pro multis... = für alle oder für viele?

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Juergen
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pro multis... = für alle oder für viele?

Beitrag von Juergen »

Ketelhohn hat geschrieben:
Jürgen hat geschrieben:»Hic est enim calix Sanguinis mei, novi et æterni testamenti: mysterium fidei, qui pro vobis et pro multis effundetur in remissionem peccatorum«
Die eigentlichen Wandlungsworte sind im Novus Ordo gänzlich unverändert geblieben, Jürgen. Weggefallen ist lediglich die eingeschobene Akklamation »mysterium fidei!«; die übrigen Abweichungen gehen allein aufs Konto der Übersetzung, namentlich das verfehlt wiedergegebene pro multis.
Über diese Frage wurde schon einiges geschrieben: ob "pro multis" mit "für alle" oder mit "für viele" zu übersetzen ist.

Literatur:
Knut Backhaus: "Lösepreis für viele" (Mk 10,45). In: Thomas Söding (Hg.): Der Evangelist als Theologe. Studien zum Markusevangelium. Stuttgart 1995 (Stuttgarter Bibelstudien ; 163), S. 91-118
Dort geht der Autor neben der Stelle Mk 10,45 auch auf Mk 14,24 u.a. ein.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ich würde sagen, daß meine bzw. die Frage falsch gestellt ist ! :lol:

Vermutlich muß man, - will man die Spannung nicht zugunsten einer einseitigen Deutung aufheben -, die markinische Stelle einfach mit "die Vielen" übersetzen.

Oder wie Backhaus in dem erwähnten Artikel als Schlußsatz schreibt:

Der älteste Evangelist kleidet in Erzählform, was das Vierte Evangelium als soteriologische Selbstdeutung Jesu formuliert (vgl. Joh 10,10-13): Der Gottessohn lebt und stirbt, damit die Vielen das Leben haben und es in Fülle haben.
Gruß Jürgen

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Cicero
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Beitrag von Cicero »

Aber der Einwand, daß im Griechischen der Artikel fehlt ist doch nicht vom Tisch zu wischen oder?

Vom Bauchgefühl her neige ich auch eher zu "für alle" im Sinne von für "die vielen"
aber stützen läßt sich das aus biblischer Sicht nicht.
Oder?

Stefan

Beitrag von Stefan »

Mein Fernkurs behauptet steif und fest, die jüdische Bedeutung von "für die Vielen" die heutige Bedeutung von "für alle" habe. Das sei unzweifelhaft.
Ich kanns nur glauben ...oder Exegeten befragen...

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Zunächst ist festzuhalten, daß maßgeblich in der Lateinischen Kirche allein der lateinische Text des Meßbuchs ist. Dort aber heißt es pro multis, nie und nirgends pro omnibus. Also »für viele«, nicht »für alle«. Nun hat die Kirche aber seit der Liturgiereform in vielen volkssprachlichen Meßbüchern gerade die Worte »für alle« vorgeschrieben.

Dagegen gibt es den Einwand – namentlich von sedisvakantistischer Seite – die Formulierung »für alle« sei häretisch, weil sie die Lehre einer allgemeinen Apokatastasis (Allerlösungslehre) ausdrücke. Es mag wohl sein, daß ein solches Mißverständnis möglich ist – ich habe es selbst aus dem Munde eines von mir sehr geschätzten Prälaten vernommen – doch bleibt wahr, daß Jesus Christus »für alle gestorben ist«. Wer das Gegenteil behauptet (und damit zugleich die ganze Tradition der Kirche in diesem Punkt verwirft), der hat selber die Grenze zur Häresie überschritten.

Wahr ist freilich, daß nicht alle dies Heil annehmen. Doch das ist etwas anderes. Das »für alle« ist also keineswegs gegen den Glauben, könnte jedoch häretisch mißverstanden werden; dies gilt jedoch für die Worte »für viele« ebenso, wie die erwähnten Äußerungen sedisvakantistischer Kreise zeigen.

»Für viele« ist aber ebenso wenig gegen den Glauben. Man braucht gar nicht zu vermuten, daß möglicherweise nur von „vielen“ – aber nicht „allen“ – die Rede sei, weil hier nur die gemeint seien, die Christi Opfer tatsächlich rette (weil sie es annehmen). Denn „viele“ schließt „alle“ gar nicht aus. Der Begriff impliziert nur die große Zahl, nicht den Gedanken einer – wie auch immer definierten – Gesamtheit. Ob Gesamtheit (was übrigens auch wenige sein könnten, je nach Definition der Gesamtheit) oder Teilmenge, dieser Gedanke ist im Begriff der „vielen“ gar nicht enthalten.

Daß schon die Verwendung des pro multis durch die ganze Kirchengeschichte hindurch den Gedanken an Häresie verbietet, sei bloß am Rande erwähnt.

Läßt sich nun für die Version »für alle« wenn schon keine theologische, so doch eine philologische Begründung finden, wenn wir die entgegenstehende Verbindlichkeit des lateinischen Textes einmal außer Acht lassen?

Gelegentlich wird ins Feld geführt, daß das Lateinische auf Grund seines Mangels an Artikeln griechische Texte mitunter nicht exakt wiederzugeben vermöge; in der Tat kennzeichnet im Griechischen – ähnlich wie im Deutschen – der Artikel die bestimmte oder unbestimmte Geltung eines Nomens. Auf lateinisch wird diese Unterscheidung meist erst durch den weiteren Kontext deutlich.

Konkret wird nun behauptet, das griechische οἱ πολλοί – wörtlich „die vielen“, also mit bestimmtem Artikel – bedeute „alle“, während das artikellose πολλοὶ unserem „viele“ entspreche. Da nun das Latein keinen Artikel kenne, übersetze es beides schlicht mit multi, was jedoch im ersteren Falle falsch sei: Dort müsse es korrekterweise „omnes“ heißen.

Bemerkenswerterweise hat die französische Fassung »pour la multitude« (»für die Vielheit, für die Menge«), womit dem genannten Argument Rechnung getragen werde soll, daß es wörtlich korrekt »die vielen« heiße, ohne aber textentstellend ein andere Vokabel – nämlich »alle« – zu wählen.

Dagegen ist zweierlei einzuwenden: Erstens ist es zwar richtig, daß griechisches οἱ πολλοὶ eine Gesamtheit bezeichnet, so als ob ich auf deutsch „die vielen“ sagte. Dabei rührt die Konnotation einer Gesamtheit jedoch vom bestimmten Artikel her, nicht vom Begriff πολλοί. Es wird eben nicht jener Begriff verwendet – „alle“, griechisch πάντες –, der selber eine Gesamtheit ausdrückt. Das ist semantisch immerhin ein erheblicher Unterschied.

Denn wo dieses οἱ πολλοί verwendet wird, drückt es aus, daß eine große Zahl gemeint ist, während πάντες auch schon auf eine Gesamtheit von dreien oder vieren angewendet werden kann; welche Gesamtheit gemeint ist, ergibt sich erst aus dem Kontext, es ist also keineswegs a priori klar, daß etwa von der ganzen Menschheit die Rede sei.
Die einzig zutreffende deutsche Übersetzung wäre also „die vielen“, nicht aber „alle“. Die französische Fassung käme dem immerhin nahe – wenn denn im Griechischen der bestimmte Artikel stünde.

Dies ist aber – und darin besteht der zweite Einwand – nicht der Fall. In der griechischen Version der Wandlungsworte wird tatsächlich überhaupt kein Artikel gebraucht, weder in der Liturgie noch in der Schrift; es heißt schlicht ὑπὲρ πολλῶν – eben pro multis oder »für viele«.

(Vollständig über den Kelch: Πίετε ἐξ αὐτοῦ πὰντες· τοῦτὸ ἐστι τὸ αἷμά μου, τὸ τῆς καινῆς διαϑήκης, τὸ ὑπὲρ ὑμῶν καὶ πολλῶν ἐκχυνόμενον εἴς ἄϕεσιν ἁμαρτιῶν. Entsprechend kirchenslawisch ӡа мнѡгїѧ; vollständig: Пιйтє ѡт нєѧ вси, сїѧ єсть кровь моѧ новагѡ ӡавѣта, яжє ӡа вы и ӡа мнѡгїѧ иӡливаємаѧ, во ѡставлєнїє грѣхѡвъ.)

Es ergibt sich somit, daß auch das französische »pour la multitude« mit bestimmtem Artikel schlicht falsch ist, ebenso wie im Deutschen „die vielen“ falsch wäre. Philologisch darum läßt sich weder das „für alle“ noch ein eventuell alternatives „für die vielen“ begründen.
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Edith
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Beitrag von Edith »

darf ich mal eine untheologische Hausfrauendeutung anbieten?

Allen angeboten, von vielen angenommen.....

ob da ein Artikel vor dem griechischen Wort steht, entzieht sich meiner Kenntnis.... (ich weiß auch nicht, wie gut Gott griechisch kann :lol: )
aber so wie ich ihn kenne, vergießt er sein Blut für alle, bietet allen das Heil an.
Das Problem ist, daß es nicht alle haben wollen.....

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Edith hat geschrieben:»Allen angeboten, von vielen angenommen«
Sag ich doch, Edith. Deswegen sind theologisch-dogmatische Argumente in dieser Frage ja nicht entscheidend. Die Frage ist: Wie muß der Wortlaut nach der Überlieferung sein? Das ist eine philologische Frage. Antwort siehe oben.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Nachdem Cicero darauf hingewiesen hatte, daß im gr. der Artikel fehlt, habe ich selbst nochmals nachgeschaut, und ich war nicht wenig überrascht, daß er dort fehlte, - hatte ich es doch anders in Erinnerung.
Aus philologischer Sichtist damit klar, daß pro multis bzw. für viele die angemessene Übersetzung ist.

Josef Ernst schreib im Kommentar des RNT:
...Wie der Bund Gottes mit seinem Volk Israel im Blut von geopferten Tieren gesiegelt worden ist ..., so der Bund mit dem neuen Gottesvolk durch das Blut Jesu "Im Herrenmahl verdankt sich die Jüngergemeinde als neugeschaffene Bundesgemeinschaft dem Tod Jesu, den Markus offenkundig als 'Bundesopfer' verstand" ....
Mk hat diesen soteriologischen Aspekt einmal durch das Bild des vergossenen Blutes, das im rabbinischen Verständnis des Bundesschlusses als Sühnehandlung gedeutet worden ist ..., dann aber auch durch die Gottesknechtvorstellung, welche den Stellvertretungsgedanken stärker betont ..., zum Ausdruck gebracht. Ob zusätzlich auch noch die Vorstellung vom leiden Gerechten ... mit hineinspielt, kann angesichts der Unschärfe des Ausdrucks und der nur angedeuteten Sprache nicht mehr ausgemacht werden. Die Sinndeutung des Ausdrucks "viele" muß zunächst sicher von den partikularistischen Denkvoraussetzungen des Gottesknechtsliedes (trotz gegenläufiger Tendenzen!) ausgehen und auf "die Gesamtheit der Sünder Israels" ... bezogen werden. Für Mk liegt freilich trotz der Beibehaltung der archaischen Sprachform ein universeles Verständnis nahe. Bei Paulus und LK noch greifbare Beschränkung auf die Mahlteilnehmer ("für euch") ist durch eine weitergehende Perspektive überholt. Im Blick auf den beherrschenden Bundesgedanken eröffnet sich damit aber eine Ausweitung über das alte Volk der Erwählung hinaus. Daß sich das Selbstverständnis des neuen Gottesvolkes hier niedergeschlagen hat, ist unbestritten. Aber Jesus selbst hat, sofern ihm der Bundesgedanke zuzusprechen ist, über die Grenzen Israels hinausgeblickt. Der Gedanke der Herrschaft Gottes, der in dem Begriff des "Neuen Bundes" (ähnlich wie in dem "Reich Gottes") mitschwingt, setzt auch für Jesus einen umfassenderen Sinn voraus...


Quelle: J. Ernst: Das Ev. nach Markus, 417 (RNT).
(Die Auslassungspunkte sind keine eigentlichen Textkürzungen im Kommentar, sondern stehen für die aus dem Text nicht übernommenen Schriftverweise/Verweise auf Sek.-Lit.)
Gruß Jürgen

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Lupus
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Beitrag von Lupus »

In den IK-Nachrichten vom Dezember 2003:
"Die Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia" ist nachträglich an einer theologisch höchst bedeutsamen Stelle geändert worden.
In Nr. 2 der unter dem Datum 17. April 2003 veröffentlichten Enzyklika heißt es :" Dann nahm er (Christus) den Kelch mit Wein in seine Hände und sagte zu ihnen: Nehmet und trinket alle daraus. das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden...." (Deinde... et pro omnibus...)
Gegen diese Textverfälschung der Hl. Schrift erhob sich heftiger Protest mit der Bitte an den Papst, die Textverfälschung bis zur Publikation im offiziellen Organ "Acta apostolicae Sedis" korrigieren zu lassen.....

Es ist möglich, bisweilen sogar geboten, auch bei römischen Texten um Korrekturen zu bitten, wenn sie so mißverständlich sind, daß sie zu Verfälschungen der Glaubenslehre benutzt werden können oder im Widerspruch zur ungebrochenen Tradition der Kirche stehen...."

Firminus
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Vielen Dank für den Hinweis, Firminus. Tatsächlich steht hier im lateinischen Original pro omnibus, und dies obendrein als vorgebliches Zitat. Diese betrügerische Fälschung mit der Unterschrift des römischen Bischofs war mir bisher entgangen. Ich gestehe, ich bin perplex. Vor den Kopf geschlagen. Das wirft sehr grundsätzliche Fragen auf, über die nachzudenken ich noch Zeit brauche.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich bin froh und erleichtert, nachtragen zu können, daß ich obigen Hinweis, der die Sache etwas verkürzt darstellte, mißverstanden habe. Nachdem ich mich nun sachkundig gemacht habe, kann ich folgendes mitteilen: In der ursprünglich veröffentlichten lateinischen Originalfassung der Enzyklika Ecclesiae de eucharistia stand als Wiedergabe der Wandlungsworte tatsächlich die Formulierung pro omnibus; dies ist jedoch in der amtlichen, also authentischen lateinischen Ausgabe in den Acta Apostolicæ Sedis korrigiert worden: Dort steht nun korrekt pro multis.

Die vatikanische Internetseite ist allerdings noch nicht berichtigt worden: Dort steht nach wie vor der falsche Text.
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Leguan
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Vatikan: Pro Multis = Für Viele

Beitrag von Leguan »

Roma locuta, causa finita.
Nach 40 Jahren Kopf-in-den-Sand-Stecken ist jetzt eine Entscheidung gefallen. "Pro Multis" darf in Zukunft nur noch als "Für Viele" übersetzt werden. Hier der Originalbrief. Eine etwas längere Abhandlung über die Thematik gibt's hier.

Ich habe das nie verstanden. Wie kann man hier, im heiligsten Moment des kirchlichen Geschehens, Jesus Worte in den Mund legen, die er nicht gesagt hat? Wieso zwingt man die Priester mehr oder minder dazu, zu lügen?

Nun, zumindest ist jetzt eine Entscheidung gefallen. Und abgesehen davon, wie positiv die Entscheidung an sich ist, zeigt sie etwas ganz wichtiges: Papst Benedikt hört sich zwar alle an, ist aber bereit, seine Entscheidungen auch gegen alle Widerstände zu fällen. Die Amerikanischen Bischöfe haben noch vor ein paar Monaten gemeint, die beste Übersetzung(!) von "pro multis" sei "for all". Angeblich hat auch Kardinal Levada darauf gedrängt, "for all" zu belassen. Wie die Antwort der DBK auf die Anfrage des Vatikan ausgesehen hat, können wir uns wohl denken. Aber die Entscheidung kam trotzdem.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Man sehen, wie sich das in Deutschland gestalten wird.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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Walter
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Beitrag von Walter »

kreuznet hat geschrieben:Vatikan. Die gegenwärtig in vielen Ländern verwendete Übersetzung der Konsekrationsworte muß zukünftig geändert werden. Das gab der US-Nachrichtendienst ‘CWN’ bekannt. Gegenwärtig sagt der Priester bei der Kelchkonsekration: „das für euch und für alle vergossen wird“. In Zukunft wird die Übersetzung lauten: „das für euch und für viele vergossen wird“. „Für viele“ ist die wörtliche Übersetzung des lateinischen und griechischen Originaltextes. Der Präfekt der Gottesdienstkongregation, Francis Kardinal Arinze soll die Präsidenten der weltweiten Bischofskonferenzen bereits über die Entscheidung des Vatikans informiert haben.
Nun hat es also 40 Jahre gedauert, ein innerkatholisches Problem zu lösen, von dem kein Mensch eigentlich richtig weiß, wie es überhaupt zustande gekommen ist. Kein orthodoxer Theologe käme wohl auf die Idee, aus pädagogischen Gründen die Worte Jesu zu verdrehen, ebenso wenig ein ernst zu nehmender evangelischer (damals zumindest noch, als die Mütter und Väter der "Bibel in gerechter Sprache" noch im Sandkasten spielen oder gar nicht geboren waren, ernst zu nehmen ist das zwar heute immer noch nicht, aber leider von der breiten Masse unterstützt). Die Protestanten belassen es sogar nach Lukas (und Paulus) bei "für euch" (ohne Zusatz), denn das "für euch und für viele" ist ja eigentlich eine Zusammensetzung aus den Evangelien von Lukas und Matthäus.

Ich habe bislang noch nie eine offizielle Begründung des Vatikans für das "pro omnibus/for all/für alle" gehört. Es wurde immer nur (wohlwollend) gemutmaßt, etwa so:
P. Franz Prosinger hat geschrieben:
  • Jesus habe hebräisch und aramäisch gesprochen; man müsse versuchen, den Urtext zu rekonstruieren, der dem griechischen bzw. lateinischen Text des Neuen Testaments zugrundeliege.
  • Im Deutschen wie im Griechischen und Lateinischen bedeute - im Unterschied zum Hebräischen - "viele" stets "nicht alle".
  • Im Hebräischen gebe es keinen Ausdruck für "alle einzelnen", dafür stehe ein Wort, das sowohl "viele" als auch "alle" bezeichne.
    Zum anderen werden theologische Begründungen angeführt:
  • Das Wort "pro multis" zitiere Isaias Kapitel 52 und 53, wo alle gemeint seien.
  • Im Römerbrief (Kapitel 5) würden "die vielen" und "alle" gleichgesetzt.
  • Weiterhin sei auf Joh 6,51; 2 Kor 5,19f und 2 Tim 2,5 zu verweisen.
Danke, lieber Leguan, für die Eröffnung des Themas und den ausführlichen Artikel von P. Prosinger dazu.
Leguan hat geschrieben:Wie die Antwort der DBK auf die Anfrage des Vatikan ausgesehen hat, können wir uns wohl denken. Aber die Entscheidung kam trotzdem.
Momentan ist es unter euch Katholiken ja Mode, den Ruf der eigenen Bischöfe so weit irgendwie möglich zu schädigen (ihr glaubt gar nicht, wie viele Protestanten sich insgeheim darüber freuen). Mittlerweile reicht es ja schon aus, "sich zu denken", was sie wieder schreckliches von sich gegeben haben könnten. Es wäre für die Diskussion (und das Ansehen der Katholische Kirche) aber besser, mit solchen pauschalen Mutmaßungen etwas zurückhaltender zu sein, und sich statt dessen auf nachweisbar Fakten zu konzentrieren.

Ich wüsste auch gar nicht, was denn die DBK dagegen groß vorbringen könnte und eigentlich ist diese Entscheidung ja auch in ihrem Interesse, weil so den "Gültigkeitszweiflern" des NOM ihr wichtigstes Argument genommen wird (wenn es überhaupt jemals ein ernstzunehmendes Argument gewesen war, s. unten). Abgesehen davon frage ich (auch hier ins Forum), ob es denn wirklich irgendetwas gibt, was für das "pro omnibus" und gegen folgende vortreffliche Zusammenfassung von P. Prosinger:
P. Franz Prosinger hat geschrieben:Zusammenfassung:
Nach alledem muß man also das "pro multis" mit einem artikellosen "für viele" übersetzen, womit die im biblischen Kontext anklingenden Aspekte - "es sind nicht wenige", "niemand ist von vornherein ausgeschlossen", "es könnten sogar alle sein", "es können aber auch nur viele sein" - darin möglicherweise enthalten sind, ohne daß man sich auf eine Deutung festlegt, wozu wir aufgrund der überlieferten Worte keine Berechtigung haben.
Wer "für alle" sagt, kann damit sicher einen richtigen, auch in 1 Tim 2,5 bezeugten Aspekt meinen, doch kann er nicht wissen, ob es der Aspekt ist, den der Herr in den Abendmahlsworten zum Ausdruck bringen wollte.

Bei der Frage nach der richtigen Übersetzung des "pro multis" geht es nicht in erster Linie um die Gültigkeit der Wandlung, sondern um die Frage der Ehrfurcht gegenüber dem Testament Christi.
Dieses Testament ist uns nur in griechischer Sprache überliefert. Außerdem hat das Trienter Konzil die lateinische Übersetzung der Vulgata als dogmatisch zuverlässig bestätigt. Das griechische "polloi" ebenso wie das lateinische "multi" haben genau dieselbe Bedeutung wie das deutsche "viele".
Was berechtigt uns, abweichend von der gesamten Tradition in Ost und West, aus einem unbekannten "Urtext" neu zu übersetzen, den wir aufgrund vermutlich irriger Mutmaßungen selbst "rekonstruiert" haben?
(Die Frage nach den "dogmatisch zuverlässigen" Übersetzungsfehlern der Vulgata würde ich hier mal ausklammern.)
γενηθήτω το θέλημά σου·

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

"Für Alle" - das ist vom Geist und Götzen Assisis nicht zu trennen.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Ecce Homo
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Beitrag von Ecce Homo »

Ewald Mrnka hat geschrieben:"Für Alle" - das ist vom Geist und Götzen Assisis nicht zu trennen.
:roll: Ach, weißt du - wenn jemand wirklich beim Aussprechen des "pro xxx"/"für xxx" daran denken will, dann tut er das trotzdem - das hängt dann von diesem Wort nicht ab...
und das wirst du dann auch nicht merken...

Woher willst du wissen, dass ein Priester in der lateinischen (stillen) Messe immer genau das richtige "denkt" und "flüstert"? :/ :roll:
User inaktiv seit dem 05.06.2018.
Ihr seid im Gebet ... mal schauen, ob/wann ich hier wieder reinsehe ...

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Ecce Homo hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:"Für Alle" - das ist vom Geist und Götzen Assisis nicht zu trennen.
:roll: Ach, weißt du - wenn jemand wirklich beim Aussprechen des "pro xxx"/"für xxx" daran denken will, dann tut er das trotzdem - das hängt dann von diesem Wort nicht ab...
und das wirst du dann auch nicht merken...

Woher willst du wissen, dass ein Priester in der lateinischen (stillen) Messe immer genau das richtige "denkt" und "flüstert"? :/ :roll:
Darum geht es überhaupt nicht, es geht darum, daß man aus ideologischen Gründen und ganz bewußt die Wandlungsworte verfälscht hat. Seit Jahrzehnten. Von Modernisten.

Aber der Herr Lehmann wird es schon richten, daß alles beim alten bleibt.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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Tobias
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Beitrag von Tobias »

Es gibt nun schon einige meinungen, dass die neue Messe nun ungültig wegen dieses "Fehlers" ist. Ich würde nicht so weit gehen, aber as muss den Liturgiereformern doch damals aufgefallen sein, oder?
Warum kocht das alles jetzt wieder hoch?
Amor dei usque ad contemptum sui!

Dies irae, dies illa solvet saeclum in favilla: teste David cum Sybilla.
Quantus tremor es futurus, quando Judex est venturus, cuncta stricte discussurus!

Sakristan
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Beitrag von Sakristan »

Tobias hat geschrieben:Es gibt nun schon einige meinungen, dass die neue Messe nun ungültig wegen dieses "Fehlers" ist.
Warum kocht das alles jetzt wieder hoch?
Huch! Bin ich jetzt in Heidenkind :shock:

Und das nur weil 2 Worte (angeblich) falsch waren? :hmm:
Ever tried, ever failed, no matter;
Try again, fail again, fail better. (Samuel Beckett)

Petra
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Beitrag von Petra »

Sakristan hat geschrieben: Huch! Bin ich jetzt in Heidenkind :shock:
Bild Nein, sicher nicht.

diluculum
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Beitrag von diluculum »

eine weiter Quelle: http://www.kath.net/detail.php?id=15250 und da kommt sicher noch mehr...

im OriginalVigilate

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich bin mal so frei, den Text eines Leserbriefs hierher zu setzen, den ich am 18. Juli 1997 für die Deutsche Tagespost verfaßt habe:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sehr geehrte Damen und Herren,

auf die Gefahr hin, des einen oder andern Lesers Geduld arg zu strapazieren, möchte ich der schier endlosen Debatte um das pro multis der Wandlungsworte eine weitere Wortmeldung beifügen; „für viele“ oder „für alle“, das ist die Gretchenfrage, an die mancher seine Seligkeit gehängt zu haben scheint.

Zunächst zum philologischen Aspekt der Frage. Vorab eine Klarstellung, zumal allenthalben mit deutschen, lateinischen, griechischen, aramäischen und französischen Versionen jongliert wird: Maßgeblich ist in der Lateinischen Kirche allein der lateinische Text des Meßbuchs, nicht etwa der Bibeltext. Immerhin ist die Liturgie älter als die Heilige Schrift. Gleichwohl beruhen beide auf demselben Fundament, dem Zeugnis der Apostel. Insofern ist auch der Blick in den biblischen Text berechtigt. Auch hier gilt aber, daß maßgeblich in der Lateinischen Kirche allein der approbierte lateinische Text ist, nicht der griechische Urtext. Dies zur rechten Einordnung der nachfolgenden Ausführungen. – Was die Überlegungen betrifft, welche Worte Jesus damals denn auf aramäisch tatsächlich – im Original sozusagen – gebraucht habe, so sind sie zwar interessant, führen in der hier zu erörternden Frage aber nicht weiter; es ist noch nicht einmal bewiesen – nur sehr wahrscheinlich –, daß er sich beim letzten Abendmahl, als er die Eucharistie und das Priesteramt einsetzte, überhaupt des Aramäischen bedient habe, denn einerseits beherrschte er gewiß das Griechische, andererseits könnte auch Hebräisch als jüdische Kultsprache in Betracht kommen.

Maßgeblich also ist das Latein, und dort heißt es pro multis, nie und nirgends pro omnibus. Also „für viele“, nicht „für alle“. Die heute übliche, approbierte deutsche Fassung ist also eine Fehlübersetzung und darum zu revidieren. Basta! Damit könnte man die Diskussion beenden. Dennoch – die philologischen Einwände verdienen es, ernst genommen zu werden. Gelegentlich wird ins Feld geführt, daß das Lateinische auf Grund seines Mangels an Artikeln griechische Texte mitunter nicht exakt wiederzugeben vermöge; in der Tat kennzeichnet im Griechischen – ähnlich wie im Deutschen – der Artikel die bestimmte oder unbestimmte Geltung eines Nomens. Auf lateinisch wird diese Unterscheidung meist erst durch den weiteren Kontext deutlich. Konkret wird nun behauptet – von ebenso hochwürdigen wie hochgelehrten Prälaten etwa habe ich es so vernommen –, das griechische οἱ πολλοί – wörtlich „die vielen“, also mit bestimmtem Artikel – bedeute „alle“, während das artikellose πολλοὶ unserem „viele“ entspreche. Da nun das Latein keinen Artikel kenne, übersetze es beides schlicht mit multi, was jedoch im ersteren Falle falsch sei: Dort müsse es korrekterweise omnes heißen. Bemerkenswerterweise hat die französische Fassung pour la multitude („für die Vielheit, für die Menge“), womit dem genannten Argument Rechnung getragen werde soll, daß es wörtlich korrekt „die vielen“ heiße, ohne aber textentstellend ein andere Vokabel – nämlich „alle“ – zu wählen.

Dagegen ist zweierlei einzuwenden: Erstens wird in der griechischen Version der Wandlungsworte überhaupt kein Artikel gebraucht, weder in der Liturgie noch in der Schrift; es heißt schlicht ὑπὲρ πολλῶν oder περὶ πολλῶν – eben pro multis oder „für viele“. Auch das französische pour la multitude mit bestimmtem Artikel ist also schlicht falsch. Zum andern ist es zwar richtig, daß griechisches οἱ πολλοὶ eine Gesamtheit bezeichnet, so als ob ich auf deutsch „die vielen“ sagte, es wird aber dennoch eine vom Begriff „alle“ – griechisch πάντες – verschiedene Vokabel gebraucht, so daß die einzig zutreffende deutsche Übersetzung „die vielen“ wäre, nicht aber „alle“. Die französische Fassung käme dem also immerhin nahe, wenn denn im Griechischen der bestimmte Artikel stünde. Wo dieses οἱ πολλοὶ verwendet wird, drückt es immerhin aus, daß eine große Zahl gemeint ist, während πάντες auch schon auf eine Gesamtheit von dreien oder vieren angewendet werden kann; welche Gesamtheit aber gemeint ist, ergibt sich erst aus dem Kontext, es ist also keineswegs a priori klar, daß etwa von der ganzen Menschheit die Rede sei. Wie auch immer, in den Wandlungsworten ist recht indifferent nur von „vielen“ die Rede. Philologisch läßt sich also weder das „für alle“ noch ein eventuell alternatives »für die vielen« begründen.

Damit kommen wir zur dogmatischen Seite der Frage. Von Verfechtern des „für alle“ wird behauptet, Jesus habe sein Blut doch für alle vergossen, nicht bloß für viele, darum müsse man, um den wahren Glauben richtig auszudrücken, eben „für alle“ sagen. Solche Argumentation offenbart allerdings eine erschreckende Mißachtung der eigenen Worte Christi, wie sie von der Liturgie der Kirche und von den inspirierten Evangelisten treulich überliefert sind, ja sie stellt die Kirche nicht bloß der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart – denn in der lateinischen Fassung steht ja nach wie vor pro multis – wenigstens implicite unter Häresieverdacht. Wie absurd eine solche Haltung ist, braucht nicht eigens dargelegt zu werden; sie wandelt selbst gefährlich nah am Rand der Häresie.
Leider hört man von der „Gegenseite“ (zum Teil sedisvakantistischer Provenienz) mitunter Argumente, die nicht besser sind. Wohl um Irrlehren von einer „Apokatastasis“ abzuwehren, einer Allversöhnung am Ende der Dinge, nach der es keine Verdammnis mehr geben soll – schon der Erzketzer Origenes hatte solches behauptet, und viele suchen heute nach derlei Ohrenkitzel –, wird da suggeriert, Jesus habe sein Blut eben nicht für alle vergossen, sondern bloß für die, die gerettet werden, und dies seien nun einmal nicht alle, vielmehr fielen diejenigen, die die Erlösung nicht annähmen, der Verdammnis anheim. – Zwar ist die Hölle real, es gibt auf ewig Verdammte, und wer von der massa damnationis spricht, hat viele große Heilige zu Zeugen; soweit haben sie recht. Gleichwohl stehen sie mitten in der Häresie, die mit solchen Argumenten gegen das „für alle“ zu Felde ziehen, denn sie bezichtigen letztlich die beständige Lehre der Kirche, ja die Heilige Schrift selbst des Irrglaubens. Jesus Christus hat in Wahrheit sein Blut für alle vergossen. Das ist immer wieder von Ketzern bestritten worden, immer wieder hat die Kirche dagegen die gesunde Lehre dargelegt; am klarsten vielleicht in der Erklärung der Synode von Quierzy (Concilium Carisiacum) aus dem Jahre 853 »Über den freien Willen des Menschen und über die Vorherbestimmung«. Es lohnt sich, diese Erklärung insgesamt zu lesen:

»1. Gott der Allmächtige hat den Menschen ohne Sünde, rechtschaffen und mit freiem Willen ausgestattet erschaffen und ins Paradies gestellt; er wollte, daß dieser in der Heiligkeit der Gerechtigkeit bleibe. Weil der Mensch von dem freien Willen übel Gebrauch machte, sündigte er und ist gefallen und ward zur „Masse der Verdammnis“ [vgl. Augustinus, Epist. 190,3,9; ders., De dono perseverantiæ 14,35] des ganzen menschlichen Geschlechts. Der gute und gerechte Gott aber hat aus eben dieser Masse der Verdammnis gemäß seinem Vorherwissen erwählt, welche er durch die Gnade vorherbestimmt hat [Rm 8,29 ff.; Eph 1,11] zum Leben, und hat ihnen das ewige Leben vorherbestimmt; von den übrigen jedoch, die er durch gerechtes Urteil in der Masse der Verdammnis beließ, wußte er vorher, daß sie ins Verderben gehen würden, aber er hat ihnen nicht vorherbestimmt, ins Verderben zu gehen; doch er hat ihnen, weil er gerecht ist, ewige Strafe vorherbestimmt. Und darum sagen wir, daß es nur eine einzige Vorherbestimmung gibt, die entweder auf das Geschenk der Gnade abzielt oder auf gerechte Vergeltung.

»2. Die Freiheit des Willens haben wir im ersten Menschen verloren, und wir haben sie durch Christus unsern Herrn empfangen; wir haben sowohl den freien Willen zum Guten, unter Vorausgang und Hilfe der Gnade, als auch den freien Willen zum Bösen in Ermangelung der Gnade. Den freien Willen aber haben wir, weil er durch die Gnade befreit und durch die Gnade von der Verdorbenheit geheilt ist.

»3. Gott der Allmächtige „will, daß alle Menschen“ ohne Ausnahme „gerettet werden“ [I Tim 2,4], wiewohl nicht alle gerettet werden. Daß aber manche gerettet werden, ist Geschenk dessen, der rettet; daß hingegen manche ins Verderben gehen, ist das Verdienst derer, die ins Verderben gehen.

»4. Wie es keinen Menschen gibt, gab oder geben wird, dessen Natur in Christus Jesus unserm Herrn nicht angenommen wäre, so gibt, gab und wird es keinen Menschen geben, für den er nicht gelitten hätte, wiewohl nicht alle durch das Mysterium seines Leidens erlöst werden. Daß nun aber nicht alle durch das Mysterium seines Leidens erlöst werden, liegt nicht an der Größe und Fülle des Lösepreises, sondern ist denen anzulasten, die untreu sind und nicht glauben mit dem Glauben, „der durch die Liebe wirkt“ [Gal 5,6]. Denn der Kelch des menschlichen Heils, welcher bereitet ist aus unserer Schwäche und göttlicher Kraft, hat es zwar an sich, allen zu nützen; doch wenn er nicht getrunken wird, heilt er nicht.« (DS 621 – 624; Übersetzung des Verfassers).

Es ist also dogmatisch völlig korrekt, die Formel „für alle“ zu gebrauchen. Ob es auch opportun ist, das ist eine andere Frage – die ich entschieden verneine. Gleichwohl muß in der Debatte berücksichtigt werden, daß auch die volkssprachlichen Meßbücher, die sich für jenes „für alle“ entschieden haben, von Rom approbiert sind. Man darf, ja man soll sich für eine Revision der fehlerhaften Übersetzungen einsetzen, und nicht nur hier: An anderen Stellen wird man noch viel „dickere Hunde“ finden. Aber stets mit Liebe zur Kirche!

Mit freundlichem Gruß
Robert Ketelhohn
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Sakristan
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Beitrag von Sakristan »

Petra hat geschrieben:
Sakristan hat geschrieben: Huch! Bin ich jetzt in Heidenkind :shock:
Bild Nein, sicher nicht.
Liebe Petra.
Da bin ich aber SEHR beruhigt :ja:
Ever tried, ever failed, no matter;
Try again, fail again, fail better. (Samuel Beckett)

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

Walter hat geschrieben:
kreuznet hat geschrieben:Vatikan. Die gegenwärtig in vielen Ländern verwendete Übersetzung der Konsekrationsworte muß zukünftig geändert werden. Das gab der US-Nachrichtendienst ‘CWN’ bekannt. Gegenwärtig sagt der Priester bei der Kelchkonsekration: „das für euch und für alle vergossen wird“. In Zukunft wird die Übersetzung lauten: „das für euch und für viele vergossen wird“. „Für viele“ ist die wörtliche Übersetzung des lateinischen und griechischen Originaltextes. Der Präfekt der Gottesdienstkongregation, Francis Kardinal Arinze soll die Präsidenten der weltweiten Bischofskonferenzen bereits über die Entscheidung des Vatikans informiert haben.
Nun hat es also 40 Jahre gedauert, ein innerkatholisches Problem zu lösen, von dem kein Mensch eigentlich richtig weiß, wie es überhaupt zustande gekommen ist. Kein orthodoxer Theologe käme wohl auf die Idee, aus pädagogischen Gründen die Worte Jesu zu verdrehen, ebenso wenig ein ernst zu nehmender evangelischer (damals zumindest noch, als die Mütter und Väter der "Bibel in gerechter Sprache" noch im Sandkasten spielen oder gar nicht geboren waren, ernst zu nehmen ist das zwar heute immer noch nicht, aber leider von der breiten Masse unterstützt). Die Protestanten belassen es sogar nach Lukas (und Paulus) bei "für euch" (ohne Zusatz), denn das "für euch und für viele" ist ja eigentlich eine Zusammensetzung aus den Evangelien von Lukas und Matthäus.

Ich habe bislang noch nie eine offizielle Begründung des Vatikans für das "pro omnibus/for all/für alle" gehört. Es wurde immer nur (wohlwollend) gemutmaßt, etwa so:
P. Franz Prosinger hat geschrieben:
  • Jesus habe hebräisch und aramäisch gesprochen; man müsse versuchen, den Urtext zu rekonstruieren, der dem griechischen bzw. lateinischen Text des Neuen Testaments zugrundeliege.
  • Im Deutschen wie im Griechischen und Lateinischen bedeute - im Unterschied zum Hebräischen - "viele" stets "nicht alle".
  • Im Hebräischen gebe es keinen Ausdruck für "alle einzelnen", dafür stehe ein Wort, das sowohl "viele" als auch "alle" bezeichne.
    Zum anderen werden theologische Begründungen angeführt:
  • Das Wort "pro multis" zitiere Isaias Kapitel 52 und 53, wo alle gemeint seien.
  • Im Römerbrief (Kapitel 5) würden "die vielen" und "alle" gleichgesetzt.
  • Weiterhin sei auf Joh 6,51; 2 Kor 5,19f und 2 Tim 2,5 zu verweisen.
Danke, lieber Leguan, für die Eröffnung des Themas und den ausführlichen Artikel von P. Prosinger dazu.
Leguan hat geschrieben:Wie die Antwort der DBK auf die Anfrage des Vatikan ausgesehen hat, können wir uns wohl denken. Aber die Entscheidung kam trotzdem.
Momentan ist es unter euch Katholiken ja Mode, den Ruf der eigenen Bischöfe so weit irgendwie möglich zu schädigen (ihr glaubt gar nicht, wie viele Protestanten sich insgeheim darüber freuen). Mittlerweile reicht es ja schon aus, "sich zu denken", was sie wieder schreckliches von sich gegeben haben könnten. Es wäre für die Diskussion (und das Ansehen der Katholische Kirche) aber besser, mit solchen pauschalen Mutmaßungen etwas zurückhaltender zu sein, und sich statt dessen auf nachweisbar Fakten zu konzentrieren.

Ich wüsste auch gar nicht, was denn die DBK dagegen groß vorbringen könnte und eigentlich ist diese Entscheidung ja auch in ihrem Interesse, weil so den "Gültigkeitszweiflern" des NOM ihr wichtigstes Argument genommen wird (wenn es überhaupt jemals ein ernstzunehmendes Argument gewesen war, s. unten). Abgesehen davon frage ich (auch hier ins Forum), ob es denn wirklich irgendetwas gibt, was für das "pro omnibus" und gegen folgende vortreffliche Zusammenfassung von P. Prosinger:
P. Franz Prosinger hat geschrieben:Zusammenfassung:
Nach alledem muß man also das "pro multis" mit einem artikellosen "für viele" übersetzen, womit die im biblischen Kontext anklingenden Aspekte - "es sind nicht wenige", "niemand ist von vornherein ausgeschlossen", "es könnten sogar alle sein", "es können aber auch nur viele sein" - darin möglicherweise enthalten sind, ohne daß man sich auf eine Deutung festlegt, wozu wir aufgrund der überlieferten Worte keine Berechtigung haben.
Wer "für alle" sagt, kann damit sicher einen richtigen, auch in 1 Tim 2,5 bezeugten Aspekt meinen, doch kann er nicht wissen, ob es der Aspekt ist, den der Herr in den Abendmahlsworten zum Ausdruck bringen wollte.

Bei der Frage nach der richtigen Übersetzung des "pro multis" geht es nicht in erster Linie um die Gültigkeit der Wandlung, sondern um die Frage der Ehrfurcht gegenüber dem Testament Christi.
Dieses Testament ist uns nur in griechischer Sprache überliefert. Außerdem hat das Trienter Konzil die lateinische Übersetzung der Vulgata als dogmatisch zuverlässig bestätigt. Das griechische "polloi" ebenso wie das lateinische "multi" haben genau dieselbe Bedeutung wie das deutsche "viele".
Was berechtigt uns, abweichend von der gesamten Tradition in Ost und West, aus einem unbekannten "Urtext" neu zu übersetzen, den wir aufgrund vermutlich irriger Mutmaßungen selbst "rekonstruiert" haben?
(Die Frage nach den "dogmatisch zuverlässigen" Übersetzungsfehlern der Vulgata würde ich hier mal ausklammern.)
das mit den bischöfen ist keine momentane mode das liwgt an jenen herren die zur zeit das amt inne haben würde ich meinen

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

Tobias hat geschrieben:Es gibt nun schon einige meinungen, dass die neue Messe nun ungültig wegen dieses "Fehlers" ist. Ich würde nicht so weit gehen, aber as muss den Liturgiereformern doch damals aufgefallen sein, oder?
Warum kocht das alles jetzt wieder hoch?
weil die editio typica von 2000 in die Landessprachen zu übersetzten ist denke ich

diluculum
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Beitrag von diluculum »


Flo77
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Beitrag von Flo77 »

2. There is no doubt whatsoever regarding the validity of Masses celebrated with the use of a duly approved formula containing a formula equivalent to "for all", as the Congregation for the Doctrine of the Faith has already declared (cf. Sacra Congregatio pro Doctrina Fidei, Declaratio de sensu tribuendo adprobationi versionum formularum sacramentalium, 25 Ianuarii 1974, AAS 66 [1974], 661). Indeed, the formula "for all" would undoubtedly correspond to a correct interpretation of the Lord's intention expressed in the text. It is a dogma of faith that Christ died on the Cross for all men and women (cf. John 11:52; 2 Corinthians 5,14-15; Titus 2,11; 1 John 2,2).
Man kann diesen Absatz gar nicht groß genug schreiben.
Viele Grüße

Flo

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

was soll sie auch anderes schreiben es bestätigt voll und ganz der NOM ist sehr zweifelhaft

Flo77
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Beitrag von Flo77 »

ottaviani hat geschrieben:was soll sie auch anderes schreiben es bestätigt voll und ganz der NOM ist sehr zweifelhaft
Bist Du Dir sicher, den Text verstanden zu haben?

Kard. Arinze hat nochmals bekräftigt, daß die Verwendung des "für alle" unzweifelhaft KEINEN Einfluss auf die Gültigkeit der Messe hat.
Viele Grüße

Flo

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

ja das ganze ist äußerst suspekt ich hab schon verstanden keine sorge
da wird zunächst eine falsche übersetzung gutgeheißen dann geschiegt jahrzehnte gar nix obwohldie frage bereits 1971 öffentlich diskutiert wurde jetzt wird gesagt die übersetzung ist falsch aber das macht nix sweil man die konsequenz nicht ziiehen darf
der nom ist absolut suspekt und zu meiden

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