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Re: Reform der Reform

Verfasst: Montag 13. Januar 2020, 10:57
von Petrus
Liturgie war ca. anderthalb Jahrtausende "lebendige" Liturgie - bis 1570.

(Vgl. hierzu gerne z. B.
- Marcel Metzger, Geschichte der Liturgie, und
- J. A. Jungmann, missarum solemnia).

Die crux sehe ich in der damaligen Bestimmung, dass dieser Ritus immer so bleiben sollte und nie geändert werden dürfe (was vielleicht damals sogar dringend notwendig war, um dem spätmitteralterlichen "Wildwuchs" Einhalt zu gebieten).

Das Tridentinum hat aber nicht einfach nur ein Meßformular eingeführt - das war nur ein Teil der Reformen. Das Tridentinum hat z. B. auch diözesane Priesterseminare eingeführt - die Priester sollten verstehen können, was sie da taten, in der Messe.

Anfang des 20. Jahrhunderts kamen dann "Reformbestrebungen" auf - Betsingmesse, Lesungswiederholung auf deutsch nach der lateinischen Lesung durch einen Laien im Laienraum, liturgische Bewegung (die es übrigens parallel auch im lutherischen Raum gab, ist dort leider heute versandet).

Mit dem II. Vaticanum kam dann die Liturgiereform - es kam, wie es kommen mußte: Der Dammbruch. Nach ca. einem halben Jahrtausend "Liturgiestillstand".

Ich bin dem dem heutigen Zustand alles andere als zufrieden. Die Messe hat ein Ordinarium (gleichbleibend!), und ein Proprium (wechselnd).

Wenn dann am Ordinarium rumgebastelt wird -

- wenn ich mir überlegen muß, ob das Vater unser mit oder ohne Embolismus gebetet wird, reißt mich das aus meiner Andacht (den Vogel schoß ein Pfarrer meiner früheren Pfarrei ab - ich habe länger gebraucht. um den Mechanismus zu erkennen -, das Vater unser an Werktagen mit Embolismus, an Sonntagen jedoch ohne)

- wenn ein "Ringbuchpfarrer" meint, er könnte viel bessere Tagesgebete entwerfen, als die, die im Meßbuch stehen (ist sowieso Nonsens, wer erinnert sich nach der Messe noch an den Text des Tagesgebets) und das dann noch abschließt "darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn"

- ach ja, "Ringbuchpfarrer": ich ministrierte mal bei der Feier der goldenen Hochzeit (Verwandtschaft) einem Priester (auch Verwandtschaft). Er benützte sein Ringbuch mit den Plastikhüllen. Bei der Gabenbereitung winkte er mir, das bereitgelegte Missale zu bringen. Ich dachte mir: "na endlich!". Falsch gedacht - er brauchte das Missale auf dem Altar als Ständer für sein Ringbuch :( :/ :roll:

tja - ich habe keine Lösung für die gegenwärtigen Zustände. Die "Rückkehr" zum Missale 1962 ist u.a. (unabhängig von der inhaltlichen Diskussion) keine, weil die Realisierung illusorisch sein dürfte.

Doch, ich kenne eine "katholische" Lösung: ich opfere das auf :)

Re: Reform der Reform

Verfasst: Donnerstag 28. Mai 2020, 14:19
von HeGe

Re: Reform der Reform

Verfasst: Donnerstag 28. Mai 2020, 20:49
von Siard
Halten sich dann alle Priester an das Meßbuch Pauli VI.?

Re: Reform der Reform

Verfasst: Freitag 29. Mai 2020, 00:49
von maliems
Eben. Es kann leider kein Zusammenwachsen geben, solange es keine Bindung an die Vorschriften gibt.

Ich selbst habe mich seit 1993 erst zögerlich, dann mehr und inzwischen völlig vom NOM entfernt nicht wegen dem NOM selbst, sondern wegen der Zelebranten. Und das meine ich in meiner Heimat flächendeckend.

Es gibt für mich kein zurück zum NOM, weil es den NOM de facto gar nicht gibt. Jeder da macht seinen eigenen Kram. Ohne mich.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Das brauche ich nicht als Gegenbeweis.

Der H.H. Kardinal weiß das natürlich hintergründig, aber als Priester und Kurienkardinal besucht er natürlich nicht allzuviele Zelebrationen in den Pfarreien und kann deshalb die Realität verdrängen. Darum sei es ihm verziehen, dass er diesen frommen Wunsch (oder härter gesagt: diese Utopie) zum besten gibt.

Ich schätze ihn, aber da ist er weltfremd.

Schade, aber Realität.

Re: Reform der Reform

Verfasst: Freitag 29. Mai 2020, 06:37
von Libertas Ecclesiae
Siard hat geschrieben:
Donnerstag 28. Mai 2020, 20:49
Halten sich dann alle Priester an das Meßbuch Pauli VI.?
Michael Charlier:

Warum eine Zusammenführung der Riten unmöglich ist

Daraus:
Wo die[...] Einheit in Lehre und Glauben gegeben ist, lassen sich Unterschiede in Form und Ritus mit gutem Willen durchaus ertragen. Das war auch in der katholischen Tradition so, wo es zum Teil bedeutende Unterschiede zwischen Lokalformen und Ordensgebräuchen des Ritus gab. Wo diese Einheit aber fehlt, wird jeder Unterschied in der Form – je nach Standpunkt – entweder zum „Verdachtsfall“, der das Recht der anderen Seite in Zweifel zieht – oder zum Mittel zum Zweck, um die eigenen Überzeugungen von denen der Gegenseite abzuheben und ihr gegenüber Punkte zu machen.