Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Ralf

Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Beitrag von Ralf »

Hallo.

Bei der Exegese wurde ja schon angesprochen, dass die theologische Zunft Methoden für den Umgang mit den alten Texten verwendet, die in anderen altphilologischen Disziplinen geringe oder keinerlei Verwendung mehr finden.

Bei einem Vortrag von Klaus Berger hier in D'dorf (es ging da um die Frage nach der faktischen Realität von biblisch berichteten Wundern, so wie dieses Wort im Alltag verstanden wird), ist schon rund zwei Jahre her, kam die gleiche Thematik in bezug auf die Naturwissenschaft auf.
Es wurde von verschiedenen Stellen bemängelt, dass die systematische Theologie größtenteils noch bei Newton stehen geblieben sei, Planck und Heisenberg und die aktuelle Entwicklung seitdem an der theologischen Reflektion häufig (es mag Ausnahmen geben) vorbei geht.

Ist das eine Fehlwahrnehmung meinerseits, oder wurden die Entwicklungen der Naturwissenschaften noch gar nicht ausreichend rezipiert? Ich habe zwar selbst einige Bücher über "Theologie und Naturwissenschaft" gelesen, aber meistens waren da die Theologen die erstaunten Zuhörer und die Naturwissenschaftler mussten erst einmal die basics rüberbringen.
Woran mag das liegen?

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Re: Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Beitrag von Juergen »

Ralf hat geschrieben:Es wurde von verschiedenen Stellen bemängelt, dass die systematische Theologie größtenteils noch bei Newton stehen geblieben sei, Planck und Heisenberg und die aktuelle Entwicklung seitdem an der theologischen Reflektion häufig (es mag Ausnahmen geben) vorbei geht.
Mein Dogmatiker "schwimmt" genau auf der Quantenphysikwelle.
Es ist für ihn ein Indiz für die prinzipielle Unabgeschlossenheit der Naturwissenschaft und damit für die "Unzulänglichkeit" (mir fällt im Moment kein besseres Wort ein) derselben.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

max72
Beiträge: 1032
Registriert: Montag 10. November 2003, 16:42

Re: Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Beitrag von max72 »

Juergen hat geschrieben: Mein Dogmatiker "schwimmt" genau auf der Quantenphysikwelle.
Es ist für ihn ein Indiz für die prinzipielle Unabgeschlossenheit der Naturwissenschaft und damit für die "Unzulänglichkeit" (mir fällt im Moment kein besseres Wort ein) derselben.
Ich denke auch, dass die moderne Physik unheimlich wichtig ist, wenn es um philosophische und religioese Konsequenzen geht. Und was bekannte Physiker schreiben ist da unheimlich interessant. (Und die waren teils sehr religioes, Schroedinger, Heisenberg und Co.) CF Weizsaecker schrieb ja auch interessantes zu Religion.

Mit einem Physikvordiplom sehe ich aber auch, wie schwer es ist, dass alles wirklich zu verstehen. Ich selbst tu mich da oft schwer. Vieles, was Theologen und andere aus der Physik nehmen stimmt nicht so ganz und wird von einem Physiker dann eher belaechelt. Ich denke, da muesste viel besserer Unterricht stattfinden. Selbst Physiker lernen da oft wenig drueber und bleiben bei der traditionellen Physik

Gruss

Max

Cicero
Beiträge: 979
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26

Re: Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Beitrag von Cicero »

Ralf hat geschrieben:...
Woran mag das liegen?
Ich fordere ja schon lange Mathe I und II
als Pflichtvorlesung für Theologen,
aber auf mich hört ja keiner
8) :freude: :mrgreen:

Im Ernst,
zur Zeit von Newton gab es noch Universalgelehrte, die eine umfassende Kenntnis aller Wissenschaften ihrer Zeit hatten und sich in jedem Fachgebiet souverän mit Kollegen unterhalten konnten.

Das geht heute schon deshalb nicht, weil selbst die "Fachleute" zumeist schon nicht mehr den umfassenden Überblick über das gesamte Wissen ihrer Disziplin haben.
Ganz zu schweigen von einer philosophischen Basiskompetenz.
Es gibt Ausnamen, aber es sind wenige.

Die Kath. Akademie Bayern und andere bemühen sich zwar, die wissenschaftlichen Disziplinen miteinander ins Gespräch zu bringen, aber dies vollzieht sich weitestgehend fern der Augen und Ohren der veröffentlichten Meinung.

Dazu kommt noch der Druck auf Universitäten und Studenten, ein Studium zur (möglichst kurzen) Berufsausbildung zu mißbrauchen.
Dies macht den Studenten nicht gerade geneigt, den Kommilitonen der anderen Fakultäten mal über die Schulter zu schauen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das Studium generale ist geradezu verpönt, kann es doch mal ein Semester kosten.
Diese Haltung, das zeigt sich jetzt ist sehr kurzsichtig, wird aber in der Diskussion um "Neue Eliten" vollständig ausgeblendet.

Wir haben nebenan einen Thread über Relilehrer, ähnliches gilt auch für Lehrer anderer Fachgebiete, nämlich daß eine Begeisterung der Schüler für das eigene Fach im wesentlichen nicht mehr stattfindet.
Was wäre es doch schön müßten sich eben die Lehrer (auch von Kollegen) hinterfragen lassen und ihr Fach rechtfertigen.
Bereits in der Oberstufe sollte der Diskurs schon beginnen, denn wer hinterfragt wird muß sich für sein Denken und Lehren begeistern aber auch in den anderen hineinversetzen, um argumentieren zu können.

Der Hase liegt schon in der Schule im Pfeffer.
An der Uni ist schon alles vorbei.
Da gilt dann nur noch Augen zu und durch,
wer Scheuklappen trägt hat an unseren Universitäten schon einen weiten Blick.
:motz:

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Re: Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Beitrag von Juergen »

max72 hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben: Mein Dogmatiker "schwimmt" genau auf der Quantenphysikwelle.
Es ist für ihn ein Indiz für die prinzipielle Unabgeschlossenheit der Naturwissenschaft und damit für die "Unzulänglichkeit" (mir fällt im Moment kein besseres Wort ein) derselben.
...Mit einem Physikvordiplom sehe ich aber auch, wie schwer es ist, dass alles wirklich zu verstehen. Ich selbst tu mich da oft schwer. Vieles, was Theologen und andere aus der Physik nehmen stimmt nicht so ganz und wird von einem Physiker dann eher belaechelt. Ich denke, da muesste viel besserer Unterricht stattfinden. Selbst Physiker lernen da oft wenig drueber und bleiben bei der traditionellen Physik
Gemeint war übrigens dieser Professor und ich denke, wenn man sich nur mal seine Kurzbiographie anguckt, daß er schon "etwas" von Mathematik und Physik versteht.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

max72
Beiträge: 1032
Registriert: Montag 10. November 2003, 16:42

Re: Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Beitrag von max72 »

Juergen hat geschrieben: Gemeint war übrigens dieser Professor und ich denke, wenn man sich nur mal seine Kurzbiographie anguckt, daß er schon "etwas" von Mathematik und Physik versteht.
Das hatte ich jetzt absolut nicht auf diesen Professor bezogen, sondern ganz generell auf manches allzu simplistisches was man hier und da hoert.

Gruss

Max

Lucia

Re: Theologiestudium und der Wissenschaftsfortschritt

Beitrag von Lucia »

Cicero hat geschrieben: Bereits in der Oberstufe sollte der Diskurs schon beginnen, denn wer hinterfragt wird muß sich für sein Denken und Lehren begeistern aber auch in den anderen hineinversetzen, um argumentieren zu können.
Du bist echt lustig. Wie viele Leute besuchen denn überhaupt die Oberstufe? Was ist mit den Haupt- und Realschülern? Soll man die nicht für Religion und/oder Naturwissenschaften begeistern??? Die Zeiten, wo ein Otto Hahn ein Genie wie Liese Meitner für 'nen Appel und 'n Ei beschäftigen konnte, sind vorbei.

Benutzeravatar
Edi
Beiträge: 11360
Registriert: Montag 12. Januar 2004, 18:16

Beitrag von Edi »

Hier ein Link zum Thema Glauben und Astrophysik:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 64,00.html

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema