Das gnostische Pseudojudas-Evangelium

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nemesis
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Das gnostische Pseudojudas-Evangelium

Beitrag von nemesis »

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Klaus Berger über das Judas-Evangelium:
Ende eines Schurken
Seit Jahrzehnten wandelt sich das Judas-Bild. Sein neu gefundenes Evangelium legt nahe, daß er keineswegs ein Verräter war

von Klaus Berger

In dem neugefundenen Evangelium des Judas ist Judas der Lieblingsjünger Jesu. Träfe das historisch zu, dann wäre das der krönende Abschluß, die Spitze der Karriereleiter im theologischen Ansehen des Judas, das sich in den vergangenen fünfzig Jahren kontinuierlich gebessert hat.


Noch in der Nachkriegszeit war Judas der Inbegriff des Verräters und des Schurken. Vor allem das niedere Motiv der Geldgier nannte man, da er doch Kassenwart gewesen. Drastisch war die Strafe für seinen Verrat: Er erhängte sich, und die Eingeweide traten hervor. Oft konnte und wollte man in Judas den "Juden" schlechthin treffen. Etliche Ausleger betrachteten deshalb überhaupt die Existenz des Judas als eine fingierte. Mit Judas hätte man das Judentum treffen wollen, historisch sei nichts davon. Zu denken gab nur der Titel, der Judas fast immer beigelegt wurde: "Einer der Zwölf". Die Zugehörigkeit zu diesem bekannten Gremium hätte man doch nach Ostern schlecht erfinden können.


Doch dann wandelte sich das Image des Judas: Judas beschloß seinen Selbstmord, als er Jesus in den Fängen des Pilatus sah. Hatte er das gar nicht gewollt? Als Jesus an Pilatus übergeben wurde, bekannte Judas jedenfalls: "Ich habe unschuldiges Blut vergossen!"


Aber wenn Judas Jesus nur an die jüdischen Honoratioren ausliefern wollte, die gar nicht das Recht hatten, zum Tod zu verurteilen, dann hätte er es vielleicht aus Sorge um sein Volk getan? Seit dem königlichen Einzug Jesu nach Jerusalem jedenfalls hätten die Römer hellhörig werden können. Judas hatte offenbar erhofft, die jüdische Obrigkeit könne Jesus mäßigen, korrigieren und etwaige messianische Ambitionen mit ihm klären. Doch die jüdische Obrigkeit hat aus Angst reagiert und Jesus gleich weitergereicht. Angst war auch das Motiv des Judas gewesen: Er wollte sein Volk vor den Konsequenzen schützen, die man aus Jesu Auftreten ziehen konnte. So wird aus Judas immerhin der gute Jude.


Nun aber, im Evangelium des Judas, das jetzt von "National Geographic" präsentiert wurde, wird der, der Jesus "ausgeliefert hat", zum Helden. Wie in gnostischen Evangelien üblich, nimmt Jesus Judas beiseite, um ihm besondere Geheimnisse zu enthüllen. Und vor allem sagt er ihm: Du bist größer als die anderen Jünger. Denn du hast mich befreit von der Menschennatur, die mich bekleidet. Und das heißt übersetzt: Du hast mich zu Tode gebracht und dadurch die Lichtnatur in mir befreit von der unreinen und ungöttlichen menschlichen Natur. Ganz unverständlich ist das nicht, denn Jesus kann auch seinen eigenen Tod als Taufe bezeichnen, und das kann man sehr wohl im Sinne einer Reinigung von allem Irdischen verstehen (Markus-Evangelium 10, 38c).


Die Schilderung der Umstände des Judasverrats bietet Neues. Die Offenbarungen an Judas gibt Jesus drei Tage vor dem Abendmahl. Dieser Satz schließt an die ansonsten unerklärte Stelle Markus 14,1 an: "Und nach zwei Tagen war das Passahfest der Juden." Zwei Tage nach was? Am dritten Tag, also am Tag vor Markus 14,1, spricht Jesus mit Judas.


Anders als in den kanonischen Evangelien wird die Übergabe Jesu dargestellt: "Die Hohenpriester murrten, denn Jesus war zu seinem (eucharistischen) Gebet in den Gästeraum gegangen. Aber einige der Schriftkundigen warteten dort, um ihn während des Betens gefangen zu nehmen. Denn sie hatten Angst vor dem Volk, wurde er doch von allen als Prophet angesehen. Die traten auf Judas zu und sagten zu Ihm: Was tust du hier? Du bist Jesu Jünger, Judas antwortete ihnen, was sie wissen wollten. Und er bekam etwas Geld und händigte ihnen Jesus aus."

Dieser Text ist deshalb so interessant, weil wir den Ausdruck "Sie fürchteten das Volk, denn sie alle betrachteten ihn als Propheten" nach Matthäus laut 14,5 und 21,26 von Johannes dem Täufer gilt. Und ferner ergreift hier nicht Judas die Initiative zur Übergabe, sondern ein Schriftgelehrter. Das ist jedenfalls auf den ersten Blick plausibler als das, was die Evangelien berichten. Denn bis heute kann keiner erklären, wieso Judas auf die Idee kam, Jesus auszuliefern. Hier ist es ein klares Interesse der jüdischen Führungsschicht.


Für die historische Echtheit dieser Passage im Judas-Evangelium könnten auch drei weitere Beobachtungen sprechen. Erstens: In der Ereignisfolge des Judas-Evangeliums ist für die Szene von Gethsemane kein Platz. Es wäre bei Kenntnis der ersten drei Evangelien kaum vorstellbar, diese Szene auszulassen. Es gäbe auch keinen theologischen Grund dafür. Offenbar kann es sich der Verfasser leisten, so zu berichten, und er stimmt darin mit dem 4. Evangelium überein, das ja auch sonst in der Passion als vertrauenswürdig gilt.



Zweitens ist dieser Bericht, nach dem ein Schriftgelehrter aktiv wird, gegen die Eigenintention des Judas-Evangeliums gerichtet, das Verdienst des Judas zu betonen. Es wird doch eher geschmälert, wenn Judas nicht die Initiative ergreift.


Und drittens gibt es nun vor allem ein Motiv für die Übergabe: Es war das Interesse der jüdischen Führungsschicht, nicht primär das Interesse des Judas selbst. Der Ausdruck, daß der Teufel in Judas gefahren sei, war doch eher Ausdruck historischer Verlegenheit.


Angenommen, diese Nachrichten wären alt, wie könnte man sich ihre Überlieferung vorstellen? Das Evangelium nach Judas ist in der Masse seiner Dialoge zweifellos ein Produkt des späten 2. Jahrhunderts n. Chr. Aber ist es vorstellbar, daß für die Rahmenhandlung alte Traditionen vorlagen? Daß sie den Interessen des Autors entgegenlaufen, spricht für ihr Alter. Es könnte daher sein, daß Judas nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Anstiften der Obrigkeit hin Jesus ausgeliefert hat. Das wäre ein wichtiges Detail. War dann Gethsemane früher anzusetzen?


Noch ein anderes Detail ist erstaunlich. Über Judas gibt es ein kleines Gedicht am Ende dieses Evangeliums: "Dein Horn ist schon erhöht. Dein Zorn ist entfacht. Dein Stern hat hell geschienen. Dein Herz hat ..." Dieser "Hymnus" ist mit alttestamentlichen Wendungen gespickt. Kenntnis des Alten Testaments ist sonst nicht die Eigenart des Autors dieser Schrift. In diesem Hymnus ist das anders. Er enthält Aussagen, die man leicht mit einem Messias verbinden konnte. Denn daß das Horn erhoben wird, ist Aufrichtung der Macht. Und der Stern aus Numeri 24 ist Merkmal des Messias, wie aus Matthäus 2 bekannt. Judas erhält mit diesem Hymnus messianische Züge.


Jesus wird so etwas hier nicht zugesprochen. Bestand etwa in dieser Hinsicht eine Art Konkurrenz zwischen Jesus und Judas? Das würde für Judas als guten Juden sprechen, und die ältere These, Judas habe aus enttäuschten messianischen Hoffnungen gehandelt, könnte so plausibler werden: Dachte er selbst von sich, daß er sein Volk eher befreien könnte? In jedem Falle ist der Autor des Judas-Evangeliums erfüllt von heftigen Animositäten gegen die apostolische Großkirche.

Klaus Berger ist Professor für Neutestamentliche Theologie an der Universität Heidelberg und Verfasser zahlreicher Bücher.
Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen. - Kurt Tucholsky

Raphael

Beitrag von Raphael »

In der heutigen FAZ geht der Text noch weiter:
Klaus Berger hat geschrieben:Liturgiegeschichtlich dürfte der Text das meiste Interesse finden. Denn das, was der Verfasser ablehnt, nennt er "Eucharistie über dem Brot", wie die Apostel sie hielten. Und er spricht von Opfern, die die Gläubigen den Priestern in die Hände geben. An einer Stelle ist sogar ein bekanntes Meßgebet in Urform zitiert, nämlich das Suscipiat ("Der Herr nehme das Opfer an aus deinen Händen zum Lobe und Ruhme seines Namens"): "Siehe. Gott hat dein Opfer aus den Händen eines Priesters angenommen" - auch wenn das aus der Sicht des Verfassers eben ein Diener des katholischen und apostolischen Irrtums sein muß.

Über das Neue Testament erfahren wir aus diesem Evangelium nichts erheblich Neues. Die Sensationslust wird daher bald befriedigt sein, noch dazu weil der Text zur schwierigsten Sorte gnostischer Texte gehört und bei verschiedenen Systementwürfen Anleihen macht. Seine Entstehung und sein weit getriebener Dualismus weisen daher eher auf das Ende des zweiten Jahrhunderts nach Christus als auf dessen Mitte.

Wohl aber erfahren wir hier viel über eine radikale Bewegung am Ende des zweiten Jahrhunderts. Denn noch konnte man in dieser Zeit, in der der Kanon des Neuen Testaments nicht endgültig fixiert war, beliebig Evangelien produzieren. Erst die Kanonbildung (um 200) setzt dort, wo sie sich durchsetzen konnte, diesem bunten Treiben ein Ende. Der Text zeigt, wohin ein konsequenter Dualismus führen konnte. Da er alles umfaßt (Gottesbild, Christologie, Sakramente, apostolische Kirche), repräsentiert er im Rahmen der Dualismen eine einsame Spitze. Nicht zuletzt die Tatsache, daß die Wahl auf Judas fiel, zeigt eindrücklich, warum diese Richtung keine Zukunft haben konnte. Ein kirchliches Verbot des Evangeliums, von dem jetzt manche Printmedien faseln, war daher gar nicht nötig. Der Kirchenvater Irenäus von Lyon berichtet nur, die Verfasser dieses Evangeliums "erklären, daß nur Judas, der Verräter, die Wahrheit wie kein anderer kannte und er deshalb die Mysterien des Verrats verwirklicht habe, infolge dessen alles auf Erden und im Himmel erschüttert wurde". Sie hätten eine erfundene Geschichte auf diesen Grundlagen hervorgebracht und sie "Evangelium des Judas" genannt (Gegen die Häresien Buch 1, Kapitel 31). Und wer könnte Irenäus widersprechen? Verbieten war und wäre der falsche Weg. Beißt euch nur die Zähne aus beim Lesen und Verstehen!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bischof Gerhard von Regensburg hat geschrieben:Im Jahre 180 nach Christus veröffentlichte der Bischof von Lyon, Irenäus, das bedeutsamste Werk dieser Zeit mit dem Titel "Gegen die Häresien". In fünf großen Bänden schildert er die gewaltige geistige Auseinandersetzung der katholischen und apostolischen Kirche mit einer ursprünglich heidnischen Erlösungsreligion, der so genannten Gnosis. Im Laufe der Zeit hatte dieses Gedankengebäude, das die Welt und den Menschen in zwei Teile spaltet, auch christliche Elemente in seine wirren Spekulationen aufgenommen.

Vom Ansatz her vertreten die Gnostiker einen Dualismus zwischen Geist und Fleisch. Demnach gibt es einen reinen Lichtgott, dem ein böser Schöpfergott der materiellen Welt gegenüberstehe. Die Welt in der die Menschen leben, ist der Schauplatz, wo sich das rein Geistig-Gute und das Materiell-Schlechte bekämpfen. Erlösung vom Bösen geschieht dann, wenn der Mensch aus der Verstrickung des Leiblichen und Materiellen befreit wird und sich in die lichten Höhen der weltlosen und rein geistigen Sphäre erhebt.

Überträgt man dieses Ansatz auf die christlichen Glaubenslehren, dann ergeben sich folgende Konsequenzen: Gott darf nicht der Schöpfer des Himmels und der Erde sein, denn alles Materielle ist Abfall von Gott und ganz von Sünde durchdrungen. Es darf auch keine Menschwerdung Gottes geben. Jesus als Mensch ist dann nur eine Erscheinung des bösen Urprinzips der materiellen Welt.

Von Jesus zu unterscheiden ist der Christus als eine Art höhere Lichtgestalt. Folglich hatte er nur einen Scheinleib und hat am Kreuz auch nur zum Schein gelitten. Manche gehen sogar so weit zu behaupten, dass ein anderer für Christus am Kreuz gestorben ist. Die Auferstehung von den Toten kann so niemals eine leibliche Auferstehung gewesen sein. Sie ist nur die Metapher oder das Symbol, dass nach dem Tod der höhere Lichtteil des Menschen sich aus der Verstrickung in die böse leibliche Welt in die Sphäre des Geistig-Göttlichen erhebt. Heute würde man sagen, die Auferstehung ist nur die Metapher, dass das Leben weitergeht nach dem endgültigen Verlöschen des individuellen Menschen in seinem Tod.

Das Christentum dagegen, das sich auf die apostolische Überlieferung in der Heiligen Schrift des Alten und Neuen Bundes beruft, lehrt dagegen
-- die Einzigkeit Gottes,
-- die Gutheit der ganzen Schöpfung,
-- die Teilhabe des menschlichen Leibes und der materiellen Welt an der gottebenbildlichen Würde des Menschen,
-- die wirkliche Fleischwerdung des Wortes Gottes,
-- das wirkliche Leiden Jesu am Kreuz,
-- die Selbigkeit von Jesus als Mensch und Christus als Gott und Erlöser,
-- die Auferstehung des Fleisches und
-- den neuen Himmel und die neue Erde als Inbegriff der Erlösung des ganzen Menschen – mit Leib und Seele.

Aus den gnostischen Schriften nennt der heilige Bischof Irenäus als ein spezifisches Machwerk auch das so genannte "Evangelium des Judas" aus dem zweiten Jahrhundert. Darin wird Judas zugestanden, dass er als einziger der Apostel Jesus richtig erkannt habe. Sein Verrat an Jesus und die Auslieferung an seine Henker seien etwas Positives gewesen. Er habe dazu beigetragen, dass Jesus durch seinen Tod sich aus der fleischlichen Natur wie aus einem Kerker befreien konnte, so dass er nur noch als ein himmlisches Geistwesen existiere. Gottes wahrer Sohn von Ewigkeit her ist Jesus aber sowieso nicht. Im Judasevangelium wird der Verräter Judas zum wahren Zeugen des Messias gegen die apostolische Kirche mit ihrem katholischen Glaubensbekenntnis und ihrer Liturgie. Besonders scharf wendete der Verfasser sich gegen den Opfercharakter der Eucharistie und den priesterlichen Dienst der Apostel und ihrer Nachfolger im Bischofs- und Priesteramt.

Eben dieses antikatholische Evangelium ist vor einiger Zeit in Ägypten in koptischer Übersetzung wiederentdeckt worden. Geschäftstüchtige Romanschreiber und Filmemacher haben es unter die Leute gebracht. Das Buch "Der da Vinci Code" und der Film "Sakrileg" sind bei einem sensationslüsternen Publikum gut angekommen. Nicht weil es wirkliche und gesicherte historische Kenntnis übermitteln würde, sondern weil es der eigenen Skepsis gegenüber dem überliefertem christlichen Glauben entgegenkommt.

Die Parallele zwischen dem zweiten und dem 21. Jahrhundert ist deutlich zu erkennen: Den Glauben an die Schöpfung des Kosmos als Teilhabe an der Güte Gottes hält man ebenso für undenkbar, wie die wirkliche Menschwerdung Gottes und die wirkliche Erlösung des Menschen durch Leiden und Tod Jesu Christi am Kreuz und seine leibliche Auferstehung von den Toten.

Und ebenso wie damals streut man bewusst den Zweifel aus an der geschichtlichen Zuverlässigkeit der Evangelien und der getreuen Überlieferung des apostolischen Glaubens in der katholischen Kirche aufgrund der rechtmäßigen Nachfolge der Bischöfe im Sendungsauftrag der Apostel. Man arbeitet mit einem klug ausgestreuten Verdacht: Der Vatikan opfere die Wahrheit dem Machtanspruch, so wie auch die Apostel und die Bischöfe der frühen Kirche aus Berechnung oder mangelnder Aufgeklärtheit sich ihre Wahrheiten von der Gottheit Christi und der Auferstehung von den Toten erfunden hätten. Dagegen sei der "wahre Jesus" unterdrückt worden. Nur das so genannte Judasevangelium, das aber schon von Irenäus als ein pseudoreligiöses Machwerk entlarvt worden war, beschreibe Jesus so, wie er wirklich gewesen sein soll.

Wie der Bischof Irenäus von Lyon haben die Bischöfe und alle wahrhaft Gläubigen bis heute die Aufgabe, diese Geschichtsfälschung zu entlarven. Jeder Mensch mit einem klaren Verstand erkennt, dass solche Machwerke wie das Judasevangelium und seine Aufbereitung in Romanen und Filmen niemals die Wahrheit des christlichen Glaubens antasten können. Wer kann sich von solchen gnostischen Phantastereien die Erlösung aus Sünde und Tod erwarten? Die Glaubwürdigkeit der Apostel und der Evangelien lässt sich weder historisch noch spekulativ erschüttern.

Unsere Evangelien beruhen auf apostolischer Überlieferung. Sie geben aufgrund des geschichtlichen Handelns Gottes das Glaubensbekenntnis der ersten Jünger und der Kirche aller Zeiten wider. Wie viele Zeugen des Auferstandenen und wie viele Christen, die ihrem Zeugnis geglaubt haben, waren bereit, ihre ganze Hoffnung auf Jesus Christus zu setzen – bis zur Lebenshingabe! Unzählige Menschen haben im Laufe von 2000 Jahren die Mühen und Belastungen des Lebens im Blick auf den gekreuzigten Heiland der Welt getragen!

Unser Glaube an die Auferweckung Jesu von den Toten beruht nicht auf selbst fabrizierten Meinungen. Der christliche Glaube kann darum auch nicht von luftigen Spekulationen erschüttert werden, wenn Menschen sich anmaßen zu erklären, was sein kann und was nicht. Wer will denn Gott vorschreiben, wie er zu sein hat, was er vermag und was über seine Macht hinaus geht?

Unser Glaube beruht auf dem Zeugnis der Apostel. Petrus spricht in seiner Predigt (vgl. Apg 10,34-48) für alle Apostel, wenn er sagt: Wir sind Zeugen für alles, was Jesus im Land der Juden und in Jerusalem getan hat. Gott hat Jesus von Nazareth gesalbt mit dem Heiligen Geist und Kraft. Dieser verkündete das Evangelium, tat Gutes und heilte alle, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm. Dieser Jesus wurde an den Pfahl des Kreuzes gehängt und getötet. Doch Gott hat ihn am dritten Tag auferweckt und ihn den von Gott vorherbestimmten Zeugen erscheinen lassen.

Ihnen hat er den Auftrag gegeben, dem Volk zu verkündigen und zu bezeugen:
"Das ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten" (Apg 10,42).
Wer an ihn glaubt, der hat in seinem Namen die Vergebung der Sünden und die Anwartschaft auf die Auferstehung von den Toten.

Wir glauben zu Recht und begründet an den guten Gott als Schöpfer, Erlöser und Vollender des Menschen – als Leib und Seele, als Individuum, als Person und Gemeinschaftswesen. Wir glauben an Gott, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde und an seinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus, der Mensch geworden ist und für uns wahrhaft gelitten hat und am Kreuz gestorben ist. Am dritten Tag ist er auferstanden. Er sandte uns den Heiligen Geist, der lebendig macht. Jesus Christus, der Mensch gewordene Sohn Gottes, ist die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben. Amen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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holzi
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Beitrag von holzi »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Bischof Gerhard von Regensburg hat geschrieben:Im Jahre 180 nach Christus veröffentlichte der Bischof von Lyon, Irenäus, .....
Jaja, nicht alles von +Gerhard Ludwig muss man kritisieren, er kann schon was - wenn er sich mit dem befasst, wovon er Ahnung hat. (Leider gehört "mit Menschen umgehen" nicht zu seinen Stärken :nein: )

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overkott
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Petrus und Judas

Beitrag von overkott »

Ein britischer Bestsellerautor hat heute im Vatikan im Biblicum sein Judas-Evangelium vorgestellt zur akademischen Würdigung. Der Roman wirft erneut die Frage nach der Rolle des Apostels Judas auf: War er Schurke oder Werkzeug?

Damit ist in der vorösterlichen Bußzeit auch die Frage nach Schuld und Vergebung gestellt. Anders als im Roman schildert die Bibel, dass Judas mit seiner Schuld nicht fertig wird. Seine Sünde führt zu seinem eigenen Tod.

Wird er dafür in der Hölle braten? Oder bleibt die Hölle leer? Der Papst legte im 16. Jahrhundert den Gnadenstreit unentschieden bei und sagte im Vertrauen auf die Weisheit Gottes: Wir wissen es nicht.

Die Kirche, die in der Beichte zur Versöhnung mit Gott einlädt, erinnert im Evangelium nicht nur an Judas, sondern mit dem Wetterhahn auf jeder Kirchturmspitze auch daran, dass selbst Petrus unter dem Kreuz nicht stark war, sondern der Erlösung bedurfte.

Auch die Heiligen sind keine Supermänner und Superfrauen, sondern Menschen, die in besonderem Maße darauf vertraut haben und vertrauen, dass Gott die Liebe ist.

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Edi
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Beitrag von Edi »

Heilige Schrift: "Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre."

"Da fuhr der Satan in Judas..."

Judas hätte bestimmt noch bereuen können, indem er den Herrn um Vergebung gebeten hätte, hat er aber nicht. Jedenfalls ist nirgends davon berichtet und obige Aussagen sagen legen ja sehr nahe, dass er verdammt wurde.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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overkott
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Beitrag von overkott »

Da ruft das Evangelium richtig zur Entschiedenheit.

Gleichzeitig zeugt die Papst-Entscheidung im Gnadenstreit von großer Weisheit.

sofaklecks
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Noch ein Vorschuss

Beitrag von sofaklecks »

Als ich in Jerusalem war, habe ich in der Grabeskirche die Kapelle einer Gemeinschaft gesehen, die Judas Iskariot als Heiligen verehrt. Das hab ich nicht verstanden.

Als ich nach Vezelay kam, hat mich dort das Kapitell beeindruckt, das Jesus zeigt, der seinen toten Freund Judas auf seinen Schultern trägt. Ich hab das immer zu Menschen sagen können, die glaubten, eine besonders schwere Schuld mit sich herumzutragen: Gott lässt niemanden hängen. Wen es interessiert:

http://downloads.kirche-im-bistum-aache ... 643260.pdf

Und letztes Jahr hab ich John Neumaiers Ballett auf die Bachsche Matthäuspassion gesehen, in der Jesus auf Judas zugeht und ihn küsst.

Judas hat den Herrn verraten. Einen Menschen verraten ist schlimm. Der wohl schlimmste Schmerz für einen Menschen. Die schlimmste Enttäuschung für Gott.

Und doch: Gott verrät seine Freunde nicht. Auch das ist ein Teil von Karfreitag.


sofaklecks

PS: Der zweite Teil des Balletts wird am Sonntagmorgen auf SWR3 übertragen.

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overkott
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Beitrag von overkott »

Und ein paar Tage später hat Jesus diesen hl. Petrus zum Felsen der Kirche gemacht.

Schon erstaunlich.

sofaklecks
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Nicht so sehr

Beitrag von sofaklecks »

Es ist nicht so sehr erstaunlich bei näherem Hinsehen:

Oft sind es die, die gefallen sind, auf die man sich verlassen kann, nicht die, die so verlässlich tun. Auf jeden Fall sind sie es, die das Menschsein der anderen besser begreifen und damit den, der die Menschen schuf und der selbst einer wurde.

Zum Thema vergebender Christus ist mir noch etwas eingefallen:

An den „Lächelnden Christus“

Was lächelst Du, Gekreuzigter?
Hat man Dich nicht bespuckt und verspottet?
Hat man Dich nicht gequält und zerschlagen?
Hast Du sie nicht mehr im Ohr
die gellenden Schreie: Kreuzige ihn ?
Wie kannst Du noch lächeln?

Was lächelst Du, Gekreuzigter?
Hast Du den Balken nicht durch die Gassen geschleift?
Hast Du nicht längst gewußt, was gescheh’n wird?
Hat man Dich nicht allen zur Schau gestellt,
ans Holz geheftet wie ein Fetzen Papier

„Ich lächle, .......weil ich Euch dennoch liebe“
sprach plötzlich eine Stimme.
........Sprach da Seine Stimme?

(Im Geburtsschloß des Hl. Franz Xaver)


sofaklecks,
der sich heute einen Rosensonntag (Lätare) gegönnt hat. Ab jetzt ist wieder strenges Fasten.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Bei der Judaserzählung ist schon eine Sache auffällig, während Petrus, Paulus und alle miteinander sich durch den eigenen Willen vergehen, heist es bei Judas explizit das der Satan in ihn fuhr. :hmm:

Das stellt sehr wohl die Frage nach dem freien Willen und der Schuldfähigkeit. Auch wenn Judas jetzt durch irgenwelche Gedanken und Taten Satan die Möglichkeit gab in ihn zu fahren könnte er nur für diese Taten verantwortlich gemacht werden und nicht für das was der Gehörnte mit ihm antellte. Auch beim Selbstmord ist meines erachtens verminderte SChuldfähigkeit, da sich die FRage stellt

a ) War Luzi noch drinnen oder nicht?
b ) Wer würde nicht verrückt werden ob des Gedankens gerade Gott um die Ecke gebracht zu haben?

Daher Judas von vornherein als verdammt anzusehen ist meines erachtens nicht angebracht. Ob man ihen deshalb gleich zum Heiligen erhebt :hmm:

LG
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overkott
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Beitrag von overkott »

FioreGraz hat geschrieben:Bei der Judaserzählung ist schon eine Sache auffällig, während Petrus, Paulus und alle miteinander sich durch den eigenen Willen vergehen, heist es bei Judas explizit das der Satan in ihn fuhr. :hmm:
Dass der hl. Petrus anschließend bitterlich geweint hat, ist menschlich verständlich und rührt an. Aber es war eine Notlüge. Paulus war vor seiner Bekehrung eindeutig verblendeter Überzeugungstäter: einverstanden mit Mord, Verschleppung, Verhaftung Andersdenkender. Judas nahm Geld. Schnödes Mammon. Eine Hand voll Silberlinge. Judas war ein Desperado, der sich anschließend das Leben nahm. Und doch dürfen wir darauf vertrauen, dass Christi Liebe stärker ist als alle Verzweifelung: Warum sollte Gott mit ihm kein Erbarmen haben?

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Ja aber eben es wid in Lukas und Johannes eindeutig geschildert das der Satan besitz von ihm ergriff in Johannes sogar noch eindringlicher hier gibt der Satan zuerst den Gedanken ein und weils anscheinend nicht reicht fährt er noch in ihn. Daher hat Judas das alles aus eigenem Antrieb getan oder unfrei? Wenn er bessesen war wie die Evangelien berichten, lag die Schuld nicht bei ihm, egal ob er den Schatz Salomos erhalten hätte oder nen feuchten Händedruck.

LG#
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Edi
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Beitrag von Edi »

FioreGraz hat geschrieben:Bei der Judaserzählung ist schon eine Sache auffällig, während Petrus, Paulus und alle miteinander sich durch den eigenen Willen vergehen, heist es bei Judas explizit das der Satan in ihn fuhr.
Schön und gut, aber glaubst du denn, dass das Einfahren des Satans in Judas nicht Vorraussetzungen brauchte. Judas war immerhin einige Jahre zusammen mit Jesus und den andern Aposteln und hat dort die Großtaten Gottes erlebt, Bekehrungen, Heilungen und anderes mehr.

Ebenso ist er beim Abendmahl gewarnt worden und gewiss auch vorher und trotzdem hat er dem Gedanken den Herrn zu verraten nachgegeben und ihn auch ausgeführt.
Offenbar war er dann hernach so verzweifelt und wirklich vom Satan so in Beschlag genommen, dass er die nötige Reue nicht mehr aufbringen konnte, die es Gott möglich gemacht hätte, ihm trotz diesem Verrat noch zu vergeben.
Satan hat nur soviel Macht, als wir ihm einräumen, denn er kann nur mit unserem Willen und nicht gegen ihn auf uns Einfluss nehmen. Wenn heute jemand besessen ist, dann hat er sich auf irgendeine Art für das Wirken Satans geöffnet, eben durch eine schwere Sünde.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Schön und gut, aber glaubst du denn, dass das Einfahren des Satans in Judas nicht Vorraussetzungen brauchte. Judas war immerhin einige Jahre zusammen mit Jesus und den andern Aposteln und hat dort Wunder erlebt und vieles andere mehr.
Aber wofür ist er dann verantwortlich, für die Vorrausetzungen oder für den "Gottesmord"? Wohl wenn nur für die Vorrausetzungen. Weiters wo steht das er den Einflüsterungen Satans nachgab? Wissen wir nicht schon seit Hiob das es andersrum auch laufen kann? Also so ganz ist hier keine alleinige SChuld von Judas zu konstruieren.
Offenbar war er dann hernach so verzweifelt und wirklich vom Satan so in Beschlag genommen, dass er die nötige Reue nicht mehr aufbringen konnte, die es Gott möglich gemacht hätte, ihm trotz diesem Verrat noch zu vergeben.
Es wird nicht geschildert ob der Satan aus ihm fuhr möglich wären meinem Laienhaftenverstand nach

a ) Nachträgliche Rache des Teufels, er fuhr nicht aus Judas war nicht Herr seiner Person und der Teufel wollte wenn er schon Christus nichts anhaben konnte wenigstens ihm so eins "auswischen". - Unschuldig da Zwang

b ) Der Satan gab ihn frei und vernebelte dennoch seine Gedanken so das er gar keinen andern Gedanken fassen konnte - Unschuldig da Zwang

c ) Der Satan gab ihn frei und der Kerl war einfach fertig (wäre ich auch wenn ich gerade merke das ich Gott um die Ecke gebracht habe) die Psyche spielt da nimmer ganz mit, Judas hatte ein TRauma - daher ist hier sehr wohl die FRage bezüglich der Schudlfähigkeit oder einer verminderten SChuldfähigkeit angebracht.

Das es ihn nicht gereut hat bezweifle ich denn wieso sollte er sich sonst umbringen, sei es gezwungener maßen oder freiwillig.

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Edi
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Beitrag von Edi »

Wenn ich mich recht erinnere, steht in der Schrift sogar, es habe ihn gereut. Ja, aber welche Reue war das denn, eine göttliche bestimmt nicht, denn die hätte ihn zu Jesus geführt wo er um Vergebung gebeten hätte. Da der Herr die Menschen durchschaut hat und ihre Motive kannte und wusste wie sie enden, konnte er auch sagen, dass "dieser Mensch besser nie geboren wäre".

Verminderte Schuldfähigkeit, das sagen die Gerichte heute oft. Ich denke nicht, dass man das hier anwenden kann, denn Judas wusste sehr wohl, was der Verrat für den Herrn bedeutete, nämlich seinen Tod. Hiob sehe ich als Sonderfall, die Geschichte bzw. der Hintergrund ist ja bekannt.
Wenn ein Mensch eine schwere Sünde begehen will, dann kommt immer der Widersacher ins Spiel und hilft noch dazu. Im Extremfall besetzt er einen Menschen auch. Aber für das Wollen der Sünde ist der Mensch verantwortlich.
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overkott
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Beitrag von overkott »

Edi hat geschrieben:Wenn ein Mensch eine schwere Sünde begehen will, dann kommt immer der Widersacher ins Spiel und hilft noch dazu. Im Extremfall besetzt er einen Menschen auch. Aber für das Wollen der Sünde ist der Mensch verantwortlich.
Warum sollte ein Mensch ohne Motiv eine schwere Sünde begehen wollen? Da muss es doch vorher eine Versuchung geben und einen Versucher. Judas war offenbar habgierig, hatte eine falsche Einstellung zum Geld, ging unfrei damit um. Nicht die materielle Armut fehlte ihm, sondern die Armut im Geist, die selig macht. Damit war er anfällig, korrupt, bestechlich. Da hatten auch die Versucher leichtes Spiel. Nach der Zustimmung zur Sünde kam dann die Besessenheit, die in der wahnwitzigen Idee gipfelt, seinen Meister mit einem Kuss zu verraten: Sünde als verdrehte Liebe.

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Edi
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Beitrag von Edi »

overkott hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Wenn ein Mensch eine schwere Sünde begehen will, dann kommt immer der Widersacher ins Spiel und hilft noch dazu. Im Extremfall besetzt er einen Menschen auch. Aber für das Wollen der Sünde ist der Mensch verantwortlich.
Warum sollte ein Mensch ohne Motiv eine schwere Sünde begehen wollen? Da muss es doch vorher eine Versuchung geben und einen Versucher. Judas war offenbar habgierig, hatte eine falsche Einstellung zum Geld, ging unfrei damit um. Nicht die materielle Armut fehlte ihm, sondern die Armut im Geist, die selig macht. Damit war er anfällig, korrupt, bestechlich. Da hatten auch die Versucher leichtes Spiel. Nach der Zustimmung zur Sünde kam dann die Besessenheit, die in der wahnwitzigen Idee gipfelt, seinen Meister mit einem Kuss zu verraten: Sünde als verdrehte Liebe.
Nun, dass er kein Motiv hatte, hat ja niemand behauptet. Ich stimme deiner Schilderung seines Motivs ansonsten völlig zu.
Judas ging wohl davon aus, dass Jesus irgendwann als eine Art irdischer König herrschen würde und da hätte Judas den Finanzminister spielen können und wäre damit auch zu Ehre und Würde gekommen. Insoweit hat Judas ja zu der damals herrschenden religiösen Obermacht irgendwie auch gepasst, die den Messias als irdischen Befreier von der Besatzungsmacht der Römer erwarteten.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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overkott
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Beitrag von overkott »

Edi hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Wenn ein Mensch eine schwere Sünde begehen will, dann kommt immer der Widersacher ins Spiel und hilft noch dazu. Im Extremfall besetzt er einen Menschen auch. Aber für das Wollen der Sünde ist der Mensch verantwortlich.
Warum sollte ein Mensch ohne Motiv eine schwere Sünde begehen wollen? Da muss es doch vorher eine Versuchung geben und einen Versucher. Judas war offenbar habgierig, hatte eine falsche Einstellung zum Geld, ging unfrei damit um. Nicht die materielle Armut fehlte ihm, sondern die Armut im Geist, die selig macht. Damit war er anfällig, korrupt, bestechlich. Da hatten auch die Versucher leichtes Spiel. Nach der Zustimmung zur Sünde kam dann die Besessenheit, die in der wahnwitzigen Idee gipfelt, seinen Meister mit einem Kuss zu verraten: Sünde als verdrehte Liebe.
Nun, dass er kein Motiv hatte, hat ja niemand behauptet. Ich stimme deiner Schilderung seines Motivs ansonsten völlig zu.
Judas ging wohl davon aus, dass Jesus irgendwann als eine Art irdischer König herrschen würde und da hätte Judas den Finanzminister spielen können und wäre damit auch zu Ehre und Würde gekommen. Insoweit hat Judas ja zu der damals herrschenden religiösen Obermacht irgendwie auch gepasst, die den Messias als irdischen Befreier von der Besatzungsmacht der Römer erwarteten.
Diese historisch-politische Sichtweise erscheint zu reduziert und zu modern, wenn auch nicht völlig abwegig. Immerhin erlebt Judas Jesus als Prediger und Wundertätiger. Die Evangelien führen Judas immer als letzten der Apostel auf. Bei Johannes deutet Jesus schon vorab an, dass Judas einen gefallener Engel sein wird und dass er das gemeinschaftliche Eigentum der Apostel verwaltet, mit dem sie Armen helfen. Dass Judas das Geld schließlich in den Tempel wirft, das Blutgeld dort aber nicht geduldet, sondern für einen Fremdenfriedhof ausgegeben wird, unterstreicht, dass Geld weder einen Wert in sich hat, noch allein aus seiner Verwendung erlangt. Im fernen Spiegel scheint Judas so ein Typ wie Elias von Cortona gewesen zu sein.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Jetzt kommen krasse Übersetzungsfehler beim Judasevangelium ans Tageslicht, die zu dem neuen Judasbild beigetragen haben.

Wer italienisch kann:
klick mich

Stephen Dedalus
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Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

Die theologische Rehabilitation des Judas aufgrund des Judas-Evangeliums ist wissenschaftlich nicht wirklich zu halten. Auch Klaus Berger wird hier Opfer der National Geographic-Übersetzung, die grundlegende Fehler enthält. Könnte er Koptisch, wäre ihm das nicht passiert... :mrgreen:

Die Wissenschaftlerin April deConick hat nachgewiesen, daß die Übersetzungsfehler in der NG-Version zu einem fundamentalen Mißverständnis geführt haben. Sie hat mittlerweile eine eigene Übesetzung vorgelegt, die diese Fehler korrigiert und damit nachweist, daß Judas keineswegs der "good guy" war, für den man ihn jetzt zu halten gewillt scheint. In der NY Times ist darüber mehr zu lesen.
Ihre Schlußbemerkung:
I have wondered why so many scholars and writers have been inspired by the National Geographic version of the Gospel of Judas. I think it may stem from an understandable desire to reform the relationship between Jews and Christians. Judas is a frightening character. For Christians, he is the one who had it all and yet betrayed God to his death for a few coins. For Jews, he is the man whose story was used by Christians to persecute them for centuries. Although we should continue to work toward a reconciliation of this ancient schism, manufacturing a hero Judas is not the answer.
(Quelle: Gospel Truth)


Die Kritik von April De Conick führte übrigens dazu, daß National Geographic nun eine neue Übersetzung vorbereitet. :mrgreen:
If only closed minds came with closed mouths.

Stilus
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Registriert: Montag 30. August 2010, 10:16

Judasevangelium: Steinigung des Judas durch die Elf?

Beitrag von Stilus »

Hallo Wissende!

Im Text des Buches "Das Evangelium des Verräters" von Pagels/King/Seuß wird berichtet, Judas sei von den Elfen gesteinigt worden für den Verrat an Jesus - gibt es da parallele Quellen, die das erhärten?
Wie glaubwürdig erscheint Euch diese Reaktion? (Mich überzeugt das, mußte doch Jesus am Abend zu vor die Streithähne um die Ämter im Reiche Gottes durch die Fußwaschung auf ihre Rolle und seine Botschaft nochmals deutlich hinweisen!)


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Peregrin
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Re: Judasevangelium: Steinigung des Judas durch die Elf?

Beitrag von Peregrin »

Elfen?
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ChrisCross
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Re: Judasevangelium: Steinigung des Judas durch die Elf?

Beitrag von ChrisCross »

Im Sinne von 11. (Hoffentlich ahb ich da keine Scherzfrage übersehen, sonst könnt ihr die Antwort wieder vergessen)

Mir persönlich erscheint das doch höchst unwahrscheinlich, dass Judas von den Jüngern gesteinigt wurde. Schließlich haben die Jünger doch von Jesus gelernt und werden wohl nicht die einfachsten Dinge (wie seine Gewaltlosigkeit) dirket vergessen haben, auch wenn sie zum Teil in ihrem Glauben nach der Kreuzigung erschüttert wurden.
Außerdem sollte man mal beachten, dass es dieses Buch eben nicht in den Kanon geschafft hat, während die kanonischen Schriften alle von Selbstmord sprechen. Dass es dieser Bericht nicht in den Kanon geschafft hat, sagt wohl schon genug über seinen Wahrheitsgehalt aus, wenn man auf die kirchliche Tradition vertraut.
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

Stilus
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Registriert: Montag 30. August 2010, 10:16

Re: Judasevangelium: Steinigung des Judas durch die Elf?

Beitrag von Stilus »

Peregrin hat geschrieben:Elfen?
:nein: :nein: kein
Bild

Sondern:
12-1=
Bild
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Clemens
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Re: Judasevangelium: Steinigung des Judas durch die Elf?

Beitrag von Clemens »

Nein, Stilus, es gibt keine Quellen für diese Theorie. Das Judas-Evangelium ist im engeren Sinne keine Quelle, sondern eine antichristliche Schrift aus gnostischem Kreisen.
Die Übersetzung und Deutung ist darüberhinaus hoch umstritten.

Wer aus dem Judasevangelium Tatsachen über Jesus und die Apostel abzuleiten versucht, befindet sich auf dem Holzweg (und ist schlimmstenfalls ein Sensationshascher, der am Leiden der Kirche Geld verdienen will - typisch Judas eben).

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Robert Ketelhohn
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Re: Judasevangelium: Steinigung des Judas durch die Elf?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Roadstone hat geschrieben:Ich schieb mal noch ne dritte Frage nach:
Ws ist dran an der angeblichen Heiligsprechung des Judas Iskariot?
Zeitungsente oder?
Eine Lügengeschichte der Times. Alles Nötige sagt Walter Brand-
müller in dem Beitrag, auf den Petra oben hingewiesen hat.

Für Lesefaule ganz kurz (versprochen!):

Von einem sogenannten Judas-Evangelium wissen wir durch den heiligen
Irenæus, der Ende des zweiten Jahrhunderts gegen die Gnostiker schrieb.
Es handelt sich demnach um eine Schrift aus dem Umfeld der Valentins-
sekte, wo man sich zu allen negativen Gestalten der Heiligen Schrift be-
kannte und Judas Ischariot geradezu zu einer Art Messias stilisierte. Hin-
tergrund ist die typisch gnostische Idee, um Freiheit oder Erlösung zu ge-
winnen, müsse man das Böse bis zum äußersten durchmessen. Das kehrt
bei den Gnostikern regelmäßig wieder, bis hin zu Sabbatai Zewi und Jacob
Frank.

Mit Judas Ischariot hat das apokryphe Pamphlet sonst nichts zu tun, schon
gar nicht in Sachen Autorschaft, denn es entstand vermutlich etwa andert-
halb Jahrhunderte, nachdem der Verräter sich erhängt hatte.

Man will vor einiger Zeit ein Manuskript dieses gnostischen Texts entdeckt
haben, das nun ediert werden soll. Darüber hat La Stampa den päpstlichen
Historiker Walter Brandmüller befragt, der sachliche Auskunft gab.

Das britische Schmutzblatt Times fälschte daraus die oben erwähnte Lügen-
geschichte zurecht, die weder in Brandmüllers Aussagen noch sonstwo den
geringsten Anhalt findet. Leider übernahmen viele den Müll, so auch der
orthodoxe Nachrichtenbrief Sedmiza. Ich hoffe (wahrscheinlich vergebens),
daß Brandmüllers Richtigstellung ebensolchen Widerhall findet.

(Kürzer jing’s nich, ehrlich nich.)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stilus
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Registriert: Montag 30. August 2010, 10:16

Re: Judasevangelium: Steinigung des Judas durch die Elf?

Beitrag von Stilus »

Clemens hat geschrieben:Nein, Stilus, es gibt keine Quellen für diese Theorie. Das Judas-Evangelium ist im engeren Sinne keine Quelle, sondern eine antichristliche Schrift aus gnostischem Kreisen.
Die Übersetzung und Deutung ist darüberhinaus hoch umstritten.

Wer aus dem Judasevangelium Tatsachen über Jesus und die Apostel abzuleiten versucht, befindet sich auf dem Holzweg (und ist schlimmstenfalls ein Sensationshascher, der am Leiden der Kirche Geld verdienen will - typisch Judas eben).
Danke, Clemens, interessant fand ich, daß es ja nur ein von etlichen weiteren nichtkanonisierten Schriften aus der Frühzeit des Christentums ist - eine, die sich offenbar sehr deutlich gegen das massenweise provozierte Märtyrertum dieser Zeit wandte - andere Schriften fanden ebenfalls keinen Eingang in unsere Textzusammenstellung. Die Frage nach dem "Warum jene und nicht diese?" stellt sich laut King et altera natürlich laut und die Antwort ist die notwendigkeit der Schaffung einer enheitlichen Haltung zur Ermöglichung einer Universalkirche zwecks Vermeidung von Spaltungen.

Was denkt Ihr,
Stilus
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