Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

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Piusderdritte
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Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Piusderdritte »

In wieweit darf man sich als Christ selbstverteidigen?
Simple Frage, vielleicht gibt es ja auch eine einfache Antwort darauf.

gruss, Piusderdritte
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Pit
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Pit »

Natürlich darf man sich verteidigen,solange die Verhältnismässigkeit der Mittel gewahrt bleibt.
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ad_hoc
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von ad_hoc »

Wie erklärst Du den hier die Verhältnismäßigkeit der Mittel?

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Kai
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Kai »

Hallo Piusderdritte,

hast Du Zugriff auf einen KKK?

Randziffern 2263-2267 behandeln das Thema Notwehr.
"We have feminized the Church so much that it is not attractive to men."
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Florianklaus
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Florianklaus »

Kai hat geschrieben:Hallo Piusderdritte,

hast Du Zugriff auf einen KKK?

Randziffern 2263-2267 behandeln das Thema Notwehr.
KKK hat geschrieben: Notwehr

2263 Die Notwehr von Personen und Gesellschaften ist keine Ausnahme vom Verbot, einen Unschuldigen zu töten, also einen willentlichen Mord zu begehen. „Aus der Handlung dessen, der sich selbst verteidigt, kann eine doppelte Wirkung folgen: die eine ist die Rettung des eigenen Lebens, die andere ist die Tötung des Angreifers" (Thomas v. A., s. th. 2—2, 64, 7). Nur die eine Wirkung ist gewollt, die andere nicht.

2264 Die Liebe zu sich selbst bleibt ein Grundprinzip der Sittenlehre. Somit darf man sein eigenes Recht auf das Leben geltend machen. Wer sein Leben verteidigt, macht sich keines Mordes schuldig, selbst wenn er gezwungen ist, seinem Angreifer einen tödlichen Schlag zu versetzen:

„Wenn jemand zur Verteidigung des eigenen Lebens größere Gewalt anwendet als nötig, ist das unerlaubt. Wenn er die Gewalt aber mit Maß zurückstößt, ist die Verteidigung erlaubt ... Es ist zum Heil nicht notwendig, auf den Akt des maßvollen Schutzes zu verzichten, um die Tötung des anderen zu vermeiden; denn der Mensch ist mehr gehalten, für das eigene Leben als für das fremde Leben zu sorgen" (Thomas v. A., s. th. 2—2, 64, 7).

2265 Die Notwehr kann für den, der für das Leben anderer oder für das Wohl seiner Familie oder des Gemeinwesens verantwortlich ist, nicht nur ein Recht, sondern eine schwerwiegende Verpflichtung sein.

2266 Der Schutz des Gemeinwohls der Gesellschaft erfordert, daß der Angreifer außerstande gesetzt wird schaden. Aus diesem Grund hat die überlieferte Lehre der Kirche die Rechtmäßigkeit des Rechtes und der Pflicht der gesetzmäßigen öffentlichen Gewalt anerkannt, der Schwere des Verbrechens angemessene Strafen zu verhängen, ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe auszuschließen. Aus analogen Gründen haben die Verantwortungsträger das Recht, diejenigen, die das Gemeinwesen, für das sie verantwortlich sind, angreifen, mit Waffengewalt abzuwehren.

Die Straft soll in erster Linie die durch das Vergehen herbeigeführte Unordnung wiedergutmachen. Wird sie vom Schuldigen willig angenommen, gilt sie als Sühne. Zudem hat die Strafe die Wirkung, die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Personen zu schützen. Schließlich hat die Strafe auch eine heilende Wirkung: sie soll möglichst dazu beitragen, daß sich der Schuldige bessert [Vgl. Lk 23,40—43.].

2267 Soweit unblutige Mittel hinreichen, um das Leben der Menschen gegen Angreifer zu verteidigen und die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Menschen zu schützen, hat sich die Autorität an diese Mittel zu halten, denn sie entsprechen besser den konkreten Bedingungen des Gemeinwohls und sind der Menschenwürde angemessener.

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Kai
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Kai »

Boah, bist Du fleißig, ich hatte nicht die Zeit und Lust, das abzutippen. (Oder hast du den KKK digital und einfach kopiert und eingefügt?)
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Florianklaus
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Florianklaus »

Kai hat geschrieben:Boah, bist Du fleißig, ich hatte nicht die Zeit und Lust, das abzutippen. (Oder hast du den KKK digital und einfach kopiert und eingefügt?)
ich hab`s geguttenbergt: copy&paste aus dem Netz.

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Hubertus
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Hubertus »

Florianklaus hat geschrieben:
Kai hat geschrieben:Boah, bist Du fleißig, ich hatte nicht die Zeit und Lust, das abzutippen. (Oder hast du den KKK digital und einfach kopiert und eingefügt?)
ich hab`s geguttenbergt: copy&paste aus dem Netz.
Ja, hier ist er verfügbar: http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_INDEX.HTM
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Clemens
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Clemens »

Gut, dass du es zugibst.
Anhand der eingebauten Tipp- und Grammatikfehler wärst du auch zu leicht überführbar gewesen. ;)

Ralf

Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Ralf »

Hier findet sich eine interessante Arbeit zu dem Thema (ich hatte sie gefunden, weil ich wußte, daß Augustinus die Selbstverteidigung sehr kritisch betrachtet, aber nicht mehr wußte, wo es bei ihm steht):

http://ashbrook.org/wp-content/uploads/ ... pelman.pdf

Piusderdritte
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Piusderdritte »

Vielen Dank für die vielen Antworten!

gruss, Piusderdritte :)
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Marion
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Marion »

Im Catechismus Romanus wird es auch schön erklärt:
IV. Es ist erlaubt, die Menschen gerichtlich zum Tode zu verurtheilen, oder zu tödten.

Eine andere Art von Tödtung ist erlaubt, die jenen Obrigkeiten zusteht, welche die peinliche Gerichtsbarkeit ausüben, wenn sie nach der Vorschrift und dem Urtheile der Gesetze lasterhafte Menschen bestrafen, und die Unschuldigen in Schutz nehmen. Wenn sie dieses Amt gerecht verwalten, sind sie nicht nur nicht des Todschlages schuldig, sondern sie vollziehen das göttliche Gesetz, wodurch der Mord verboten wird. Denn da diess Gesetz zur Absicht hat, für das Leben und die Wohlfahrt der Menschen zu sorgen, so zielen die Strafen der Obrigkeiten, welche die rechtmässigen Rächer der Verbrechen sind, gleichfalls dahin ab, dass Verwegenheit und Gewalttätigkeit durch schwere Strafen unterdrückt, und das Leben der Menschen sicher sey. Daher sprach David: Frühe will ich tödten alle Sünder des Landes, damit ich ausrotte aus der Stadt des Herrn alle Uebelthäter. [Ps. 100,8]

V. Wie auch die, welche in einem gerechten Kriege tödten, nicht des Mordes schuldig seyen.

In dieser Hinsicht sündigen nicht einmal jene, welche in einem gerechten Kriege, nicht von Leidenschaft und Grausamkeit getrieben, sondern allein des öffentlichen Nutzens wegen, den Feinden das Leben nehmen. Solche erlaubte Tödtungen sind ferner die, welche namentlich auf Befehl Gottes geschehen. Die Söhne Levi sündigten nicht, als sie an einem Tage so viele tausend Menschen tödteten. Nach dieser Schlacht redete sie Moses so an: Ihr habt heute eure Hände dem Herrn geweiht. [Exod. 32,29]

VI. Dieses Gebotes ist der nicht schuldig, welcher einen Menschen aus Zufall tödtet.

Auch ist dieses Gebotes der nicht schuldig, welcher nicht freiwillig, nicht mit Bedacht, sondern zufällig, einen Menschen tödtet; hierüber steht im Deuteronomium geschrieben: Wer seinen Nächsten erschlagen hat ohne Wissen, und, wie zu erweisen, keinen Hass gegen ihn gehabt hat, weder gestern nach ehegestern: sondern arglos mit ihm in den Wald ging, Holz zu hauen, und das Holz hieb, dass die Axt seiner Hand entfuhr, und das Eisen aus dem Stiele fiel, und seinen Freund traf, und ihn tödtete. [Deut. 19,4.5.] Solche Tödtungen werden, da sie nicht mit Willen, und nicht vorsätzlich zugefügt werden, desswegen auch nicht unter die Sünden gerechnet. Auch der Ausspruch des h. Augustin beweiset diess; er sagt: Ferne sey es, jenes, was wir wegen etwas Guten oder Erlaubten thun, wenn dabei wider unsern Willen etwas Böses sich ereignet, uns zuzurechnen.

VII. Wer des Mordes schuldig ist, welcher aus Zufall einen Todschlag begangen hat.

Hierin kann man jedoch aus zweierlei Ursachen sündigen; erstens, wenn Jemand sich mit etwas Unrechtem beschäftigt, und dabei einen Menschen tödtet; z. B. Wenn Jemand eine schwangere Frau mit der Faust oder dem Fusse stösst, und hieraus eine zu frühe Geburt erfolgte, so läge diess zwar ausser dem Willen des Thäters, aber nicht ausser seiner Schuld, da es ihm nicht erlaubt ist, eine schwangere Frau zu schlagen. Zweitens wenn Jemand nicht genau Acht gibt, und einen Menschen aus Unachtsamkeit und Unvorsichtigkeit tödtet.

VIII. Es ist auch erlaubt, um seiner eigenen Rettung willen einen andern zu tödten.

Wenn Jemand, um sein eigenes Leben zu vertheidigen, mit Anwendung aller möglichen Vorsicht, einen andern getödtet hat, so erhellt aus der nämlichen Ursache, dass er sich dieses Verbotes nicht schuldig mache. Diese so eben angeführten Tödtungen nun sind die, welche nicht unter diesem Gebote des Gesetzes begriffen sind; mit Ausnahme dieser sind alle übriges verboten, man mag nun auf den Todschläger oder auf den der getödtet wird, oder auf die Arten der Tödtung Rücksicht nehmen.
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

Pilgerer
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Pilgerer »

VIII. Es ist auch erlaubt, um seiner eigenen Rettung willen einen andern zu tödten.

Wenn Jemand, um sein eigenes Leben zu vertheidigen, mit Anwendung aller möglichen Vorsicht, einen andern getödtet hat, so erhellt aus der nämlichen Ursache, dass er sich dieses Verbotes nicht schuldig mache. Diese so eben angeführten Tödtungen nun sind die, welche nicht unter diesem Gebote des Gesetzes begriffen sind; mit Ausnahme dieser sind alle übriges verboten, man mag nun auf den Todschläger oder auf den der getödtet wird, oder auf die Arten der Tödtung Rücksicht nehmen.
Ist in dem Fall dennoch die Beichte angebracht?
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Gamaliel
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Gamaliel »

Pilgerer hat geschrieben:Ist in dem Fall dennoch die Beichte angebracht?
Welcher Sünde würdest Du Dich denn - im "Bedarfsfall" - anklagen?

Pilgerer
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Pilgerer »

Gamaliel hat geschrieben:
Pilgerer hat geschrieben:Ist in dem Fall dennoch die Beichte angebracht?
Welcher Sünde würdest Du Dich denn - im "Bedarfsfall" - anklagen?
Der Sünde, Blut an meinen Fingern zu haben, d.h. den Tod eines anderen verursacht zu haben. Auch wenn die Notsituation die tödliche Notwehr legitimiert, ist es dennoch ein tragisches Ereignis. Ich hätte da vermutlich ein schlechtes Gewissen, auch wenn ich andere oder mich selbst dadurch gerettet hätte.
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Gamaliel
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Gamaliel »

Pilgerer hat geschrieben:Der Sünde, Blut an meinen Fingern zu haben, d.h. den Tod eines anderen verursacht zu haben.
Hast Du der Kirche zugehört? Das ist - im konkreten, von Dir oben nachgefragten Fall - keine Sünde.
Pilgerer hat geschrieben:Ich hätte da vermutlich ein schlechtes Gewissen, auch wenn ich andere oder mich selbst dadurch gerettet hätte.
Es ist wichtig sein Gewissen gemäß der Lehre der Kirche zu bilden, um nicht sinnloser- und fälschlicherweise dort ein schlechtes Gewissen zu haben, wo es keinen Grund dazu gibt (und umgekehrt, dort ein unbeschwertes Gewissen zu haben, wo Selbstanklage angebracht ist).

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christian12
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von christian12 »

Das Thema beschäftigt mich sehr.

Ich hatte gestern ein langes Gespräch mit meiner verlobten. Sie meint man müsse Jesus wirklich nachfolgen. Er habe die Menschen so geliebt, dass er sich lieber von ihnen habe am kreuz ermorden lassen als auch nur im entferntesten Gewalt anzuwenden um sein Leben zu schützen. Genau das sei auch von uns gefordert. Deswegen sei es falsch zu lehren, dass eine Tötung im Falle der notwehr erlaubt sei.

Was meint ihr dazu?

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taddeo
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von taddeo »

christian12 hat geschrieben:Das Thema beschäftigt mich sehr.

Ich hatte gestern ein langes Gespräch mit meiner verlobten. Sie meint man müsse Jesus wirklich nachfolgen. Er habe die Menschen so geliebt, dass er sich lieber von ihnen habe am kreuz ermorden lassen als auch nur im entferntesten Gewalt anzuwenden um sein Leben zu schützen. Genau das sei auch von uns gefordert. Deswegen sei es falsch zu lehren, dass eine Tötung im Falle der notwehr erlaubt sei.

Was meint ihr dazu?
So kann man argumentieren, ja. Aber dann sollte man auch alles andere, was Jesus gesagt hat, genauso wörtlich praktizieren: geh hin und verkaufe alles, was du hast; wer eine Frau (bzw. einen Mann) auch nur lüstern ansieht ...; und was dergleichen noch in den Evangelien steht.

Die Kirche hat in all diesen Punkten eine etwas praktikablere Empfehlung gefunden. Radikal ist die natürlich nicht immer so, wie es von Jesus kommt.

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Juergen
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Juergen »

Dazu fällt mir eine Geschichte ein:

Ein Mann fragte mal Franz von Sales: „Was würden sie tun, wenn ich sie auf die eine Wange schlage?“
Er antwortet: „Mein Freund, ich weiß, was ich tun sollte, aber nicht, was ich tun würde!“
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Sempre
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Sempre »

christian12 hat geschrieben:Das Thema beschäftigt mich sehr.

Ich hatte gestern ein langes Gespräch mit meiner verlobten. Sie meint man müsse Jesus wirklich nachfolgen. Er habe die Menschen so geliebt, dass er sich lieber von ihnen habe am kreuz ermorden lassen als auch nur im entferntesten Gewalt anzuwenden um sein Leben zu schützen. Genau das sei auch von uns gefordert. Deswegen sei es falsch zu lehren, dass eine Tötung im Falle der notwehr erlaubt sei.

Was meint ihr dazu?
Christus lehrt nicht, dass eine Tötung im Falle der Notwehr nicht erlaubt sei. Er lehrt lediglich, dass wer ggf. auf Notwehr verzichtet selig ist. Nicht aber, dass wer ggf. nicht verzichtet, damit sündige.

Wenn nun etwa eine Mutter auf Notwehr verzichtet, mag sie dadurch ihre Pflicht gegenüber ihren Kindern vernachlässigen und damit schwer sündigen. Sündigen ist aber zu keinem Zweck erlaubt.

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Sempre
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Sempre »

taddeo hat geschrieben:Die Kirche hat in all diesen Punkten eine etwas praktikablere Empfehlung gefunden. Radikal ist die natürlich nicht immer so, wie es von Jesus kommt.
Selbstverständlich stimmen die Empfehlungen der Kirche mit denen Christi überein. Man muss nur unterscheiden zwischen Geboten und Empfehlungen, wobei letztere belohnt werden, die Unterlassung aber nicht bestraft wird, und sie natürlich nur befolgt werden dürfen, wenn dabei kein Gebot verletzt wird.

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christian12
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von christian12 »

@sempre
Ok, das stimmt und ist ein guter punkt. Werd ich anbringen. Aber nicht auf notwehr zu verzichten bleibt schon hinter dem zurück, was Jesus getan hat. Meine verlobte meint sogar, dass man auch keine notwehrtötung zwecks Verteidigung von schutzbefohlenen tun dürfe. Heftig, aber irgendwie auch konsequent.

Wenn ich sage, Jesus habe gelehrt, liebe deinen nächsten wie dich selbst, und die selbstliebe habe im notwehrfall nun vorrang, dann hält sie dagegen, er habe auch gesagt, liebt einander wie ich euch geliebt habe.

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christian12
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von christian12 »

Wenn das, was die Kirche lehrt, nicht mit dem, was Jesus gelehrt hat, übereinstimmt, kann man die Kirche vergessen.

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ziphen
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von ziphen »

christian12 hat geschrieben:Er habe die Menschen so geliebt, dass er sich lieber von ihnen habe am kreuz ermorden lassen als auch nur im entferntesten Gewalt anzuwenden um sein Leben zu schützen.
:hmm: Bei mir würde es aber nicht bedeuten, mein Leben gegen das Heil der Menschen / der Welt einzutauschen.
Falls das jetzt Blödsinn ist, bitte einfach ignorieren.
Wenn böse Zungen stechen, / mir Glimpf und Namen brechen, / so will ich zähmen mich; /
das Unrecht will ich dulden, / dem Nächsten seine Schulden / verzeihen gern und williglich.

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PascalBlaise
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von PascalBlaise »

Das Zitat von Franz von Sales ist gut. Ich denke im echten Extremfall hast du ohnehin keine Wahl mehr. Man kann vorher viel diskutieren, was Christus gesagt oder gemeint hat oder die Kirche. In der Praxis würde die große Mehrheit wohl aus Notwehr töten. Das ist einfach des Menschen Natur. Und was ist ein Vorsatz wert, den man im hoffentlich extrem seltenen Ausnahmefall dann doch nicht umsetzen kann.
– et lux in tenebris lucet et tenebrae eam non comprehenderunt –

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Marion
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Marion »

ziphen hat geschrieben:
christian12 hat geschrieben:Er habe die Menschen so geliebt, dass er sich lieber von ihnen habe am kreuz ermorden lassen als auch nur im entferntesten Gewalt anzuwenden um sein Leben zu schützen.
:hmm: Bei mir würde es aber nicht bedeuten, mein Leben gegen das Heil der Menschen / der Welt einzutauschen.
Falls das jetzt Blödsinn ist, bitte einfach ignorieren.
Ich denke auch, daß so einfach mir nix dir nix das Leben hingeben, weil irgendein Penner einen umbringen will nichts taugt. Das muss schon aus Liebe geschehen. Der Herr hat es aus Liebe zur Kirche gemacht. Die Männer sollen sowas für ihre Frauen tun und ein Christ für das Bekenntnis.
Das hat nichts mit Nachfolge Christi zutun, sich einfach umbringen zu lassen, für nix. Oder wehrlos zuzugucken wenn einem die Kinder vergewaltigt werden und solcherlei. Das hat ja auch rein gar nichts mit Liebe zutun, was es aber sein muss um als Nachfolge Christi zu gelten.
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Marion
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Marion »

PascalBlaise hat geschrieben:Das Zitat von Franz von Sales ist gut. Ich denke im echten Extremfall hast du ohnehin keine Wahl mehr. Man kann vorher viel diskutieren, was Christus gesagt oder gemeint hat oder die Kirche. In der Praxis würde die große Mehrheit wohl aus Notwehr töten. Das ist einfach des Menschen Natur. Und was ist ein Vorsatz wert, den man im hoffentlich extrem seltenen Ausnahmefall dann doch nicht umsetzen kann.
Es ist gut zu wissen was gottwohlgefällig ist und man nicht erst wenn es richtig Ernst wird anfängt darüber nachzudenken. Der Kopf funktioniert besser, wenn der Notfall nicht schon eingetreten ist. Und ich denke schon, daß manch einer, wenn auch nicht allzuviele, tatsächlich gegen seinen eigenen Willen, weil er eben Gottes Willen tun will, handelt. Wenn man sich nur anschaut wie viele Märtyrer es in der Geschichte schon gab.
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Sempre
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Sempre »

christian12 hat geschrieben:Ok, das stimmt und ist ein guter punkt. Werd ich anbringen. Aber nicht auf notwehr zu verzichten bleibt schon hinter dem zurück, was Jesus getan hat. Meine verlobte meint sogar, dass man auch keine notwehrtötung zwecks Verteidigung von schutzbefohlenen tun dürfe. Heftig, aber irgendwie auch konsequent.

Wenn ich sage, Jesus habe gelehrt, liebe deinen nächsten wie dich selbst, und die selbstliebe habe im notwehrfall nun vorrang, dann hält sie dagegen, er habe auch gesagt, liebt einander wie ich euch geliebt habe.
Letzteres sagt Christus zu seinen Jüngern, also zu den Christen. Wenn nun ein Mitchrist meine Tochter vergewaltigen will, dann helfe ich ihm, indem ich ihn zur Not töte. Zum Einen verhindere ich, dass er schwer sündigt, zum Anderen muss ich auch die Tochter lieben, wie Christus uns geliebt hat.

Nun sollen wir auch die Feinde lieben, da gilt aber dasselbe. Nicht nur den Täter, sondern auch das Opfer lieben. Wir sollen diversen Arten von Bedürftigen und Notleidenden helfen. Dazu zählt etwa die genannte Tochter.

Widerstandslos in den Tod gehen, ist nur dann erlaubt, wenn es zwecks Verteidigung Christi, seiner Kirche oder des Glaubens der Kirche ist, oder wenn keinerlei Verpflichtung besteht, was die Standespflicht angeht oder was die Pflicht zur Nächstenliebe gegenüber Dritten angeht.

PascalBlaise
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von PascalBlaise »

Sempre hat geschrieben:Wenn nun ein Mitchrist meine Tochter vergewaltigen will, dann helfe ich ihm, indem ich ihn zur Not töte.
Das ergibt keinen Sinn. Auch versuchte Vergewaltigung ist schwere Sünde. Du hilfst ihm, indem du ihm jegliche Möglichkeit zur Umkehr und Reue nimmst? Du bringst ihn in diesem Zustand zum Gericht und das soll Hilfe sein? Man kann annehmen, dass jemand, der so etwas tut, auch anderweitig schwer gesündigt hat. So etwas kommt ja nicht zufällig.
Ich sage nicht, dass Notwehr (im Extremfall auch mit tödlichem Ausgang für den Angreifer) hier nicht angebracht wäre.
Aber das Töten als "Hilfe" für den Täter zu bezeichnen, um ihn von der eigentlichen Tat abzuhalten, ist unsinnig.
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Senensis
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Senensis »

christian12 hat geschrieben:Das Thema beschäftigt mich sehr.

Ich hatte gestern ein langes Gespräch mit meiner verlobten. Sie meint man müsse Jesus wirklich nachfolgen. Er habe die Menschen so geliebt, dass er sich lieber von ihnen habe am kreuz ermorden lassen als auch nur im entferntesten Gewalt anzuwenden um sein Leben zu schützen. Genau das sei auch von uns gefordert. Deswegen sei es falsch zu lehren, dass eine Tötung im Falle der notwehr erlaubt sei.

Was meint ihr dazu?
Moment, da ist ein sachlicher Fehler drin. Christus hat sich nicht am Kreuz töten lassen, nur um keine Gewalt zum Selbstschutz anzuwenden. In den Evangelien wird mehrfach davon berichtet, daß Seine Widersacher Ihm nach dem Leben trachteten und Ihn z. B. über eine Klippe stoßen wollten. "Er aber ging mitten durch sie hinweg." Wenn man die Stellen aufmerksam liest, wird deutlich, daß die Menschen Christus immer wieder nichts tun konnten aus dem einzigen Grund, weil Er es nicht wollte. Sie waren im entscheidenden Moment irgendwie gebannt oder was auch immer. Das hätte Er auch anwenden können, als sie Ihn im Ölgarten gefangennehmen wollten.
Umgekehrt sieht man in den Passionsberichten, daß Christus Sein Leiden sozusagen gezielt annahm, daß es geschah, weil Er es wollte. Da heißt es bei Johannes (18, 4 ff.): "Jesus aber, der alles wußte, was über Ihn kommen sollte, trat heraus und fragte sie: Wen suchet ihr? Sie antworteten Ihm: Jesus, den Nazarener. Er erwiderte ihnen: Ich bin es. (...) Als Er ihnen sagte: "Ich bin es", wichen sie zurück und stürzten zu Boden..."
Die Häscher stürzen also zu Boden vor der bloßen Majestät Seiner Selbstoffenbarung. Sie hätten Ihn niemals gefangennehmen können, wenn Er es nicht gewollt hätte, "damit die Schrift erfüllt würde", und ebensowenig hätten sie ihn verurteilen oder das Urteil vollstrecken können.
Christus hat sich am Kreuz töten lassen, um uns zu erlösen, und aus keinem anderen Grund.

Übrigens gibt es in den Evangelien u. a. besonders eine Stelle, die vielfach falsch übersetzt wird, weil Christus darin schockierenderweise gar nicht gewaltlos redet, nämlich die mit dem Mühlstein. Gemeinhin wird oft übersetzt: "es wäre besser für ihn, wenn ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt würde usw". Da steht aber "es gebührt ihm". Und noch dazu "gebührt ihm", ersäuft zu werden auf die schimpflichste Art, die für einen Juden überhaupt denkbar ist.
et nos credidimus caritati

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Marion
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von Marion »

Stimmt Senensis :)

Gewaltlosigkeit ist keine Tugend die der Herr vorlebte. Er schmiss u.a. ja auch die Tische im Tempel um. Auch die Kirche lehrt die Gewaltlosigkeit nicht unter den Tugenden oder auch die Gewaltanwendung unter den Untugenden.
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taddeo
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Re: Selbstverteidigung als Christ-was ist erlaubt und was nicht?

Beitrag von taddeo »

Senensis hat geschrieben:Christus hat sich am Kreuz töten lassen, um uns zu erlösen, und aus keinem anderen Grund.
Richtig. Zu Pilatus sagt er ja ausdrücklich: "Du hättest keine Gewalt über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre". Oder die Stelle mit den Legionen von Engeln, die ihm der Vater auf seinen Wunsch sofort schicken würde ...

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