Der rote Faden
1 --> 2 --> 3 --> 4 --> 5 -->6 --> 7 --> 8 --> 9
Wir sehen, worauf
das hinausläuft? Es läuft auf die Frage hinaus: Bin ich ein von Gott willkürlich und unverdient Bevorzugter oder soll ich meine Kognition verachten? Ist meine Kognition mit dem Plus des Guten ausgestattet, weil Gott mich besonders liebt? Kann ich mich also rückhaltlos auf meine Kognition verlassen?
Hier kann wiederum Thomas vA helfen (summa theol., I-II, q112, a5):
Ich antworte, es könne etwas gewußt werden:
1. infolge von Offenbarung seitens Gottes; und so kann man wissen, man habe die Gnade. Gott thut dies manchmal, damit die Freude der sicheren Anschauung Gottes schon in diesem Leben beginne und Vertrauen und Stärke verleihe bei großen schwierigen Werken; wie zu Paulus gesagt wurde: „Sei zufrieden mit meiner Gnade.“
Antwort: Wenn Gott es offenbart, ja.
Thomas vA weiter:
2. Infolge eigener Kraft, aus sich selbst geschöpfter Kenntnis; und so kann niemand sicher wissen, ob er im Stande der Gnade sei. Denn dann nur weiß man eine Schlußfolge sicher, wenn man kraft der eigens entsprechenden allgemeinen Grundprincipien darüber urteilen kann. Wer das entsprechende Princip nicht kennt, der kann auch nicht die daraus abgeleitete Schlußfolgerung wissen. Das Princip aber und der Gegenstand der Gnade, Gott selber, ist uns wegen seiner unendlichen Größe unbekannt, nach Job 36.: „Siehe, Gott ist groß, überragend unser Wissen.“ Seine Anwesenheit also in uns oder seine Abwesenheit kann nicht mit Sicherheit gewußt werden: „Kommt Er zu mir, ich werde Ihn nicht sehen; geht Er fort, ich werde es nicht wissen“; heißt es bei Job 9. Dem entsprechen die Worte Pauli (1. Kor. 4.): „Aber ich fälle kein Urteil über mich selbst; … wer mich richtet, ist der Herr.“
Antwort: Infolge eigener Kraft und Kenntnis, nein.
Thomas vA weiter:
3. Es kann etwas geschlossen werden aus äußeren Anzeichen, jedoch nicht mit Gewißheit. Und so kann jemand in etwa erkennen, er habe die göttliche Gnade; wenn er sich nämlich an Gott freut und die Welt verachtet und insoweit er sich keiner Todsünde bewußt ist. Danach kann verstanden werden die Stelle der Apok. (2, 17.): „Dem, der da siegt, will ich verborgenes Manna geben,… welches niemand kennt, der es nicht selber empfängt;“ denn wer die Gnade empfängt, lernt in etwa aus Erfahrung die Süßigkeit kennen, welche sie begleitet. Diese Kenntnis aber ist unvollkommen, nach 1. Kor. 4.: „Ich bin mir nichts bewußt; deshalb aber bin ich noch nicht gerechtfertigt;“ und: „Die Sünden, wer kann sie erkennen; von meinen verborgenen reinige mich, o Herr, und vor fremden bewahre Deinen Knecht.“ (Ps. 18.)
Antwort: Infolge eigener Schlüsse, eher nein. Merkmal sei hier: Erfreu ich mich an Gott? Verachte ich die Welt und bin mir keiner Todsünde bewußt? (letzteres nach erheblicher Nachforschung, weil Nicht-Bewußtsein auch nur aus ignorantem Nicht-Wissen resultieren kann).
Thomas vA titelt "Der Mensch kann nicht wissen, ob er die Gnade in sich besitzt."
In keiner Sekunde also kann ich wissen, ob ich die Gnade der guten Kognition besitze, auch nicht, ob ich sie in der nächsten Sekunde besitzen werde oder in der übernächsten ... etc.
Was also kann ich tun?
Ich könnte hier nun auf die vollkommene Demut des Johannes vom Kreuz verweisen, wie ich es schon oft getan habe, will es aber nicht explizit, weil ich mich mit dem impliziten Hinweis auf Johannes vom Kreuz begnügen will, weil ich glaube, dass die Vorsehung keiner menschlichen Ertüchtigung bedarf.
Wenn ich nichts tun kann, was soll ich tun?
Vielleicht grade das, was ich tu. Und wenn das, was ich tu, nicht dem entspricht, was sein soll, dann wird es ebenso verschwinden wie es verwinden wird wenn es dem entspricht, was sein soll.