Katholischer Sexualtrieb?

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Senensis
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
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Trisagion
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

kabelkeber hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 12:14
ich geh dann mal meinem Nachbarn an den Baum pinkeln! Wuff! :ikb_taz:
Das wäre dann aber nicht vernünftig!

Keine Ahnung warum "vernünftiges Tier" jetzt so ein Problem darstellt, es geht kaum prägnanter und offensichtlicher was Definitionen angeht...

Was glaubt ihr denn was ihr seid? Eine Art Engel der eine zeitlang biologische Materie kommandiert?

Bruder Donald

Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Bruder Donald »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Lebewesen --> Tier --> Mensch.

Hat Trisagion auch heute um 12:04 dargelegt.

Diese, ich nenne es mal "Stufentheorie", findet man auch bei Bonaventura oder Guardini.

Die angeleierte "Fundamentalopposition" wegen des Begriffs ist jetzt wirklich kindisch. Oder will man mit "neoscholastischer Genauigkeit" kommen?

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Protasius
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Protasius »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Welchen Unterschied würde das machen? Ein Lebewesen, das sich selbständig bewegt und durch die Gegend laufen kann, nennt man gemeinhin Tier, um es von Pflanzen zu unterscheiden.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Senensis
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Ich frag ja nur. Wie von Trisagion empfohlen, versuche ich dazuzulernen. Es ist ja wohl nicht unvernünftig, eine sachliche Antwort zu erwarten?
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Senensis
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Protasius hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:59
Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Welchen Unterschied würde das machen? Ein Lebewesen, das sich selbständig bewegt und durch die Gegend laufen kann, nennt man gemeinhin Tier, um es von Pflanzen zu unterscheiden.
Mir ist das mit "Tier" einfach deshalb ein bißchen verdächtig, weil dieselbe Formulierung auch von einem Grünen kommen könnte. Das ist zumindest erläuterungsbedürftig und sollte klar abgegrenzt werden.
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Bruder Donald

Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Bruder Donald »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 14:02
Mir ist das mit "Tier" einfach deshalb ein bißchen verdächtig, weil dieselbe Formulierung auch von einem Grünen kommen könnte. Das ist zumindest erläuterungsbedürftig und sollte klar abgegrenzt werden.
Wurde es doch, hier:
Trisagion hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 11:31
Nur hat die Wissenschaft derzeit meist ein reduktionisch-materialistisches Bild der Vernunft, die nicht mit dem Glaube kompatibel ist. Man könnte sagen, daß die moderne Wissenschaft denkt, der Mensch ist nur ein Tier [Grüne], während Glaube und die damit kompatible Philosophie sagt, der Mensch ist auch ein Tier [Christen].

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Protasius
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Protasius »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 14:02
Protasius hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:59
Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Welchen Unterschied würde das machen? Ein Lebewesen, das sich selbständig bewegt und durch die Gegend laufen kann, nennt man gemeinhin Tier, um es von Pflanzen zu unterscheiden.
Mir ist das mit "Tier" einfach deshalb ein bißchen verdächtig, weil dieselbe Formulierung auch von einem Grünen kommen könnte. Das ist zumindest erläuterungsbedürftig und sollte klar abgegrenzt werden.
Die Grünen sind weitaus neuer als Thomas von Aquin – und nebenbei bemerkt auch neuer als Immanuel Kant, der sich diese Sichtweise ebenfalls zu eigen gemacht hat. Das etwas auch von den Grünen kommen könnte, das nachweislich bereits katholisches Allgemeingut war, als die Gründung der Grünen noch ein halbes Jahrtausend in der Zukunft lag, kann kein vernünftiges Argument sein.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Senensis
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Hat auch niemand behauptet :achselzuck:
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Trisagion
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Wenn man einen besonderen Grund dazu braucht, dann kann man sich eben mit der dreifachen Hierarchie der Seele bei Thomas / in der Scholastik beschäftigen. Die habe ich ja oben auch schon angeführt.

Wir sind natürlich auch Lebewesen. Aber wir sind Tiere, weil Tiere bereits eine "höhere Form" Lebewesen sind, nämlich empfindende. Insofern ist die Definition "vernünftiges Tier" spezifischer als die Definition "vernünftiges Lebewesen". Es ist damit bereits gesagt, daß der Mensch auch empfindet, was eben mit "vernünftiges Lebewesen" nicht gesagt wäre. Da aber "Tier" auch "Lebewesen" beinhaltet, geht durch die Spezifikation nichts verloren, und sie ist schlicht besser.

Zum Thema dreifache Hierarchie der Seele lese man z.B. ST I q 76 a 3. Die deutschen Übersetzer dort drucksen übrigens in der Tat im Gegensatz zu den englischsprachigen rum und übersetzen oft - aber durchaus nicht immer - "Wesen". Vielleicht ist das eine spezifisch deutsche Betulichkeit...

Du kannst also gerne "der Mensch ist ein verünftiges Lebwesen, dessen verünftige Seele alle jene empfindenen Funktionen beinhaltet, aufgrund derer wir ein Lebewesen 'Tier' nennen" sagen.

Allerdings sehe ich dann nicht so ganz, warum Du nicht noch konsequenter "der Mensch ist vernünftige Materie, deren verünftige Seele alle jene vegetativen Funktionen beinhaltet, aufgrund derer wir Materie 'Lebewesen' nennen, und wiederum alle jene empfindenen Funktionen, aufgrund derer wir ein Lebewesen 'Tier' nennen."

Das ist ja dann noch genauer und besser. Aber merkwürdigerweise hast Du mit "Lebewesen" kein Problem, aber mit "Tier" schon? Das eine willst Du lieber umschreiben, das andere nicht?

Egal, mach was Du willst. Ich bleibe da beim kompakten "der Mensch ist ein vernünftiges Tier", was auf Nachfrage voraussetzt "ein Tier ist ein empfindendes Lebewesen" und weiter "ein Lebewesen is vegetative Materie". Wozu Hierarchien aufstellen, wenn man sie dann nicht benutzt?

P.S.: Ich schreibe "vegetativ", manchmal liest man auch "nutritativ"... ehrlicher wäre wohl "lebendig". Nur fällt dann sofot auf, daß die Definition beim Lebewesen letztlich zirkulär wird (ein Lebewesen ist ein Wesen das lebt). Auch die Scholastiker waren da nicht weiter als die moderne Wissenschaft, was Leben ist wird quasi symptomatisch beschrieben (ernährt sich, pflanzt sich fort, ...), aber eine präzise Definitionsgrundlage ist weiterhin unbekannt.
Zuletzt geändert von Trisagion am Montag 16. November 2020, 15:00, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Danke für die oberen Absätze, darauf zielte meine Frage.

Was Du unten schreibst, ist, bitte entschuldige, ein bißchen plump: Warum soll ich "Materie" übersetzen wollen? Das fällt sicher nicht unter das Bedeutungsspektrum von animal. Du unterstellst mir da eine Menge, von dem nie die Rede war. Bitte sachlich bei dem bleiben, was tatsächlich debattiert worden ist.
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 14:53
Was Du unten schreibst, ist, bitte entschuldige, ein bißchen plump: Warum soll ich "Materie" übersetzen wollen? Das fällt sicher nicht unter das Bedeutungsspektrum von animal. Du unterstellst mir da eine Menge, von dem nie die Rede war. Bitte sachlich bei dem bleiben, was tatsächlich debattiert worden ist.
Das war in der Tat etwas polemisch geschrieben. Inhaltlich ging es mir nur darum aufzuzeigen, daß es keinen vernünftigen Grund gibt nun bei "Lebewesen" statt bei "Tier" halt zu machen. Wenn man meint "Tier" sei zu unpräzise, dann kann man in ähnlicher Weise argumentieren, daß "Lebewesen" zu unpräzise ist. Es ist natürlich vollkommen richtig, daß man von der lateinischen Wortbedeutung her nur das eine aber nicht das andere sagen kann...

Kurz: das lateinische Wort erlaubt nur "Tier" oder "Lebewesen", aber philosophisch macht es Sinn entweder beim "Tier" zu bleiben oder bis zur "Materie" durchzudefinieren. Darum ist "Tier" die (philosophisch!) bessere Wahl für eine wortweise Übersetzung hier. Meines Erachtens.

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Senensis
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Deines Erachtens: heißt welcher Gewißheitsgrad? Ich frage aus Interesse.
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 15:17
Deines Erachtens: heißt welcher Gewißheitsgrad? Ich frage aus Interesse.
Hmm. Ich halte meine Darstellung der scholastischen Hierarchie des (materiellen) Seins und der Seele für praktisch unangreifbar. Nicht, daß man nicht anderer Meinung sein kann, aber man ist dann eben anderer Meinung als die Scholastik, nicht anderer Meinung als ich. Allenfalls wird man irgendwelche Ungenauigkeiten in meinem Geschreibsel finden, aber im Kern ist das sicher so richtig.

Andererseits ist Sprache ein komplexes Werkzeug. Es kann sein, daß Aquinas (und andere Scholastiker) hier die Ungenauigkeit des Lateins ausgenutzt haben, und die Doppeldeutigkeit bewußt eingesetzt haben in ihren Aussagen. Um hier wirklich etwas sagen zu können, müßte man eine Vielzahl von Textstellen aufs Genauste in ihrem Zusammenhang betrachten, und auch über hervorragendes Verständnis der lateinischen Sprache verfügen. Das erstere habe ich nicht getan, das letztere ist bei mir nicht der Fall.

Es ist also möglich, daß wir hier irgendetwas unzulässig vereinfachen in sprachlicher Hinsicht. "Wir", nicht "ich", weil ich mir das ja nicht einfach aus den Fingern gesogen habe. Ich habe die Definition so bei allen möglichen Autoren gelesen...

In sprachlicher Hinsicht bin ich also nicht 100%. Aber ob das Sprachliche irgendetwas ausmacht bzgl. der Philosophie wäre zu klären. Ich bin mir recht sicher das nicht, so 95% sicher...

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Senensis
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Sag doch einfach sententia certa, sent. communis, bene fundata, tolerata... Wenn die von Dir angeführte Lehre scholastisch ist, hat sie garantiert auch einen Gewißheitsgrad bekommen. :pfeif:
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Bruder Donald

Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Bruder Donald »

Interessant, wie wie allgemeingültige, katholische Tradition (zumindest Duktus) geopfert werden soll, weil "Grüne" den gleichen Wortlaut benutzen... :hmm:

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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 17:24
Sag doch einfach sententia certa, sent. communis, bene fundata, tolerata... Wenn die von Dir angeführte Lehre scholastisch ist, hat sie garantiert auch einen Gewißheitsgrad bekommen. :pfeif:
Hat sie garantiert? War mir jetzt nicht bekannt, daß die Gesamtheit - oder auch nur Teile - der scholastischen Lehre auf diese Weise bewertet wurden. Von wem, wann und wo? Hast Du vielleicht mal eine Quellenangabe, ich mache mich da gerne schlau?

In der Tat, ich kenne auch keine kirchliche Quelle, die irgendwelchen theologischen Aussagen in irgendeiner Systematik einer solchen Bewertung offiziell unterzogen hätte. Wiederum wäre ich für jede diesbzgl. Quellenangabe dankbar.

Ich persönlich kenne solche Bewertungen als die Privatmeinungen von Theologen, am populärsten und systematischsten wohl Ludwig Ott in seinem "Grundriss der Dogmatik". Falls Du hier also meinst, "kannst Du mir eine solche Bewertung Deiner Aussagen im Ott zeigen", dann ist die Antwort "nein".

Wobei Du im Ott (10. Auflage) im Kapitel 14.2 immerhin das de fide "Die vernünftige Seele ist unmittelbar die Wesensform des Leibes." finden kannst, nach dem Konzil von Vienne (nach Ott D481, eine alte Ausgabe Denzinger-Rahner 1957, in meinem Denziger-Hünermann 43. Auflage als DH902 zu finden; zwei Querverweise nach D738 und D1655 kann ich nicht ohne Zugriff auf die alte Ausgabe verorten - kennt da jemand eine Tabelle oder ein System?).

Obwohl Ott in seiner Besprechung anmerkt, daß diese Aussage nicht die thomistische Lehre als dogmatisch festnagelt, benutzt er in seiner Besprechung ganz selbstverständlich die drei Stufen der Seele (vegetativa - sensitiva - rationalis). Das tut er übrigens auch in der Besprechung von dem vorhergehenden Kapitel 14.1, das hat nicht nur etwas mit dem Spezialfall in 14.2 zu tun.

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Hubertus
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Hubertus »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Ich würde in dieser Frage Senensis beispringen wollen. Es ist nicht hilfreich, sich Begriffen zu bedienen, die im heutigen Sprachgebrauch zumindest mißverständlich sind. Es ist zuzugeben, daß die Phrase vom rational animal im Englischen noch eher zu verstehen ist (vgl. "animal" im OED); ich empfinde sie dennoch als nicht ideal, weil im heutigen Gegenwartsenglisch animal eben praktisch nur mehr "Tier" bedeutet.
Im Cambridge Dictionary, das ich sonst sehr schätze, heißt es bspw. als zweite Definition von animal:
[url=https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/animal hat geschrieben: anything that lives and moves, including people, birds, etc.:
Humans, insects, reptiles, birds, and mammals are all animals.
(Hervorhebung i.O.)

So weit, so gut. In keinem einzigen der weiter aufgeführten Beispiele würde man jedoch realistischerweise vermuten, Menschen seien mitgemeint:
Ebd. hat geschrieben:- The panda is becoming an increasingly rare animal.
- The farmer was accused of cruelty to animals.
- Some animals hunt at night.
- These remote islands are inhabited only by birds and small animals.
- Personally , I don't think animals should be killed for their fur.
~*~

Im Deutschen empfinde ich den Begriff "Tier" sogar noch enger als in engl. animal. Und ein Blick in den Duden scheint mir da rechtzugeben:
Duden hat geschrieben:1. "mit Sinnes- und Atmungsorganen ausgestattetes, sich von anderen tierischen oder pflanzlichen Organismen ernährendes, in der Regel frei bewegliches Lebewesen, das nicht (oder weniger stark als der Mensch) zu logischem Denken und zum Sprechen befähigt ist
(i.O. hervorgehoben; Hervorhebung durch mich)

Eine Verwendung des Begriffs auf Menschen wird nur in übertragenem Sinne zugelassen:
Ebd. hat geschrieben: - 〈in übertragener Bedeutung:〉 er ist ein Tier (er ist ein roher, brutaler, triebhafter Mensch)
- 〈in übertragener Bedeutung:〉 sie ist ein gutes Tier (salopp; sie ist gutmütig und ein bisschen beschränkt)
- 〈in übertragener Bedeutung:〉 das Tier (die Rohheit, Triebhaftigkeit) brach in ihm durch
(i.O. teilw. hervorgehoben).

~**~

Ich schlage daher vor, zumindest im Deutschen den Terminus "vernunftbegabtes Tier" nicht zu verwenden. Stattdessen plädiere ich für den Terminus "vernunftbegabtes Sinnenwesen", welches die Bedeutung von animal rationale genauso trifft und das Mißverständnis bzgl. des Wortes "Tier" vermeidet.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

philipp

Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von philipp »

Der Mensch ist ein Tier. Das ist eine wahre Aussage.

Aber es macht in denen wenigsten Fällen Sinn diese Aussage als Argument zu verwenden. Dadurch, dass der Mensch das Tier übersteigt, verlieren die tierischen Eigenschaften so sehr an Wert, dass es sehr selten Sinn macht mit der Tierhaftigkeit zu argumentieren.

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Hubertus
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Hubertus »

philipp hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:36
Der Mensch ist ein Tier. Das ist eine wahre Aussage.

Aber es macht in denen wenigsten Fällen Sinn diese Aussage als Argument zu verwenden. Dadurch, dass der Mensch das Tier übersteigt, verlieren die tierischen Eigenschaften so sehr an Wert, dass es sehr selten Sinn macht mit der Tierhaftigkeit zu argumentieren.
Wir teilen letztlich eine gemeinsame "Basis" und haben gleichzeitig Wesenselemente, die uns weit über die Tiere erheben. :ja:

Sehr schön in dieser Graphik dargestellt, die ich in diesem Zusammenhang immer wieder gerne zeige (die rechte Hälfte ist in diesem Zusammenhang irrelevant):
Erklärung: Die Graphik ist als Stufenleiter zu verstehen, bei der die höhere Stufe jeweils die Charakteristika der unteren beinhaltet. Der Mensch teilt mit dem Stein (stellvertretend für alle anderen geschaffenen Dinge) die Ebene der Existenz ("est"), mit den Pflanzen darüberhinaus die Ebene der Lebendigkeit ("vivit"), mit den Tieren darüber hinaus die Ebene des Empfindens ("sentit"), kann jedoch allein und ausschließlich die Ebene der Vernunft/des "Verstehens" ("intellegit") erreichen.

Wichtig ist dabei zu verstehen, daß die jeweiligen Sprünge nicht als quantitativ, sondern als qualitativ zu begreifen sind.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Senensis
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:31
Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 17:24
Sag doch einfach sententia certa, sent. communis, bene fundata, tolerata... Wenn die von Dir angeführte Lehre scholastisch ist, hat sie garantiert auch einen Gewißheitsgrad bekommen. :pfeif:
Hat sie garantiert? War mir jetzt nicht bekannt, daß die Gesamtheit - oder auch nur Teile - der scholastischen Lehre auf diese Weise bewertet wurden. Von wem, wann und wo? Hast Du vielleicht mal eine Quellenangabe, ich mache mich da gerne schlau?

In der Tat, ich kenne auch keine kirchliche Quelle, die irgendwelchen theologischen Aussagen in irgendeiner Systematik einer solchen Bewertung offiziell unterzogen hätte. Wiederum wäre ich für jede diesbzgl. Quellenangabe dankbar.

Ich persönlich kenne solche Bewertungen als die Privatmeinungen von Theologen, am populärsten und systematischsten wohl Ludwig Ott in seinem "Grundriss der Dogmatik". Falls Du hier also meinst, "kannst Du mir eine solche Bewertung Deiner Aussagen im Ott zeigen", dann ist die Antwort "nein".

Wobei Du im Ott (10. Auflage) im Kapitel 14.2 immerhin das de fide "Die vernünftige Seele ist unmittelbar die Wesensform des Leibes." finden kannst, nach dem Konzil von Vienne (nach Ott D481, eine alte Ausgabe Denzinger-Rahner 1957, in meinem Denziger-Hünermann 43. Auflage als DH902 zu finden; zwei Querverweise nach D738 und D1655 kann ich nicht ohne Zugriff auf die alte Ausgabe verorten - kennt da jemand eine Tabelle oder ein System?).

Obwohl Ott in seiner Besprechung anmerkt, daß diese Aussage nicht die thomistische Lehre als dogmatisch festnagelt, benutzt er in seiner Besprechung ganz selbstverständlich die drei Stufen der Seele (vegetativa - sensitiva - rationalis). Das tut er übrigens auch in der Besprechung von dem vorhergehenden Kapitel 14.1, das hat nicht nur etwas mit dem Spezialfall in 14.2 zu tun.
Schau mal beispielsweise hier. Erster Absatz genügt. Das ist jetzt keine Quelle, spiegelt aber die grundsätzliche Bedeutung und Reichweite dieser Einordnungen. Ott ist ja nur ein erweitertes Inhaltsverzeichnis der Dogmatik.
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q ... LgrOTw-GYb
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Hubertus
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Hubertus »

Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:34
Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Ich würde in dieser Frage Senensis beispringen wollen. [etc.]
P.S. Nihil sub sole novum. :tuete:

Habe gerade nach "Sinnenwesen" gesucht und bin auf diesen Beitrag gestoßen:

viewtopic.php?p=555240#p555240

;D
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 19:06
Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:34
Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 13:41
Wobei "animal" nicht nur Tier bedeutet. Es kann auch als Geschöpf oder Lebewesen übersetzt werden (vgl. Georges). Warum übersetzt Du mit Tier?
Ich würde in dieser Frage Senensis beispringen wollen. [etc.]
P.S. Nihil sub sole novum. :tuete:

Habe gerade nach "Sinnenwesen" gesucht und bin auf diesen Beitrag gestoßen:

viewtopic.php?p=555240#p555240

;D
GAMALIEL! Den habe ich die ganze Zeit vermißt.
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Trisagion
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:34
Ich schlage daher vor, zumindest im Deutschen den Terminus "vernunftbegabtes Tier" nicht zu verwenden. Stattdessen plädiere ich für den Terminus "vernunftbegabtes Sinnenwesen", welches die Bedeutung von animal rationale genauso trifft und das Mißverständnis bzgl. des Wortes "Tier" vermeidet.
Wenn Dich das glücklich macht, kannst Du gerne neue Worte erfinden. Nur ist "Sinneswesen" leider nicht präzise genug. Denn Dein Auto, jedenfalls wenn es halbwegs neu ist, ist ein "Sinneswesen": es ist ein Wesen und es hat funktionale Sinne. Also muß man schon "Sinneslebewesen" sagen, oder knapper eben "Tier". Aber bitte, jedem Sinneslebenswesenchen sein Pläsierchen...

Nebenbei bemerkt ist es komplett normal, daß Fachsprachen Worte der Alltagssprache übernehmen, sie mit einer präziseren Definition versehen und die dann in mehr oder weniger großen Abweichung vom allgemeinen Spachgebrauch verwenden. Im englischsprachigen Raum wird jedenfalls sicher kein Theologe bei "rational animal" mit der Wimper zucken.

Während ich also nichts von Deinem Einwand hier halte, sei Dir aufgrund der wunderschönen Grafik verziehen. :daumen-rauf: Quelle davon?
Zuletzt geändert von Trisagion am Montag 16. November 2020, 20:21, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 19:00
Schau mal beispielsweise hier. Erster Absatz genügt. Das ist jetzt keine Quelle, spiegelt aber die grundsätzliche Bedeutung und Reichweite dieser Einordnungen. Ott ist ja nur ein erweitertes Inhaltsverzeichnis der Dogmatik.
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q ... LgrOTw-GYb
Ja, alles ganz wichtig. Darum fällt Dir jetzt sicher sofort die Quelle ein nach der ich alle scholastischen Lehren so einordnen kann. Ich meine, wenn das so furchtbar wichtig ist, gibt es da sicher gleich Dutzende miteinander konkurrierende Kompendien. Aber nur eine einzige Quelle ẃürde ja volllkommen reichen... :auweia:

Ich bin zwar kein Theologe, aber Akademiker, und ich kenne meine Pappenheimer... Es ist weder ein Wunder, daß solche Bewertungen existieren, noch ein Wunder, daß es keine allgemein anerkannten, detaillierten Listen dazu gibt, schon garnicht unter dem de fide Niveau. Dazu sei mal wieder auf eines meiner absoluten Lieblingsgedichte von Robert Gernhardt verwiesen: Dorlamm meint.

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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 19:40
Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:34
Ich schlage daher vor, zumindest im Deutschen den Terminus "vernunftbegabtes Tier" nicht zu verwenden. Stattdessen plädiere ich für den Terminus "vernunftbegabtes Sinnenwesen", welches die Bedeutung von animal rationale genauso trifft und das Mißverständnis bzgl. des Wortes "Tier" vermeidet.
Wenn Dich das glücklich macht, kannst Du gerne neue Worte erfinden. Nur ist "Sinneswesen" leider nicht präzise genug. Denn Dein Auto, jedenfalls wenn es halbwegs neu ist, ist ein "Sinneswesen": es ist ein Wesen und es hat funktionale Sinne. Also muß man schon "Sinneslebewesen" sagen, oder knapper eben "Tier". Aber bitte, jedem Sinneslebenswesenchen sein Pläsierchen...

Nebenbei bemerkt ist es komplett normal, daß Fachsprachen Worte der Alltagssprache übernehmen, sie mit einer präziseren Definition versehen und die dann in mehr oder weniger großen Abweichung vom allgemeinen Spachgebrauch verwenden. Im englischsprachigen Raum wird jedenfalls sicher kein Theologe bei "rational animal" mit der Wimper zucken.

Während ich also nichts von Deinem Einwand hier halte, sei Dir aufgrund der wunderschönen Grafik verziehen. :daumen-rauf: Quelle davon?
Ich bin zwar kein Germanist, aber bezeichnet "Wesen" dem Ursprung nach nicht auch etwas Lebendiges? Das Verb dazu, wesen, kenne ich auch nur in diesem Kontext. Man kann es sicher nur im Ausnahmefall auf unbelebte Materie anwenden.
Zuletzt geändert von Senensis am Montag 16. November 2020, 20:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Senensis »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 19:51
Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 19:00
Schau mal beispielsweise hier. Erster Absatz genügt. Das ist jetzt keine Quelle, spiegelt aber die grundsätzliche Bedeutung und Reichweite dieser Einordnungen. Ott ist ja nur ein erweitertes Inhaltsverzeichnis der Dogmatik.
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q ... LgrOTw-GYb
Ja, alles ganz wichtig. Darum fällt Dir jetzt sicher sofort die Quelle ein nach der ich alle scholastischen Lehren so einordnen kann. Ich meine, wenn das so furchtbar wichtig ist, gibt es da sicher gleich Dutzende miteinander konkurrierende Kompendien. Aber nur eine einzige Quelle ẃürde ja volllkommen reichen... :auweia:

Ich bin zwar kein Theologe, aber Akademiker, und ich kenne meine Pappenheimer... Es ist weder ein Wunder, daß solche Bewertungen existieren, noch ein Wunder, daß es keine allgemein anerkannten, detaillierten Listen dazu gibt, schon garnicht unter dem de fide Niveau. Dazu sei mal wieder auf eines meiner absoluten Lieblingsgedichte von Robert Gernhardt verwiesen: Dorlamm meint.
Aha, Du weißt also auch nicht genauer Bescheid. Dankeschön, für mich genügt das. :unbeteiligttu:
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Trisagion
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Senensis hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 20:23
Ich bin zwar kein Germanist, aber bezeichnet "Wesen" dem Ursprung nach nicht auch etwas Lebendiges? Das Verb dazu, wesen, kenne ich auch nur in diesem Kontext. Man kann es sicher nur im Ausnahmefall auf unbelebte Materie anwenden.
Lustigerweise sind im Duden die Definitionen mit einer allgemeineren Bedeutung kompatibel, aber die Beispiele alle eng (Lebewesen oder gar Mensch).

Es sei auch angemerkt, daß mir persönlich der Begriff "Sinneswesen" ehrlich neu war, und ich ihn mir nun als Synonym für "Tier" gemerkt habe. :breitgrins:

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Juergen
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Juergen »

Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:34
Ich schlage daher vor, zumindest im Deutschen den Terminus "vernunftbegabtes Tier" nicht zu verwenden. Stattdessen plädiere ich für den Terminus "vernunftbegabtes Sinnenwesen", welches die Bedeutung von animal rationale genauso trifft und das Mißverständnis bzgl. des Wortes "Tier" vermeidet.
Ich bin mir nicht sicher, ob es eine hinreichend große Beziehung zwischen Vernunft und Sexualtrieb gibt, um beide Begriffe in einem Satz nennen zu können.

:tuete:
Gruß Jürgen

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Hubertus
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Hubertus »

Trisagion hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 19:40
Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:34
Ich schlage daher vor, zumindest im Deutschen den Terminus "vernunftbegabtes Tier" nicht zu verwenden. Stattdessen plädiere ich für den Terminus "vernunftbegabtes Sinnenwesen", welches die Bedeutung von animal rationale genauso trifft und das Mißverständnis bzgl. des Wortes "Tier" vermeidet.
Wenn Dich das glücklich macht, kannst Du gerne neue Worte erfinden. [...]
Ich habe den Begriff "Sinnenwesen" nicht deshalb vorgeschlagen, weil ich ihn "erfunden" hätte, sondern weil er im Gegenteil in der dt. Thomas-Literatur absolut gängig ist:

Bsp. De ente et essentia, c.3:
hl. Thomas hat geschrieben: Verbi gratia, homini in eo quod est homo convenit rationale et animal et alia, quae in diffinitione eius cadunt.
Engl. Übersetzung, ebd. hat geschrieben:For example, to man as man belong rational and animal, and whatever else falls in his definition.
Dt. Übersetzung hat geschrieben:Zum Beispiel kommt dem Menschen, insofern er Mensch ist, das Vernunfthafte und Sinnenwesen und anderes zu, was zu seiner Definition gehört.
Richard Heinzmann, damals Professor für christliche Philosophie an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität:
Thomas von Aquin: Eine Einführung in sein Denken, S. 38 hat geschrieben:Wenn der Mensch in der philosophischen Tradition als animal rationale definiert wird, so wird aus dem Gattungsbegriff Sinnenwesen der Mensch durch die arteigene und damit ausgliedernde und zugleich eingrenzende Differenz der rationalitas näher bestimmt.
(Hervorhebung i. O.)

Ingrid Craemer-Ruegenberg hat geschrieben:Deshalb scheinen bei den Naturdingen die Arten stufenweise geordnet zu sein. Zum Beispiel sind die gemischten Körper vollkommener als die Gesteine, die Sinnenwesen vollkommener als die Pflanzen und die Menschen vollkommener als die anderen Sinnenwesen [Verweis auf S. Th. I, q.47, 2 c und Contra Gent. II,44, Nr. 1211].
oder - hier deutlich gegen den Begriff Tier abgegrenzt -:
Univ. Prof. Dr. Rolf Darge hat geschrieben:Der Mensch ist seinem Wesen nach ein vernunftbegabtes Sinnenwesen (animal rationale) und gerade weil der Mensch seiner Natur nach ein vernunftbegabtes Sinnenwesen ist (also weder Tier, das keine Vernunft hat, noch ein Gott, der alles weiß), strebt er nach verstehender Erkenntnis als seinem Ziel.
(Hervorhebung i. O.)

U.v.w.


Trisagion hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 19:40
sei Dir aufgrund der wunderschönen Grafik verziehen. :daumen-rauf: Quelle davon?
Ich weiß es nicht genau. Es taucht immer wieder auf, wenn man im Netz nach chain of being sucht. Diese Quelle schreibt:
The following illustration comes from a text written by the sixteenth century French philosopher Charles de Bovelles
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Hubertus
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Hubertus »

Juergen hat geschrieben:
Dienstag 17. November 2020, 11:50
Hubertus hat geschrieben:
Montag 16. November 2020, 18:34
Ich schlage daher vor, zumindest im Deutschen den Terminus "vernunftbegabtes Tier" nicht zu verwenden. Stattdessen plädiere ich für den Terminus "vernunftbegabtes Sinnenwesen", welches die Bedeutung von animal rationale genauso trifft und das Mißverständnis bzgl. des Wortes "Tier" vermeidet.
Ich bin mir nicht sicher, ob es eine hinreichend große Beziehung zwischen Vernunft und Sexualtrieb gibt, um beide Begriffe in einem Satz nennen zu können.

:tuete:
Stichwort: "gefallene Menschennatur". ;)
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Trisagion
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Re: Katholischer Sexualtrieb?

Beitrag von Trisagion »

Hubertus hat geschrieben:
Dienstag 17. November 2020, 12:18
Ich habe den Begriff "Sinnenwesen" nicht deshalb vorgeschlagen, weil ich ihn "erfunden" hätte, sondern weil er im Gegenteil in der dt. Thomas-Literatur absolut gängig ist:
OK, dem scheint so zu sein. Ich lese praktisch nur englischsprachige Theologie. Es ist also ein Fachterm. Ich habe meine Gründe warum ich diesen Fachterm für nicht so hilfreich halte, jedenfalls genau hier an dieser Stelle! Wenn es interessiert, kann ich meine Logik dazu näher ausführen...

Aber letztlich ist es Blödsinn da gegen den eingebürgerten deutschen Sprachgebrauch (im Fach) zu wettern, genauso wie ich es für unsinning halt den Sprachgebrauch (im Fach) im angelsächsischen Raum anzugehen (wo es halt "animal" heißt). Es ist wie es ist.

Übrigens, "Sinnenwesen" oder "Sinneswesen" oder beides?
Hubertus hat geschrieben:
Dienstag 17. November 2020, 12:18
Ich weiß es nicht genau. Es taucht immer wieder auf, wenn man im Netz nach chain of being sucht. Diese Quelle schreibt:
The following illustration comes from a text written by the sixteenth century French philosopher Charles de Bovelles
Es scheint das "Liber de sapiente" von 1510 zu sein. Habe aber bisher keinen Scan gefunden.

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