Dann schauen wir uns die Sache doch mal an:
1. Rückstellung - Höhe
Das eine Rückstellung iHv 160 Mio € gebildet wurde, wird vom Erzbistum nicht bestritten und dürfte zutreffend sein.
Da es sich nicht um ein Wirtschaftsunternehmen handelt, das durch zu hohe Rückstellungen gerne den Gewinn mindert, sondern - im Gegenteil - im vorliegenden Fall hohe Rückstellung zu einer schlechten Presse führen, kann man wohl von einem - mehr oder weniger - zutreffenden Betrag ausgehen.
Merkwürdig ist jedoch, daß das EB die "Rückstellung" bilden kann, obwohl es - nach eigenen Angaben in dem Zeitungsbericht - noch nicht einmal weiß, "warum und vom wem welche Bestimmungen nicht übernommen wurden".
Wenn man nicht weiß, welche "Bestimmung" nicht übernommen wurde, wie kann man dann
1. den Betrag einer Rückstellung festlegen
2. die Staatsanwaltschaft über den (welchen?) Vorgang in Kenntnis setzen?
Um einen Begriff von der Höhe der Nachzahlung zu bekommen, sollte man einen Blick in die Haushaltsberichte des EB werfen.
http://www.unsere-kirche-ist-wertvoll.d ... tsplan.pdf - hier Seite 25
Der Personalaufwand (Nr. 60) betrug 2014 - 2017 zwischen 113 bis 130 Mio €, dazu kommen noch weitere Personalaufwendungen (Nr. 61) von 38 bis 41 Mio € und (Nr. 62) von 21 bis 27 Mio € - zusammen also 173 bis 199 Mio €. Dieser Betrag muß natürlich um die nicht rentenversicherungspflichtigen AN (Geistliche, Beamte) vermindert werden.
Es dürfte wohl jedem klar sein, daß ein Betrag von 160 Mio Nachzahlung für nicht geleistete Rentenversicherungsbeiträge bei dieser Lohnsumme nicht aus einem kurzen Zeitraum (= vier Jahre) resultieren kann.
2. Rückstellung - Zeitraum
Lt. Zeitungsbericht könnte die Rückstellung für einen Zeitraum ab 2003 (ggfs. sogar ab 1999) gebildet worden sein.
Raphael, Dein Einwand betr. des Prüfungszeitraums ist berechtigt, die normale Verjährungszeit beträgt vier Jahre. Allerdings gibt es eine Ausnahme bei der Verjährung der Ansprüche:
§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB 4 hat geschrieben:
Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.
Bei
vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen gibt es also sehr langen Verjährungszeitraum. Es muß sich um
Vorsatz - nicht um -ggfs. grobe- Fahrlässigkeit handeln.
3. Staatsanwaltschaft - Finanzverwaltung
Die Staatsanwaltschaft wurde vom EB "über den Vorgang in Kenntnis gesetzt".
Da der Fall noch nicht abgeschlossen ist, liegt der Staatsanwaltschaft naturgemäß auch noch kein Prüfungsbericht der Deutschen Rentenversicherung vor. Man darf davon ausgehen, daß der Sachverhalt vom EB "wohlwollend" dargestellt wurde; mit Sicherheit hat man sich nicht selbst belastet, sondern auf die lfden Ermittlungen verwiesen.
Das auch die Finanzverwaltung informiert wurde, läßt darauf schließen, das es sich nicht ausschl. um ein Problem der geringfügig Beschäftigten bei der Rentenversicherung handeln könnte.
4. Vorprüfungen
Lt. Bericht wurden die Gehaltabrechnungsstellen von der Rentenversicherung in den Vorjahren überprüft. So ist es auch in § 28p SGB 4 vorgesehen. Wenn es damals zu keinen Beanstandungen kam, jetzt aber plötzlich von einem Zeitraum bis 2003 die Rede ist, spricht dies dafür, daß es sich um Tatbestände handeln könnte, die kein "Versehen" sind (s. a. Zif. 2 - Rückstellung-Zeitraum).
Die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen einen bereits geprüften Zeitraum erneut "aufzurollen" sind sehr hoch (verstärkte Bestandskraft) und dürften nur bei Vorsatz, Täuschung oä (s. o.) vorliegen.
Mir erscheint das Gesamtbild jedenfalls nicht so, daß es sich um ein Versehen handelt und wenige Millionen nachgezahlt werden müssen. Der Zeitungsbericht ist mE "schlüssig".
Nachtrag:
In der Pressemitteilung des EB wird ausgeführt:
Vorsorglich wurde haushalterisch eine Rückstellung in Höhe von insgesamt rund 160 Mio. € eingeplant, von denen alleine mehr als 100 Mio. € auf mögliche Säumniszuschläge entfallen.
http://www.erzbistum-freiburg.de/html/a ... fault=true
Die Deutsche Rentenversicherung schreibt dazu:
Nach § 24 Abs. 1 SGB IV hat der Zahlungspflichtige für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die er nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Für Beiträge, die anlässlich einer Betriebsprüfung nachberechnet werden, ist ein Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
http://www.deutsche-rentenversicherung. ... lv3=415402
Offensichtlich geht das EB nicht davon aus, daß es "unverschuldet" keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte und stellt sofort auch einen immensen Betrag für Säumniszuschläge zurück.
Im übrigen: Wie kommt man auf den Betrag?
10 Jahre zu 12% = 120%, bei 15 Jahren wäre man bei 180% der Beitragszahlung. Es müßten also fast die gesamten Nachzahlungen auf die ersten Jahre entfallen - mehr als unwahrscheinlich.
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