Was ist Wahrheit?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Niels
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Niels »


Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, .........
Wer auch immer mit dem "Wir" gemeint war, ich habe - neben anderen - zwei Dinge erkannt:
1. Du hattest das Thema für ausdiskutiert erklärt!
2. Die Wahrheit wird - nicht nur, aber auch - in Worten mitgeteilt.


Das EINE WORT ist der eine Sohn des Vaters, der Mensch geworden ist, welches gezeugt und nicht geschaffen ist. Dieses EINE WORT hat also Fleisch angenommen und es bzw. ER hat unter uns gewohnt. Daraus folgt alles weitere ...........

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Niels
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Niels »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, .........
Wer auch immer mit dem "Wir" gemeint war, ich habe - neben anderen - zwei Dinge erkannt:
1. Du hattest das Thema für ausdiskutiert erklärt!
2. Die Wahrheit wird - nicht nur, aber auch - in Worten mitgeteilt.


Das EINE WORT ist der eine Sohn des Vaters, der Mensch geworden ist, welches gezeugt und nicht geschaffen ist. Dieses EINE WORT hat also Fleisch angenommen und es bzw. ER hat unter uns gewohnt. Daraus folgt alles weitere ...........
Es gibt nicht nur ein "lyrisches Ich", sondern beim Ovi überdies ein "Uns/Wir".
Für mich ist das kein Problem.

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taddeo
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von taddeo »

Niels hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, .........
Wer auch immer mit dem "Wir" gemeint war, ...
Es gibt nicht nur ein "lyrisches Ich", sondern beim Ovi überdies ein "Uns/Wir".
"Pluralis modestiae" nennen Wir das gemeinhin. ;D

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

Niels hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, .........
Wer auch immer mit dem "Wir" gemeint war, ich habe - neben anderen - zwei Dinge erkannt:
1. Du hattest das Thema für ausdiskutiert erklärt!
2. Die Wahrheit wird - nicht nur, aber auch - in Worten mitgeteilt.


Das EINE WORT ist der eine Sohn des Vaters, der Mensch geworden ist, welches gezeugt und nicht geschaffen ist. Dieses EINE WORT hat also Fleisch angenommen und es bzw. ER hat unter uns gewohnt. Daraus folgt alles weitere ...........
Es gibt nicht nur ein "lyrisches Ich", sondern beim Ovi überdies ein "Uns/Wir".
Für mich ist das kein Problem.
Nun, es könnte dann ein Problem werden, wenn ovi versucht, mit diesem "wir" eine Definition für verbindlich zu erklären, die unrichtig ist. :|

Ansonsten habe ich mit dem wir auch keine Probleme! :D :D :D

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Niels
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Niels »

Siehste, im Prinzip sind wir uns doch einig... ;D

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Biblisch verstanden, ist Gott die Wahrheit über die Welt und den Menschen: Die Welt und der Mensch stammen im Prinzip vom Guten, sind prinzipiell gut und sie bleiben es, wenn sie an Gottes Willen festhalten, biblisch ausgedrückt: die Wahrheit tun.

Biologen, die den Menschen als Affensohn betrachten, haben eine körperliche Sichtweise. Jesus meint mit Gott geboren, also mit seinem Bild vom Menschen als Gottes Sohn, die zweite Geburt aus dem Geist.

Wer in Gottes Geist erkennt, dass das Gute bleibt und das Schlechte verdirbt, dass also dem Guten Wahrheit entspricht und dem Schlechten Lüge, und entsprechend mit Christus ein neues Leben beginnt, wird erlöst vom Bösen.

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Biblisch verstanden, ist Gott die Wahrheit über die Welt und den Menschen: Die Welt und der Mensch stammen im Prinzip vom Guten, sind prinzipiell gut und sie bleiben es, wenn sie an Gottes Willen festhalten, biblisch ausgedrückt: die Wahrheit tun.

Biologen, die den Menschen als Affensohn betrachten, haben eine körperliche Sichtweise. Jesus meint mit Gott geboren, also mit seinem Bild vom Menschen als Gottes Sohn, die zweite Geburt aus dem Geist.

Wer in Gottes Geist erkennt, dass das Gute bleibt und das Schlechte verdirbt, dass also dem Guten Wahrheit entspricht und dem Schlechten Lüge, und entsprechend mit Christus ein neues Leben beginnt, wird erlöst vom Bösen.
:hmm:

Demzufolge ist Christentum ganz ohne Kirche denkbar und Karl Rahner war mit seinem "anonymen Christen" längst noch nicht radikal genug? :achselzuck:

Rupert Lay entwickelt ähnliche Thesen in seinem Werk "Nachkirchliches Christentum". :daumen-runter:

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Biblisch verstanden, ist Gott die Wahrheit über die Welt und den Menschen: Die Welt und der Mensch stammen im Prinzip vom Guten, sind prinzipiell gut und sie bleiben es, wenn sie an Gottes Willen festhalten, biblisch ausgedrückt: die Wahrheit tun.

Biologen, die den Menschen als Affensohn betrachten, haben eine körperliche Sichtweise. Jesus meint mit Gott geboren, also mit seinem Bild vom Menschen als Gottes Sohn, die zweite Geburt aus dem Geist.

Wer in Gottes Geist erkennt, dass das Gute bleibt und das Schlechte verdirbt, dass also dem Guten Wahrheit entspricht und dem Schlechten Lüge, und entsprechend mit Christus ein neues Leben beginnt, wird erlöst vom Bösen.
:hmm:

Demzufolge ist Christentum ganz ohne Kirche denkbar und Karl Rahner war mit seinem "anonymen Christen" längst noch nicht radikal genug? :achselzuck:

Rupert Lay entwickelt ähnliche Thesen in seinem Werk "Nachkirchliches Christentum". :daumen-runter:
Jesus lehrt: Gottes Wille wird erfüllt, wo Nächstenliebe gelebt wird. Und wo caritas ist, da ist nicht nur Gott, sondern auch Kirche nicht fern.

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Jesus lehrt: Gottes Wille wird erfüllt, wo Nächstenliebe gelebt wird. Und wo caritas ist, da ist nicht nur Gott, sondern auch Kirche nicht fern.
Willkommen im Protestantismus, ovi! :roll:

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

War der Papst ein Protestant, A.?

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

War er Franziskaner?

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Hatte er Augustinus und Bonaventura studiert?

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Hatte er Jesus und Platon versöhnt?

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Hubertus
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Hubertus »

overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, dass in unserer Sprache Wahrheit, Dauerhaftigkeit, Haltbarkeit in engem Zusammenhang stehen und dieses Sprachverständnis Gott als höchste Wahrheit verständlich macht.

Während Jesus die Wahrheit eines Menschen von Gottes Willen und der Einheit mit ihm im Geist abhängig macht, verkehrt Thomas die Relation und fragt: Entspricht das Erkannte ( lat. intellectum ) der (Tat)Sache? Etwa: Entspricht Gott der Schöpfung? Damit steht Thomas Jesus zunächst diametral gegenüber. Bei Thomas wedelt der Schwanz mit dem Hund. Er verkennt mit dieser seiner Wahrheitsdefinition beispielsweise den Unterschied zwischen Essbesteck und Waffe, zwischen Notwehr und Mord.
Bitte nicht Ontologie und Erkenntnislehre durcheinanderwerfen.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

Hubertus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, dass in unserer Sprache Wahrheit, Dauerhaftigkeit, Haltbarkeit in engem Zusammenhang stehen und dieses Sprachverständnis Gott als höchste Wahrheit verständlich macht.

Während Jesus die Wahrheit eines Menschen von Gottes Willen und der Einheit mit ihm im Geist abhängig macht, verkehrt Thomas die Relation und fragt: Entspricht das Erkannte ( lat. intellectum ) der (Tat)Sache? Etwa: Entspricht Gott der Schöpfung? Damit steht Thomas Jesus zunächst diametral gegenüber. Bei Thomas wedelt der Schwanz mit dem Hund. Er verkennt mit dieser seiner Wahrheitsdefinition beispielsweise den Unterschied zwischen Essbesteck und Waffe, zwischen Notwehr und Mord.
Bitte nicht Ontologie und Erkenntnislehre durcheinanderwerfen.
Genau das wird beim Konstruktivismus ineinander verwirbelt. :daumen-runter:
Deshalb auch mein Hinweis auf Rupert Lay ..............

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Hubertus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, dass in unserer Sprache Wahrheit, Dauerhaftigkeit, Haltbarkeit in engem Zusammenhang stehen und dieses Sprachverständnis Gott als höchste Wahrheit verständlich macht.

Während Jesus die Wahrheit eines Menschen von Gottes Willen und der Einheit mit ihm im Geist abhängig macht, verkehrt Thomas die Relation und fragt: Entspricht das Erkannte ( lat. intellectum ) der (Tat)Sache? Etwa: Entspricht Gott der Schöpfung? Damit steht Thomas Jesus zunächst diametral gegenüber. Bei Thomas wedelt der Schwanz mit dem Hund. Er verkennt mit dieser seiner Wahrheitsdefinition beispielsweise den Unterschied zwischen Essbesteck und Waffe, zwischen Notwehr und Mord.
Bitte nicht Ontologie und Erkenntnislehre durcheinanderwerfen.
Man sollte nichts durcheinanderwerfen. Aber worauf beziehst du dich konkret?

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Niels
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Niels »

Na, auf Deinen Beitrag. :blinker:

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Hubertus
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Hubertus »

overkott hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, dass in unserer Sprache Wahrheit, Dauerhaftigkeit, Haltbarkeit in engem Zusammenhang stehen und dieses Sprachverständnis Gott als höchste Wahrheit verständlich macht.

Während Jesus die Wahrheit eines Menschen von Gottes Willen und der Einheit mit ihm im Geist abhängig macht, verkehrt Thomas die Relation und fragt: Entspricht das Erkannte ( lat. intellectum ) der (Tat)Sache? Etwa: Entspricht Gott der Schöpfung? Damit steht Thomas Jesus zunächst diametral gegenüber. Bei Thomas wedelt der Schwanz mit dem Hund. Er verkennt mit dieser seiner Wahrheitsdefinition beispielsweise den Unterschied zwischen Essbesteck und Waffe, zwischen Notwehr und Mord.
Bitte nicht Ontologie und Erkenntnislehre durcheinanderwerfen.
Man sollte nichts durcheinanderwerfen. Aber worauf beziehst du dich konkret?
Ich meinte nur, das Grundprinzip, daß das Erkannte immer gemäß dem Erkennenden erkannt wird, ist keine Vermessenheit des Hl. Thomas, falls Du das gemeint haben solltest. Das Wesen Gottes wird dadurch natürlich nicht geschmälert o.Ä.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Hubertus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Hubertus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Wir haben also erkannt, dass in unserer Sprache Wahrheit, Dauerhaftigkeit, Haltbarkeit in engem Zusammenhang stehen und dieses Sprachverständnis Gott als höchste Wahrheit verständlich macht.

Während Jesus die Wahrheit eines Menschen von Gottes Willen und der Einheit mit ihm im Geist abhängig macht, verkehrt Thomas die Relation und fragt: Entspricht das Erkannte ( lat. intellectum ) der (Tat)Sache? Etwa: Entspricht Gott der Schöpfung? Damit steht Thomas Jesus zunächst diametral gegenüber. Bei Thomas wedelt der Schwanz mit dem Hund. Er verkennt mit dieser seiner Wahrheitsdefinition beispielsweise den Unterschied zwischen Essbesteck und Waffe, zwischen Notwehr und Mord.
Bitte nicht Ontologie und Erkenntnislehre durcheinanderwerfen.
Man sollte nichts durcheinanderwerfen. Aber worauf beziehst du dich konkret?
Ich meinte nur, das Grundprinzip, daß das Erkannte immer gemäß dem Erkennenden erkannt wird, ist keine Vermessenheit des Hl. Thomas, falls Du das gemeint haben solltest. Das Wesen Gottes wird dadurch natürlich nicht geschmälert o.Ä.
Wäre schön, wenn der Hl. Thomas im o.a. Zitat nicht etwas anderes behauptet hätte. Erkenntnis gemäß Erkennendem - zum Beispiel: Du siehst eine alte, kranke Frau - ich sehe meine Oma - entspricht eher dem Subjektivismus Jesu. Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.

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Hubertus
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Hubertus »

overkott hat geschrieben:Erkenntnis gemäß Erkennendem - zum Beispiel: Du siehst eine alte, kranke Frau - ich sehe meine Oma - entspricht eher dem Subjektivismus Jesu. Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
:hae?: "Quidquid cognoscitur per modum recipientis recipitur".
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Hubertus hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Erkenntnis gemäß Erkennendem - zum Beispiel: Du siehst eine alte, kranke Frau - ich sehe meine Oma - entspricht eher dem Subjektivismus Jesu. Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
:hae?: "Quidquid cognoscitur per modum recipientis recipitur".
Er definiert Wahrheit dort nicht neu, sondern differenziert die Wahrnehmung. Sein passives Verständnis von Wahrnehmung ergibt sich aus einem objektiven Verständnis von Wahrheit.

Das subjektive, aktiv interpretierende, handelnde Verständnis von Wahrheit ist demgegenüber das Wahrmachen, Verwirklichen, Bestimmen: Gott spricht, die Welt wird. Der Mensch als Gottes Ebenbild und Verwalter der Welt nimmt an Gottes Schöpfungsakt teil, indem er sich seine Welt selbst erschafft und die Natur kultiviert, indem er aus Erde ein Feld macht und aus einer Wiese eine Weide. Damit hat er Teil an Gottes "Ich bin, der ich bin", "Ich bin die Wahrheit". Als Gottes Ebenbild gemäß erster Schöpfungsgeschichte entwickelt der Mensch als Mann und Frau Selbstbewusstsein. Er übernimmt Verantwortung für seine Tiere und seine Familie.

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:Wäre schön, wenn der Hl. Thomas im o.a. Zitat nicht etwas anderes behauptet hätte.
Hat er das? :detektiv:
overkott hat geschrieben:Erkenntnis gemäß Erkennendem - zum Beispiel: Du siehst eine alte, kranke Frau - ich sehe meine Oma - entspricht eher dem Subjektivismus Jesu.
Wenn Hubertus eine alte, kranke Frau erkennt und Du (in derselben Frau) Deine Oma erkennst, dann ist das doch kein Widerspruch. :doktor:
Selbst wenn ihr beide Enkel dieser einen Oma wäret, entsteht noch kein Widerspruch, denn Deine Oma kann schließlich eine alte, kranke Frau sein.
overkott hat geschrieben:Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
Der Hl. Thomas vertritt die Ansicht, daß es dem Intellekt gut tut, wenn dieser die objektive Wahrheit auch als objektive Wahrheit anerkennt!
D.h. es gibt eben Dinge nach denen sich der Intellekt richten muß, wenn er wahrheitsgemäß erkennen will. Der Intellekt kann sich nicht seine eigene Welt schaffen. Dies tut er selbst dann noch nicht, wenn er vielleicht die Welt partiell anders wahrnimmt als dies den objektiven Gegebenheiten entspricht.

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Erkenntnis gemäß Erkennendem - zum Beispiel: Du siehst eine alte, kranke Frau - ich sehe meine Oma - entspricht eher dem Subjektivismus Jesu.
Wenn Hubertus eine alte, kranke Frau erkennt und Du (in derselben Frau) Deine Oma erkennst, dann ist das doch kein Widerspruch. :doktor:
Selbst wenn ihr beide Enkel dieser einen Oma wäret, entsteht noch kein Widerspruch, denn Deine Oma kann schließlich eine alte, kranke Frau sein.
Das ist aber für mich nicht wesentlich. Beim subjektiven Wahrheitsbegriff bestimmt das Subjekt das Wesentliche des Objekts. Das setzt eine Verfügungsmöglichkeit voraus. Das Subjekt muss über das Objekt verfügen können, mindestens durch Annahme oder Ablehnung. Dadurch erweist sich das Subjekt überhaupt erst als Subjekt in der Subjekt-Objekt-Beziehung.

Soweit der Mensch die Natur als übermächtig erlebt und sich ihr ausgeliefert fühlt, versteht er die Natur als handelndes Subjekt und sich selbst als leidendes Objekt. Die Idee von der subjektiven Wahrheit bekommt in dieser Konstellation eine überraschende Wende. Sie ist nicht länger vom Menschen oder vom Individuum abhängig, sondern vom sich auswirkenden Subjekt.
overkott hat geschrieben:Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
Der Hl. Thomas vertritt die Ansicht, daß es dem Intellekt gut tut, wenn dieser die objektive Wahrheit auch als objektive Wahrheit anerkennt!
D.h. es gibt eben Dinge nach denen sich der Intellekt richten muß, wenn er wahrheitsgemäß erkennen will. Der Intellekt kann sich nicht seine eigene Welt schaffen. Dies tut er selbst dann noch nicht, wenn er vielleicht die Welt partiell anders wahrnimmt als dies den objektiven Gegebenheiten entspricht.
Es ist sinnvoll, intellectum als Erkanntes zu verstehen. Daraus ergibt sich immerhin die sinnvolle Aussage, dass das Erkannte oder die Erkenntnis auf die Sache zutreffen muss, weil sie sonst logischerweise falsch ist.

Thomas erleidet mit seinem aristotelischen, sinnlich-empirischen Wahrheitsbegriff theologisch Schiffbruch. Gott ist Subjekt, nicht Objekt, über das wir verfügen könnten. Dagegen sind die Geschöpfe Objekte, die ihre Wahrheit nicht aus sich heraus haben.

Wahrheit und Wirklichkeit verhalten sich zueinander wie Idee und Realität. Gott ist die Wahrheit über die Schöpfung, die Wirklichkeit sieht oft anders aus.

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Erkenntnis gemäß Erkennendem - zum Beispiel: Du siehst eine alte, kranke Frau - ich sehe meine Oma - entspricht eher dem Subjektivismus Jesu.
Wenn Hubertus eine alte, kranke Frau erkennt und Du (in derselben Frau) Deine Oma erkennst, dann ist das doch kein Widerspruch. :doktor:
Selbst wenn ihr beide Enkel dieser einen Oma wäret, entsteht noch kein Widerspruch, denn Deine Oma kann schließlich eine alte, kranke Frau sein.
Das ist aber für mich nicht wesentlich.
Das nehme ich dann 'mal so zur Kenntnis, denn das ist womöglich das Kreuz, was Du zu tragen hast .................
overkott hat geschrieben:Beim subjektiven Wahrheitsbegriff bestimmt das Subjekt das Wesentliche des Objekts. Das setzt eine Verfügungsmöglichkeit voraus. Das Subjekt muss über das Objekt verfügen können, mindestens durch Annahme oder Ablehnung. Dadurch erweist sich das Subjekt überhaupt erst als Subjekt in der Subjekt-Objekt-Beziehung.
Demzufolge ist der Mond aus Käse, weil Du als Subjekt den Käse im Mond für wesentlich erklärt hast? :roll:

Etwas weniger polemisch: :tuete:
Deine Oma bleibt Deine Oma, auch wenn Du jegliche Beziehung zu ihr abbrichst und jedem - ob er's hören will oder nicht - erklärst, diese Frau sei nicht Deine Oma!
overkott hat geschrieben:Soweit der Mensch die Natur als übermächtig erlebt und sich ihr ausgeliefert fühlt, versteht er die Natur als handelndes Subjekt und sich selbst als leidendes Objekt. Die Idee von der subjektiven Wahrheit bekommt in dieser Konstellation eine überraschende Wende. Sie ist nicht länger vom Menschen oder vom Individuum abhängig, sondern vom sich auswirkenden Subjekt.
Versuchst Du mir damit zu erklären, daß der Mensch sich aus eigener Machtvollkommenheit zum Herrscher über die Natur erklären kann? :achselzuck:
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
Der Hl. Thomas vertritt die Ansicht, daß es dem Intellekt gut tut, wenn dieser die objektive Wahrheit auch als objektive Wahrheit anerkennt!
D.h. es gibt eben Dinge nach denen sich der Intellekt richten muß, wenn er wahrheitsgemäß erkennen will. Der Intellekt kann sich nicht seine eigene Welt schaffen. Dies tut er selbst dann noch nicht, wenn er vielleicht die Welt partiell anders wahrnimmt als dies den objektiven Gegebenheiten entspricht.
Es ist sinnvoll, intellectum als Erkanntes zu verstehen.
Es ist sinnvoller, das zu verstehen, was der Gegenüber aussagen wollte.
Und hier hat Dein Gegenüber - also meine Wenigkeit - den Begriff Intellekt im Sinne von Geist, Verstand, Erkenntnisvermögen des Individuums genutzt, oder kürzer: das Erkennende.

Der Wahrheitsbegriff des Hl. Thomas ist nun - neben dem ontologischen und dem ontischen Aspekt - so zu verstehen, daß der Erkennende das zu Erkennende so erkennt, wie es tatsächlich ist.
Dann - und nur dann - ist die Erkenntnis wahr.
Siehe auch weiter oben die aus kathpedia zitierte Passage: adaequatio intellectus ad rem (= logische Wahrheit)

Auf dieser Erkenntnismöglichkeit der Dinge baut die Phänomenologie auf, nachdem die kant'sche Philosophie derlei Möglichkeit kategorisch ausgeschlossen hatte.
overkott hat geschrieben:Daraus ergibt sich immerhin die sinnvolle Aussage, dass das Erkannte oder die Erkenntnis auf die Sache zutreffen muss, weil sie sonst logischerweise falsch ist.

Thomas erleidet mit seinem aristotelischen, sinnlich-empirischen Wahrheitsbegriff theologisch Schiffbruch. Gott ist Subjekt, nicht Objekt, über das wir verfügen könnten. Dagegen sind die Geschöpfe Objekte, die ihre Wahrheit nicht aus sich heraus haben.

Wahrheit und Wirklichkeit verhalten sich zueinander wie Idee und Realität. Gott ist die Wahrheit über die Schöpfung, die Wirklichkeit sieht oft anders aus.
Nach dem Hl. Thomas von Aquin ist Gott zunächst einmal Person (Ein kurzer Blick an den Anfang dieses Threads könnte jetzt nicht schaden!) und durch dieses Personsein alleine schon der Verfügungsmacht seiner Geschöpfe entzogen.

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Beim subjektiven Wahrheitsbegriff bestimmt das Subjekt das Wesentliche des Objekts. Das setzt eine Verfügungsmöglichkeit voraus. Das Subjekt muss über das Objekt verfügen können, mindestens durch Annahme oder Ablehnung. Dadurch erweist sich das Subjekt überhaupt erst als Subjekt in der Subjekt-Objekt-Beziehung.
Demzufolge ist der Mond aus Käse, weil Du als Subjekt den Käse im Mond für wesentlich erklärt hast? :roll:

Etwas weniger polemisch: :tuete:
Deine Oma bleibt Deine Oma, auch wenn Du jegliche Beziehung zu ihr abbrichst und jedem - ob er's hören will oder nicht - erklärst, diese Frau sei nicht Deine Oma!
Wenn Gott zu Israel sagt: Du bist ungehorsam, du bist nicht mehr mein Sohn. Du folgst mir nicht mehr, also gehörst du nicht mehr zu meinem Gefolge. Dann stimmt das.

Theologie ist eben nicht Biologie, auch wenn Thomas da was durcheinander werfen sollte.
overkott hat geschrieben:Soweit der Mensch die Natur als übermächtig erlebt und sich ihr ausgeliefert fühlt, versteht er die Natur als handelndes Subjekt und sich selbst als leidendes Objekt. Die Idee von der subjektiven Wahrheit bekommt in dieser Konstellation eine überraschende Wende. Sie ist nicht länger vom Menschen oder vom Individuum abhängig, sondern vom sich auswirkenden Subjekt.
Versuchst Du mir damit zu erklären, daß der Mensch sich aus eigener Machtvollkommenheit zum Herrscher über die Natur erklären kann? :achselzuck:
Wegen des Schöpfungsauftrags, nicht aus eigener Machtvollkommenheit.
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
Der Hl. Thomas vertritt die Ansicht, daß es dem Intellekt gut tut, wenn dieser die objektive Wahrheit auch als objektive Wahrheit anerkennt!
D.h. es gibt eben Dinge nach denen sich der Intellekt richten muß, wenn er wahrheitsgemäß erkennen will. Der Intellekt kann sich nicht seine eigene Welt schaffen. Dies tut er selbst dann noch nicht, wenn er vielleicht die Welt partiell anders wahrnimmt als dies den objektiven Gegebenheiten entspricht.
Es ist sinnvoll, intellectum als Erkanntes zu verstehen.
Es ist sinnvoller, das zu verstehen, was der Gegenüber aussagen wollte.
Und hier hat Dein Gegenüber - also meine Wenigkeit - den Begriff Intellekt im Sinne von Geist, Verstand, Erkenntnisvermögen des Individuums genutzt, oder kürzer: das Erkennende.
Du meinst intelligentia = Erkenntnisvermögen oder intelligens = erkennend, nicht intellectum = erkannt. Aber der Erkennende ist nicht das Erkannte.
Der Wahrheitsbegriff des Hl. Thomas ist nun - neben dem ontologischen und dem ontischen Aspekt - so zu verstehen, daß der Erkennende das zu Erkennende so erkennt, wie es tatsächlich ist.
Dann - und nur dann - ist die Erkenntnis wahr.
Siehe auch weiter oben die aus kathpedia zitierte Passage: adaequatio intellectus ad rem (= logische Wahrheit)
Gott ist principium, nicht res und creator, nicht factum.
Auf dieser Erkenntnismöglichkeit der Dinge baut die Phänomenologie auf, nachdem die kant'sche Philosophie derlei Möglichkeit kategorisch ausgeschlossen hatte.
overkott hat geschrieben:Daraus ergibt sich immerhin die sinnvolle Aussage, dass das Erkannte oder die Erkenntnis auf die Sache zutreffen muss, weil sie sonst logischerweise falsch ist.

Thomas erleidet mit seinem aristotelischen, sinnlich-empirischen Wahrheitsbegriff theologisch Schiffbruch. Gott ist Subjekt, nicht Objekt, über das wir verfügen könnten. Dagegen sind die Geschöpfe Objekte, die ihre Wahrheit nicht aus sich heraus haben.

Wahrheit und Wirklichkeit verhalten sich zueinander wie Idee und Realität. Gott ist die Wahrheit über die Schöpfung, die Wirklichkeit sieht oft anders aus.
Nach dem Hl. Thomas von Aquin ist Gott zunächst einmal Person (Ein kurzer Blick an den Anfang dieses Threads könnte jetzt nicht schaden!) und durch dieses Personsein alleine schon der Verfügungsmacht seiner Geschöpfe entzogen.
Gott ist nicht Person, sondern als hypostase = Unterstellung werden Vater, Sohn und Geist verstanden. Soweit hypostase mit Person übersetzt wird, erscheint, äußert sich, offenbart sich Gott in Personen. Die personale Sprechweise von Gott ist allegorisch. Gott ist das Wort, mit dem alles angefangen hat ( = principium ). Deshalb loben wir in Gottes Namen und Wort den ewigen Bestand des Guten und vertrauen uns dem Guten an, weil wir mit dem Schlechten bereits schlechte Erfahrungen gesammelt haben.

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Protasius
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Protasius »

overkott hat geschrieben: Du meinst intelligentia = Erkenntnisvermögen oder intelligens = erkennend, nicht intellectum = erkannt. Aber der Erkennende ist nicht das Erkannte.
Nein, er meint intellectus = Verständnis. Allein schon die Kasus-Kongruenz hätte erzeigen müssen, daß in adaequatio rei et intellectus das Wort intellectus im Genitiv steht, also der u-Deklination folgt und nicht das der o-Deklination folgende Partizip Perfekt Passiv sein kann.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
Der Hl. Thomas vertritt die Ansicht, daß es dem Intellekt gut tut, wenn dieser die objektive Wahrheit auch als objektive Wahrheit anerkennt!
D.h. es gibt eben Dinge nach denen sich der Intellekt richten muß, wenn er wahrheitsgemäß erkennen will. Der Intellekt kann sich nicht seine eigene Welt schaffen. Dies tut er selbst dann noch nicht, wenn er vielleicht die Welt partiell anders wahrnimmt als dies den objektiven Gegebenheiten entspricht.
Es ist sinnvoll, intellectum als Erkanntes zu verstehen.
Es ist sinnvoller, das zu verstehen, was der Gegenüber aussagen wollte.
Und hier hat Dein Gegenüber - also meine Wenigkeit - den Begriff Intellekt im Sinne von Geist, Verstand, Erkenntnisvermögen des Individuums genutzt, oder kürzer: das Erkennende.
Du meinst intelligentia = Erkenntnisvermögen oder intelligens = erkennend, nicht intellectum = erkannt. Aber der Erkennende ist nicht das Erkannte.
Du versuchst, mir das Wort im Munde herumzudrehen und das läßt mich an Deiner intellektuellen Redlichkeit zweifeln! :daumen-runter:

Frl. Vicky Pedia schreibt - auch wenn sie als Quelle sonst nicht immer zuverlässig ist - zur Definition von Intellekt folgendes:
Der Intellekt (von lateinisch intellectus „Erkenntnisvermögen“, „Einsicht“, „Verstand“) ist ein philosophischer Begriff. Er bezeichnet die Fähigkeit, etwas geistig zu erfassen, und die Instanz im Menschen, die für das Erkennen und Denken zuständig ist. „Intellekt“ wird oft als Synonym für „Verstand“ verwendet, kann aber auch die Bedeutungen „Vernunft“, „Bewusstsein“ oder „Geist“ haben.

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Der Hl. Thomas vertrat eher das Gegenteil.
Der Hl. Thomas vertritt die Ansicht, daß es dem Intellekt gut tut, wenn dieser die objektive Wahrheit auch als objektive Wahrheit anerkennt!
D.h. es gibt eben Dinge nach denen sich der Intellekt richten muß, wenn er wahrheitsgemäß erkennen will. Der Intellekt kann sich nicht seine eigene Welt schaffen. Dies tut er selbst dann noch nicht, wenn er vielleicht die Welt partiell anders wahrnimmt als dies den objektiven Gegebenheiten entspricht.
Es ist sinnvoll, intellectum als Erkanntes zu verstehen.
Es ist sinnvoller, das zu verstehen, was der Gegenüber aussagen wollte.
Und hier hat Dein Gegenüber - also meine Wenigkeit - den Begriff Intellekt im Sinne von Geist, Verstand, Erkenntnisvermögen des Individuums genutzt, oder kürzer: das Erkennende.
Du meinst intelligentia = Erkenntnisvermögen oder intelligens = erkennend, nicht intellectum = erkannt. Aber der Erkennende ist nicht das Erkannte.
Du versuchst, mir das Wort im Munde herumzudrehen und das läßt mich an Deiner intellektuellen Redlichkeit zweifeln! :daumen-runter:

Frl. Vicky Pedia schreibt - auch wenn sie als Quelle sonst nicht immer zuverlässig ist - zur Definition von Intellekt folgendes:
Der Intellekt (von lateinisch intellectus „Erkenntnisvermögen“, „Einsicht“, „Verstand“) ist ein philosophischer Begriff. Er bezeichnet die Fähigkeit, etwas geistig zu erfassen, und die Instanz im Menschen, die für das Erkennen und Denken zuständig ist. „Intellekt“ wird oft als Synonym für „Verstand“ verwendet, kann aber auch die Bedeutungen „Vernunft“, „Bewusstsein“ oder „Geist“ haben.
Die Debatte schweift auf Seitenwege ab. Die Ähnlichkeit von intellectus ( Nomen ) und intellectus ( PPP ) ist unübersehbar und kann einen Hinweis geben auf eine Ursprungsbedeutung. intellectus als Intellekt zu übersetzen, ist eigentlich keine Übersetzung, sondern so bedeutungsvoll wie domus als Dom zu übersetzen. Geht man davon aus, dass die Übersetzung von domus ( maskulinum ) mit das Haus ( neutrum ) sinnvoller ist, kann man auch intellectus ( maskulinum ) als das Erkannte ( neutrum ) übersetzen. Dann ergibt die Übersetzung von adaequatione intellectus et rei einen Sinn: Wahrheit besteht in der Angleichung des Erkannten und der Sache. Schließlich geht es nicht darum, den Verstand, sondern das Verstandene anzugleichen. Vielleicht könnten Philosophen durch die Suche nach der Ursprungsbedeutung der Abstrakta neue Erkenntnisse gewinnen, nachdem die Abstrakta als Quasi-Organe oder Quasi-Personen über Jahrhunderte ein Eigenleben geführt haben.

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

In der Hauptsache geht es darum, dass Jesus mit seinem subjektiven Wahrheitsverständnis göttliches Selbstbewusstsein an den Tag gelegt hat.

Pointierte Formulierungen wie: Ich bin die Wahrheit - haben nicht weniger pointierte Formulierungen wie: L'Etat c'est moi - oder wie jüngst der Finanzminister in Brüssel sagte: Ich bin Deutschland - nach sich gezogen.

Tatsächlich knüpfte das Gottesgnadentum im Absolutismus an die göttliche Souveränität an. Der Herrscher verstand sich als die allein selig machende Wahrheitsinstanz, die in der Einheit von Thron und Altar ihren besonderen Ausdruck fand. Eine andere Extremform war die Anarchie, in der es keine Wahrheit mehr gab.

Richtig verstanden, ist die höchste Wahrheit die allgemeine Wahrheit, also die Wahrheit aller. Die allen gemeinsame Wahrheit liegt im allgemein Guten. Gott präsentiert das Gemeinwohl als fürsorgender und gerechter ( ausgleichender ) Vater aller Menschen. Wo Gottes Wort Fleisch wird, wird die Wahrheit Wirklichkeit. Dies geschieht, wo sich der Sohn mit der Wahrheit des fürsorgenden und gerechten Vaters identifiziert und entsprechend handelt. In der konkreten Situation entscheidet der Sohn mit subjektivem Wahrheitsverständnis, wie es ihm der Nächstenliebe entsprechend geboten erscheint. Objektive Wahrheiten wie das Sabbatgebot sind unter- und nachgeordnet.

Raphael

Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:In der Hauptsache geht es darum, dass Jesus mit seinem subjektiven Wahrheitsverständnis göttliches Selbstbewusstsein an den Tag gelegt hat.

Pointierte Formulierungen wie: Ich bin die Wahrheit - haben nicht weniger pointierte Formulierungen wie: L'Etat c'est moi - oder wie jüngst der Finanzminister in Brüssel sagte: Ich bin Deutschland - nach sich gezogen.

Tatsächlich knüpfte das Gottesgnadentum im Absolutismus an die göttliche Souveränität an. Der Herrscher verstand sich als die allein selig machende Wahrheitsinstanz, die in der Einheit von Thron und Altar ihren besonderen Ausdruck fand. Eine andere Extremform war die Anarchie, in der es keine Wahrheit mehr gab.

Richtig verstanden, ist die höchste Wahrheit die allgemeine Wahrheit, also die Wahrheit aller. Die allen gemeinsame Wahrheit liegt im allgemein Guten. Gott präsentiert das Gemeinwohl als fürsorgender und gerechter ( ausgleichender ) Vater aller Menschen. Wo Gottes Wort Fleisch wird, wird die Wahrheit Wirklichkeit. Dies geschieht, wo sich der Sohn mit der Wahrheit des fürsorgenden und gerechten Vaters identifiziert und entsprechend handelt. In der konkreten Situation entscheidet der Sohn mit subjektivem Wahrheitsverständnis, wie es ihm der Nächstenliebe entsprechend geboten erscheint. Objektive Wahrheiten wie das Sabbatgebot sind unter- und nachgeordnet.
Erstaunlich, wie man aus theologischem Hochmut Gott in dieser Weise zu verzwecken versucht! :/

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overkott
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Re: Was ist Wahrheit?

Beitrag von overkott »

Theologischer Hochmut ist, sich selbst über Gott zu stellen und Gott ans Ende zu rücken. Der Neoformalismus ist von daher eher theologischer Hochmut. Die theologische Demut gebietet, Gott als Höchsten, Ersten und Vater über allen seinen Söhnen zu verehren.

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