Liturgie als Zeugnis/Mission?

Allgemein Katholisches.
Ralf

Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Ralf »

Hallo.

Geronimo hatte es im im "gelungen"-Thread schon einmal angesprochen, leider ist das dann untergegangen.

Hier mal meine subjektive Einschätzung aufgrund meiner subjektiver Erfahrung:

Kirche wird heutzutage von der Masse (also nicht den schon kirchlich Engagierten und Gebundenen) hautnah nur noch während der Eucharistiefeier erlebt (oder anderen selten Gottesdienstformen).

Die Caritas scheint nicht anders zu sein als das DRK in der Praxis (bspw. in der ambulanten Krankenpflege), die einzelnen Christen scheinen im Leben nicht so auf, als dass sie andere für den Glauben interessieren könnten. En gros, wie gesagt.

Daher fällt also das Zeugnis als Alternative im Leben mehr oder weniger flach. Wer die Menschen erreichen will, muss also das Instrument irgendwie werbewirksam gestalten, das mit "praktiziertem Christentum" im allgemeinen verbunden wird: die Messe.

Doch: zeigt das nicht vielmehr das allgemeine Versagen an? Hat die Messe, die Liturgie überhaupt diese Bestimmung? Ich persönlich denke nicht.
Doch selbst wenn dem nicht so ist, sind Wesensmerkmale wichtiger als der Erfolg in der Mission?

Cicero
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Cicero »

Ralf hat geschrieben:...als der Erfolg in der Mission?
Erfolg, sagte mir mal ein Priester, ist keiner der Namen Gottes.

Auf Erfolg sollten wir auch bei der Liturgie nicht schielen. Wie sollte man den auch festmachen? An der Anzahl der Teilnehmer? Dann kommen wir bei so einem Unfug an, wie ihn unser Gemeindepfarrer plant, Christmette um 18:00 Uhr, weil ab 21:00 Uhr schon die Kneipen geöffnet haben und rappelvoll sind. Da hat dann keiner mehr Zeit für die Christmette.
Wer meint den Heiligen Abend in der Kneipe verbringen zu müssen, interressiert sich auch nicht für eine Christmette um 18:00 Uhr. Liturgisch ist das völliger Blödsinn und treibt die Leute, die Weihnachten feiern wollen in andere Gemeinden.

Wenn Liturgie Zeugnis sein soll, dann eher in dem Sinne, wie es Andre Frossard in seinem Buch "Gott existiert" beschreibt. Er hat als Atheist eine Kirche betreten und diese als bekennender Christ verlassen. Aber ich glaube nicht, daß irgendjemand von denen, die sonst noch in der Kirche anwesend waren etwas davon bemerkt hat.

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Erich_D
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Erich_D »

Cicero hat geschrieben:Wenn Liturgie Zeugnis sein soll, dann eher in dem Sinne, wie es Andre Frossard in seinem Buch "Gott existiert" beschreibt. Er hat als Atheist eine Kirche betreten und diese als bekennender Christ verlassen.
Ich dachte, die Kirche wäre beim Besuch Frossards leer gewesen (scheinbar)? - (Vielleicht erinnere ich mich aber auch nur falsch, es ist lange her, dass ich das Buch las).

Aber eine grundsätzliche Frage: was ist die Aufgabe der Liturgie? Wozu dient sie? Welchen Platz hat sie in der Kirche?

Vielleicht ergeben sich aus der Beantwortung dieser Frage auch Ansätze, um die unterschiedlichen Auffassungen von ihr zu verstehen, die hier im Forum schon mehrmals aufeinander prallten.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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Juergen
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Juergen »

Cicero hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:...als der Erfolg in der Mission?
Erfolg, sagte mir mal ein Priester, ist keiner der Namen Gottes.
Den Spruch kenne ich auch. :ja:
Wer hat das denn gesagt? :kratz:
Stammt der nicht von Martin Buber :kratz:
Aha, Du kennst also Martin Buber persönlich ;D

Cicero
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Cicero »

Juergen hat geschrieben:
Cicero hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:...als der Erfolg in der Mission?
Erfolg, sagte mir mal ein Priester, ist keiner der Namen Gottes.
Den Spruch kenne ich auch. :ja:
Wer hat das denn gesagt? :kratz:
Stammt der nicht von Martin Buber :kratz:
Er wird wohl - wenn dem so ist - Buber zitiert haben. Könnte zu ihm passen.
Wenn einer zu mir kommt, um seinen Frust auszuk***** gebe ich bei Zitaten auch nicht unbedingt die Quelle an. :P
Juergen hat geschrieben:Aha, Du kennst also Martin Buber persönlich ;D
:P :P :P :P :P :P :P :P

Cicero
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Cicero »

Erich Dumfarth hat geschrieben: Ich dachte, die Kirche wäre beim Besuch Frossards leer gewesen (scheinbar)? - (Vielleicht erinnere ich mich aber auch nur falsch, es ist lange her, dass ich das Buch las).
So hatte ich das Buch zunächst auch verstanden.
In einem Bericht zu dem Buch habe ich dann gelesen, daß wohl eine (stille) Messe in der Kirche gefeiert wurde. Ich habe das dann noch einmal gelesen, man kann es so verstehen.
Erich Dumfarth hat geschrieben:Aber eine grundsätzliche Frage: was ist die Aufgabe der Liturgie? Wozu dient sie? Welchen Platz hat sie in der Kirche?
KKK hat geschrieben:1095 Deshalb liest und durchlebt die Kirche besonders in Advent, Fastenzeit und Osternacht alle diese großen Ereignisse der Heilsgeschichte im „Heute“ ihrer Liturgie aufs Neue. Das erfordert aber, daß die Katechese den Gläubigen hilft, sich so für dieses „geistliche“ Verständnis der Heilsökonomie zu öffnen, wie es uns die Liturgie der Kirche aufzeigt und erleben läßt (Vgl. dazu auch 281, 117).
Liturgie als "Verheutigung" des Heilsgeschehens.

Eine andere Definition, die aber in die selbe Richtung geht:

Liturgie ist "Spiel vor Gott" - Der Mensch spielt das Heilshandeln Gottes nach. Wie ein Kind im Spiel die Erwachsenen nachahmt, so ahmt der Mensch in der Liturgie Gott nach. Das Kind lernt im Spiel. So lernt auch der Mensch in der Liturgie das Heilsgeschehen immer neu.

[Frage am Rande]
Dürfen wir die Spielregeln beliebig ändern?
[/Frage am Rande]
Erich Dumfarth hat geschrieben:Vielleicht ergeben sich aus der Beantwortung dieser Frage auch Ansätze, um die unterschiedlichen Auffassungen von ihr zu verstehen, die hier im Forum schon mehrmals aufeinander prallten.
Wie war das mit Liturgie als Sprache? ....

Gast

Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Samstag 5. Februar 2005, 20:16, insgesamt 1-mal geändert.

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otto
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Ich sehe eine Liturgie als gelungen, wenn...

Beitrag von otto »

Ich sehe eine Liturgie als gelungen, wenn in ihr das „Wort Gottes“ so vermittelt wird das es bei den Teilnehmern ankommt und im Sinne des Herrn verstanden wird.

Ich sehe eine Liturgie als gelungen, wenn der „Geist Gottes“ in den Gemeindeleben für jedermann- Frau spürbar und erlebbar ist.

Ich sehe eine Liturgie als gelungen, wenn jedes Gemeindemitglied als wertvoll für das ganze erachtet wird, und dies die Gemeinde auch im Alltag lebt.
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

Stefan

Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Stefan »

Ralf hat geschrieben:Doch selbst wenn dem nicht so ist, sind Wesensmerkmale wichtiger als der Erfolg in der Mission?
Liturgie ist nicht Mittel zur Mission, sondern Ziel der Mission ;)

Cicero
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Cicero »

Stefan hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Doch selbst wenn dem nicht so ist, sind Wesensmerkmale wichtiger als der Erfolg in der Mission?
Liturgie ist nicht Mittel zur Mission, sondern Ziel der Mission ;)
Und als Ziel ist sie dann auch gleich schon wieder Mittel der Miss(a)(ion)

Wie sagt man uns am Ende so schön:

Ite Missa est

Ein Schelm, wer arges dabei denkt, daß die Gemeinde dann Deo gratis ruft.

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umusungu
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von umusungu »

Stefan hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Doch selbst wenn dem nicht so ist, sind Wesensmerkmale wichtiger als der Erfolg in der Mission?
Liturgie ist nicht Mittel zur Mission, sondern Ziel der Mission ;)
beides: Quelle und [Punkt]

Stefan

Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Stefan »

umusungu hat geschrieben:[Punkt]
Grins

(Ansonsten bin ich einverstanden).

Cicero
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Beitrag von Cicero »

D!i!e! A!u!s!ru!f!u!n!g!s!z!e!i!c!h!e!n!t!a!s!t!e! k!l!e!m!m!t! h!a!l!t! m!a!n!c!h!m!a!l!
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Lucia

Beitrag von Lucia »

Also... Liturgie, verstanden als Zeichen und Werkzeug ist klarerweise ein Missionselement.

In der Liturgie wird Gott selbst tätig am Menschen/gegenwärtig.
In der Spendung der Sakramente, in der Vergegenwärtigung in der Eucharistiefeier... handelt Gott selbst.
Durch Menschen.

Liturgie spricht. Oder eben nicht.
Liturgie lehrt. Oder eben nicht.

Drum ist es so wichtig, sich ihr zu öffnen, sie zu verstehen zu suchen und von ihr lernen zu wollen.
Nicht sie an meinen Horizont anpassen, sondern meinen Horizont an die Liturgie anpassen.
Wir nennen das auch "erwachsen werden"... wenn man lernt und über sich hinausreift.
(kleiner bissiger Kommentar am Rande. Bitte nicht hauen). 8)

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Niemand hier hätte den Mut Dich zu hauen ;)

Aber Du hast recht.

Ein erwachsener Mann, der Schuhgröße 46 hat,
trägt auch keine Schuhe Größe 21.

Dieses Bild verwende ich übrigens immer bei Jugendlichen.

Wie unsere Schuhe, so muß auch unser Glaube, unser Verständnis von Liturgie mitwachsen.
Im umgkehrten Fall wäre es, alös würden wir ein Stück vom Fuß amputieren, nur um noch Größe 21 tragen zu können.

Stefan

Beitrag von Stefan »

Und dennoch:

Auch wenn Liturgie verstockte Herzen öffnen kann, auch wenn sie die Quelle zum Kraftschöpfen für die Mission in die Welt ist: Ihr Wesen, ihr Zentrum ist die Anbetung und Verehrung das größten und einzigen Gottes. Sie ist ein Blick durch das Schlüsselloch ins Himmelreich. "Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene."

Katechese, Caritas und Mission sind Menschendienst, sie sind nicht primäres Wesen der Liturgie.

Neudeutsch würde man vielleicht sagen: Mission is Enabling, Liturgy is Optimizing.

Edith
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Beitrag von Edith »

Stefan hat geschrieben:
Katechese, Caritas und Mission sind Menschendienst, sie sind nicht primäres Wesen der Liturgie.
http://www.stjosef.at/artikel/geist_der_liturgie.htm

http://www.vatican.va/news_services/lit ... um_ge.html

Stefan

Beitrag von Stefan »

Habe ich beides schon gelesen. Hab ich's nicht verstanden? :|

Edith
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Beitrag von Edith »

Stefan hat geschrieben:
Habe ich beides schon gelesen. Hab ich's nicht verstanden? :|
Weiß ich nicht... vermute aber, daß schon. ;)

Die links habe ich nur reingestellt... weil sie so schön zum Thema passen.

Geronimo

Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Geronimo »

Ralf hat geschrieben:Hallo.


Kirche wird heutzutage von der Masse (also nicht den schon kirchlich Engagierten und Gebundenen) hautnah nur noch während der Eucharistiefeier erlebt (oder anderen selten Gottesdienstformen).
Laß mich noch mal auf diesen ersten Beitrag von dir zurückkommen. Das ist genau das Problem. Und die Enttäuschung ist vorprogrammiert, denn ein Gemeindegottesdienst -mal zufällig besucht - kann in den allermeisten Fällen nur enttäuschend sein, das nicht die Erwartungserhaltung erfüllend. Ich persönlich rate den Leuten sogar davon ab, wenn sie mich nach einem Zugang zum Glauben fragt, in den Gottesdienst zu gehen, und empfehle eher die Andachten, Vespern, Besuche im Kloster, Glaubensgruppen halt oder ganz einfach das Gespräch mit bestimmten Priestern.

Manchmal höre ich den Vorwurf, der Priester predige, erkläre aber nicht. Ich rede mir den Mund noch franzlig mit dem Argument, dass der Priester das Evangelium auslege, aber nicht in jedem Gottesdienst bei Adam und Eva anfangen kann nur, weil da vielleicht verschämt in der letzten Bank ein unbekanntes Schäflein kauert, das heimgeholt werden will. Obwohl man fairerweise sagen muss, dass viele Predigten leider nicht handfest genug sind, sondern die Auslegung sehr abgehoben ist und ein bißchen Katechese dabei auch den alteingesessenen Gemeindemitgliedern guttäte.

Drei Ebenen stellen sich für mich - einmal wie sich Kirche ingesamt öffentlich präsentiert und somit einlädt zum Kommen - also die allgemeine Präsentation (durch Medien etc.) - des weiteren die private Präsentation, wie jeder einzelne von uns Christsein lebt, vorlebt und anziehend macht - als drittes dann die Gemeinde (nicht die Liturgie), die als Gesamtheit auf Außenstehende wirkt. Diese Ebenen muss man auseinanderhalten und auch für den Suchenden deutlich auseinanderdividieren.
Es kommt noch hinzu, dass die "Suchenden" oder wie auch immer man sie nennen mag, keine homogene Gruppe sind, die man eindeutig mit Angeboten anvisieren kann.

Entgegengewirkt muss aber auch klar auch in privaten Gesprächen dem Lamento, die Kirche bringe nichts, vor allem nicht dass was einem fehle ... Geduld ist die allergrößte Tugend des Suchenden. Es wäre falsch, ihnen vorzugaukeln, dass auf einen Fingerschnipp alles zu haben sei. Schließlich handelt es sich um eine Liebesbeziehung, die man eingeht und das braucht Zeit.

Einen Denkfehler begehen aber auch alle, die meinen, der Gottesdienst z.B., den man selbst als so erbaulich und erquickend empfindet, müsse tatsächlich auf Außenstehende stets auch so wirken. Es ist eine Sprache, die nur der versteht, der sich bereits in dieser Liebesbeziehung befindet,, oder aber der offen genug, bereitwillig abzuwarten. Die Liturgie fußt auf bereits erfaßtem und bekennendem Glauben.
Wunder gibt es natürlich auch (siehe das dankenswerter Weise von Cicero erwähnte Buch "Gott existiert".)

Geronimo

Edith
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Re: Liturgie als Zeugnis/Mission?

Beitrag von Edith »

Geronimo hat geschrieben:

Entgegengewirkt muss aber auch klar auch in privaten Gesprächen dem Lamento, die Kirche bringe nichts, vor allem nicht dass was einem fehle ... Geduld ist die allergrößte Tugend des Suchenden. Es wäre falsch, ihnen vorzugaukeln, dass auf einen Fingerschnipp alles zu haben sei. Schließlich handelt es sich um eine Liebesbeziehung, die man eingeht und das braucht Zeit.

Einen Denkfehler begehen aber auch alle, die meinen, der Gottesdienst z.B., den man selbst als so erbaulich und erquickend empfindet, müsse tatsächlich auf Außenstehende stets auch so wirken. Es ist eine Sprache, die nur der versteht, der sich bereits in dieser Liebesbeziehung befindet,, oder aber der offen genug, bereitwillig abzuwarten. Die Liturgie fußt auf bereits erfaßtem und bekennendem Glauben.
Ein sehr guter Beitrag.... Geronimo! :ja:
Bringt mich immer wieder zum Ausgangsproblem zurück, daß ohne Glaubenswissen (und damit meine ich jetzt nicht pure Theologie, sondern wenigestens ein Basiswissen vom Glauben, Zeichen, etc) nicht verstanden werden kann, was in Liturgie geschieht. Jedenfalls nicht vollends.

Ich bin immer wieder überascht, welche erstaunten Reaktionen man erhält, wenn man den Leuten ein Zeichen erklärt, das ihnen so geläufig ist, daß sie es nie hinterfragten, und oftmals mit merkwürdigen Interpretationen bedachten. Den Weihrauch zB... oder die roten Christbaumkugeln....

Ich wundere mich immer: bei jeder noch so abstrusen esoterischen Theorie ist den Leuten völlig klar, daß man Zeichen nur versteht, wenn man "eingeweiht" ist... aber in ihre eigene Religion lassen sie sich nicht "einweihen".
Woran liegt das?

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Julia Wolf
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Beitrag von Julia Wolf »

Die christliche Religion ist zu selbstverständlich geworden. Alles Selbstverständliche wird nicht mehr hinterfragt und meint man verstanden zu haben.

Ähnlich ist es ja mit unserem Körper, wir meinen ihn zu kennen, da er zuverlässig funktioniert, erst wenn er Beschwerden macht, merken wir oft, wie wenig wir ihn kennen und verstehen und achten.

Daher ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn viele Menschen heute geistige Impulse in anderen Religionen suchen, da dort vieles fremd ist und das Fragen daher ernsthaft und intensiv. Ich selbst habe manche christlichen Aspekte erst über andere Religionen (besonders tibetischer Buddhismus) verstehen gelernt. Auf einmal ist mir durch den Umweg der anderen Religion der Sinn einer christlichen Position oder Verhaltensweise klar geworden.

Vielleicht ist daher auch der "nachchristliche" Zustand Europas gottgewollt, vielleicht führt er über längere Zeit zu einem erneuertem, tiefen Verständnis des christlichen Glaubens.

Herzliche Grüße
Julia
Nur der Schwache wappnet sich mit Härte.
Wahre Stärke kann sich Toleranz, Verständnis und Güte leisten.
T. Boesche-Zacharow

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