Nischendasein Soziallehre

Allgemein Katholisches.
Ralf

Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Ralf »

Weiß jemand, warum die Katholische Soziallehre so wenig Thema ist (außer wenn man eine Enzyklika rauskommt)? Hier, in anderen Foren, in den säkularen Medien, auch beim Forum Deutscher Katholiken, ZdK et al.?

Sie ist ja nicht weniger wichtig als andere Lehren der Kirche.

Warum ist sie zudem so unbekannt?

civilisation
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von civilisation »

Tja, da fragst Du was.

Männer mit wirtschaftswissenschaftlichen und einem damit ausgeprägten Verständnis für die sozialen Verhältnisse in einer Volkswirtschaft gibt es nicht mehr. Höffner war eine derartige Persönlichkeit, der ja auch als Vater der Chrsitlichen Soziallehre (oder auch CGL) gilt.

Weiter frage mal einen Priester, sagen wir mal in den letzten 15 Jahren geweiht, was das Fach an der Fakultät beinhaltete. Da hat man einige Enzykliken besprochen und daneben vielleicht noch einige Betriebsbesichtigungen durchgeführt.

:doktor:

P.S.: Selbst Theologen haben oftmals nur ein gering ausgeprägtes Verständnis für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. :motz: Ist ja auch eine Wissenschaft für sich. :ja:

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Peti
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Peti »

civilisation hat geschrieben:
Männer mit wirtschaftswissenschaftlichen und einem damit ausgeprägten Verständnis für die sozialen Verhältnisse in einer Volkswirtschaft gibt es nicht mehr. Höffner war eine derartige Persönlichkeit, der ja auch als Vater der Chrsitlichen Soziallehre (oder auch CGL) gilt.
Unser Bischof in München ist aber schon noch da:
http://www.radiovaticana.org/TED/Articolo.asp?c=311319
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

civilisation
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von civilisation »

Peti hat geschrieben:
civilisation hat geschrieben:
Männer mit wirtschaftswissenschaftlichen und einem damit ausgeprägten Verständnis für die sozialen Verhältnisse in einer Volkswirtschaft gibt es nicht mehr. Höffner war eine derartige Persönlichkeit, der ja auch als Vater der Chrsitlichen Soziallehre (oder auch CGL) gilt.
Unser Bischof in München ist aber schon noch da:
http://www.radiovaticana.org/TED/Articolo.asp?c=311319
:roll:
Na ja.
o.w.K.

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overkott
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von overkott »

Früher ist der katholischen Soziallehre vorgeworfen worden, sie sei zu philosophisch und zu wenig evangelisch. Gemeint waren damit Begriffe wie Personalität, Solidarität und Subsidiarität. Es ist sicher richtig, dass diese sperrigen Begriffe als Nominalisierungen von Eigenschaften aus einem zeit-räumlichen Umfeld stammen, in dem es modern war, in solchen Begriffen zu denken. Hat Jesus so gesprochen? Ergibt sich die katholische Soziallehre unmittelbar aus dem Evangelium? Wir sollten hier zwischen Form und Inhalt unterscheiden. Sicher war die Sprache Jesu nicht Deutsch, sondern Aramäisch und das geistige Umfeld, sprich: die Gesprächspartner Jesu, dachte in anderen Kategorien. Aber inhaltlich hat Christus Gottes Gebot als solches erkannt. Denn seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist der subsidiare Ausgleich von Personalität und Solidarität. Wir können von daher sehen und einsehen, dass es sich tatsächlich bei der katholischen (sprich: allgemeinen) Soziallehre um eine Entfaltung Gottes Gebote in einen geistigen Sprachraum hinein handelt, der das menschliche Zusammenleben zum Thema hat. Und wie sich das ewige Wort in der Geschichte des Lebens entfaltet und vielfältig differenziert, verästeln sich wie beim Baum auch die Themen der Soziallehre in viele Teilaspekte. Und wie das ewige Wort etwas mit der sichtbaren Welt zu tun hat, haben auch die Lehrgebäude der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ganz konkret etwas mit der Wirklichkeit des Lebens zu tun.

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lifestylekatholik
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von lifestylekatholik »

overkott hat geschrieben:Aber inhaltlich hat Christus Gottes Gebot als solches erkannt.
Heide!
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Robert Ketelhohn
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Robert Ketelhohn »

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???
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overkott
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von overkott »

Nehmen wir einmal einen Teilbereich des menschlichen Zusammenlebens: den Austausch von Gütern. Dabei handelt es sich tatsächlich um einen Austausch von Werten oder auch um eine Bewertung von Sachen. Wir gehen auf den Markt und sehen Sachen, die uns wertvoll erscheinen. Es erfolgt ein kommunikativer Prozess zwischen Verkäufer und Käufer, quasi ein Bewertungsgespräch. Käufer und Verkäufer schließen schließlich einen Kompromiss und einigen sich auf einen gemeinsamen Wert. Die Wünsche von Käufer und Verkäufer gehen auf diese Weise in Erfüllung. Der geistige Austausch erfolgt auch über materielle Symbole. Der Verkäufer überreicht ein Gut, der Käufer überreicht dafür einen Gegenwert. Manchmal wird selbst der Gegenwert symbolisiert, etwa durch Buchstaben und Zahlen auf einem Stück Papier. Wir sprechen dann von einem Geldschein oder einem Scheck. Der geistige und kommunikative Vorgang auf dem Markt dient der Befriedigung von Bedürfnissen und dem friedlichen Zusammenleben in einer Gesellschaft. Idealerweise strebt der Markt, von unsichbarer Hand gelenkt, zum Gleichgewicht. Die Beschreibung dieses Vorgangs ist hier stark vereinfacht. Die Vielfalt der Vorgänge hat zahlreiche Auswirkungen. Nicht alle Auswirkungen werden positiv bewertet. Dann sprechen wir auch von einer Marktstörung. Der Markt befindet sich im Ungleichgewicht. Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, werden normative Bindungen und Lösungen gesucht. Wie katholische Soziallehre begnügt sich allgemeine Wirtschaftswissenschaft nicht mit der analytischen Beschreibung, sondern nimmt auch eine ethische Bewertung vor, die zu geistigen Regeln führen soll, die materielle Konsequenzen haben. Katholische Soziallehre ist daher in weiten Teilen allgemeine Marktphilosophie.

Ralf

Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Ralf »

overkott hat geschrieben:Früher ist der katholischen Soziallehre vorgeworfen worden, sie sei zu philosophisch und zu wenig evangelisch.
Wann und von wem?

Ralf

Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Ralf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Bild

???
Was hat diese Frau mit der Katholischen Soziallehre zu tun?

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Niels
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Niels »

Ralf hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Bild

???
Was hat diese Frau mit der Katholischen Soziallehre zu tun?
Das war Roberts Assoziation zu diesem Beitrag:
lifestylekatholik hat geschrieben:Heide!
:kugel: ;D
PS: Ist die Buddhistin?
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Ralf

Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Ralf »

Können wir zum Thema zurück, oder gibt es da nichts mehr zu sagen?

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Pelikan
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Pelikan »

Ralf hat geschrieben:Weiß jemand, warum die Katholische Soziallehre so wenig Thema ist (außer wenn man eine Enzyklika rauskommt)? Hier, in anderen Foren, in den säkularen Medien, auch beim Forum Deutscher Katholiken, ZdK et al.?

Sie ist ja nicht weniger wichtig als andere Lehren der Kirche.

Warum ist sie zudem so unbekannt?
Ist die Lehre dir denn bekannt? Würdest du dir zutrauen, sie so übersichtlich in Sätze zu fassen, wie du es mal, angelehnt an Ott, mit den Glaubenssätzen versucht hast? Ich bin gar nicht sicher, ob die lehramtlichen Äußerungen über die Jahrzehnte für ein solches Unterfangen eindeutig genug sind.

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overkott
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von overkott »

Frag viele Jugendlichen in der Jugend 2000 nach der katholischen Soziallehre. Allein schon vom Wort sozial bekommen die Pickel. Aber es gibt auch noch andere, die sich jetzt nicht so mit Soziallehren beschäftigen, sondern in Projekten mitarbeiten, die 2000 Euro für ihren Urlaub ausgeben, um in Uganda Schulen zu bauen. Das sind Vorbilder im Sinne Pauli.

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Niels
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von Niels »

Ralf hat geschrieben:Können wir zum Thema zurück, oder gibt es da nichts mehr zu sagen?
Um Missverständnissen vorzubeugen: ich finde die Frage genau so wichtig wie Du.
:ja:
Das Buch von Kard. Höffner "Christliche Gesellschaftslehre" habe ich mit Interesse gelesen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass in der CDU in meinem Breitengrad die Zahl der praktizierenden Katholiken recht gering ist. Wer soll sich da noch die katholische Soziallehre stark machen?
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overkott
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von overkott »

Niels hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Können wir zum Thema zurück, oder gibt es da nichts mehr zu sagen?
Um Missverständnissen vorzubeugen: ich finde die Frage genau so wichtig wie Du.
:ja:
Das Buch von Kard. Höffner "Christliche Gesellschaftslehre" habe ich mit Interesse gelesen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass in der CDU in meinem Breitengrad die Zahl der praktizierenden Katholiken recht gering ist. Wer soll sich da noch die katholische Soziallehre stark machen?
Soweit die katholische Soziallehre den gesellschaftlichen Grundkonsens erklärt, machen sich alle demokratischen Parteien dafür stark.

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overkott
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Re: Nischendasein Soziallehre

Beitrag von overkott »

Katholische Soziallehre ist vor allem ein intellektuelles Angebot an Arbeitnehmer und Priester mit der Kirche Zusammenhänge der Gesellschaft und Wirtschaft aus ihrer Mitte zu verstehen. Kirchliche und Katholische Soziallehre sind noch einmal differenziert zu betrachten. Die Katholische Soziallehre hat als Entfaltung der Kirchlichen Soziallehre eine andere Verbindlichkeit. Während die Kirchliche Soziallehre die Gebote in einem Gefüge offener Sätze in die Sprache von Soziallehren überträgt und für den Gläubigen verbindlich ist, beurteilt Katholische Soziallehre im Licht dieser Prinzipien gesellschaftliche Entwicklungen. Mit dem gesellschaftlichen Wandel gewinnt auch die Umwelt der Gesellschaft und die Auswirkungen gesellschaftlichen Handels auf die Umwelt neue Aufmerksamkeit. Dabei wird die Umwelt auch als Schöpfung verstanden. Konkret geht es aber auch beim Umweltschutz um Leitlinien für ethisches Handeln.

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