Problem mit letztem Rosenkranzgeheimnis

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Kai
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Problem mit letztem Rosenkranzgeheimnis

Beitrag von Kai »

Die Marienverehrung war für mich eines der Haupthindernisse, die ich überwinden bzw. in meinen Glauben integrieren musste, auf meinem Weg in die Kirche.

Mittlerweile (früher undenkbar) bete ich sogar den Rosenkranz.

Was mir aber doch immer aufstößt, ist das 5. der glorreichen Geheimnisse ("der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat"). Und zwar empfinde ich das eher als selbstbeweihräuchernd, denn als demütig auf den Sohn hinweisend. Gerade als letztes Geheimnis des gesamten Roenkranzes keine Christozentrik, sondern die Glorifizierung eines Geschöpfes und nicht Gottes: ärgerlich.

Außerdem frage ich mich: Wo kommt das her? Wann ist die Krönung Mariens als Himmelskönigin erstmals in der Tradition nachweisbar (bitte nicht einfach nur auf Offb. 12,1 verweisen) und unter welchen Umständen/Einflüssen hat sich diese Lehre entwickelt? Dogmatisch ist sie doch nicht, oder ist sie Teil des Piusschen Dogmas von 1950? aus diesem kann ich nur das 4. g.G. herleiten.

Desweiteren frage ich mich, was bedeutet das überhaupt: "im Himmel gekrönt"?

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Ewald Mrnka
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Re: Problem mit letztem Rosenkranzgeheimnis

Beitrag von Ewald Mrnka »

Kai hat geschrieben:
Desweiteren frage ich mich, was bedeutet das überhaupt: "im Himmel gekrönt"?
Das kommt, soviel ich weiß, aus der Offenbarung des Johannes.

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Kai
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Beitrag von Kai »

Ewald, ich finde es ja nett, dass Du mir helfen willst, aber:
Kai, vorausahnend, hat geschrieben:(bitte nicht einfach nur auf Offb. 12,1 verweisen)

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Das kommt auch aus der jüdischen Tradition. Jesus ist ja "Sohn Davids", König des Volkes Gottes. Die Mütter der Könige waren - wenn ich mich recht erinnere - im alten Israel die Königinnen (es gibt einen guten Text von Scott Hahn zu dem Thema), deshalb folgt die Krönung Mariens aus der Königsherrschaft Christi.

Übrignes ist auch Mariens Rolle als Fürsprecherin schon im AT durch die Beziehung zwischen David und seiner Mutter vorgezeichnet. Ich weiß allerdings nicht mehr so genau, wo der Text im AT zu finden ist.

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Kai
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Beitrag von Kai »

Danke Dirk. Ja, diese Typologiegeschichte habe ich auch gelesen (Scott Hahn: Königin des Himmels). Ist das eine Theorie, oder der ganze Hintergrund?

Aber was bedeutet das jetzt für uns/die Kirche? Und dann noch an so exponierter Stelle, letztes glorreiches Geheimnis und somit Abschluss des Rosenkranzes, da wo man den Hammer erwartet, sozusagen die Conclusio aller Geheimnisse, kommt ausgerechnet dieses Geheimnis. Oder sehe ich da eine Dramaturgie/Hierarchie, die nicht intendiert ist?

Auf jeden Fall stößt mir das jedesmal bitter auf.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Das ist sicherlich nicht die einzige Erklärung, aber ich finde die Wurzeln der Rolle Mariens in den Texten des AT besonders spannend und einleuchtend. Egal, ob es um die Rolle Mariens als Königin, Fürsprecherin oder als Bundeslade geht. Es zeigt die Verbundenheit zwischen neuem und alten Bund und verleiht dem Glauben eine Konsistenz, die mir als Naturwissenschaftler sehr wichtig ist.

Die freudenreichen und die glorreichen Geheimnisse sind ja vor allem Betrachtung des Lebens Jesu aus der Sicht Mariens. Deshalb finde ich es nicht ungewöhnlich, dass der glorreiche Rosenkranz mit der Krönung Mariens endet, also dem Ereignis, wo Maria zu ihrer Vollendung im Himmel gelangt ist. Man kann dieses Geheimnis auch weniger mariazentriert sehen, sondern im Sinne des Magnifikat, also dem "Großes hat der Herr an mir getan", womit auch der Bezug zu unserer erhofften Vollendung im Himmel hergestellt ist.

Marienvereherung ist immer christuszentriert, auch wenn das manchmal nicht explizit gesagt ist. Marienverehrung hat immer das Ziel, Christus besser kennenzulernen, Christus gleich zu werden. Man lässt sich dabei von der Mutter Jesu, also dem Menschen, der Jesus am besten gekannt hat, und die ihn mit ihren Tugenden besonders geprägt hat, zu Jesus führen. Selbst die extreme Form der Marienverehrung, also die Ganzhingabe an Maria, wie sie im "Totus Tuus" von Papst Johannes Paul II. zum Ausdruck kommt, hat Christus zum Ziel, denn Maria behält nichts für sich, sondern sie - und alles was ihr gehört - gehört ganz Gott. Man kann also nicht ganz Maria gehören, ohne ganz Gott zu gehören.

Für viele Menschen ist das eine harte Kost. Aber das muss nicht unbeding schlecht sein, denn das führt dazu, dass man sich mit diesen Dingen ernsthaft auseinandersetzt. Das sage ich als jemand, der sich vor seiner Bekehrung über Maria nur lustig gemacht hat.

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Kai hat geschrieben:Oder sehe ich da eine Dramaturgie/Hierarchie, die nicht intendiert ist?
Das denke ich doch. Es wird glaube ich weniger hierarchisch als mehr chronologisch gemeint sein.

Ich frage mich aber, was du noch für Herleitungen brauchst? Du kennst den geschichtlichen Hintergrund, die Hinweise aus dem AT und den Hinweis aus der Offenbarung. :kratz:

Und das wichtigste: es ist Tradition und Lehre der Kirche. Allein das sollte reichen.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die ältesten Nachweis des Königinnentitels für Maria finde ich – wieder einmal – bei Ephræm dem Syrer (mindestens drei Stellen, zweites Drittel des vierten Jahrhunderts). Dann bei Papst Gregor dem Großen (Ende des sechsten Jahrhunderts) und bei German von Constantinopel (zwei Stellen, Anfang des achten Jahrhunderts).

Bei der einen der beiden Germanus-Stellen handelt es sich um einen Marienhymnus, der von der regina quæ peperit regem spricht (Königin, welche den König gebar). Allerdings ist die Zuweisung beider Stellen nicht ganz sicher, es gibt auch Vorschläge, sie Johannes Chrysostomus oder Johannes Damascenus zuzuschreiben.

Es folgt Andreas von Creta (erstes Drittel achtes Jahrhundert) mit zahlreichen Nachweisen innerhalb ausführlicher, stets auf alttestamentliche Typologie zurückgreifender Darlegungen über das Ave Maria (das hier also bereits liturgisch gebräuchlich war) und über die Entschlafung Mariens. Ganz ähnlich dann mit mehreren Zeugnissen im selben Kontext Johannes Damascenus (erste Hälfte achtes Jahrhundert).

Ferner gibt es eine irrig dem Methodius zugeschriebene Predigt über Simeon und Hanna, in welcher Maria als Königin angeredet wird und die wahrscheinlich von einem anonymen Autor des fünften oder sechsten Jahrhunderts stammt. Ähnlich noch weitere anonym oder pseudonym überlieferte Predigten aus der Zeit bis ins achte Jahrhundert.

Im übrigen lies doch mal die letzten Gesänge von Dantes Paradiso, Kai! ;) So etwa von da ab, wo Bernhard von Beatrice die Führung des Dichters übernimmt.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
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Re: Problem mit letztem Rosenkranzgeheimnis

Beitrag von Stephen Dedalus »

Kai hat geschrieben:Was mir aber doch immer aufstößt, ist das 5. der glorreichen Geheimnisse ("der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat"). Und zwar empfinde ich das eher als selbstbeweihräuchernd, denn als demütig auf den Sohn hinweisend. Gerade als letztes Geheimnis des gesamten Roenkranzes keine Christozentrik, sondern die Glorifizierung eines Geschöpfes und nicht Gottes: ärgerlich.
Hallo Kai,

ich persönlich habe damit keine Probleme, kann aber im Ansatz Deinen Standpunkt nachvollziehen. Du scheinst vor allem Probleme mit dem Begriff der Krönung, den Bildern von Königtum usw. zu haben.

Hilfreich sind vielleicht ein paar Gedanken, die ich bei uns in der Christkönigspredigt gehört habe. An diesem Tag denken wir ja über das Königtum Christi nach. Das Christkönigsfest ist das jüngste Fest der Kirche und zugleich das politisch am wenigsten *korrekte*. Denn wer denkt im Zeitalter von Demokratie, Menschenrechten und freier Selbstbestimmung des Individuums schon noch gerne über Könige nach, die in der Geschichte häufiger schlechte Herrscher als gute Herrscher waren? Wir verbinden in unserer heutigen Geschichtswahrnehmung Königtum häufig mit übersteigerter Glorifierzierung, mit ungerechtem Herrschen, mit sinnloser Despotie.

Das Königtum Christi ist aber von ganz anderer Natur. Seine Krone ist die Dornenkrone. Sein Thron ist das Kreuz. Seine Herrschaft ist zunächst verborgen. Und die Gefolgschaft, die er von seinen Untertanen erwartet, drückt sich nicht in sinnlosem Gehorsam ihm gegenüber aus, sondern darin, daß wir uns der Armen und Schwachen annehmen (vgl. Mt 25). Und noch mehr: Der König Christus verspricht uns, am Ende der Zeiten seine Herrschaft mit uns zu teilen. Das Königtum Christi ist zunächst der Weg in die Niedrigkeit, seine Erhöhung auf dem Thron des Weltenrichters ist nur denkbar, weil der den Weg zum Kreuz gegangen ist.

So kann ich auch das Königtum Marias verstehen. Auch ihr Weg geht zunächst in die Niedrigkeit der Magd, ist ein Weg des Gehorsams und des Leidens (das Schwert, das durch ihre Seele dringt), bevor sie am Schluß die Krone des Lebens empfängt (die uns ja allen verheißen ist!). Sie wird gekrönt, sie krönt sich nicht selbst! Darin weist Maria auch über sich selbst als junge jüdische Frau hinaus. Sie ist Urbild der Kirche und ihre Verherrlichung am Ende ihres Weges ist auch die Vorwegnahme der Verherrlichung der Kirche. Ihre Krone ist auch unsere Krone, die uns verheißen ist (1 Pt 5,4; Jak 1,12; Apc 3,11; Apc 4,4; Apc 2,10).

Vielleicht hilft Dir dieser Blickwinkel ein bißchen, beim Rosenkranz ein weniger mulmiges Gefühl zu haben ...

LG
Stephen

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Kai
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Beitrag von Kai »

Danke für einige gute Denkanstöße!

Stephen Dedalus hat geschrieben:Sie ist Urbild der Kirche und ihre Verherrlichung am Ende ihres Weges ist auch die Vorwegnahme der Verherrlichung der Kirche. Ihre Krone ist auch unsere Krone, die uns verheißen ist
Der Gedanke kam mir gestern (war ja wieder glorreich-Tag :mrgreen:) auch; hatte ihn eigentlich dann doch verworfen, aber jetzt wo ich ihn von jemand anderem höre, vielleicht lag ich doch nicht so falsch. Auf der anderen Seite: Aufnahme in den Himmel = Anschauung Gottes und Gemeinschaft mit ihm, was soll da noch die Krone? (Ja, ich weiß, die Typologie...)


@Robert: Ich bin schwer beeindruckt, wirklich. Danke.


@Dirk: Wie wurdest du vom Marienverächter zum totus tuus-Mitglied? Das ist ja eine gewaltige Kehrtwende.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Kai hat geschrieben: @Dirk: Wie wurdest du vom Marienverächter zum totus tuus-Mitglied? Das ist ja eine gewaltige Kehrtwende.
Jeder hat so seinen Weg. Ich habe die Muttergottes schließlich kennengelernt und, mit ihrer Hilfe zur Kirche zurückgefunden. Eine Kurzversion von meinem Zeugnis gibt es hier.

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