Liturgiereform - Was ist wirklich noetig?

Allgemein Katholisches.
max72
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Liturgiereform - Was ist wirklich noetig?

Beitrag von max72 »

Ich hoffe das ist keine Wiederholung, aber es passte nicht so direkt in die anderen Themen:

Da waren ja einige Kommentare von Euch zur Messe und zur Liturgie, und da hatte ich mir letztens auch einige gedanken gemacht:

Ich muss sagen, dass ich mit Klatschen im Gottesdienst oder gar mit "liturgischem Tanzen" gar nichts anfangen kann. Irgendwie wollen wir heute selbst in der Kirche entertainment, der Pfarrer ist der showmaster. Da lehnen wir uns gemuetlich zurueck und meinen: "So lieber Pfarrer und lieber Gott, jetzt unterhalte mich mal". So ne Art Harald Schmidt show.

Irgendwie ist da die Einstellung falsch. Meine Erfahrung ist, dass gerade Nichtkatholiken oder Nichtchristen viel eher von einer sehr feierlichen Messe beeindruckt sind. Fuer mich ist Liturgie wie eine Sprache in der man etwas ausdrueckt, dass man nicht in Worte fassen kann.

In meiner jetzigen Gemeinde ist ein Priester, da bin ich immer wieder fasziniert wenn er die Messe feiert. Er macht nichts besonderes, die Liturgie wie sie sein soll ohne Experimente. Aber er macht dies mit solch einer Wuerde und Achtsamkeit, dass man wirklich das Gefuehl hat dass dies eine heilige Handlung ist. Andere Priester leiern das Hochgebet im Eiltempo und lieblos herunter...

Was mich dann aber auch gewundert hat: Ich war lange Ministrant und merke erst jetzt, dass zur normalen Sonntagsmesse ein Schuldbekenntnis, das Kyrie, das Gloria und das Credo gehoeren. All das wurde in meiner Heimatgemeinde wohl einfach weggelassen. Oder ich habe Erinnerungsluecken...

Generell aber ist nach dieser Erfahrung mein Eindruck: Das wichtige scheint mir die Glaubwuerdigkeit und die innere Einstellung des Priesters (und der Gemeinde).

Gruesse

Max

Jos.Breuer
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Re: Liturgiereform - Was ist wirklich noetig?

Beitrag von Jos.Breuer »

[quote="max72"]Ich hoffe das ist keine Wiederholung, aber es passte nicht so direkt in die anderen Themen:

Da waren ja einige Kommentare von Euch zur Messe und zur Liturgie, und da hatte ich mir letztens auch einige gedanken gemacht:...................


Lieber max72,

Ich stimme Deinem Beitrag gerne zu.
Vielleicht darf ich noch folgendes hinzufügen:
Für mich ist der springende Punkt der neuen Liturgieform, daß fast überall in den Kirchen der frühere Hochaltar verschwunden und einem schmucklosen Tisch gewichen ist. Während früher mein Blick zum Hochaltar mit dem Tabernakel das Übliche war, sehe ich heute den zelebrierenden Priester von Auge zu Auge. Er zeigt dem zu verehrenden Christus seinen Rücken; während doch die ganze gläubige Gemeinde zum Herrn gewandt die Messe mitfeiert. Das "versus populum" der neuen Lituirgie war in meinen Augen ein großer Fehler. Ich spreche in der hl.Messe doch nicht mit dem Zelebranten, sondern mit dem Herrn Jesus Christus. Viellleicht tut sich in dieser Richtung bald einiges; zu mal auch Kardinal Ratzinger dies bemängelt und Verbesserungen angeregt hat.
Auf bald! und

herzl.-Gruß, Jos.Br.
Herr, Du hast mich erforscht, und Du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, Du weißt von mir. Von fern erkennst Du meine Gedanken........
Du umschließt mich von allen Seiten und legst Deine Hand auf mich. (Ps.139)

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Für mich ist Liturgie - oder vielleicht besser: gelungene Liturgie - nicht primär eine Frage, ob der Priester nun mit dem Gesicht oder mit dem Rücken zur Gemeinde steht. Auch ließe sich auf den Vorwurf, der Priester wende Christus während der Messe den Rücken zu, erwidern, dass dies nur dann gilt, wenn der Tabernakel mit dem Hochaltar zusammenfällt, zudem Christus ja selber sagte: Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. (Mt 18,20. Ein Priester, der nun mit dem Rücken zur Gemeinde steht, wendet er damit nicht auch Christus den Rücken zu, da dieser nach eigenen Worten mitten unter ihnen ist? Ich halte solche Argumentation für wenig fruchtbar.

Ich persönlich bevorzuge Messen, die eigentlich nichts besonderes sein wollen, weder besonders konservativ, noch besonders liberal. Am liebsten gehe ich Donnerstag abend in die Messe der Kapuziner. Da sind ausser den Brüdern vielleicht noch ein oder zwei Dutzend Leute da, es gibt zwar keine Predigt, aber dafür werden aus dem Gotteslob Lieder und Hymnen gesungen - und dank des Vorbilds der Brüder singen wir anderen auch fleissig mit. Ich bin manchmal mit einem richtigen Glücksgefühl aus solchen Messen gegangen, mir war wirklich so, der Herr wäre mitten unter uns gewesen.

Schlechte Liturgie ist für mich eine, bei der die Gemeinde lethargisch in den Kirchenbänken hängt und den Priester vorne am Altar eine One-Man-Show abziehen lässt. Da spielt es keine Rolle, ob die Liturgie "traditionell" oder "modern" ist, für mein Empfinden ist es dann so, als wäre Christus nicht da (ich schreibe absichtlich "für mein Empfinden" - ich weiss natürlich, dass er dennoch da ist, nur kann ich ihn bei solcher Liturgie nicht "sehen").
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

max72
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Re: Liturgiereform - Was ist wirklich noetig?

Beitrag von max72 »

Jos.Breuer hat geschrieben:
max72 hat geschrieben:Ich hoffe das ist keine Wiederholung, aber es passte nicht so direkt in die anderen Themen:

Da waren ja einige Kommentare von Euch zur Messe und zur Liturgie, und da hatte ich mir letztens auch einige gedanken gemacht:...................


Lieber max72,

Ich stimme Deinem Beitrag gerne zu.
Vielleicht darf ich noch folgendes hinzufügen:
Für mich ist der springende Punkt der neuen Liturgieform, daß fast überall in den Kirchen der frühere Hochaltar verschwunden und einem schmucklosen Tisch gewichen ist. Während früher mein Blick zum Hochaltar mit dem Tabernakel das Übliche war, sehe ich heute den zelebrierenden Priester von Auge zu Auge.
Der Wunsch zur alten Liturgie zurueckzukehren, kommt daher, dass die Messe heute so belanglos ist. Aber ich denke das loest nicht das Problem. Wenn dieselben Priester die Messe nach dem alten Ritus feiern, schaffen die es auch da alle Heiligkeit zu entfernen.

Meine Erfahrung ist wie gesagt, wuerdig gefeiert ist die jetzige Liturgie genauso gut wie die alte. Wie das Benedikt in der Regel so schoen sagt, Gott ist ueberall gegenwaertig, aber in der Messe wollen wir uns dessen besonders bewusst sein...

Das Problem sind meiner Meinung all die Experimente; Partyspielchen, die so peinlich sind, dass viele gar nicht wiederkommen, weil jeder Mitmachen muss; Entertainment einlagen als ob ich ne Fernsehshow sehe, wo dann danach alle auch schoen klatschen. Wenn ich Unterhaltung will gehe ich nicht in die Kirche, dort ist Zeit fuer Stille, Andacht, Meditation. Das dies auf verschiedene Weise geschehen kann ist klar. Afrikaner feiern die Messe sicher lebhafter, aber das ist wahrscheinlich andaechtiger als vieles bei uns.

Gruesse

Max

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Lieber Max!

Du betonst zwei wichtige Aspekte:

1.
Max72 hat geschrieben:wuerdig gefeiert ist die jetzige Liturgie genauso gut wie die alte.
Genau das ist der springende Punkt.
Die liturgischen Vorschrifte sind nicht der Einfall
eines Machtbesessenen Apparatschiks,
sondern Tradition der Kirche.
Auch wenn nach dem II. Vat. Änderungen vorgenommen wurden,
über die zu Diskutieren wäre. s.u.

Jegliche Form eigenmächtigen Experimentierens mit der Liturgie
führt zur Selbstdarstellung der Akteure und damit weg vom Kern der
Liturgie.
Der Auftrag lautet: "Tut dies zu meinem Gedächtnis"
und nicht: "Probiert mal aus was geht"

2.
Max72 hat geschrieben:Afrikaner feiern die Messe sicher lebhafter, aber das ist wahrscheinlich andaechtiger als vieles bei uns.
Mit Sicherheit.
Allein schon eine kurze Begegnung mit einem afrikanischen Bischof ist ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergißt.
Aber wir sind nun einmal keine Afrikaner und können auch keine werden.
Weshalb eben alle Versuche mit Tanz und klatschen etc. bei uns immer eher künstlich wirken.
Aber:
Weigert man sich nach einer Messe in dem ein Chor die musiklaische Gestaltung übernommen hat diesem zu applaudieren, erntet man schon böse Blicke.


Die Frage, ob eine Liturgiereform notwendig war, haben die Väter des II. Vat. eindeutig mit "Ja" beantwortet.
Was daraus gemacht wurde,
(-Nur ein Beispiel: aus der sinnvollen Zulassung der Volkssprache wurde die Abschaffung der Kirchensprache Latein -)
ist zum größten Teil sicher nicht im Sinne der Väter.

Dazu gibt es auch in >Theologisches< einen Thread, wo Jürgen und Robert die Änderungen in den Orationen darlegen.
Auch das spricht eine deutliche Sprache, welcher Geist hinter den vorgenommenen Änderugen steht.

Gibt es einen Weg zurück?

Gruß
Cicero

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Cicero hat geschrieben:...Dazu gibt es auch in >Theologisches< einen Thread, wo Jürgen und Robert die Änderungen in den Orationen darlegen.
Auch das spricht eine deutliche Sprache, welcher Geist hinter den vorgenommenen Änderugen steht.
Das war in diesem Bereich im Thread: Das Heilige Meßopfer im überlieferten Ritus
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Cicero
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Beitrag von Cicero »

Danke

Gast

Das Hirtenwort der deutschen Bischöfe zur Liturgie

Beitrag von Gast »

Hirtenwort der deutschen Bischöfe zur Liturgie

(veröffentlicht zum 23.11.2003 - Christkönigsfest)


Liebe Schwestern und Brüder!

Von vergrabenen Schätzen können wir nicht leben! Dies war auch den Vätern des Zweiten Vatikanischen Konzils bewusst, als sie vor vierzig Jahren die Liturgiekonstitution "Sacrosanctum concilium" verabschiedeten. Mit diesem Dokument, das Papst Paul VI. am 4. Dezember 1963 verkündete, hoben sie den Schatz der heiligen Liturgie neu ans Licht.

Vorausgegangen war ein halbes Jahrhundert, in dem die Kirche geradezu von einer liturgischen Bewegung erfasst worden war. Priester, Ordensleute, Theologen und engagierte Christen entdeckten den teilweise verschütteten Reichtum der Liturgie neu, indem sie miteinander Gottesdienst feierten und ihn tiefer zu verstehen suchten: Ein wichtiger Anstoß für die Liturgiekonstitution und ihr Ziel war, eine bewusste und tätige Teilnahme mit geistlichem Gewinn für die Gläubigen zu ermöglichen. Wichtige Elemente der Erneuerung waren z.B. die weitere Einführung der Volkssprache, die Vereinfachung der Riten, die Einbeziehung vielfältiger Laiendienste in den Gottesdienst, die Betonung von Wortgottesdienst und Stundengebet, die Neuordnung der Sakramentenfeiern und die Erweiterung der Leseordnung. Vielen mag heutzutage das Ausmaß der verändernden Kraft der Liturgiereform nicht mehr bewusst sein. Das damals Neue ist längst selbstverständlich geworden und vielleicht schon wieder in Gefahr, zu blasser Gewohnheit zu werden. Es dürfen jedoch auch jene Gläubigen nicht übersehen werden, denen die früheren Formen Beheimatung bedeuteten und die daher unter den Veränderungen leiden. Das Ziel der Konzilsväter aber war nicht, umzustürzen und niederzureißen, sondern den Schatz der Liturgie neu zum Leuchten zu bringen. Sie wollten allen Gläubigen das Christus-Geheimnis tiefer erschließen und unsere Freude an Gott mehren. Unser Gotteslob und unsere Sendung in die Welt sollten so neue Stärkung erfahren.

1. Der Schatz der Liturgie

Was macht eigentlich die Liturgie zum Schatz? Zum einen bereits ihr Wesen, als Feier den Alltag zu unterbrechen! Ihr Geheimnis erfassen wir nicht durch den Blick auf die Uhr, sondern indem wir die Feier der Liturgie als geschenkte Zeit annehmen. In ihr dürfen wir innehalten und aufatmen vor Gott. Liturgie füllt die Zeit im besonders gestalteten Raum der Kirche mit Hören, Beten und Singen, mit Instrumentalmusik und Stille, mit rituellen Vollzügen, mit sinnlichen Eindrücken etwa von Wasser, Licht und Weihrauch. Damit holt sie den Menschen aus der Geschäftigkeit und den Zwängen der übrigen Zeit heraus. In dieser Hinführung zur Mitte vollzieht die Liturgie einen Dienst am Menschen. Sie dient uns, damit wir Gott und einander dienen.

Im tiefsten aber ist Liturgie ein wahrer Schatz, weil sie Feier unserer Erlösung ist. Sie ist Feier – nicht unserer selbst, sondern der Königsherrschaft Gottes, der will, dass alle Menschen gerettet werden. Dazu hat er seinen Sohn in die Welt gesandt, der das Evangelium Gottes verkündete in Wort und Tat, der Gottes Liebe bis in den Tod am Kreuz hinein zu den Menschen brachte und durch seine Auferstehung Sünde und Tod besiegte. Das feiern wir in jedem Gottesdienst, besonders in der hl. Messe. Dabei sind wir die vom Herrn Eingeladenen. Mit unserem Gottesdienst antworten wir auf den Dienst, den Gott uns in Jesus Christus zuerst erwiesen hat. Von ihm her ist ein Leben möglich, das wir uns nicht selbst geben können, das aber auch kein Mensch uns nehmen kann. Solcher Glaube ist alles andere als selbstverständlich. Wir brauchen Zeiten und gestaltete Räume, die in uns lebendig halten, was Gott in seiner Liebe an uns getan hat. Wir brauchen heilige Zeichen, in denen wir Gott in der Gemeinschaft der Glaubenden bewusst und ausdrücklich in Dank und Freude antworten. Darum ist Liturgie ein kostbarer Schatz, von dem sich zehren lässt, ohne dass er aufgezehrt würde.

Dabei wird unser Leben mit seinen vielfältigen irdischen Nöten, Ängsten aber auch Freuden nicht außen vor gelassen. Wenn das Mysterium von Tod und Auferstehung im Mittelpunkt aller Liturgie steht, dann ist auch unser ganzes Leben in das österliche Geheimnis mit hinein genommen. Um unsretwillen hat Christus gelitten, ist er gestorben und auferstanden. Zugleich bleibt die Liturgie bei diesem Leben nicht stehen, sondern reißt uns den verhangenen Himmel auf, ähnlich wie bei den Jüngern auf dem Berg der Verklärung. Sie bringt die Erde mit dem Himmel in Berührung, so dass wir in Wort, Musik und Stille, in Symbolen und Gesten einen Vorgeschmack auf das Leben bei Gott bekommen. Im Kirchenraum, der in seiner ganzen Symbolik über uns hinaus weist, nehmen wir als Liturgie Feiernde auch an der himmlischen Liturgie teil. "Heilig, heilig, heilig, Herr aller Mächte und Gewalten" rufen wir und stimmen damit ein in den Lobgesang der Engel und Heiligen und rühmen mit ihnen den Erlöser, unseren Herrn Jesus Christus. Auch in diesem Sinne ist Liturgie wahrhaft ein Schatz, der unser Herz zum Brennen bringen und uns bereiten möchte zur Sendung in die Welt.

2. Die missionarische Bedeutung der Liturgie

In der Liturgie feiert die Kirche als sichtbares Volk Gottes ihren gemeinsamen Glauben. Deshalb sind auch Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft nicht zu trennen. Der Empfang der Sakramente setzt den katholischen Glauben sowie eine innere Bereitung voraus. Auf je eigene Weise können natürlich auch Christen anderer Konfessionen an der Liturgie teilnehmen; auch Nichtgläubige und Suchende sind eingeladen, die wunderbare Welt der katholischen Liturgie kennen zu lernen.

Sehr viel stärker als in den Jahren der Entstehung der Liturgiekonstitution ist Liturgie in unserer Zeit auch Begegnung mit Christen, die der Kirche fern stehen. Gerade die mit den Lebenswenden verbundenen Gottesdienste wie Taufe, Firmung, Trauung und Beerdigung oder auch die Feier der Erstkommunion stellen unter dieser Rücksicht eine neue Herausforderung dar. Nicht selten geschieht es heute auch, dass Nichtchristen nach kirchlichen Feiern fragen. Seelsorger und Gemeinden sind hier auf neue Weise gefordert, der Suche der Menschen entgegenzukommen. Denn immer geht es darum, die Wesenszüge der Liturgie: Einladung, Versammlung um Jesus Christus als das Haupt der Kirche und Glaubenszeugnis miteinander zu verbinden. Natürlich bedeutet dies auch eine Anfrage an unsere Weise, Liturgie zu feiern: Ist sie als einladende Feier gestaltet? Sind wir als Gemeinde einladend?

Angesichts solcher Herausforderungen sehen wir mit Sorge die zurückgehende Zahl der Priester. Sie stehen der Liturgie vor, unvertretbar in der Eucharistie, und verantworten sie gegenüber dem Bischof. Die geringere Zahl der Priester, aber auch andere Entwicklungen in unseren Pfarrgemeinden führen zu Änderungen in den Pfarrstrukturen und auch im Gottesdienstleben. Lieb gewordene Messzeiten sind nicht mehr möglich, liturgische Gewohnheiten müssen auf einmal mit denjenigen einer anderen Pfarrei abgestimmt werden. Manchem fällt die Annahme solcher Veränderungen schwer. Bei allem Verständnis für den Einzelfall rufen wir jedoch in Erinnerung, dass die Liturgie nicht Feier einer einzelnen Pfarrgemeinde ist, sondern Feier der Kirche insgesamt. Katholizität, allumfassende Einheit, kann im Überschreiten der Pfarrgrenze bei der gemeinsamen Feier der Liturgie Zeichenhaftigkeit gewinnen.

3. Die besondere Bedeutung der Eucharistiefeier

Ein besonderer Schatz ist für uns die Eucharistie. In ihr feiern wir das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu. Als Vergegenwärtigung seines Lebensopfers ist sie uns "das Sakrament huldvollen Erbarmens, das Zeichen der Einheit, das Band der Liebe" (SC 47). Sie ist das Zentrum des Sonntags, den die Liturgiekonstitution als "Ur-Feiertag" (SC 106) besonders herausgehoben hat. An ihm versammeln wir uns als feiernde Gemeinde um Christus, unser Haupt, um uns durch das Wort Gottes formen zu lassen. Wir lernen, uns im vergegenwärtigenden Gedächtnis des Kreuzesopfers selber darzubringen (vgl. SC 48 ).

Dabei gilt für die Eucharistie wie für jede liturgische Feier, dass sie in der vielfältigen Verwobenheit der einzelnen Riten ein heiliges Spiel ist, das – wie jedes Spiel – der Regeln bedarf, die nicht beliebig sind und keine Verzweckung zu ihm wesensfremden Zielen duldet. Die Regeln der Kirche, die für alle verbindlich sind, sind keine Willkür, sondern dienen dazu, alles liturgische Geschehen auf sein Zentrum hin, Jesus Christus, auszurichten und die Einheit der Kirche zu wahren.

Auf diesem Hintergrund steht auch das Bemühen der Liturgiereform, "die Riten mögen den Glanz edler Einfachheit an sich tragen" (SC 34). Alles soll hinlenken auf den einen Herrn, der uns immer wieder neu zu sich lädt, um uns am "Tisch des Wortes" und am Tisch des Brotes die Erfahrung seiner Nähe zu schenken. Alles soll uns darauf ausrichten anzubeten, Dank zu sagen, aber auch zu bitten und die Nöte dieser Welt vorzutragen. So wurden nach Jahrhunderten der Unterbrechung vor vierzig Jahren die Fürbitten wieder eingeführt. Durch eine neue Leseordnung, die die Schatzkammer der Bibel weit öffnet, ist der "Tisch des Wortes" wieder reich für uns gedeckt. Jeweils im Laufe von drei Jahren hören wir die wichtigsten Teile der Heiligen Schrift. Schließlich bringen wir durch Christus und mit ihm uns selbst zum Tisch des Brotes und empfangen unter den Zeichen von Brot und Wein den wirklich und wahrhaftig gegenwärtigen Christus. Er ist unsere Zurüstung für den Alltag, in den wir am Ende jeder Eucharistiefeier mit dem Sendungsruf "Gehet hin in Frieden" entlassen werden. Dieser Wunsch ist eine Brücke in den Alltag, der darauf aufmerksam macht, dass die Messfeier zwar zu Ende ist, der Gottesdienst aber weitergeht und nicht am Kirchenportal endet. Was wir gefeiert haben, muss sich nun im Leben auswirken und Frucht tragen.

4. Die Vielfalt der liturgischen Dienste

Innerhalb des Kirchenjahres erweist sich die Liturgie aufgrund ihrer vielfältigen Formen als eine wahre Schatzkammer. Dies hat die Liturgiekonstitution des Zweiten Vaticanum deutlich gemacht, indem es zur Förderung von Wortgottesdiensten und zur Feier des Stundengebetes auch von Laien aufruft.

Liebe Schwestern und Brüder! An diesen Gottesdienstformen wird besonders deutlich: Die Umsetzung der Liturgiereform erfordert nicht nur die ganze Kraft der Priester, sondern auch Ihre Mithilfe als Gläubige. Dabei können wir dankbar feststellen, dass viele Menschen sich seitdem mit größtem Engagement an der würdigen Feier der Liturgie und ihrer sorgfältigen Vorbereitung beteiligen. Das Leitprinzip der tätigen Teilnahme aller, nach dem jede und jeder in der Liturgie nur und all das tun soll, was ihr bzw. ihm zukommt, hat als großartiger Impuls gewirkt. So haben wir Bischöfe allen Grund, aus Anlass des vierzigsten Jahrestages der Liturgiekonstitution von Herzen allen zu danken, die in Vergangenheit und Gegenwart einen eigenen liturgischen Dienst übernommen haben als Lektorinnen und Lektoren, Kommunionhelferinnen und Kommunionhelfer, Leiterinnen und Leiter von Wort-Gottes-Feiern, Messdienerinnen und Messdiener, als Mitglieder von Kirchenchören oder von Liturgiekreisen, als Küsterinnen und Mesner, als Kantorinnen und Organisten. Ihr Dienst ist Dienst an Gott und an der Gemeinschaft der Kirche. Wir bitten Sie, auf diesem Weg der tätigen Teilnahme weiter zu gehen zusammen mit Ihren Priestern und Diakonen, denen für ihren treuen Dienst am Altar ebenso unser aufrichtiger Dank gilt. Helfen Sie auch in Zukunft mit, den reichen Schatz der Liturgie vielfältig zum Leuchten zu bringen.

Unsere Schatzkammer Liturgie ist ebenso wenig ein Museum wie unsere Kirchen. Nur wenn wir die Liturgie würdig feiern und durch sie den dreifaltigen Gott verherrlichen, erstrahlt uns ihr Glanz. Dankbar blicken wir auf 40 Jahre liturgische Erneuerung und ermutigen Sie, sich ergreifen zu lassen vom Geheimnis des lebendigen Gottes. "Denn wo euer Schatz ist, da ist euer Herz." (Lk 12, 34)


Fulda, den 24. September 2003

josef
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Beitrag von josef »

Hallo Margarete,

Was mir auffällt am Hirtenwort der deutschen Bischöfe zur Liturgie

Von der Anwesenheit JESU CHRISTI bei der Heiligen Messe ist keine Rede.

Dabei hat doch JESUS in Matthäus 18,19 ganz klar gesagt:

.19 "Denn wo zwei oder drei versammelt sind in MEINEM Namen, da bin ICH mitten unter ihnen."


Für mich ist die Heilige Messe eine Feier zu Ehren des anwesenden Ehrengastes JESUS CHRISTUS.



Gruß
josef

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otto
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Beitrag von otto »

Die Vielfalt verschiedener Angebote die Eucharistie zu feiern, wäre wünschenswert, ist jedoch nicht allerorts durchführbar, ich denke es sollte überall eine Art Standardfeier der Eucharistie geben, die vom Lehramt oder den Bischöfen der kath. Kirche vorgegeben wird. Des weiterem sollten weitere Formen eine Messe zu feiern gestattet werden, oder bleiben. Ich schlage vor, das seitens des Lehramtes oder der Bischofskonferenzen klar zu definieren ist, welche Form und welche Experimente in der Messfeier nichts zu suchen haben. Damit die würdige Feier der Eucharistie gewährleistet bleibt.

Josef bringt es auf den Punkt:

Für mich ist die Heilige Messe eine Feier zu Ehren des anwesenden Ehrengastes JESUS CHRISTUS.

gruß otto
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

Gast

Beitrag von Gast »

josef hat geschrieben:Was mir auffällt am Hirtenwort der deutschen Bischöfe zur Liturgie: Von der Anwesenheit JESU CHRISTI bei der Heiligen Messe ist keine Rede.
josef, Du kannst anscheinend nicht ohne zu nörgeln, das scheint bei Dir schon chronisch geworden zu sein: von was ist denn im folgenden die Rede wenn nicht von der Vergegenwärtigung Christi? Wie sollen wir uns um Christus, unser Haupt, versammeln, wenn er nicht anwesend ist?
"Ein besonderer Schatz ist für uns die Eucharistie. In ihr feiern wir das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu. Als Vergegenwärtigung seines Lebensopfers ist sie uns "das Sakrament huldvollen Erbarmens, das Zeichen der Einheit, das Band der Liebe" (SC 47). Sie ist das Zentrum des Sonntags, den die Liturgiekonstitution als "Ur-Feiertag" (SC 106) besonders herausgehoben hat. An ihm versammeln wir uns als feiernde Gemeinde um Christus, unser Haupt, um uns durch das Wort Gottes formen zu lassen. Wir lernen, uns im vergegenwärtigenden Gedächtnis des Kreuzesopfers selber darzubringen (vgl. SC 48 )."
josef hat geschrieben: "Denn wo zwei oder drei versammelt sind in MEINEM Namen, da bin ICH mitten unter ihnen."
Da ist aber nicht nur die Heilige Messe gemeint. :|
josef hat geschrieben:Für mich ist die Heilige Messe eine Feier zu Ehren des anwesenden Ehrengastes JESUS CHRISTUS.
Jesus Christus als "Ehrengast"? Das halte ich für falsch. Jesus ist der Gastgeber, wir sind die Gäste.

Margarete

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Zustimmung in allen Punkten, Margarete.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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