. Februar 1679 hat die Konzilskongregation mit Approbation Innozenz' XI. diese Irrtümer verworfen und dem Missbrauch Einhalt geboten. Zugleich erklärte sie, alle Gläubigen jeglichen Standes, Kaufleute und Eheleute nicht ausgenommen, dürften nach Maßgabe der persönlichen Frömmigkeit und nach dem Urteil des Beichtvaters zur oftmaligen heiligen Kommunion zugelassen werden.
[...]
Trotzdem verschwand das Gift des Jansenismus nicht ganz, das unter dem Vorwand der gebührenden Ehrfurcht vor dem allerheiligsten Altarssakrament auch die Seelen guter Christen angesteckt hatte.
Völlig unempfänglich für die jansenistischen Irrtümer bestimmte der hl. Papst Pius X. sodann:
Die häufige und tägliche Kommunion ist Christus dem Herrn und der Katholischen Kirche sehr erwünscht; daher soll sie allen Christgläubigen jeden Ranges und jeden Standes zugänglich sein, so dass niemand, der im Stande der Gnade und mit rechter und frommer Absicht kommuniziert, vom Tische des Herrn ferngehalten werden kann.
[/quote]




Es tut mir manchmal gut, an einem altkatholischen Gottesdienst in den Niederlanden teilzunehmen, wo auch heute noch ein Hauch(!) Jansenismus zu spüren ist.

Die Menschen sind offen und herzlich, aber beim Gebet in der Kirche mit einer größeren Ernsthaftigkeit und Konzentriertheit dabei als in römisch-katholischen Kirchen oder in alt-katholischen Kirchen in Deutschland oder Österreich.

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berneuchen
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Re: Grundzüge des Jansenismus

Beitrag von berneuchen »

Es ist manchmal sinnvoll zu fragen: woher kommen plötzlich solche Einseitigkeiten ind der kirchlichen Praxis wie es sie bei den Jansenisten gab. Antwort: sie sind Gegenreaktionen auf vorangehende andere Einseitigkeiten. Konkret: auf eine Überbetonung der "objektiven" Gnade in den Sakramenten seit Trient reagiert die Frömmigkeit erweckter Herzen mit der Überbetonung der subjektiven Disposition. Die Keulenschwingerei von seitens kirchlicher Instanzen hat zum Glück in der Regel nicht verhindert, dass das Volk Gottes auch von allein zum gesunden Maß zurückfindet.

Thomas_de_Austria
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Re: Grundzüge des Jansenismus

Beitrag von Thomas_de_Austria »

berneuchen hat geschrieben:Es ist manchmal sinnvoll zu fragen: woher kommen plötzlich solche Einseitigkeiten ind der kirchlichen Praxis wie es sie bei den Jansenisten gab. Antwort: sie sind Gegenreaktionen auf vorangehende andere Einseitigkeiten. Konkret: auf eine Überbetonung der "objektiven" Gnade in den Sakramenten seit Trient reagiert die Frömmigkeit erweckter Herzen mit der Überbetonung der subjektiven Disposition. Die Keulenschwingerei von seitens kirchlicher Instanzen hat zum Glück in der Regel nicht verhindert, dass das Volk Gottes auch von allein zum gesunden Maß zurückfindet.
:hae?: :vogel:

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