Mariä Lichtmeß

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ad-fontes
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von ad-fontes »

anneke6 hat geschrieben:Vielleicht stellst Du einfach nur sehr spezielle Fragen, die nur von absoluten Fachleuten beantwortet werden können?
Als Linguistin kann ich hinzufügen, daß es grundsätzlich kaum möglich ist festzustellen, wann ein Ausdruck kreiert wurde.
Gewiß, es ist eine spezielle Frage, aber zu einer ersten Beantwortung - ohne in die Tiefe zu gehen - braucht man nur Kalender: wann steht zum ersten Mal in einem Kalender "Darstellung des Herrn"?
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Robert Ketelhohn
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Robert Ketelhohn »

anneke6 hat geschrieben:Vielleicht stellst Du einfach nur sehr spezielle Fragen, die nur von absoluten Fachleuten beantwortet werden können?
Als Linguistin kann ich hinzufügen, daß es grundsätzlich kaum möglich ist festzustellen, wann ein Ausdruck kreiert wurde.
Es gibt Ausnahmen, wie z. B. „Schniedelwutz“.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Ralf

Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Ralf »

Oder auch die "Arschkarte".

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Robert Ketelhohn
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ad-fontes hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Vielleicht stellst Du einfach nur sehr spezielle Fragen, die nur von
absoluten Fachleuten beantwortet werden können?
Als Linguistin kann ich hinzufügen, daß es grundsätzlich kaum
möglich ist festzustellen, wann ein Ausdruck kreiert wurde.
Gewiß, es ist eine spezielle Frage, aber zu einer ersten Beantwortung -
ohne in die Tiefe zu gehen - braucht man nur Kalender: wann steht zum
ersten Mal in einem Kalender "Darstellung des Herrn"?
Um die Frage zu beantworten, müßte ich nicht einfachhin „Kalender“ haben,
sondern alle Kalender. – Primär ist das übrigens ein Marien-, kein Herrenfest,
denn den Termin bestimmt der Tag der purificatio puerperæ.
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anneke6
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von anneke6 »

Ralf hat geschrieben:Oder auch die "Arschkarte".
Ja, angeblich 1970, mit der Einführung der Roten Karte beim Fußball. Aber ob Herr Essig da Recht hat mit seiner Theorie, weiß ich nicht so recht.
Was den Robertschen Schniedelwutz angeht…Kann sein, daß Otto Waalkes den wirklich erfunden hat, dann ist es auf das Jahr 1979 zu datieren.
Was waren die 70er doch für ein krankes Jahrzehnt…
???

obsculta
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von obsculta »

Was den Robertschen Schniedelwutz angeht…Kann sein, daß Otto Waalkes den wirklich erfunden hat, dann ist es auf das Jahr 1979 zu datieren.
Otto Waalkes hat 1979 den S....von R.... erfunden :glubsch: :glubsch: :glubsch: ???

Wie ist das denn zu sehen?

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Robert Ketelhohn
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Robert Ketelhohn »

:mantel:
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ad-fontes
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von ad-fontes »

Antiphon zu Mariä Lichtmeß:
Antiphonar von Mont-Blandin hat geschrieben:Chaere cecaritomeni. Have gracia plena: thothoce parthene. Dei genetris Virgo. ex su gar annetilen. ex te enim ortus est. o ilios tis dicesonis. sol justicie. fotizon tus en scoti.
inluminans qui in tenebris sunt. eufrenu ce su.letare & tu:presbita dicee. sinior juste. dexamenos
en ancales. suscipiens in ulnis: ton eleutherotin: liberatorem: ton [p]sichon imon: animarum
nostrarum: charizomenon imin : donantem nobis. cae tin anastasin. & resurrectionem :
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Robert Ketelhohn
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das ist ja witzig. Wo stammt das denn her? – Vom Blandijnberg kann’s ja
ursprünglich nicht sein, denn das dortige Kloster wurde wohl erst anfangs
der zweiten Drittels des siebenten Jahrhunderts gegründet, die lateinische
Umschrift des Griechischen aber in deinem Antiphonar aber muß jeden-
falls noch aus einer Zeit stammen, da man das c- auch vor -e- und -i- wie
k- sprach, also keinesfalls später als (frühes) sechstes Jahrhundert, wenn
ich’s gerade recht in Erinnerung habe; eher älter. Wobei die Handschrift
natürlich auch eine jüngere Abschrift sein kann.Aber wie kommt so viel
liturgisches Griechisch überhaupt nach Flandern? In staufischer Zeit aus
Süditalien mitgebracht?
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Lutheraner
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Re: Re:

Beitrag von Lutheraner »

ad-fontes hat geschrieben:Wo aber liegen die Ursprünge für die heutige Benennung des Festes als "Darstellung des Herrn" (praesentatio Domini )?
Die Ursprünge liegen in der Bibel. Lukas 2,22-24:

"22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen,23 wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn (2.Mose 13,2; 13,15): »Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen«, 24 und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: »ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben« (3.Mose 12,6-8)."

Wieso wurde hieraus ein Marienfest?
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Robert Ketelhohn
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Re: Re:

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lutheraner hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:Wo aber liegen die Ursprünge für die heutige Benennung des Festes als "Darstellung des Herrn" (praesentatio Domini )?
Die Ursprünge liegen in der Bibel. Lukas 2,22-24:

"22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen,23 wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn (2.Mose 13,2; 13,15): »Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen«, 24 und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: »ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben« (3.Mose 12,6-8)."

Wieso wurde hieraus ein Marienfest?
Hast du doch selber zitiert (und nicht „wurde“, sondern „ist“, von Anfang an): »als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren … nach Jerusalem … um das Opfer darzubringen«. Das ist das Reinigungsopfer der Wöchnerin. Das bestimmt den Termin: den vierzigsten Tag.
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Lutheraner
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Re: Re:

Beitrag von Lutheraner »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:Wo aber liegen die Ursprünge für die heutige Benennung des Festes als "Darstellung des Herrn" (praesentatio Domini )?
Die Ursprünge liegen in der Bibel. Lukas 2,22-24:

"22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen,23 wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn (2.Mose 13,2; 13,15): »Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen«, 24 und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: »ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben« (3.Mose 12,6-8)."

Wieso wurde hieraus ein Marienfest?
Hast du doch selber zitiert (und nicht „wurde“, sondern „ist“, von Anfang an): »als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren … nach Jerusalem … um das Opfer darzubringen«. Das ist das Reinigungsopfer der Wöchnerin. Das bestimmt den Termin: den vierzigsten Tag.
Das ist richtig. Du hast aber weggelassen um was es geht:

"...brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen,..."

Die von Dir so vielgeschätzte Orthodoxe Kirche feiert heute übrigens auch kein Marienfest, sondern Hypapanthe , die Begegnung Simeons mit dem Herren. In jedem Abendmahlsgottesdienst der SELK wird des heutigen Tages durch das Singen des Nunc Dimittis gedacht.
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Robert Ketelhohn
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich habe nicht weggelassen, worum es geht, sondern das hervorgehoben,
was du übersehen hattest und wieder übersiehst: »… und um das Opfer
darzubringen«, nämlich das Reinigungsopfer der Wöchnerin. Wöchnerin.
Verstehst du das Wort? Wöchnerin. Frau, die Kind geboren.

Dies Opfer (die Tauben) ist ihr Opfer. Das Reinigungsopfer der Wöch-
nerin. Wöchnerin. Das war nach dem Gesetz am vierzigsten Tag darzu-
bringen. Weihnachten bis Mariæ Lichtmeß sind vierzig Tage.
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Berolinensis
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Berolinensis »

Die Umdeutung in ein Herrenfest hatte allerdings schon vor dem Konzil begonnen, denn die 1960er Rubriken bestimmen bereits - bei Beibehaltung des traditionellen Festnamens und des Communes der Marienfeste - "Festum Purificationis B. Mariæ Virg. habetur tamquam festum Domini."

Germanus
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Germanus »

Was weiter oben von den "Orthodoxen Kirchen" geschrieben wurde bzgl. Marä Reinigung stimmt so nicht: Zwar ist dieser Festtag im gewissen Sinne auch ein "Herrenfest", liturgisch hingegen gilt er als Marienfest, weshalb z.B. an Fasttagen kein Fleisch gegessen wird (was an Herrenfesten erlaubt wäre).
Gruß G.
"Her, denke an mui, wenn diu met duinem Ruike kümmes." (Lk 23,42)

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Niels
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Niels »

Quelle hat geschrieben:Das Fest wurde in Jerusalem seit Anfang des fünften Jahrhunderts gefeiert. In Rom verband sich mit diesem Tag eine ursprünglich heidnische Lichterprozession.
:roll:

Nachtrag:
Quelle: Bistum Aachen
Na dann... :roll:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Berolinensis
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Berolinensis »

Niels hat geschrieben:
Quelle hat geschrieben:Das Fest wurde in Jerusalem seit Anfang des fünften Jahrhunderts gefeiert. In Rom verband sich mit diesem Tag eine ursprünglich heidnische Lichterprozession.
:roll:

Nachtrag:
Quelle: Bistum Aachen
Na dann... :roll:
:gaehn: So olle Kamellen, wo wir's doch vor hundert Jahren schon besser wußten:
Catholic Encyclopedia 1908 hat geschrieben:The blessing of the candles did not enter into common use before the eleventh century; it has nothing in common with the procession of the Lupercalia.

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Bernado
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben: :gaehn: So olle Kamellen, wo wir's doch vor hundert Jahren schon besser wußten:
Catholic Encyclopedia 1908 hat geschrieben:The blessing of the candles did not enter into common use before the eleventh century; it has nothing in common with the procession of the Lupercalia.
Das wäre mir freilich als bloße Behauptung nicht genug. Die CE ist, so wichtig sie ist und so erfrischend ihr apologetischer Eifer in unserer schlafmützigen Zeit wirkt, doch nicht in allem das letzte Wort - vom Alter einmal ganz abgesehen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Lutheraner
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Lutheraner »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich habe nicht weggelassen, worum es geht, sondern das hervorgehoben,
was du übersehen hattest und wieder übersiehst: »… und um das Opfer
darzubringen«, nämlich das Reinigungsopfer der Wöchnerin. Wöchnerin.
Verstehst du das Wort? Wöchnerin. Frau, die Kind geboren.

Dies Opfer (die Tauben) ist ihr Opfer. Das Reinigungsopfer der Wöch-
nerin. Wöchnerin. Das war nach dem Gesetz am vierzigsten Tag darzu-
bringen. Weihnachten bis Mariæ Lichtmeß sind vierzig Tage.
Ich übersehe gar nichts. Was feierst Du an Weihnachten?
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Gamaliel
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Gamaliel »

Falls es jemanden interessiert, ich habe mich schon vor längerer Zeit mit der Kerzenweihe und -prozession beschäftigt und auch einen kleinen Artikel dazu verfaßt. Ich stelle in hier mal online.

Kerzenweihe und –prozession an Lichtmeß

im Lichte der Religionsgeschichte
1. Einleitung

Die aufgeklärte Gesellschaft erzog ihre Glieder einst dazu alles und jedes zu hinterfragen. Diese extreme Haltung ist mittlerweile ins Gegenteil umgeschlagen und hat einer verheerenden geistigen Passivität Platz gemacht. Diese Passivität, wir können sie auch als geistige Trägheit bezeichnen, ist nicht nur mitverantwortlich für die Wurzellosigkeit der modernen Gesellschaft, sondern auch für die Verständnislosigkeit mit der die Liturgiereformer des Konzils den altehrwürdigen Traditionen der römischen Liturgie gegenüberstanden.
Im folgenden soll am Beispiel der Kerzenweihe des Lichtmeßtags gezeigt werden, wie wichtig und erhellend die Kenntnis der religiösen Tradition für das Verständnis der Liturgie sein kann.

2. Liturgiegeschichtlicher Ursprung

2.1 Kerzenweihe

Wenn wir das Kirchenjahr überblicken, dann bemerken wir, daß es insgesamt nur drei Segnungen gibt, die unmittelbar mit einer anschließenden Meßfeier verbunden sind. Es sind dies die Segnung der Asche am Aschermittwoch, die Segnung der Palmzweige am Palmsonntag und eben die Weihe der Kerzen am Lichtmeßtag. Wegen dieser eigentümlichen Verknüpfung mit der Meßfeier bezeichnet man sie auch als die drei „großen Segnungen“.
Im Gegensatz zum Fest Mariä Reinigung und der Prozession, kam die Kerzenweihe erst relativ spät in Gebrauch (etwa im 10. Jahrhundert). Zu größerer Verbreitung gelangte sie sogar erst im 11. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammen auch die fünf Gebete, die noch heute zur Weihe der Kerzen verwendet werden.

2.2 Kerzenprozession

Die Kerzenprozession ist gegenwärtig, ebenso wie die Kerzenweihe untrennbar mit dem Datum des 2. Februar verbunden. Sollte also das Fest Mariä Reinigung durch ein anderes verdrängt bzw. auf den nächsten Tag verschoben werden, dann würden dennoch Weihe und Prozession am 2. Februar stattfinden. Der berühmte Liturgiker Dom Guéranger sieht hier den innigen Bezug von Weihe und Prozession zur Reinigung Mariens ausgedrückt, die eben genau vierzig Tage nach der Geburt Christi stattgefunden hat (25. Dezember + 40 Tage = 2. Februar). Wie wir später noch sehen werden, gibt es aber noch eine andere (richtigere) Erklärung für dieses Phänomen.
Was den geschichtlichen Ursprung der Prozession betrifft, so ist dieser von ziemlichem Dunkel umhüllt. Sicher bezeugt ist eine Prozession erst im 7. Jahrhundert, obwohl sie jedenfalls auf eine frühere Zeit zurückgeht, wie die frühmittelalterliche Tradition (Beda Venerabilis, Amelarius von Metz,…) versichert. Bereits im 8. Jahrhundert war es üblich Lichter (ohne besondere Segnung) während der Prozession zu tragen. Die verschiedenen Weihegebete und Gesänge kannte bereits das 10. Jahrhundert, obwohl, wie schon erwähnt, die Segnung der Kerzen erst im 11. Jahrhundert zum allgemeinen Brauch wurde.

2.3 Ergebnis

Wir können somit festhalten, daß unsere Lichtmeßprozession vermutlich bis ins 5. Jahrhundert zurückreicht, obwohl sie uns schriftlich erst für das 7. Jahrhundert bezeugt ist. Die Kerzenweihe ist dagegen erst rund 500 Jahre später hinzugekommen.
Dies bringt nun zwei wichtige Folgerungen mit sich: Erstens handelt es sich bei unsere Prozession um keine eigentliche Lichterprozession, da eben jahrhunderte-lang gar keine Lichter dabei verwendet wurden und zweitens zeigt dies, daß die jüdischen Zeremonievorschriften (Darstellung der Erstgeburt und Reinigung der Mutter) nicht der unmittelbare Anlaß für unsere Prozession waren, wie Dom Gué-ranger vermutet, denn diese gewinnen ebenfalls ihren Sinn nur durch die Lichter-prozession (Christus als Licht der Welt). Wo liegt aber dann der Ursprung dieser Zeremonien?

3. Religionsgeschichtlicher Ursprung

3.1 Vorbemerkung

In den folgenden Abschnitten versuchen wir eine Antwort auf die Frage zu finden, wo der Ursprung der Kerzenweihe und –prozession des Lichtmeßtages liegt.
Ihre Berechtigung erhält diese Frage aus der Tatsache, daß es in der römischen Liturgie keine Zufälle gibt. Im Gegensatz zur Auffassung der Liturgischen Bewegung, ist die Liturgie nicht etwas Beliebiges, das genauso gut auch anders sein könnte. Eine jede Zeremonie, eine jede Haltung und Bewegung hat ihre Bedeutung, und zwar nicht eine willkürliche, sondern eine organisch gewachsene, und dieser gilt es jetzt nachzuspüren.

3.2 Das Zeugnis der kirchlichen Tradition

Wenn wir die Akten der Päpste studieren, dann stoßen wir in der Regierungszeit von Papst Gelasius I. (492-496) auf ein sonderbares Dekret. Obwohl in Rom bereits seit gut 400 Jahren das Christentum Fuß gefaßt hatte und es seit 100 Jahren alleinberechtigte Religion im Römischen Reich war, sah sich der Papst gezwungen beim römischen Senat zu intervenieren, damit dieser das heidnische Lupercalienfest (siehe unten) endlich abschaffe. Seither – und dies ist für unser Thema von Bedeutung – wird von der Tradition immer wieder dieser Papst im Zusammenhang mit der Einführung der Prozession am Lichtmeßtag genannt. Einige Zeugnisse herausragender Männer mögen dies belegen: Papst Innozens III. (+1216) schreibt in einer Predigt am Lichtmeßtag die Einführung dieser Zeremonie der Weisheit der römischen Päpste zu, die dadurch die Reste eines heidnischen Brauchs, der auch unter Christen noch nicht völlig ausgestorben war, verchristlicht haben. Die Theologen Baronius (+1607) und Thomassin (+1695) sind der Meinung, daß die Prozession im 5. Jahrhundert durch Papst Gelasius I. eingeführt wurde, um auf diese Weise bestimmten heidnischen Resten der Lupercalien-Feier eine christliche Deutung zu geben. Andere wieder, darunter Papst Benedikt XIV. (+1758) gehen ebenfalls von einer Einführung unter Papst Gelasius aus, nehmen aber als Grundlage den (wiederum im Februar) stattfindenden heidnischen Brauch der „Amburbalia“ an (dabei zog man mit leuchtenden Kerzen durch die Stadt um diese dadurch zu entsühnen).

3.3 Das römische Lupercalienfest

Im heidnischen Rom wurden am 15. Februar zu Ehren des Gottes „Lupercus“ die sogenannten „Lupercalia“ gefeiert. Diese Feierlichkeiten dauerten insgesamt acht Tage und in ihrem Mittelpunkt standen vorwiegend Reinigungs- und Fruchtbarkeitsriten. „Lupercus“ war ein römischer Herden- und Fruchtbarkeitsgott. Er wurde besonders zur Abwehr von Wölfen angerufen und dementsprechend auch als Wolfswesen dargestellt. Sein Heiligtum befand sich am Fuß des Palatin und zwar in jener Grotte, in der gemäß der Gründungslegende Roms die Zwillinge Romulus und Remus einst von einer Wölfin gesäugt worden sein sollen.
Die Zeremonien des Lupercalienfestes wurden von den „Lupercii“, d.h. den Priestern des Lupercus vorgenommen. Am Festtag opferten diese zunächst Ziegen und Hunde, sowie heilige Kuchen. Dann wurde zwei adeligen Jünglingen, mit einem in das Blut eines geopferten Ziegenbocks getauchten Dolch die Stirn bestrichen. Anschließend wurden sie davon wieder gereinigt und zwar mit in Milch getauchter Wolle. Diese Reinigung hatte unter lautem Gelächter der Jünglinge zu erfolgen. Dieses sonderbare Zeremoniell, war ein Reinigungsritus für den Berufsstand der Hirten.
Hierauf hüllten sich die Priester in die Felle der geopferten Ziegen, um auf diese Weise ihren Gott Lupercus nachzuahmen, der ebenfalls mit nacktem Oberkörper und in Ziegenfell gehüllten Unterkörper dargestellt wurde. So angekleidet, zogen sie nun in Prozession durch Rom bzw. um den palatinischen Hügel herum. Mit sich trugen sie das in Streifen geschnittene Fell des zuvor geopferten Ziegenbocks um damit die Zuschauer, vor allem die Frauen, leicht zu schlagen. (Von diesem Tun erhofften sich die geschlagenen Frauen Fruchtbarkeit im neuen Jahr.) Sinn dieser Zeremonie war es, durch das Umherlaufen eine symbolische Reinigung des Landes und durch das Schlagen der Zuschauer eine Reinigung der Einwohner vorzunehmen. Der ganze Vorgang trug den Namen „februare“ und die Streifen des Ziegenfells hießen „februum“.

3.4 Der Monat „Februar“

Vielleicht ist beim Lesen dieser Zeilen sogleich jemandem aufgefallen, daß unser Kalendermonat „Februar“ ganz ähnlich klingt, wie das soeben beschriebene sonderbare Treiben der Römer, das, wie gesagt, „februare“ hieß. Und tatsächlich gibt es hier einen direkten Zusammenhang: „Februar“ kommt aus dem Lateinischen wo der Begriff „februare“ soviel wie „reinigen“ und „februum“ demnach „Reinigungsmittel“ bedeutet. Unser Monat „Februar“ heißt nun gerade deswegen so, weil er im römischen Jahreskreis der Reinigungsmonat schlechthin war.
Um das besser zu verstehen, muß man noch wissen, daß das altrömische Jahr mit dem Monat März begann (und nicht wie heute mit dem Januar), sodaß also der Februar der letzte Monat eines Jahres war (Das ist übrigens auch der Grund warum bis auf den heutigen Tag gerade an ihn der Schalttag angehängt wird).
Dieser letzte Monat war deshalb der Reinigungsmonat, weil in seiner zweiten Hälfte zahlreiche Reinigungs- und Sühnopfer für die Lebenden und Verstorbenen veranstaltet wurden, darunter auch die oben erwähnten Lupercalia. Es fand also gewissermaßen eine Entsühnung des vergangenen Jahres statt um auf diese Weise gleichsam rein ins Neue Jahr treten zu können.

3.5 Ergebnis

Als zentrales Ergebnis der religionsgeschichtlichen Übersicht können wir festhalten, daß in Rom der Monat Februar ein Reinigungsmonat war, daß unter dem Datum des 15. Februar ein großes Reinigungsfest stattfand und daß sich noch um das Jahr 500 Papst Gelasius I. gezwungen sah, gegen dieses heidnische Treiben vorzugehen – und zwar allem Anschein nach durch Einführung einer „Gegenveranstaltung“: unserer heutigen Lichtmeßprozession.

4. Die Verchristlichung einer altrömischen Sühneprozession

4.1 Das liturgische Datum vom Fest Mariä Reinigung

Die Spuren eines Festes am vierzigsten Tag nach der Geburt des Herrn lassen sich in der Kirche von Jerusalem bereits im 4. Jahrhundert ausmachen. Ein Pilgerbericht („Peregrinatio Silviae“) aus dem Jahr 385 n. Chr. erwähnt am 14. Februar eine Prozession zur Auferstehungskirche mit anschließender Meßfeier und Verlesung des Evangeliums der Darstellung Christi im Tempel. Von Jerusalem ausgehend wurde im Osten nachweislich seit Anfang des 5. Jahrhunderts an diesem Tag (14. Februar) „Maria Lichtmeß“ bzw. das Fest der „Darstellung des Herrn“ gefeiert. Die römische Kirche hat das Fest wahrscheinlich im 5./6. Jahrhundert aus dem Osten übernommen.
Vielleicht stellt sich der eine oder andere die Frage, wieso jetzt plötzlich vom 14. Februar die Rede ist, wo es doch um den Lichtmeßtag am 2. Februar geht. Die Antwort darauf lautet: Das frühkirchliche Weihnachtsfest wurde am 6. Januar gefeiert; zählt man zu diesem Datum die vierzig Tage der Reinigungszeit hinzu, dann kommt man auf den 14. Februar. Erst durch die Verlegung des Weihnachtsfestes im Jahre 356 durch Papst Liberius auf den 25. Dezember rückte auch der Licht-meßtermin auf den 2. Februar vor.
(Nebenbemerkung: In den christlich gewordenen heidnisch-römischen Gebieten, in denen sich das neue Weihnachtsdatum (25.12.) durchsetzte wurde der 14. Feb. nun zu einem „leeren“ bzw. festfreiem Datum. Dies trug wohl nicht unbedeutend zum Wiederaufleben der alten heidnischen Bräuche an diesem Tag bei. => Hier liegt – was wir hier nur angedeutet werden kann – der Ursprung unseres „Valentinstags“.)

4.2 Schlußfolgerung

Am Beginn unserer Ausführungen stand die Absicht, aus religionsgeschichtlicher Sicht etwas zum Verständnis der Kerzenweihe und –prozession des Lichtmeßtages beizutragen. Nun ist es an der Zeit die Frucht der vorangegangenen Ausführungen zu ernten.

a) Unsere heutige Lichtmeßprozession wurde dem äußeren Anlaß nach (natürlich nicht inhaltlich) als christlicher „Ersatz“ für die durch Papst Gelasius verbotene römische Lupercalienfeier eingeführt. Darauf deuten nicht nur die Traditionszeugnisse hin, sondern auch die Übereinstimmung im Datum: frühkirchliches Lichtmeß-Datum 14. Feb. und Lupercalienfest am 15. Feb. (wobei jedoch nach röm. Zählung der neue Tag bereits mit der Vesper des Vortags (=14. Feb.) beginnt).

b) Unsere Lichtmeßprozession ist ihrem Wesen nach keine Lichter- sondern eine Sühneprozession. Abgesehen davon, daß sie lange ohne Kerzen durchgeführt wurde, entspricht dies auch ihrer „Ersatzfunktion“ für die heidnische Sühneprozession am Lupercalienfest. Da der Sühnegedanke etwas zutiefst Christliches ist, konnte man diesen Aspekt ruhigen Gewissens übernehmen. Dieses Umstandes war man sich auch noch bis vor 40 Jahren bewußt, denn bis dorthin wurden Segnung und Prozession in violetten Paramenten vorgenommen, also in der Farbe der Buße. Erst Papst Johannes XXIII. verfügte die Änderung der liturgischen Farbe von violett auf weiß – um damit eine 1500-jährige Tradition sowie die wesentliche Symbolik der Prozession zu zerstören.

c) Die ursprüngliche Symbolik der Sühne und der Reinigung schloß eine spätere Ergänzung durch weitere Inhalte nicht aus. Und so kam im 11. Jahrhundert die Segnung der Kerzen hinzu, wodurch die Prozession einen deutlichen Bezug zur Darstellung Christi im Tempel erhielt (vgl. den Inhalt der Gebete). Damit wurde aus der Sühneprozession auch eine Lichterprozession, insofern eben Christus das Licht der Heiden (der Welt) ist, wie es im Lobgesang des Greisen Simeon heißt.

4.3 Zur geistliche Bedeutung von Weihe und Prozession

Anknüpfend an die Symbolik des Lichtes und des Feuers erflehen die Gebete vor allem, daß wir, vom Feuer der göttlichen Liebe durchglüht, dereinst dem Herrn im Tempel der Glorie dargestellt werden; des weiteren, daß wir, erleuchtet vom Licht des Hl. Geistes, erkennen mögen, was zu unserem Heile dienlich ist und nach dem Dunkel dieser Welt zum unvergänglichen Lichte gelangen.
Die Darreichung der Lichter/Kerzen durch den Priester bedeutet, daß wir alle Anteil haben am Licht der Gnade in Christus, der, wie die bei der Austeilung der Kerzen gesungene Antiphon sagt, Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung seines Volkes Israel geworden ist.
Zum hochgeschätzten Sakramentale macht die Lichtmeßkerzen vor allem das erste Gebet, in welchem die Kirche sie segnet „zum Gebrauche der Menschen, für die Gesundheit des Leibes und der Seele, zu Wasser und zu Lande“.

5. Papst Gelasius I. als Beispiel katholischer Weitherzigkeit
Manch einer mag am Ende dieser Zeilen vielleicht etwas verwundert sein über den außerchristlichen „Hintergrund“ der katholischen Lichtmeß-Liturgie, aber abgesehen davon, daß auch das Heidentum noch gute Reste der Uroffenbarung bewahrt hat, an die das Christentum anknüpfen konnte, ist dies doch auch ein Kennzeichen für die Weitherzigkeit unsere Religion.

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Berolinensis
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben: :gaehn: So olle Kamellen, wo wir's doch vor hundert Jahren schon besser wußten:
Catholic Encyclopedia 1908 hat geschrieben:The blessing of the candles did not enter into common use before the eleventh century; it has nothing in common with the procession of the Lupercalia.
Das wäre mir freilich als bloße Behauptung nicht genug. Die CE ist, so wichtig sie ist und so erfrischend ihr apologetischer Eifer in unserer schlafmützigen Zeit wirkt, doch nicht in allem das letzte Wort - vom Alter einmal ganz abgesehen.
Das ist mir schon klar, aber es ist nunmal die am leichtesten online zitierbare Quelle. Es ist doch insgesamt dieser Impetus, der jahrzehntlang en vogue war (und es in Aachen offenbar immer noch ist), alle christlichen Feste von heidnischen ableiten zu wollen, inziwschen ziemlich desavouiert, siehe auch die Diskussion um Weihnachten.

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Berolinensis
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Berolinensis »

Sehe jetzt erst den Beitrag von Gamaliel. Die Catholic Encyclopedia jedenfalls (jaja, mit den Caveats von Bernardo, aber hier gibt sie sogar eine Quelle an, und bei Gamaliel sehe ich auch keine Nachweise) weist den Zusammenhang mit St. Gelasi Vorgehen gegen die Luperkalien ausdrücklich zurück:
The feast was certainly not introduced by Pope Gelasius to suppress the excesses of the Lupercalia (Migne, Missale Gothicum, 691)

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Gamaliel
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Gamaliel »

Das Festgeheimnis der Messe

1 Herrenfest oder Muttergottesfest?

Von einem Festgeheimnis des Lichtmeßtags zu sprechen ist insofern falsch, da wir genaugenommen zwei Festinhalte feiern, nämlich die Darstellung Christi im Tempel und die Reinigung Mariä. Mit diesem doppelten Festinhalt ist die eigenartige „Unentschiedenheit“ in der Frage verbunden, ob es sich denn nun um ein Herrenfest oder ein Muttergottesfest handelt.
Während in unseren Landen Lichtmeß immer als Marienfest betrachtet wurde, feiert es die Ostkirche als Herrenfest. Diesen Zwiespalt erleben wir noch heute, wenn wir beispielsweise den marianischen Titel des Festes („Mariä Reinigung“) den liturgischen Texten gegenüberstellen, die allesamt Christus zum Inhalt haben. (Besonders betont wird dies durch die Präfation, die nicht von den Muttergottesfesten, sondern von Weihnachten, also einem typischen Herrenfest genommen wird!)

2 Das mosaische Gesetz

Warum aber, so kann man sich fragen, hat die Kirche zwei so „gegensätzliche“ Inhalte an einem Tag zusammenfassen wollen? Man hätte doch ein Fest zur Ehren der Darstellung Christi im Tempel und eines zu Ehren der Reinigung Mariens feiern können. Die Antwort gibt uns hier ein Blick in die Gesetzesvorschriften des Moses.
Nach dem jüdischen Gesetz galt eine Mutter, wenn sie einem Knaben das Leben geschenkt hatte, vierzig Tage für unrein: „Wenn eine Frau empfängt und einen Knaben gebiert, so ist sie sieben Tage unrein. […] 33 Tage muß sie im Reinigungsblut zuhause bleiben; sie darf nichts Heiliges berühren und nicht ins Heiligtum kommen bis die Zeit ihrer Reinigung zu Ende ist“ (Lev 12, 2 u. 4). Nach Ablauf dieser Wartezeit sollte sie dann zur gesetzlichen Reinigung ein Brand- und Sündopfer im Tempel darbringen (Lev 12, 6-8).
Bei der Geburt des Erstgeborenen schrieb das Gesetz außerdem noch die „Heiligung“ des Kindes vor, denn die erstgeborenen Söhne waren Jahwe geheiligt, d.h. zu Gottes Eigentum und Dienst geweiht (Ex 13,2). Als in späterer Zeit die Leviten anstelle der Erstgeborenen zum Dienst im Heiligtum bestimmt wurden (Num 3,12), trat das Gesetz in Kraft, daß die Erstgeborenen loszukaufen seien (Ex 13,13). (Die Heiligung des Kindes wurde auch „Darstellung“ genannt, weshalb wir auch von der „Darstellung Christi im Tempel“ sprechen.)
Wie uns der hl. Lukas berichtet (Lk 2,22ff.), hat Maria beide Vorschriften gleichzeitig erledigt, was sich ja auch aus praktischen Gründen nahelegt. Damit haben wir aber auch die Erklärung gefunden, warum die Kirche diese beiden Festgeheimnisse am selben Tag feiert: Sie will sich genau an den geschichtlichen Ablauf halten.

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ad-fontes
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von ad-fontes »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Das ist ja witzig. Wo stammt das denn her? – Vom Blandijnberg kann’s ja
ursprünglich nicht sein, denn das dortige Kloster wurde wohl erst anfangs
der zweiten Drittels des siebenten Jahrhunderts gegründet, die lateinische
Umschrift des Griechischen aber in deinem Antiphonar aber muß jeden-
falls noch aus einer Zeit stammen, da man das c- auch vor -e- und -i- wie
k- sprach, also keinesfalls später als (frühes) sechstes Jahrhundert, wenn
ich’s gerade recht in Erinnerung habe; eher älter. Wobei die Handschrift
natürlich auch eine jüngere Abschrift sein kann.Aber wie kommt so viel
liturgisches Griechisch überhaupt nach Flandern? In staufischer Zeit aus
Süditalien mitgebracht?
Doch, das Kloster in Gent; die Hs. liegt unter der Sign. Bibl. Royale 10127ff. in Brüssel und stammt aus dem 8./9. Jh. Überhaupt sind die ältesten römischen Texte - mit Ausnahme von Monza - nur diesseits der Alpen überliefert, unter denen das fränkische Kernland (Austrasien und Nord-Neustrien) hervorragen.

Daß in diesen Hss. die Tituli für den 1. 1. natale s. Mariae und für den 2.2. s. Simeonis lauten, spricht ebenfalls für das hohe Alter der Vorlage(n). Im übrigen ist die Überlieferung (inkl. Monza und Rheinau) so einheitlich, daß anzunehmen ist, daß nur ein Archetyp ins Frankenreich verbracht wurde.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von ad-fontes »

Gamaliel hat geschrieben: a) Unsere heutige Lichtmeßprozession wurde dem äußeren Anlaß nach (natürlich nicht inhaltlich) als christlicher „Ersatz“ für die durch Papst Gelasius verbotene römische Lupercalienfeier eingeführt.
Lieber Gamaliel,
wie sind Deine ansonsten sehr interessanten Ausführungen in Einklang zu bringen mit der Aussage des Liber pontificalis, daß erstmalig Papst Sergius I. die vier Marienfeste mit einer Prozession ausstattete?
Constituit [Sergius I.] autem ut diebus Adnuntiationis Domini, Dormitionis et Nativitatis sanctae Dei genetricis semperque virginis Mariae ac sancti Simeonis, quod Ypapanti Greci appellant, letania exeat a sancto Hadriano et ad sanctam Mariam populus occurat.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von ad-fontes »

Gamaliel hat geschrieben: Wenn wir das Kirchenjahr überblicken, dann bemerken wir, daß es insgesamt nur drei Segnungen gibt, die unmittelbar mit einer anschließenden Meßfeier verbunden sind. Es sind dies die Segnung der Asche am Aschermittwoch, die Segnung der Palmzweige am Palmsonntag und eben die Weihe der Kerzen am Lichtmeßtag.
Die Weihe des Feuers und der Osterkerze zählen in gewisser Weise auch dazu, wenn sie auch nicht der Eucharistie unmittelbar vorausgehen.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Re: Re:

Beitrag von ad-fontes »

Lutheraner hat geschrieben:
ad-fontes hat geschrieben:Wo aber liegen die Ursprünge für die heutige Benennung des Festes als "Darstellung des Herrn" (praesentatio Domini )?
Die Ursprünge liegen in der Bibel. Lukas 2,22-24:

"22 Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen,23 wie geschrieben steht im Gesetz des Herrn (2.Mose 13,2; 13,15): »Alles Männliche, das zuerst den Mutterschoß durchbricht, soll dem Herrn geheiligt heißen«, 24 und um das Opfer darzubringen, wie es gesagt ist im Gesetz des Herrn: »ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben« (3.Mose 12,6-8)."

Wieso wurde hieraus ein Marienfest?
In der "Welt" erschien letztes jahr ein Artikel zum Thema:
http://www.welt.de/welt_print/article31 ... r-aus.html
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Gamaliel »

ad-fontes hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben: a) Unsere heutige Lichtmeßprozession wurde dem äußeren Anlaß nach (natürlich nicht inhaltlich) als christlicher „Ersatz“ für die durch Papst Gelasius verbotene römische Lupercalienfeier eingeführt.
Lieber Gamaliel,
wie sind Deine ansonsten sehr interessanten Ausführungen in Einklang zu bringen mit der Aussage des Liber pontificalis, daß erstmalig Papst Sergius I. die vier Marienfeste mit einer Prozession ausstattete?
Constituit [Sergius I.] autem ut diebus Adnuntiationis Domini, Dormitionis et Nativitatis sanctae Dei genetricis semperque virginis Mariae ac sancti Simeonis, quod Ypapanti Greci appellant, letania exeat a sancto Hadriano et ad sanctam Mariam populus occurat.
Ich stütze mich hier lediglich auf die Ausführungen im Handbuch der Liturgik von Eisenhofer (Bd1, S. 584), wo es heißt: "Die Prozession an diesem Tage, wenn auch erst für den Pontifikat des Papstes Sergius (+701) ausdrücklich bezeugt, ist in Wirklichkeit viel älter."
Eisenhofer selbst führt in den Fußnoten keine weiteren Belege an. Ich "verlasse" mich hier also auf ihn, kann aber selbst keine weiteren Beweise liefern, was allerdings nicht heißt, daß sich diese nicht (leicht) finden ließen.

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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von ad-fontes »

Es ist opinio communis, daß Sergius I. diese Feste jeweils mit einer Prozession ausstattete. Wenn Eizenhofer keine weitere Quelle bringt und entgegen dem Wortlaut des LP etwas anderes aus ihm herausliest, hängt das ziemlich in der Luft bzw. steht er damit alleine da.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Gamaliel »

ad-fontes hat geschrieben:Es ist opinio communis, daß Sergius I. diese Feste jeweils mit einer Prozession ausstattete. Wenn Eizenhofer keine weitere Quelle bringt und entgegen dem Wortlaut des LP etwas anderes aus ihm herausliest, hängt das ziemlich in der Luft bzw. steht er damit alleine da.
Das ist natürlich richtig. Mir fehlt aber momentan die Zeit hier weiterzuforschen, welche Belege sich für eine frühere Einführung der Prozession beibringen lassen.

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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von ad-fontes »

Vor 534 kann die Prozession nicht eingeführt worden sein, denn da wurde sie zuerst in Konstantinopel von Ks. Justinian eingeführt (s. Theophanes, Chronik zum Jahr 534). Die römische Prozession ist jedoch eine Übernahme der griechischen (vgl. Prozessionsordnung und -gesänge).

Daß es vorchristliche Prozessionen im gleichen Monat gegeben hat, sei unbenommen. Gelasius kommt jedoch, wie Berolinensis bereits aus der Catholic Encyclopedia zitiert hat, nicht in Betracht.

@Berolinensis: Was mit dem Verweis auf das Missale Gothicum gemeint bzw. welche Stelle in Migne (um sie bei Mohlberg/Siffrin auffinden zu können)?
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Re: Mariä Lichtmess

Beitrag von Gamaliel »

@ad-fontes

Richtig beobachtet!
Habe kurz in der Heortologie von Kellner nachgeschaut und auch er sagt, daß die frühere Meinung bzgl. Gelasius nicht zu halten ist und die Einführung der Prozession auf Papst Sergius zurückgeht.

Im Sacr. Gelasianum 2,8 wird nur das Fest selbst erwähnt, aber ohne Prozession.

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