"Christusereignis"

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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die Nackte Kanone
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von die Nackte Kanone »

overkott hat geschrieben: Wer sich ausgrenzen möchte, kann das tun, wenn er möchte.
das bist Du vermutlich schon längst, ohne es zu merken.

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overkott
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von overkott »

die Nackte Kanone hat geschrieben:
overkott hat geschrieben: Wer sich ausgrenzen möchte, kann das tun, wenn er möchte.
das bist Du vermutlich schon längst, ohne es zu merken.
Du bist ein ganz Schnelle.

TillSchilling

Re: "Christusereignis"

Beitrag von TillSchilling »

die Nackte Kanone hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Aber soweit nicht anders angegeben, handelt es sich auch bei mir um meine eigenen Gedanken. Dafür hat mir jedenfalls der Schöpfer einen Kopf geschenkt.
tja, das ist eben das Problem. So wie Du, glaubten auch: Luther, Calvin, Hus, Heinrich VIII... und in unser Zeit: Drewermann, Heinemann & Co.... u.v.a.
Overkott, Luther, Calvin, Hus, Heinrich VIII, Drewermann, Heinemann. Denken alle gleich.

:hae?: :hae?:

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overkott
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von overkott »

TillSchilling hat geschrieben:
die Nackte Kanone hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Aber soweit nicht anders angegeben, handelt es sich auch bei mir um meine eigenen Gedanken. Dafür hat mir jedenfalls der Schöpfer einen Kopf geschenkt.
tja, das ist eben das Problem. So wie Du, glaubten auch: Luther, Calvin, Hus, Heinrich VIII... und in unser Zeit: Drewermann, Heinemann & Co.... u.v.a.
Overkott, Luther, Calvin, Hus, Heinrich VIII, Drewermann, Heinemann. Denken alle gleich.

:hae?: :hae?:
Ich will da nicht mehr differenzieren als unbedingt nötig. Auch die Letztgenannten müssen sich vor dem Vater im Himmel beim Jüngsten Gericht selbst verantworten. Nächstenliebe geht nicht ohne den Papst.

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die Nackte Kanone
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von die Nackte Kanone »

overkott hat geschrieben:Ich will da nicht mehr differenzieren als unbedingt nötig. Auch die Letztgenannten müssen sich vor dem Vater im Himmel beim Jüngsten Gericht selbst verantworten. Nächstenliebe geht nicht ohne den Papst.
warum Du jetzt den Papst in das Christuseregnis hineinziehst ist mir ein Rätsel. Vermutlich wieder eine von Deinen umgemotzten Paraphrasen, die Du irgendwo gehört/gelesen hast.

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Sebastian
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Sebastian »

Ihr beiden habt Euch wohl besonders lieb, wa? ;-)
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Peti
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Peti »

die Nackte Kanone hat geschrieben: warum Du jetzt den Papst in das Christuseregnis hineinziehst ist mir ein Rätsel. Vermutlich wieder eine von Deinen umgemotzten Paraphrasen, die Du irgendwo gehört/gelesen hast.
Weil der auch öfters den Ausdruck Christusereignis benutzt-wie anfangs schon gezeigt:

"Der eigentliche, größere Mose ist dann eben Christus, der wirklich im "Auge in Auge mit Gott" lebt, weil er der Sohn ist. Insofern liegt in diesem Zusammenhang zwischen Deuteronomium und dem Christusereignis ein sehr wichtiger Punkt für das Verständnis der Einheit der Testamente."
Joseph Ratzinger

Auch als Präfekt der Glaubenskongreation benutzte er diesen Ausdruck:

"Die Tatsache, dass die in den verschiedenen Religionen enthaltenen Elemente des Wahren und Guten die Völker und Kulturen auf die Aufnahme des Heilsereignisses Jesu Christi vorbereiten können, bedeutet nicht, dass die heiligen Schriften der anderen Religionen als komplementär zum Alten Testament betrachtet werden können, das die unmittelbare Vorbereitung auf das Christusereignis selbst ist.[17]"
http://www.vatican.va/roman_curia/congr ... is_ge.html
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
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overkott
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von overkott »

Aus ein paar Sätzchen ein Bild zu machen, ist sicher nicht leicht, zumal uns die Quellen fehlen. Auch stellen sich Fragen nach den Kontexten. Prinzipiell können wir fragen: Was ist mit dem Christusereignis gemeint? Wir könnten mit Balthasar trinitarisch-ökonomisch ansetzen. Ist das Christusereignis die präexistente Offenbarung des Vaters im Sohn? Oder der Austausch zwischen Vater und Sohn im Heiligen Geist? Oder betrachten wir die Immanenz, den Anfang der Geschichte, als Gott sich schöpferisch offenbarte. Ist Adam der Sohn Gottes? Ist Jesus der erneuerte Adam, in dem Gott Adam mit sich wieder versöhnt? Wir sehen also, dass es besonders in geistlicher Lesart verschiedene Bedeutungsebenen gibt, je nachdem ob wir die Geschichte oder die Ewigkeit im Auge haben.

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Niels
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Niels »

overkott hat geschrieben:zumal uns die Quellen fehlen.
Wie bitte? :hae?: :auweia:
Hast Du Dein Novum Testamentum Graece et Latine etwa aus Versehen in die blaue Tonne geworfen?
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Peti
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Peti »

Peti hat geschrieben: "Der eigentliche, größere Mose ist dann eben Christus, der wirklich im "Auge in Auge mit Gott" lebt, weil er der Sohn ist. Insofern liegt in diesem Zusammenhang zwischen Deuteronomium und dem Christusereignis ein sehr wichtiger Punkt für das Verständnis der Einheit der Testamente."
Joseph Ratzinger
overkott hat geschrieben:Aus ein paar Sätzchen ein Bild zu machen, ist sicher nicht leicht, zumal uns die Quellen fehlen. Auch stellen sich Fragen nach den Kontexten.
Nachgelieferte Quelle:
http://tlig.info/gm/gmratzfull.html
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overkott
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von overkott »

Vielen Dank.

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Peti
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Peti »

"Christusereignis" ist übrigens ein Begriff, den eher " konservative" Theologen wie Heinrich Schlier, Leo Scheffczyk ,Joseph Ratzinger und besonders Hans Urs von Balthasar verwenden. Bei Küng und Drewermann findet man den Begriff weniger. Rahner muß ja mit dem Vorwurf leben, daß das geschichtliche Christusereignis bei ihm zu kurz kommt.

Im ersten Band seines Hauptwerkes "Theodramatik" (http://www.johannes-verlag.de/477.htm) beschreibt Hans Urs von Balthasar bei den Tendenzen der heutigen Theologie (S.23-47) das "Ereignishafte" genauer.
Er benutzt das Prinzip „Ereignis“ auch zur Abgrenzung gegen einen historischen Liberalismus.

Das Wirkliche "ist durch und durch ein Ereignis, das lotrecht in die Tatsachenkette der Innerweltlichkeit einbricht und als solches zugleich die Seinsweise des lebendigen Gottes wie seine Handlungsweise offenbahrt: im senkrechten Einbruch in die Zeit richtet und rettet er die Welt" (S.24).

(Hans Urs von Balthasar kann man auch als einen Inspirator der Theologie Ratzingers bezeichnen.
http://www.balthasar-stiftung.org/image ... 767.pdf )
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

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Lioba
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Lioba »

V. Balthasar ist nicht ganz leicht zu verstehen, ich habe es mit etwa 25 versucht und aufgehört, nicht weil ich rein intellektuell nicht mitkam sondern weil ich innerlich noch nicht so weit war.
Zu Kaste der Pharisäer und/oder Sadduzäer. Wenn du dir da nicht sicher bist, Kanone, leugnest du aber einen ganz gewichtigen Teil der Historizität der Person Jesu. :nein: Oder verwechselst du Jesus jetzt mit Johannes?
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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die Nackte Kanone
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von die Nackte Kanone »

Lioba hat geschrieben:Zu Kaste der Pharisäer und/oder Sadduzäer. Wenn du dir da nicht sicher bist, Kanone, leugnest du aber einen ganz gewichtigen Teil der Historizität der Person Jesu. :nein: Oder verwechselst du Jesus jetzt mit Johannes?
ich fürchte, Du hast meinen Beitrag nicht verstanden.

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Lioba
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Lioba »

Nochmal nachgelesen, habe tatsächlich falsch verstanden- als ob du Jesu Abstammung aus dem Haus Davids in Zweifel ziehen würdest. Übrigens sind die Pharisäer im Gegensatz zu den Sadduzäern keine Kaste und gesellschaftlich nicht so exakt einzuordnen.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
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Peti
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Peti »

Lioba hat geschrieben:V. Balthasar ist nicht ganz leicht zu verstehen, ich habe es mit etwa 25 versucht und aufgehört, nicht weil ich rein intellektuell nicht mitkam sondern weil ich innerlich noch nicht so weit war.
Hans Urs von Balthasar gehört sicher zu den bedeutendsten Theologen des letzten Jahrhunderts.
Betrachtet man sich seine Bibliographie (http://www.johannes-verlag.de/), so wird man zunächst von der Vielzahl der behandelten Themen beeindruckt. Vertieft man sich aber ein wenig in sein Werk,so stellt man fest, dass gerade die Darstellung und immer wieder neue Ausfaltung einer Mitte sein ganzes Schaffen durchzieht.
Mitte der Theologie Balthasars ist die Christologie und deren Schwerpunkt bildet die Theologie des Karsamstags
Balthasar kritisierte die Soteriologie vieler zeitgenössischer Theologen, da sie die Passion und Auferstehung Christi zu einem „symbolischen Anschauungsunterricht“ entwerten.
(Theodramatik, Band III.Die Handlung (Einsiedeln 198), S219f.
Einfacher dargestellt in „Cordula oder der Ernstfall“( http://www.johannes-verlag.de/694.htm) Hier auch seine Rahner Kritik.

Da Balthasar in seinen mehrbändigen Hauptwerken enorm viel Zitate bringt, ist der Zugang zu seiner Theologie über seine kleineren Schriften wesentlich leichter (z.B.seine „Kleine Fibel für verunsicherte Laien“ http://www.johannes-verlag.de/163.htm)

Hans Urs von Balthasar ist am 26. Juni 1988 gestorben.
Beim Requiem für den Verstorbenen in der Hofkirche zu Luzern hielt Kardinal Ratzinger die Trauerhomelie:
........„Wir wollen den Herrn bitten, dass er uns schenke, das Zeugnis dieses seines Dieners lebendig zu halten und weiterzutragen; wir wollen bitten, dass er ihm vergelten möge, was er im Gehorsam und in der Demut seiner hoffenden Liebe getan und gelitten hat.“
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

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PaceVeritas
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von PaceVeritas »

Habe soeben durch Zufall ein älteres Interview (2004) mit Joachim Gnilka (und Christian Stückl) aus der Süddeutschen Zeitung entdeckt. Es geht um den Film "The Passion of Christ" sowie damit verknüpfte theologische Fragen. Der Schlussatz des Interviews - vermutlich vom Redakteur mit Bedacht so abrupt ohne jede weitere Erklärung gewählt - wirft bei mir Fragen auf. Es liest sich, als stehe J. Gnilka dem Auferstehungsglauben kritisch gegenüber (was ja in manchenTheologenkreisen vorkommen soll). Worauf will er mit diesem Satz hinaus? Spielt er auf die hist.-krit. Bibelauslegung an, von wegen "symbolische Schilderung" oder irgendeine "subjektive Wahrnehmung" oder so?

LG
PaceVeritas

SZ: Uns würde noch Ihre Meinung zur Auferstehungsszene interessieren?

Gnilka: Die ist besonders unglücklich.

Stückl: Eine Katastrophe.

SZ: Jesus sitzt im Grab, in seiner eigenen leiblichen Gestalt. Und durch das Loch in der Hand strahlt Licht.

Gnilka: Damit wird die Vorstellung erweckt, dass er in das irdische Leben zurückgekehrt sei. Und die ist falsch.
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/384/364204/text/
» Sic enim dilexit Deus mundum ... «
(Joh. 3,16)
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Robert Ketelhohn
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Gnilkas letzte Behauptung ist abgrundtief dumm. Er begreift nicht, daß nicht
ausschließlich das irdische Leben mit Leiblichkeit verbunden ist. Er glaubt an
keine Auferstehung des Fleisches.

  1. Daraus lerne:
  2. Im Apostolicum haben sie aus „Auferstehung des Fleisches“ „Auferste-
    hung der Toten“ gemacht, weil sie Häretiker sind.
  3. Wenn Leute (besonders Exegeten, Kleriker, Hauptamtliche, engagierte
    Laien) besonders nachdrücklich betonen, der Leib des auferstandenen
    Herrn sei kein irdischer Leib gewesen (was ja an sich richtig ist: ein ver-
    klärter nämlich), so vermute, daß sie Häretiker sind, die keineswegs
    einen verklärten Leib meinen, sondern ein pseudogeistiges Etwas, eine
    reine Vorstellung, Windhauch und Furz.
  4. „Exegeten“ sind heute a priori als Häretiker anzusehen. Zur Bestätigung
    der Regel fehlen bloß die Ausnahmen.
  5. Deutsche Bischöfe gehören prima facie in dieselbe Kategorie. Macht ein-
    mal die Probe aufs Exempel und sucht nach der letzten öffentlichen
    Aussage eines deutschen Bischofs, welche die Auferstehung Christi
    Jesu im Fleisch klar und deutlich (die Lehmänner und Kasper nennten
    das: „unerträglich drastisch“) bekannte und lehrte. Geht nicht über das
    Jahr 1950 zurück.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Peti
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von Peti »

Anfang dieses Jahres habe ich in der Katholischen Akademie in München Thomas Söding zum Auferstehungsglauben gehört.
Ich sehe bei ihm keine Verkürzung des Glaubens:
http://kirchensite.de/index.php?myELEMENT=14767
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

LePenseur
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von LePenseur »

Zu diesem Thema habe ich einen hochinteressanten Aufsatz des deutschen radikalkritischen Theologen Hermann Detering gelesen: "Nach dem historischen Jesus fragen - oder historisch nach Jesus fragen?" (2007)

Als "Teaser" kurz der Beginn:
Hermann Detering hat geschrieben:"In der Post-Bultmann-Ära ist Mode geworden, was unter kritischen Theologen einst als grundsätzlich unmöglich galt: viel über den historischen Jesus zu wissen. Wie der Hausvater von Mt 13,52, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt, werden die modernen Hausväter von „New Quest“, „Third Quest“ und „mystischem“ Postmodernismus nicht müde, ihr Wissen über den Mann aus Nazareth verschwenderisch vor den Augen ihres Publikums auszubreiten. Hatte sich Bultmann noch begnügt, seine bruchstückhafte Kenntnis über den historischen Jesus, von dem wir, wie er meinte, „so gut nichts mehr wissen können“, in einem kleinen Büchlein von ca. 180 Seiten Umfang darzulegen, so sind die neueren Werke oft zu epischer Breite von 500 und mehr Seiten angeschwollen.

Ich beziehe mich damit noch nicht auf das Jesus-Buch des Papstes. Auch deswegen nicht, weil dieses Buch offenkundig gar nicht zur Kategorie der historischen Jesusbücher gehört, sondern eher als Sammlung erbaulicher Predigtmeditationen betrachtet werden muß. Das Buch ist zwar historisch unbedarft, aber theologisch gediegen, gesättigt mit guter alter Tradition, erlesenen christlichen Gedanken und gehört zum Besten, was katholische Theologie derzeit zu bieten hat. Da Ratzinger sich auch als Benedikt XVI. treu geblieben ist,kann von einer „peinlichen Entgleisung“ überhaupt keine Rede sein. Zumal der Papst vollkommen klar erkannt hat, was einige aufgeregte Papst-Kritiker offenbar erst noch lernen müssen: daß es völlig sinnlos ist, hinter dem Jesus der Evangelien noch einen anderen vorauszusetzen. Die Suche nach dem Menschen hinter dem von den Evangelisten dargestellten Gott-Menschen ist zum Scheitern verurteilt, weil die Verfasser der Evangelien einen solchen nirgendwo im Blick hatten. Die immer wieder gestellte Frage nach einem vermeintlichen „historischen Jesus“ kann also notwendigerweise, da von vornerherein falsch gestellt, immer nur falsche Ergebnisse produzieren. Postliberale Phantasien über die uneheliche Herkunft Jesu oder ein Grab, das auch nach der Auferstehung „voll“ blieb, sind letztlich ebenso unhistorisch wie der schlichte katholische Kirchenglaube des Papstes.

Weiter hier: http://hermann-detering.de/Hist_n_J_fragen.pdf
Noch mehr interessante Aufsätze finden sich auf seiner Homepage http://hermann-detering.de

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overkott
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von overkott »

Ich denke, dass der Papst nach wie vor Geschichtstheologe ist, der die Bibel als Geschichte der Geschichte versteht. Das bedeutet, dass er keineswegs nur überzeitlich-ahistorisch denkt. Warum sollte man nicht glauben, dass die Bibel von einer realen Sonne und einem realen Mond, einem historischen Ägypten, einem historischen Jericho und einem historischen Jerusalem spricht? Aber die viel wichtigere Frage ist die nach der Bedeutung. Wie geht Jesus selbst mit der Schöpfungsgeschichte um? Wie geht er mit der Geschichte vom Propheten Jona um? Mit welcher Absicht erzählt er selbst Geschichten? Offenbar hat das etwas mit Ethik zu tun, mit seinem Leib, mit einem Bild und Vorbild. Jesus selbst vermittelt keine fertigen Antworten, sondern gibt Denkanstöße. Dieser subjektive Ansatz bringt den Hörer und Leser dazu, selber ins Denken zu kommen. Dabei gibt es prinzipiell keine schlechten oder falsche Fragen. Die Frage nach der historischen Familie Jesu etwa kann eine Hilfe sein für Menschen in besonderen familiären Situationen. Die Frage nach dem leeren Grab kann einen Anstoß geben zur Frage nach der eigenen Hoffnung im Hinblick auf die Bedeutung von Leib und Geist. Der schlichte katholische Glaube bleibt also ein Glaube der Brückenbauer.

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overkott
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Re: "Christusereignis"

Beitrag von overkott »

Ich finde diesen Ansatz Jesu beinahe schon typisch akademisch. Schließlich geht es an der Uni darum - etwas anders als in der Schule -, nicht Wissen zu pauken, sondern Denken zu lernen.

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