Eure Angehörigen und Euer Glauben - Reaktionen?

Allgemein Katholisches.
Ralf

Eure Angehörigen und Euer Glauben - Reaktionen?

Beitrag von Ralf »

Hallo.

Mit diesem etwas seltsamen Threadtitel möchte ich mal erfragen, wie es Euch so im Umkreis Eurer Angehörigen, ganz nahe oder entfernt, in bezug auf Eure Gläubigkeit so ergeht. Wenn man als möglichst überzeugter Christ einfach nur seinen Weg gehen will, stößt man ja des öfteren auf Widerstände und Kopfschütteln.

Wie ist es bei Euch?

Ich erfahre u.a. in meinem fam. Umfeld ein riesiges Misstrauen gegenüber der Kirche und allem, was dazugehört - dementsprechend auch gegenüber der Bibel bspw.: man weigert sich, diese zu lesen. Die Kirche wird als riesen Machtapparat gesehen, Orden gehören übrigens dazu und sind ganz übel, alles außerhalb des gesellschaftlichen Mainstreams ist nicht normal und daher abzulehnen.
Der Glaube (der auch nicht wirklich geteilt aber angeblich verstanden wird) als wirklich lebens- und sinnstiftendes und Element ist nur akzeptiert, sofern es nicht um Wahrheit und Veränderung des eigenen Lebens geht.

Soweit zu mir.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Na, ich gebe mal ein Beispiel für die Stimmungslage. Kürzlich war anläßlich eines wichtigen christlichen Fests der engste Familienkreis versammelt. Unsere Larissa hatte dem gastgebenden Ehepaar mehrere selbstgemalte Bildchen mitgebracht, darunter dies, während des Festmahls an der Tafel überreicht:

Bild

Dazu der authentische Kommentar der Künstlerin: »Das ist Jesus Christus, genagelt und mit Haaren!«
Kommentar der Beschenkten: [–]
Kommentar einer anwesenden engen Verwandten: »Ihh, das ist ja pervers!«
Kommentar einer weiteren anwesenden engen Verwandten nach eingehender Betrachtung: »Hat sie ja gut gemalt, aber das Motiv ist wirklich pervers.«
Leiser Zuruf des zugehörigen Gatten aus dem Hintergrund: »Fang jetzt bitte keinen Streit über Religion an.«
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Die Stimmungslage in meiner Familie ist, dass mein Glaubensleben als viel zu übertrieben angesehen wird. Meine Familie ist zwar katholisch und hat mich katholisch erzogen, aber was ich zu leben versuche, geht entschieden zu weit.

Ein halbes Jahr nach meiner Bekehrung (vor ca 7 Jahren), bin ich voller Begeisterung von einer Wallfahrt zurückgekommen. Meine Eltern haben mich vom Bus abgeholt und mein erster Vorschlag war "Lasst uns zusammen den Rosenkranz beten!" Die Antwort war: "Ich lasse mir nicht vorschreiben wann ich bete." Seitdem habe ich jeden Versuch, mal etwas Schwung ins Glaubensleben meiner Familie zu bringen, unterlassen.

Da ich weit entfernt von meiner Familie wohne, wissen sie gar nicht so genau, was ich alles leben will. Gott sei Dank, denn ich bin eher der Typ, der Streit in der Familie aus dem Weg geht...

Bernd Heinrich Stein

Beitrag von Bernd Heinrich Stein »

In meiner Familie/meinem Umfeld sind die Reaktionen sehr unterschiedlich.

Einige wissen ja von unserem ältesten Sohn, der Priester werden wird. Wenn ich mit ihm zusammen bin, ist da ein sehr tiefes gegenseitiges Verstehen. Eine Gemeinsamkeit, die -für mein Empfinden- weit über eine Vater-Sohn-Beziehung hinausgeht.

Unser jüngerer Sohn steht allem was mit Glauben zu tun hat
-vordergründig- ablehnend gegenüber. Allerdings provoziert er auffallend oft Diskussionen über Gott und den Glauben, die dann oft sehr emotional werden.

Die "sonstige Umgebung" steht mir oft sehr indifferent gegenüber. Da ist eine Mischung aus Erstaunen, Neugier und Kopfschütteln an der Tagesordnung.

Bernd Heinrich

max72
Beiträge: 1032
Registriert: Montag 10. November 2003, 16:42

Re: Eure Angehörigen und Euer Glauben - Reaktionen?

Beitrag von max72 »

Ralf hat geschrieben:Hallo.

Mit diesem etwas seltsamen Threadtitel möchte ich mal erfragen, wie es Euch so im Umkreis Eurer Angehörigen, ganz nahe oder entfernt, in bezug auf Eure Gläubigkeit so ergeht. Wenn man als möglichst überzeugter Christ einfach nur seinen Weg gehen will, stößt man ja des öfteren auf Widerstände und Kopfschütteln.

Wie ist es bei Euch?
.
Eine wirklich gute Frage. Das interessantere sind bei mir Reaktionen von Freunden und Kollegen. Ich arbeite in der Wissenschaft, und da ist Religion und gerade Christentum einfach nicht-existent, was das Thema angeht herscht vollkommenes UNbverstaendnis. Ein Gespraech am, Mittagstisch (ungelogen): "Die haben kirchlich geheiratet." "Wirklich? Dass es sowas noch gibt, schrecklich, wie mittelalterlich" Oder letztens: "Mel Gibson ist Christ? Und den fand ich mal toll....."

Meiner Erfahrung nach, kann man mit Physikern am besten ueber Religion diskutieren. Biologen sind am schlimmsten, die haben gar kein Verstaendnis. Der Grund ist, dass Physiker tiefere Fragen stellen: Was ist Zeit, was ist Raum etc. Biologen verwenden stattdessen einfach einfache Naturgesetze und da die angeblich ausreichen, fraegt man nicht viel tiefer. Im grossen ganzen sind wir dann "gen-gesteuerte Maschinen".

Auch bei Physikern gibt es Grenzen. Ein Freund weiss unheimlich gut Bescheid ueber Christentum, Philosophie etc. Da musste ich doch ganz vorsichtig anfragen, ob eventuell, moeglicherweise so etwas wie Leben nach dem Tod moeglich sein koennte. Ich bekam einen sehr sehr fragenden Blick, ob ich das nun wirklich ernst meine. Natuerlich gibt's das nicht...

Ueber Kirche sind so die Standardphrasen und Vorurteile weit verbreitet. Polemisch a la Spiegel halt. Bezeichnend ist, dass Wissenschaftler, die ja eigentlich alles ganz genau und objektiv ueberpruefen sollten, unvoreingenommen sein sollten, in diesem Bereich alles ungeprueft hinnehmen.

Ehrlich gesagt: Es ist ein Trauerspiel, und die meisten sind da wirklich in ihrem Weltbild gefangen, ohne dass man hoffen koennte, dass sich da was aendert...

Gruesse

Max

Bernd
Beiträge: 96
Registriert: Dienstag 13. Januar 2004, 12:01

Beitrag von Bernd »

Meine Angehörigen finden mein Engagement in Ordnung, egal ob sie selbst christlich engagiert sind oder nicht. Einige finden den Zeitaufwand, den ich dabei habe, allerdings mitunter übertrieben...

Brat Albert
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Registriert: Sonntag 28. März 2004, 22:16

Beitrag von Brat Albert »

Unsere Angehörigen stehen unserer Religiosität eher positiv gegenüber, ist aber von Fall zu Fall verschieden. Trotzdem ist es im Familienkreis eher schwierig über religiöse Erfahrungen zu reden.
Mit meinen Kollegen ist es schon schwerer. Obwohl ich in einer kirchlichen Einrichtung arbeite(Caritasverband) gibt es praktisch keine Gespräche über den Glauben.
Der Glaube ist für viele ein richtiges Tabu. Das betrifft nicht nur junge Leute sondern auch die ältere Generation. Auf meiner Runde(Gemeindepflege) habe ich in der Woche vor Ostern nur einen alten Mann getroffen, der einen religiösen Bezug zu Ostern hatte (war ein reformierter Christ). Ansonsten waren Ostereier, Spaziergang und das es eben mal wieder Ostern ist wichtig.
Am unbefangesten sind die Kinder. Meine Tochter war in den meisten Liturgien dabei, unter anderen auch bei der Fußwaschung, der Kreuzverehrung und der Grablegung. Für sie war der Ostergruß nicht "schöne Ostern" sondern "Christus ist auferstanden". Heute ist sie mit einem kleinen Kreuz herumgelaufen und hat uns gebeten Jesus zu küssen.
Gruß und Gottes Segen
Peter

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Linus
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Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Beitrag von Linus »

Also nachdem ich im Moment im Rahmen familiensoziologischer Arbeiten meine Verwandtschaft durchforste, muss ich sagen, dass ich mit Verständnis geradezu gesegnet bin: Eltern, Schwester und Cousin im kirchlichen Dienst (teilweise aktiv, teilweise gewesen, da Pension oder jetzt woanders tätig). Weitschichtige Vorfahren im Kloster, anderer Cousin als Pastor der "Action Chapel", Großeltern, die Gebetsbüchlein geschrieben haben und eine Hilfsgemeinschaft für afrikanische Priesterstudenten gegründet haben (in den 1960ern)

Bestes beispiel: als mein Onkel vor kurzem seinen 60er feierte, gabs als "inoffizielles Vorprogramm" (so die Aussendung) eine Dankmesse, zu der tatsächlich alle geladenen Verwandte kamen, auch jene die eher als kirchenfern oder kirchenkritisch gelten.

Ähnlich die Familie, in die ichh bald einheiraten werde: Die Geschwister meiner Holden alle in Gebetskreisen o.ä. aktiv, die Verwandtschaft zumindest traditionell Sonntagsmesse.

Ich sag nur: Herz was willst du mehr?
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Petra
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Registriert: Samstag 4. Oktober 2003, 19:30

Beitrag von Petra »

Linus hat geschrieben: Ich sag nur: Herz was willst du mehr?
:shock: :cry:
Eine Tante, die noch gelegentlich in die (katholische) Kirche geht. Weit entfernt, in Berlin, eine Cousine mit italienischem Gatten. Eine sehr gute Freundin, die vor 3 Jahren, nach einem Anselm Grün Wochenende :mrgreen: , in die evangelische Kirche eintrat. Sie war von Haus aus katholisch, ist aber mit 18 ausgetreten.

Der Rest von Verwandten und Freunden bezeichnet meinen Glauben als „Petras Hobby“, ist aber mir gegenüber nicht glaubensfeindlich. Dafür sag’ ich auch nichts gegen buddhistisches und sonstiges Spirituelles. Das Thema Glauben findet so gut wie nie statt.
Wenn es mal stattfindet, kommen die üblichen Vorurteile, speziell gegen Katholens. Meistens begleitet mit einer Haltung, die keine gegenteilige Antworten hören will, im "talk only-don't listen-Modus".

Edith
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Registriert: Sonntag 5. Oktober 2003, 20:38

Beitrag von Edith »

Petra hat geschrieben: "talk only - don't listen-Modus".
:D den muss ich mir merken!

Marlene
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Registriert: Donnerstag 4. Dezember 2003, 15:03

Beitrag von Marlene »

Als ich aus der Kirche austrat, weinte meine Mutter.
Als ich wieder eintrat, knurrte sie so etwas wie "da wird es auch langsam Zeit, dass du wieder vernünftig wirst".
Als sie mitkriegte, dass ich fortan täglich im Gottesdienst war, erklärte sie meinem Mann, dass ich als Kind schon mal so gesponnen habe.
Und als ich Oblatin wurde hat sie mich endgültig für verrückt erklärt.

Die wunderbare Überraschung war mein Mann, der mich in meiner kirchenfernen Phase kennengelernt hat und dessen eigenes Glaubensleben auch ziemlich verschütt war. Er ist Schritt für Schritt mit mir gegangen und hat bei meiner Oblation vor Freude den Abt umarmt ... und dann erst mich :ja:

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Angelika
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Wohnort: Berlin

Beitrag von Angelika »

Hallo,

meine Hinwendung zu Gott (und zum katholischen Glauben) hat bei meinen Angehörigen vor allem Erstaunen ausgelöst. Einige wenige, die selbst praktizierende Gläubige sind, freuten sich darüber. Die anderen standen meiner Veränderung wohlwollend distanziert gegenüber. Sie fanden es gut, hielten es aber für sich selbst nicht für geeignet.

Bei einigen hat sich inzwischen zumindest etwas persönliches Interesse eingestellt.

Manchmal denke ich, dass manch einer es immer noch nicht richtig glauben kann, dass ich eine praktizierende Katholikin geworden bin. ;)

Gruß
Angelika

HeGe
Moderator
Beiträge: 15079
Registriert: Montag 6. Oktober 2003, 18:56

Beitrag von HeGe »

Hallo,

also bei mir ist das Bild sehr verschieden.

In meiner Familie sind außer meiner Großmutter keine großen Kirchgänger vertreten und Diskussionen über Religion enden meistens in ziemlich großem Geschrei. Meine Eltern haben meine Religiosität wohl mittlerweile akzeptiert, ab und zu kommt mal ein Satz wie: "Du warst doch gestern erst in der Kirche!" oder "Was haben wir eigentlich in der Erziehung falsch gemacht?". Ansonsten haben sich wohl die meisten damit abgefunden. Ich glaube problematisch würde es erst wieder, wenn ich eines Tages mit der Nachricht käme, Priester werden zu wollen, oder so.

In meinem Freundeskreis gab es eigentlich noch nie große Probleme, zumal ich niemand bin, der mit Riesenkreuz auf der Brust rumrennt und jeden zu missionieren versucht. Die meisten sind gleichgültig bis zeitweilig interessiert. Die interessantesten Diskussionen habe ich mit einem Freund, der überzeugter Protestant ist. Im Großen und Ganzen kann man m.E. als gläubiger Mensch sehr gut leben, solange man die anderen auch leben lässt.

HeGe

Cicero
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Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26

Beitrag von Cicero »

Nunja, der Teil meiner Famile (im weiteren Sinne), der katholisch ist, ist im wesentlichen (ich nenne das so, weil es so gut trifft) "bürgerlich katholisch".
D.h. sie sind katholisch, weil man halt katholisch ist. Man geht Sonntags zur Messe, weil man das halt so macht, wenn man katholisch ist und in einem sozialen Umfeld lebt, wo da üblich ist (Dorf im Münsterland).
Einige machen sich mehr Gedanken und engagieren sich etwas mehr in der einen oder anderen Weise, andere eher weniger. Die "jüngere" Generation (war mal ein interessantes Gespräch mit einer Cousine) sieht das eher so, daß man eben heute nicht mehr jeden Sonntag in die Kirche geht. Die älteren tun es teils aus Gewohnheit, teils aus Überzeugung.
Meine Oma tat das noch aus Überzeugung und ich glaube, daß sie viel für meine Bekehrung gebetet hat. Sie hatte so einen wunderbaren schlichten und im besten Sinne kindlichen Glauben, der ihr in ihrem oft schweren Alltag (Krieg, lange Gefangenschaft des Mannes, lange Jahre als Witwe ...) Halt gegeben hat. Ebenso eine Großtante von mir, die auch eine beeindruckend tiefe Frömmigkeit hat.

Im Kreise meiner Eltern und Geschwister bin ich ein Exot.
Da ist nix mehr. Ein Teil ist sogar aus der Kirche ausgetreten.
"Du machst uns die Ganze Weihnachtsstimmung kaputt, wenn du jetzt in die Kirche gehst!", mußte ich mir vor ein paar Jahren an Heilig Abend anhören. Na gut, seitdem weigere ich mich kirchliche Feste (Ostern, Weihnachten etc. mit meinen Eltern und Geschwistern zu feiern.
Meine Schwester nimmt seit Jahren immer wieder neue Anläufe. Ich sage dann einfach ganz sachlich und nüchtern: "Sorry, aber ihr wißt, daß wir Weihnachten anders feiern als Ihr. Wir können uns jederzeit treffen, aber nicht an diesen Tagen."
Mittlerweile wird das akzeptiert. Aber ich druckse auch nicht mehr rum, sondern sage offen, was mir wichtig ist. Allerdings habe ich auch - im Gegensatz zu früheren Jahren - alle aktiven Missionierungsversuche eingestellt. Wenn sie mich fragen, bekommen sie ehrliche Antworten. Sonst halte ich die Klappe. Zudem weigere ich mich schlicht und ergreifend mich für meinen Glauben zu rechtfertigen oder auf Angriffe zu reagieren. So kommen alle gut damit klar.

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