Maria Magdalena

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Robert Ketelhohn
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Re: Maria aus Magdala ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:Und man muss auch danach noch weiterlesen. Am besten alles. Hier beschreibt Stadler Merkwürdigkeiten, die die Tradition nicht stützen aber auch nicht widerlegen. Die Tradition beschreibt Stadler danach.
Er beschreibt fromme Legenden. Die Tradition gibt es in dieser Sache nicht, sondern Legenden und Traditiönchen, die sich nach und nach – und zwar spät – gebildet haben, einander dabei vielfach widersprechen und durchaus nicht Glaubensgegenstand sind, sondern der historiographischen Erörterung unterliegen.

Ausgangspunkt der Legenden dürfte sein, daß irgendwann tatsächlich Reliquilien der heiligen Maria Magdalena nach Vézelay gelangt sind. Aus Unklarheit über die näheren Umstände spekulierte man drauflos, und so rankten sich später allerhand Geschichten darum.

Wenn dich die historischen (allesamt recht frommen und gut katholischen) Materialien zum Thema interessieren, empfehle ich dir: Anke Krüger, Südfranzösische Lokalheilige zwischen Kirche, Dynastie und Stadt vom 5. bis zum 16. Jahrhundert, Stuttgart 22.

Leider nicht ganz billig. Auszüge kann man bei Google nachlesen: http://books.google.de/books?id=Wyro3Nd ... &q&f=false
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Robert Ketelhohn
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ad_hoc hat geschrieben:
Ich denke, ein Katholik sollte der Tradition etwas mehr Vertrauen schenken als Thesen von Forschern, gegen die es erheblichen und wohlbegründeten Widerspruch gibt, wie Stadler sagt.
:ikb_thumbup:
Ich würde ja erst mal selber denken, bevor ich reflexhaft die Daumen recke. – Was Marion da zitiert, bezieht sich erstens auf die Diskussion über die Identität Mariens von Magdala mit der lucanischen namenlosen Sünderin und Maria, der Schwester des Lazarus und der Martha, und zweitens meint Stadler die Argumente beider Seiten, gegen die es jeweils »wohlbegründeten Widerspruch« gebe. (Ich persönlich habe schon mehrfach dargelegt, weshalb ich hier klar die Tradition der lateinischen Väter favorisiere – ohne darauf einen Glaubenssatz machen zu wollen –, bin da also deutlich „traditioneller“ als der Stadler. Bloß würde ich ihm widersprechen, daß es eine vorpatristische Tradition der Identität gebe.)
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Robert Ketelhohn
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Re: Maria aus Magdala ?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:Ich denke, ein Katholik sollte der Tradition etwas mehr Vertrauen schenken als Thesen von Forschern, gegen die es erheblichen und wohlbegründeten Widerspruch gibt, wie Stadler sagt.
Man muß auch Thesen von nackten Fakten unterscheiden können. Daran, Marion, am Unterscheidungsvermögen, hapert es bei dir noch ein wenig. Das kann ich psychologisch alles gut verstehen, aber den Tatsachen müssen wir denn doch irgendwann alle mal ins Gesicht schauen.

In unsern Kreisen ist eigentlich bekannt, daß ich seit über einem Jahrzehnt im Internet unterwegs bin, die Tradition der Kirche und der Heiligen Schrift zu verteidigen, und zwar – denn anders geht es nicht, anders überzeugt man keinen, langfristig nicht mal sich selbst (! darum Obacht!) – mit strikt historiographischen Mitteln.

Das ist vielfach sehr erfolgreich. Nicht daß ich jeden verbohrten Ideologen hätte überzeugen können. Nein, da ist meist Hopfen und Malz verloren. Aber von den Anwürfen jener Ideologen verunsicherten Gläubigen habe ich schon viele starke Argumente für die Tradition an die Hand geben können. Das rechne ich mir als Verdienst an.

Du tätest wohl daran, mir daraufhin zu vertrauen, auch dann, wenn ich einmal umgekehrt feststelle, daß es sich nicht lohnt, sondern unterm Strich eher schädlich ist, dies oder jenes fromme Märchen als historisch zu verteidigen.

Es gibt genug, was deinen löwenmutigen Einsatz lohnte. Die Legende von einer Missions Mariens von Magdala und ihrer Geschwister im südlichen Gallien gehört nicht dazu.
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Marion
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Re: Maria aus Magdala ?

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Du tätest wohl daran, mir daraufhin zu vertrauen, auch dann, wenn ich einmal umgekehrt feststelle, daß es sich nicht lohnt, sondern unterm Strich eher schädlich ist, dies oder jenes fromme Märchen als historisch zu verteidigen.
Daß Zweifler mit dieser Masche kommen, hatte ich ja schon geschrieben.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Es gibt genug, was deinen löwenmutigen Einsatz lohnte. Die Legende von einer Missions Mariens von Magdala und ihrer Geschwister im südlichen Gallien gehört nicht dazu.
Solange Du keine neue Fakten vorweisen kannst, halte ich mich lieber an die Vertreter der Tradition.
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Robert Ketelhohn
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Tradition gibt es nicht, wie wir schon sagten.
Schau dir die bekannten Fakten ganz ruhig an.
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anneke6
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von anneke6 »

Ich denke im Bezug auf die Heilige ähnlich wie Robert…und ich verstehe nicht, wieso uns das zu Zweiflern machen würde.
Ein Zweifler widersetzt sich Wahrheiten des Glaubens. Jemand, der seinen Glauben rein halten will und deshalb Legenden kritisch betrachtet, ist deswegen kein Zweifler. Robert hat zu dem Thema einiges ausgegraben, was Hand und Fuß hat…und das es verdient, beachtet zu werden. Man soll — so denke ich zumindest — nicht alles beiseite schieben, was einem nicht behagt. Ich denke, in der Welt des Glaubens muß man tatsächlich bereit sein, liebgewonnene Gewohnheiten aufzugeben, wenn man erkennt, daß sie schädlich sind. Es mag ja sein, daß Du an diesen historisch absolut nicht zu belegenden Legenden hängst, Marion, aber wenn Dich diese Anhänglichkeit dahin treibst, daß Du andere Brüder und Schwestern im Glauben, die z.B. Deine Meinung in Sachen Maria Magdalena nicht teilen, als Zweifler siehst, dann kann ich nur sagen: Vorsicht!
???

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Sempre
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Sempre »

anneke6 hat geschrieben:Ich denke, in der Welt des Glaubens muß man tatsächlich bereit sein, liebgewonnene Gewohnheiten aufzugeben, wenn man erkennt, daß sie schädlich sind.
Was hast Du denn wie erkannt?

Schädlich sind unfundierte Angriffe gegen die Traditionen, die die Kirche pflegt, wenn die Angriffe nicht stichhaltig begründet Irrtümer nachweisen. Das Verbreiten von Hypothesen, wie es gegen die gepflegten Traditionen eventuell hätte auch anders gewesen sein können, ist schädlich. Solange ein Katholik nicht Beweise mit Hand und Fuß hat, dass die verehrten Reliquien garantiert nicht das sei können, für was sie gehalten werden: besser mal schweigen.

Schädlich ist die Verbreitung von Zweifeln durch solche, die keine handfesten Beweise haben.
Zuletzt geändert von Sempre am Sonntag 9. Oktober 2011, 05:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Sempre
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die Tradition gibt es nicht, wie wir schon sagten.
Es gibt die Tradition der Kirche in Südfrankreich, ganz egal, was Ihr sagt.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Schau dir die bekannten Fakten ganz ruhig an.
Die Fakten beweisen nicht, dass Tomek M mit falschen Reliquien konfrontiert war. Du bekennst nur, dass Du Dir die Zweifel einer Wissenschaft zu eigen machst, die nicht in der Lage ist, die Sache eindeutig zu beurteilen. Das hatten wir ja schon einmal: Nimmt man allein die Wissenschaft, dann gibt es Hypothesen, hier gleich mehrere, und nichts Sicheres.

Jetzt kann man zweifeln, oder aber einfach mal den Bräuchen der Kirche in Frankreich trauen und von der Wissenschaft fordern, doch bitte erstmal Zweifelsfreies vorzutragen.
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Robert Ketelhohn
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die Tradition gibt es nicht, wie wir schon sagten.
Es gibt die Tradition der Kirche in Südfrankreich, ganz egal, was Ihr sagt.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Schau dir die bekannten Fakten ganz ruhig an.
Die Fakten beweisen nicht, dass Tomek M mit falschen Reliquien konfrontiert war. Du bekennst nur, dass Du Dir die Zweifel einer Wissenschaft zu eigen machst, die nicht in der Lage ist, die Sache eindeutig zu beurteilen. Das hatten wir ja schon einmal: Nimmt man allein die Wissenschaft, dann gibt es Hypothesen, hier gleich mehrere, und nichts Sicheres.

Jetzt kann man zweifeln, oder aber einfach mal den Bräuchen der Kirche in Frankreich trauen und von der Wissenschaft fordern, doch bitte erstmal Zweifelsfreies vorzutragen.
Das ist in allen Punkten verkehrt.

1. Es gibt nicht einmal »die Tradition der Kirche in Südfrankreich«. Vielleicht beachtet ihr doch mal die Quellen.
2. Womit Tomek konfrontiert war und wo, steht gar nicht zur Debatte. Das es wahrscheinlich einmal eine Reliquientranslation nach Vézelay gab, habe ich oben bereits gesagt.

3. Wo diese Reliquien sich jetzt befinden und ob sie echt sind oder waren, ist heute kaum auszumachen. Daß ein beträchtlicher Teil der in der Kirche fromm verehrten Reliquien aus rein quantitativen Gründen unecht sein muß, liegt ja auf der Hand. Darum darf gleichwohl im Einzelfall die Echtheitsvermutung gelten – ohne daß man sich großartig Gedanken drüber zu machen bräuchte –, solange nicht triftige Gründe dagegen stehen.

4. Solche Gründe können z. B. offensichtlich und nachweislich falsche Legenden sein. Wer die gegen den Widerspruch der Ungläubigen verteidigt, macht sich nicht zum Glaubenszeugen Gottes, sondern zum Affen des Feindes.

5. Wenn du mir allen Ernstes erzählst, ich machte mir »die Zweifel einer Wissenschaft zu eigen …« etc. pp., dann offenbarst du ein heute Nacht bedenklich getrübtes Urteilsvermögen. Meine Präferenz für die primären Quellen sollte man nach Jahren hier im Kreuzgang schon bemerkt haben.
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Marion
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:1. Es gibt nicht einmal »die Tradition der Kirche in Südfrankreich«.
Du Witzbold! Dann tipp ich mal aus dem Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon den entsprechenden Abschnitt ab, da wohl nicht jeder der das Thema hier verfolgt 11 Mega runterladen will:
Sicher aber ist, daß das Grab und die Reliquien der hl. Maria Magdalene zu Ste. Baume von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 7 in hoher Verehrung standen. Als die Araber Südfrankreich überschwemmten, ward der heilige Leib verborgen; im J. 1279 wurde er aber wieder aufgefunden und feierlich in der Abtei St. Maximin zu Aix, die nunmehr den Dominicanern übergeben wurde,
beigesetzt. Bei den Verwüstungen der französischen Revolution gelang es, einen Theil der heiligen Überreste in Sicherheit zu bringen; im J. 184 wurden dieselben wieder öffentlich zur Verehrung ausgestellt. Durch P. Lacordaire ward 1859 St. Maximin für die Dominicaner wieder gewonnen, und durch die Anwesenheit der Ordensleute erlangte die Andacht zur hl. Maria Magdalene, sowie die Wallfahrt nach ihrer Höhle zu Ste. Baume eine größere Verbreitung, als sie je gehabt hatte. Den Anstoß dazu gab Lacordaires Schrift Sainte- Marie-Madelaine, Paris 186 (deutsch Regensburg 1861, Trier 1862). Aus diesem Anlaß lebte aber auch der alte Streit über die Richtigkeit der von der Legende behaupteten Thatsache, welcher schon durch Faber Stapulensis hervorgerufen worden war, wieder auf; freilich konnte im 19. Jahrhundert weder für noch wider etwas beigebracht werden, das nicht schon im 16. Jahrhundert wäre gesagt worden. Sonach kann als abschließend die Beweisführung des Bollandisten J. B. du Sollier gelten, der mit großer Belesenheit und strenger Kritik sowohl für die gewöhnliche Ansicht über Maria Magdalene als Schwester Lazarus', wie auch für die Wirklichkeit ihrer Anwesenheit in der Provence eingetreten ist. (AA. Sanct. Jul. V, 187 sq.; Baronius ad a. 35, n. 5; Nat. Alex. Saec. I1, Diss. 17 [ed. bing. IV, 441]; Hergenröther, Photius III, 295 ff; Clarus, Geschichte des Lebens, der Reliquien und des cultus der heiligen Geschwister Magdalena, Martha und Lazarus , Regensburg 1852; Alster, De quaestione quae vocatur Magdalenica, Aquisgrani 188; s. auch d. Artikel Marseille und die dort genannte Literatur.)

Und hier zu Faber Stapulensis Angriff, der dieses ganze Affentheater wohl auf die Spitze trieb (im selben Artikel zu Maria im neuen Testament eine Spalte vorher):
Erst im 16. Jahrhundert ward die selbe von Faber Stapulensis (s. den Artikel) bekämpft, allein der Angriff ward mit so guten Gründen zurückgewiesen, das die Sorbonne und später auch die Congregation Indicis die darüber handelnden Schriften Fabers verboten (Reusch, Index, I, 156ff.)


hier kann man den Scan runterladen http://141.84.81.24/etc/dokumente/88815+8.pdf
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Marion
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Marion »

anneke6 hat geschrieben:Robert hat zu dem Thema einiges ausgegraben, was Hand und Fuß hat…und das es verdient, beachtet zu werden. Man soll — so denke ich zumindest — nicht alles beiseite schieben, was einem nicht behagt.
Es kamen seit dem 16. Jahrhundert wohl keine neuen Fakten dazu. Sie wurden damals bereits von sehr sehr schlauen, studierten und vertrauensvollen Leuten allesamt beachtet.

Der Umgang mit diesen Fakten ist bei Robert und allen, die unseren Überlieferern eben weniger Vertrauen schenken, als dem modernen Umgang mit diesen Fakten eben anders. Sie schließen andere Folgerungen. Sie glauben halt nur wenn es noch besser bewiesen ist, daß es stimmt. Ich geh da andersrum ran. Ich glaube den Überlieferern erst nicht, wenn wahrhaft bewiesen wäre, daß das nicht so war. Ich bezichtige doch nicht die heilige Kirche des Irrtums oder der Täuschung, blos weil es Leute gibt, die mehr Beweise fordern oder Indizien mit Beweisen verwechseln.
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Peregrin
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Peregrin »

Marion hat geschrieben:aus dem Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon
Sicher aber ist, daß das Grab und die Reliquien der hl. Maria Magdalene zu Ste. Baume von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 700 in hoher Verehrung standen.
Und woher ist das "sicher"? Mir scheint, die nachvollziehbaren Fakten beginnen erst im 13. Jhd.
Zuletzt geändert von Peregrin am Sonntag 9. Oktober 2011, 18:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Thomas_de_Austria
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Peregrin hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:aus dem Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon
Sicher aber ist, daß das Grab und die Reliquien der hl. Maria Magdalene zu Ste. Baume von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 700 in hoher Verehrung standen.
Und woher ist das "sicher"? Mit scheint, die nachvollziehbaren Fakten beginnen erst im 13. Jhd.
Ja, generell ziemlich spät, vor allem keine durchgehende Überlieferung, die eben nicht mit schweren Zweifeln belastet ist.

Weiter mische ich mich da nicht ein ...

---

@ChrisCross

Aus dem Strang:
Gamaliel hat geschrieben:Da muß ich leider passen. Auf Anhieb sind mir da keine speziellen lehramtlichen Äußerungen bekannt.

Natürlich kann man z.B. aus den kirchlichen Stellungnahmen zum Schöpfungsbericht, den Ureltern, der Historizität der Hl. Schrift,... auch gewisse Ableitungen zum Thema Ursprache bzw. Sprachentwicklung treffen, inwieweit es aber solche Zusammenstellungen gibt und wie sie sich zu den gesicherten Erkenntnissen der Sprachwissenschaft verhalten, weiß ich nicht.


Buchempfehlung:

Nicht direkt zum Thema (obwohl auch kurz Ursprache und Sprachverwirrung erwähnt werden), sondern grundsätzlich zum Verständnis der Hl. Schrift (Stichwort "Schriftsinne" und Mittel zur Hebung des Schriftsinns), sei das rechtgläubige Buch - was auf dem Gebiet der Exegese keineswegs selbstverständlich ist - von Johannes Schildenberger O.S.B. - "Vom Geheimnis des Gotteswortes" (1950) empfohlen. Antiquarisch ist es noch erhältlich.

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Robert Ketelhohn
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:
Peregrin hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:aus dem Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon
Sicher aber ist, daß das Grab und die Reliquien der hl. Maria Magdalene zu Ste. Baume von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 700 in hoher Verehrung standen.
Und woher ist das "sicher"? Mit scheint, die nachvollziehbaren Fakten beginnen erst im 13. Jhd.
Ja, generell ziemlich spät, vor allem keine durchgehende Überlieferung, die eben nicht mit schweren Zweifeln belastet ist.
Nicht nur nicht durchgehend: Es gibt vor dem 11. Jht. (da beginnt’s, nicht im 13. Jht., als Karl II. von Anjou die Gebeinsauffindung veranstaltete und politisch ausschlachtete: Vézelay war zwei Jahrhunderte früher dran) überhaupt keine Magdalenengeschichte im südlichen Gallien. Was der Wetzer & Welte da schreibt, ist schlicht Unfug ohne die geringste Spur eines Nachweises.

Im Gegenteil, in dieser frühen Zeit gab es dort definitiv keinen Magdalenenkult und keinerlei Legenden über ein Wirken der Maria Magdalena oder ihrer Geschwister in Gallien oder sonstwo im Westen. Nichts, Null, nirgends. Zu dieser Zeit entstand aber ein Magdalenenkult im Osten, und zwar in Ephesus. Gregor von Tours berichtet im 6. Jahrhundert – äh, ich korrigiere: der hl. katholische Bischof Gregor von Tours, ein kluger Mann und gewiß kein Idiot, Verfasser von Geschichtsbüchern und Heiligenviten, derselbe Gregor also berichtet, Maria Magdalena liege auf einem Friedhof vor der Grotte der Siebenschläfer zu Ephesus begraben. Von dort wurden ihre Überreste später vom byzantinischen Kaiser Leo VI. nach Constantinopel überführt. So kannte man das »bis zum Jahre 700« und weit darüber hinaus.
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ad_hoc
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von ad_hoc »

Hallo Robert

Zum Sachverhalt hatte ich mich ja gar nicht geäußert, da ich mich mit dem Thema bislang kaum beschäftigt hatte.

Aber mir gefiel die Aussage von Marion sehr gut, und deshalb der entsprechende Smiley.

Übrigens fällt mir gerade ein, dass die Zigeuner die Hl. Marta (die Schwester von Maria Magdalena) in Südfrankreich sehr verehren und immer wieder dorthin pilgern. Darüber hatte ich vor Jahren etwas gelesen, aber der Bericht kam mir dann doch zu phantastisch vor.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Sempre
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:[...] Jetzt kann man zweifeln, oder aber einfach mal den Bräuchen der Kirche in Frankreich trauen und von der Wissenschaft fordern, doch bitte erstmal Zweifelsfreies vorzutragen.
Das ist in allen Punkten verkehrt.
Der Punkt, den ich hier im Zitat übriglasse, um den geht es mir. Auch der sei verkehrt, sagst Du. Die Wissenschaft habe also Zweifelsfreies vorgetragen. Was Du dazu nennst ist: Gregor von Tours hat in einem kurzen Satz erwähnt, dass es in Ephesus ein Grab der Maria Magdalena gibt. Die Vita eremitica ist Dichtung. Gut, beides liefert Gründe für zunächst einmal berechtigte Zweifel, wenn das auch keine Neuigkeiten sind.

Dass aber Nachweise erbracht wären, die es dem vernunftbegabten Menschen verböten, andere Meinungen zu vertreten, kann ich nicht erkennen.
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Thomas_de_Austria
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Re: Kurze Fragen - kurze Antworten IV

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nicht nur nicht durchgehend:
Ich weiß, auch habe ich das von Bischof Gregor (von Tours) gelesen, weswegen ich mich hier auch - neben anderen Gründen - nicht für diese Legende bzw. den sich dort gebildeten Legendenkreis einsetze. Ich sehe auch keinen Grund dafür, da weder die hl. Maria von Magdala, noch eine lehramtliche Stellungnahme angegriffen wird, noch werden die Reliquien, die sich wohl momentan in Vézelay (oder wo sind sie derzeit?) befinden, für unecht erklärt. Es gibt halt keine im Sinne der Geschichtswissenschaft brauchbare Grundlage dafür, dass die Heilige zu Lebzeiten in Gallien war (nach ihrem Ableben, in Form von Reliquien, wohl schon, aber darum geht es ja nicht), fertig. Das tut weder der Heiligen, noch der Kirche weh, wenn es weiter nichts ist.
Gegen die Legende als solche habe ich nichts und wenn es einer gerne glaubt, ist das für mich persönlich auch in Ordnung.
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Sempre
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Re: Maria Magdalena

Beitrag von Sempre »

Der Artikel im Kirchenlexikon von Wetzer und Welte nennt als Quelle die lateinischen Acta Sanctorum der Société des Bollandistes, die es volldigitalisiert online gibt, leider kostenpflichtig. Alles in HTML mit Datenbanksuche. Privatleute mit Wohnsitz in Deutschland können sich kostenfrei einen vom deutschen Steuerzahler via Deutsche Forschungsgesellschaft in Bonn gesponsorten Zugang besorgen:

https://www.nationallizenzen.de/anmeldu ... gistration

Dort 'Erstanmeldung' wählen, 'Acta Sanctorum Database' wählen und den weiteren Anweisung folgen. Man erhält per ih-mail einen Registrierungslink, den man aufrufen muss, um dann wenige Tage später per Schneckenpost an die deutsche Anschrift Zugangsdaten zu erhalten.


Der Commentarius Historico-Criticus von Jean-Baptiste du Sollier (1669–174) zu S. Maria Magdalena apud Massiliam in Provincia Galliae ist 78 Druckseiten lang. Er geht auch auf die Erwähnung des Friedhofs in Ephesus durch S. Gregorius Turonensis ein.
Zuletzt geändert von Sempre am Donnerstag 13. Oktober 2011, 09:19, insgesamt 4-mal geändert.
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Gamaliel
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Re: Maria Magdalena

Beitrag von Gamaliel »

Sempre hat geschrieben:Der Artikel im Kirchenlexikon von Wetzer und Welte nennt als Quelle die lateinischen Acta Sanctorum der Société des Bollandistes, die es volldigitalisiert online gibt, leider kostenpflichtig.
Hier auch gratis. (Sehr große Dateien!)
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Sempre
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Re: Maria Magdalena

Beitrag von Sempre »

Der Commentarius Historico-Criticus von Jean-Baptiste du Sollier (1669–1740) zu S. Maria Magdalena apud Massiliam in Provincia Galliae findet sich im HTML-Format auch auf heiligenlexikon.de/ActaSanctorum/22.Juli. (Auch dort findet sich der OCR-Fehler exstuerit statt exstiterit.)
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Thomas_de_Austria
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Re: Maria Magdalena

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Na ja, irgendwas, was die Legende als ein historisches Faktum erweist, findet sich dort auch nicht, allerdings schöne Ausführungen dazu, warum die hl. Maria Magdalena tatsächlich die Sünderin und Maria von Bethanien ist.
Der Ausschnitt fasst das hierfür Wichtige schön zusammen:
[i]Acta Sanctorum[/i], 22. Juli, Maria Magdalena, § XI., Col. 0207D hat geschrieben:
Ex dubiis, obscuris & incohærentibus Græcorum de S. Mariæ Magdalenæ sepultura & tranflatione traditionibus ad Latinos transimus, ea, qua fieri poterit, diligentia operose exploraturi, utrum in hac urbis parte satis certo reperiendum sit Sanctæ nostræ sacrum corpus, quod nec in Palæstina, nec in tota Asia superesse existimamus, ut proinde in Occidentem, imo in Galliam deportatum oporteat, sive istuc Sancta ipsa viva pervenerit, sive aliunde eo postmodum allatæ sint sacræ reliquiæ, ibique depositæ.
Dass sich echte Reliquien in Süfrankreich befinden, bestreitet ohnehin niemand, nur, historisch brauchbarer macht es die restliche Angelegenheit auch nicht, die Zeugnisse bestätigen ja auch das hier von Robert bereits dazu Geschriebene. Die griech. Version mag zweifelhaft sein, aber die Version scheint mir auch nicht wirklich besser (also, dass sie schon zu Lebzeiten nach Gallien gelangte, dort verstarb und dann der Rest, wie z. B. der Teil von St. Maximin, der erst im Hochmittelalter in die, im 13. Jh. schon bestehende Legende, "eingebaut" wurde, woran man eine "Entwicklung" und einen Umbau der Legende ersehen kann etc.).

Christopherus
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Re: Maria Magdalena

Beitrag von Christopherus »

Einen vollkommen unsatirischen Beitrag über die wahre Bedeutung der Maria Magdalenas findet ihr hier:
http://demut-jetzt.blogspot.de/212/7/ ... ilige.html

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