Gebet für verstorbene Fremde

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Juergen
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Gebet für verstorbene Fremde

Beitrag von Juergen »

Es liegt hier noch ein Teil der Einladungskarte zur 654 Jahresgedächtnisfeier der Elenden-Bruderschaft (confraternitas exullum) zu Paderborn auf meinem Schreibtisch (der andere Teil ist schon als Anmeldung zum Bruderschaftsmahl beim Dechanten der Bruderschaft im Briefkasten).

Auch so etwas gibt es, daß sich Menschen zusammentun um für verstorbene Fremde zu beten.
Aus der Geschichte der Elenden-Bruderschaft zu Paderborn

Im vierzehnten Jahrhundert und oftmals zuvor kamen über die Einwohner der Stadt und des Hochstiftes Paderborn gefährliche, tödliche und ansteckende pestartige Krankheiten. Viele Menschen mußten jämmerlich ihr Leben einbüßen. 1349 wütete die pestartige Krankheit im ganzen nördlichen Deutschland unter dem Namen "der schwarze Tod" und raffte zahllose Menschen hinweg. In der Stadt Paderborn, welche damals nur 3000 Einwohner zählte, starben von Pfingsten bis zum Feste des heiligen Martin, also in 5 Monaten über 2000 Menschen. Auf dem Kirchhof neben der Domkirche mußte sehr große Gruben angelegt werden, in welche 40 bis 60 Leichen auf einmal versenkt und begraben wurden. Das Elend wurde so groß, daß die noch Lebenden aus Furcht, angesteckt zu werden, sich scheuten und weigerten, die Leichen zu Grabe zu tragen. Besonders groß wurde die Not unter denjenigen, welche sich nur vorübergehend in unserer Stadt aufhielten, als Reisende, Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten, Schüler und Pilger. Waren sie gestorben, so wollte sie niemand zu Grabe tragen. So kam es, daß die unbegraben gebliebenen Leichen die Luft verpesteten und die Seuchen sich weiter verbreiteten. Um nun dieses Übel zu steuern, versammelten sich "in christlichem Mitleid und von echter Menschenliebe getrieben" die damaligen Geistlichen unserer Domkirche, der Domprobst, der Domdechant, die übrigen Kapitulare, die anderen Geistlichen und "mehrere ehrsame und angesehe Bürger" dieser Stadt; sie verbrüderten sich und versprachen, künftighin auch unter Gefahr des eigenen Lebens die Leichen der "verstorbenen Fremdlinge", in der Sprache der damaligen Zeit "ellende" - lateinisch exsules (exules) - genannt, aus "christlicher Liebe unentgeltlich zu Grabe zu tragen und für sie dreimal im Jahr bei öffentlicher Zusammenkuft in brüderlicher Einheit und in Andacht zu beten". So entstand die "confraternitas exsulum" - die "Elenden-Bruderschaft". Diese Bruderschaft wurde also gegründet, wie die Bestätigungs-Urkunde sagt, "um den verstorbenen fremden Leuten, die nichts dazu haben, zum Kirchhof zu verhelfen, nach der Weise des Vaters Abraham, welcher einen Acker kaufte, um Pilger zu begragen." Sie wurde "im Jahre 1492 den zweiten Februarium von Simon III., unseres Hochstifts 27ten Bischof auf der gräflichen Familie von der Lippe hochseligen Andenkens, völlig genehmigt und durch bischöfliches Diplom für alle Zeiten feierlich bestätigt".

Bischof Franz Drepper hat bei der Feier des 500jährigen Bestehens am 8. Dezember 1849 die Bruderschaft von neuem bestätigt und den Wunsch ausgesprochen, "daß die gegenwärtigen und künftigen Bewohner der Stadt Paderborn die von der Frömmigkeit der Vorfahren ihnen überkommene heilsame Elenden-Bruderschaft jederzeit in Ehren halten und fördern mögen, damit dieselbe wie in der Vergangenheit, auch in der Zukunft unter dem Schutz der Allerseligsten Jungfrau Maria, Gott zur Ehre und der Stadt del hl. Bischofs und Diözesanpatrons Liborius zum Nutzen und Frommen gereichen möge."

Der ursprüngliche Zweck dieser Bruderschaft, die Leichen der verstorbenen zu Grabe zu tragen, wird wegen der veränderten Zeit- und Lebensverhältnisse heute seltener praktisch. Der geistige Zweck aber, für das Seelenheil der verstorbenen Fremdlinge und Mitbrüder zu beten, wird jedoch noch immer in dem jährlichen Bruderschaftsgottesdienst verfolgt. Die Mitglieder versammeln sich auch heute noch zum Bruderschaftsmahl.

In der Gegenwart gibt es neue, große geistige und materielle Note, welche zu steuern ist. So z.B. die Not der Nichtseßhaften, die sich in der Stadt aufhalten! Die Mitglieder dieser Bruderschaft finden im Beispiel der Vorfahren das Vorbild wahrer christlicher Bruderliebe und erfahren den kräftigen Antrieb, den Geist der Nächstenliebe zu erhalten und zu fördern! Das neue Engagement der Bruderschaft für ein Resozialisierungswerk des Sozialdienstes katholischer Männer weist in diese Richtung. Zur Sorge für die verstorbenen Fremdlinge, denen Begräbnis und Gebet zuteil werden, tritt die Sorge für die lebenden Nichtseßhaften.

Peter Schupp, Propst an der Gaukirche

Weihbischof Dr. Paul Nordhues / Domdechant
Traditionell findet am Dienstag nach Allerseelen eine Vigilfeier statt; am Mittwoch nach Allerseelen eine Messe für die Verstorbenen (in Schwarz) mit Sakramentsprozession durch die Kirche.
Anschließend trifft sich die Bruderschaft zum Bruderschaftsmahl.
Zuletzt geändert von Juergen am Freitag 24. Oktober 2003, 23:29, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Wo gibt es ähnliches ?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Lea
Beiträge: 1131
Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 22:26

Beitrag von Lea »

Ich kenne das noch von den Redemptoristen.

Die feiern auch einmal im Jahr für alle Verstorbenen.
Damit meine ich nicht Allerseelen.Das kenne ich von meiner Gemeinde her.

Da wird für alle Verstorbenen die im Laufe des Jahres gestorben sind gefeiert.

HeGe
Moderator
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Registriert: Montag 6. Oktober 2003, 18:56

Beitrag von HeGe »

Hallo Jürgen,

es gibt in der Stadt Köln eine kleine Privatkirche (die letzte in Köln), die sogenannte Elendskirche, wo seit dem Mittelalter die Gebeine der verstorbenen Pilger und anderen "Elendigen", d.h. heimatlos Verstorbenen, begraben wurden. Seit dem 17. Jht. gibt es dann dort diese Kirche mit einer Bruderschaft, die sich unter anderem die Aufgabe gemacht hat, für diese zu beten. Ob es diese Bruderschaft heute noch gibt, weiß ich leider nicht hundertprozentig.

http://www.kirchenkoeln.de/portrait/kat/038/

HeGe

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