Rund um die Katholische Soziallehre

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Gamaliel
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Re: Katholische Soziallehre

Beitrag von Gamaliel »

overkott hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Gleichwohl scheint Gamaliel nicht auf der Höhe der Zeit zu sein.
Ich halte es lieber mit der Wahrheit, als mit dem Zeitgeist. Da die Wahrheit überzeitlich ist, bin ich insofern auch immer up to date. ;)
Dann dürftest du ja für Menschenrechte und Religionsfreiheit sein,...
Wie kommst Du jetzt plötzlich da drauf? Natürlich bin ich mit der Tradition der Kirche (und in dem von ihr geäußerten Sinn) gegen die modernen Menschenrechte und auch gegen die Religionsfreiheit!
overkott hat geschrieben:...weshalb ich dir empfehle, deine Brüder davon zu überzeugen, dass das 2. Vatikanum dem Evangelium entspricht.
Ich habe nur einen Bruder und der interessiert sich nicht besonders für das II. Vatikanum.

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overkott
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Re: Katholische Soziallehre

Beitrag von overkott »

Gamaliel hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Gleichwohl scheint Gamaliel nicht auf der Höhe der Zeit zu sein.
Ich halte es lieber mit der Wahrheit, als mit dem Zeitgeist. Da die Wahrheit überzeitlich ist, bin ich insofern auch immer up to date. ;)
Dann dürftest du ja für Menschenrechte und Religionsfreiheit sein,...
Wie kommst Du jetzt plötzlich da drauf? Natürlich bin ich mit der Tradition der Kirche (und in dem von ihr geäußerten Sinn) gegen die modernen Menschenrechte und auch gegen die Religionsfreiheit!
Dein Traditionsverständnis ist offenbar zu sehr von Wortgläubigkeit und zu wenig vom Geist geprägt.

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Gamaliel
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Re: Katholische Soziallehre

Beitrag von Gamaliel »

overkott hat geschrieben:Dein Traditionsverständnis ist offenbar zu sehr von Wortgläubigkeit und zu wenig vom Geist geprägt.
Wenn Du damit den Geist des Modernismus meinst, gebe ich Dir völlig recht. :ja:

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overkott
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Re: Katholische Soziallehre

Beitrag von overkott »

Gamaliel hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Dein Traditionsverständnis ist offenbar zu sehr von Wortgläubigkeit und zu wenig vom Geist geprägt.
Wenn Du damit den Geist des Modernismus meinst, gebe ich Dir völlig recht. :ja:
Ich meine jedoch den Geist des Anfangs.

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phylax
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von phylax »

Gamaliel hat geschrieben:Der Tag sollte nicht vergehen, ohne daß im Forum an die 100-Jahr-Feier des wichtigen Rundschreibens von Papst Pius X. namens "Notre charge apostolique" erinnert wird.

Das Rundschreiben legt wichtige Grundlagen der christlichen Gesellschaftsordnung dar, stellt die Absage der Kirche an die falschen Ideale der Französischen Revolution (Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit), sowie den modernen Demokratiebegriff dar und verurteilt gleichzeitig die irrigen Ansichten der französischen Sillon-Bewegung, die sich leider zu einer modernistisch-ökumenischen Bewegung entwickelt hatte.
hl. Papst Pius X. hat geschrieben:Unvergängliches Ideal: Christliche Zivilisation - Katholischer Staat

Nein, Ehrwürdige Brüder - es muss in diesen Zeiten gesellschaftlicher und geistiger Anarchie, in denen jeder sich selbst als Lehrer und Gesetzgeber aufstellt, immer wieder wirksam daran erinnert werden: man kann den Staat nicht anders bauen, als Gott ihn gebaut hat; man kann die Gesellschaft nicht errichten, wenn die Kirche nicht die Fundamente legt und nicht die Bauarbeiten leitet; nein, es ist nicht mehr nötig, eine Zivilisation zu ersinnen, noch auch einen neuen Staat in den Wolken zu bauen. Es hat sie gegeben und es gibt sie: es sind die christliche Zivilisation und der katholische Staat. Es kann sich nur noch darum handeln, ihn unablässig gegen die immer wieder neu ausbrechenden Angriffe einer falschen Utopie, der Revolte und der Gottlosigkeit auf seine natürlichen und göttlichen Grundlagen zu stellen und ihn darin zu stärken und zu festigen: Omnia instaurare in Christo.
hl. Papst Pius X. hat geschrieben:Denn die wahren Freunde des Volkes sind weder Revolutionäre noch Neuerer, sondern Traditionalisten [franz. "traditionalistes"].
Katholischer Staat? Wie soll der verfasst sein?
Die dazu nötigen KOmpromisse würden wohl die wenigsten, die sich in diesem Forum äußern, für gut heißen
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taddeo
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von taddeo »

phylax hat geschrieben:Katholischer Staat? Wie soll der verfasst sein?
Die Frage wäre zunächst, "WO sollte der verfaßt sein". In Deutschland, wo die Katholiken sogar auf dem Papier nur einen Bevölkerungsanteil von 30,5% haben (mal ganz abgesehen von den tatsächlich praktizierenden, die auch noch das glauben, was katholische Lehre ist), sicher nicht.
Nicht einmal der Staat der Vatikanstadt ist irgendwie formell als "katholischer Staat" definiert, soweit mir bekannt ist.

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Gamaliel
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Gamaliel »

phylax hat geschrieben:Katholischer Staat?
Ja!
phylax hat geschrieben:Wie soll der verfasst sein?
Was dazu aus katholischer Sicht zu sagen ist, findest Du etwa in den verschiedenen päpstlichen Rundschreiben, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Diese Rundschreiben und viele weitere Ausführungen stehen auf der Homepage des "Civitas Institutes" zur Verfügung.

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lutherbeck
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von lutherbeck »

Gamaliel hat geschrieben:
phylax hat geschrieben:Katholischer Staat?
Ja!
phylax hat geschrieben:Wie soll der verfasst sein?
Was dazu aus katholischer Sicht zu sagen ist, findest Du etwa in den verschiedenen päpstlichen Rundschreiben, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. Diese Rundschreiben und viele weitere Ausführungen stehen auf der Homepage des "Civitas Institutes" zur Verfügung.
Katholischer Staat?

Würde ich sofort die Staatsbürgerschaft beantragen - aber nur, wenn Konfessionsfreiheit herrschte...

:pfeif:
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

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phylax
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von phylax »

Wenn ich recht orientiert bin, hat der Vatikan in den 1920/30er Jahren vor allem in Österreich und Spanien versucht, einen katholischen Staat zu etablieren -unter der Mitwirkung der dortigen politischen Klasse. Es hat, wie man aus der Geschichte
weiß, nicht funktioniert.
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Gamaliel
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Gamaliel »

phylax hat geschrieben:Wenn ich recht orientiert bin, hat der Vatikan in den 1920/30er Jahren vor allem in Österreich und Spanien versucht, einen katholischen Staat zu etablieren -unter der Mitwirkung der dortigen politischen Klasse. Es hat, wie man aus der Geschichte
weiß, nicht funktioniert.
Da bist Du leider falsch orientiert. Die Österreicher haben sich selbst um einen katholischen Staat gekümmert - unter der verdienten Kanzlerschaft von Engelbert Dollfuß und gestützt auf die christliche Soziallehre. Dr. Dollfuß wurde durch einen National-Sozialisten ermordet.

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phylax
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von phylax »

Es gab vor allem von Seiten Pius XI.eine eindeutige Politik, das Königtum Christi in Europa zu etablieren.
Stichwort: Katholischer Totalitarismus
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Gamaliel
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Gamaliel »

phylax hat geschrieben:Es gab vor allem von Seiten Pius XI.eine eindeutige Politik, das Königtum Christi in Europa zu etablieren.
:daumen-rauf:
phylax hat geschrieben:Stichwort: Katholischer Totalitarismus
Das ist ein falsches Stichwort, dem kann aber durch Lektüre von "Quas primas" abgeholfen werden.

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phylax
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von phylax »

Es ist, jawohl, ein Stichwort, das aus der Sekundärliteratur stammt.
Doch zurück: Was spricht dafür, daß die Etablierung eines katholischen Staates heutzutage von Erfolg gekrönt wäre?
(Irgend einen Grund muß es ja dafür geben, daß dieses Zitat Pius X. in Fettdruck hier dargestellt wurde)
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Gamaliel
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Gamaliel »

phylax hat geschrieben:Doch zurück: Was spricht dafür, daß die Etablierung eines katholischen Staates heutzutage von Erfolg gekrönt wäre?
Mir behagt die Formulierung des letzten Satzteiles nicht ganz. Es geht nicht darum, daß der katholische Staat entweder eine Utopie ist oder sonst bei der nächsten Nationalrats-/Bundestagswahl in Österreich/Deutschland verwirklicht werden müßte.

Er ist ein Ziel, dessen Erstrebung und Verwirklichung uns Katholiken - im Rahmen des Möglichen - am Herzen liegen muß. Die Etablierung einer christlichen Sozialordnung wäre das Beste, das uns passieren kann. Beginnen muß man damit bei sich selbst und im eigenen Umfeld, Betrieb, Dorf.

Wie schon Pius X. (im Satz, der dem Fettdruck vorausgeht) sagte:
...man kann den Staat nicht anders bauen, als Gott ihn gebaut hat; man kann die Gesellschaft nicht errichten, wenn die Kirche nicht die Fundamente legt und nicht die Bauarbeiten leitet.
Man könnte natürlich einwenden, daß wir doch aktuell auch in Staaten leben und diese dennoch nicht katholisch seien. Nun ich will das nicht weiter vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, daß der hl. Augustinus unsere Staaten wohl eher - und treffender - als "organisierte Räuberbanden" bezeichnet hätte.

Thomas_de_Austria
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Es hat, wie man aus der Geschichte
weiß, nicht funktioniert.
"Hat nicht funktioniert" - dazu muss man sich auch fragen, weshalb (speziell bei Österreich, mit Adolf im Nacken) ...

Außerdem: "Der Vatikan" versuchte überhaupt nichts zu etablieren, wie Gamaliel bereits richtig feststellte bzgl. Österreich.

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overkott
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von overkott »

phylax hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Der Tag sollte nicht vergehen, ohne daß im Forum an die 100-Jahr-Feier des wichtigen Rundschreibens von Papst Pius X. namens "Notre charge apostolique" erinnert wird.

Das Rundschreiben legt wichtige Grundlagen der christlichen Gesellschaftsordnung dar, stellt die Absage der Kirche an die falschen Ideale der Französischen Revolution (Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit), sowie den modernen Demokratiebegriff dar und verurteilt gleichzeitig die irrigen Ansichten der französischen Sillon-Bewegung, die sich leider zu einer modernistisch-ökumenischen Bewegung entwickelt hatte.
hl. Papst Pius X. hat geschrieben:Unvergängliches Ideal: Christliche Zivilisation - Katholischer Staat
hl. Papst Pius X. hat geschrieben:Denn die wahren Freunde des Volkes sind weder Revolutionäre noch Neuerer, sondern Traditionalisten [franz. "traditionalistes"].
Katholischer Staat? Wie soll der verfasst sein?
Die dazu nötigen KOmpromisse würden wohl die wenigsten, die sich in diesem Forum äußern, für gut heißen
Als Traditionalist war Pius X. Ideologe der alten Feudalordnung. Er stand für die Einheit von Thron und Altar. Dieses identitäre Denken stand in starker Spannung zur Offenbarung und Tradition. Jesus hatte eben keinen politischen Herrschaftsanspruch erhoben (Joh 18,36) und Augustinus hatte zwischen der Zivilisation der Welt, der Zivilisation Gottes und der gemischten Gesellschaft unterschieden. In seinem Werk über die Dreifaltigkeit (2,19) erinnerte er daran:

Dominus autem spiritus est... Ubi autem spiritus domini, ibi libertas; spiritum autem domini spiritum sanctum esse nemo dubitaverit.

Auch Bonaventura hatte in seiner Dreifaltigkeitstheologie die Ideale der französischen Revolution vorformuliert. Von daher nahmen die Idealisten der Revolution die christliche Tradition beim Wort. Daran knüpfte die christlich-demokratische Sillon-Bewegung an. Und das Konzil gab ihr recht.

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Bernado
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Bernado »

taddeo hat geschrieben:Nicht einmal der Staat der Vatikanstadt ist irgendwie formell als "katholischer Staat" definiert, soweit mir bekannt ist.
Nun - ich denke, das ist auch nicht nötig. Soweit der Vatikanstaat überhaupt eine geschriebene Verfassung besitzt, dürfte darin festgehalten sein, daß der Papst absoluter Regent ist und in seiner Person die drei herkömmlichen Staatsgewalten verkörpert. Alles geht von ihm per Delegation aus. Eine weitere definition als katholisches Staatswesen erübrigt sich damit - für den Vatikanstaat. Eine irgendwie geartete Vorbildrolle für andere Staaten allerdings auch.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Bernado
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Bernado »

Gamaliel hat geschrieben:Man könnte natürlich einwenden, daß wir doch aktuell auch in Staaten leben und diese dennoch nicht katholisch seien. Nun ich will das nicht weiter vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, daß der hl. Augustinus unsere Staaten wohl eher - und treffender - als "organisierte Räuberbanden" bezeichnet hätte.
Damit unterstützt Du meine anderswo geäußerte, dort jedoch sehr skeptisch betrachtete, Ansicht, daß der moderne Staat etwas grundsätzlich anderes sei als der Staat der christlichen Lehre.

Allerdings kann man zu seiner Beschreibung auch nicht auf Augustinus' Räuberbande zurückgreifen - es gibt eben hin- und wieder doch etwas Neues unter der Sonne.
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Gamaliel
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Gamaliel »

Bernado hat geschrieben:
Gamaliel hat geschrieben:Man könnte natürlich einwenden, daß wir doch aktuell auch in Staaten leben und diese dennoch nicht katholisch seien. Nun ich will das nicht weiter vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, daß der hl. Augustinus unsere Staaten wohl eher - und treffender - als "organisierte Räuberbanden" bezeichnet hätte.
Damit unterstützt Du meine anderswo geäußerte, dort jedoch sehr skeptisch betrachtete, Ansicht, daß der moderne Staat etwas grundsätzlich anderes sei als der Staat der christlichen Lehre.
Über Deine Ansicht können wir uns gerne einmal austauschen. :ja:

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann bist Du der Auffassung, das frühere Aussagen der Päpste - in unserem Themenbereich - nicht mehr von praktischer Bedeutung sind, da sich die Situation gegenwärtig sehr verändert hat und daher die Stellungnahmen des früheren Lehramts nicht auf die Gegenwart angewandt werden können.

Wenn das Deine Ansicht ist, dann würde ich ihr nicht zustimmen. - Die Aussagen der Päpste über das Ziel des Menschen, über die Rolle des Staates im Hinblick auf dieses Ziel,... usw. sind zeitlose Aussagen, die sich aus der Schöpfungsordnung ergeben und folglich immer aktuell sind. Wenn sich gegenwärtige Staaten nicht oder nur teilweise um dieses zeitlosen Aussagen kümmern, dann folgt daraus nicht, daß die Anforderungen zu überdenken sind, sondern die Verfaßtheit der betreffenden Staaten. Hier liegt ein reiches Betätigungsfeld für die katholischen/christlichen Staatsbürger.

Die Päpste der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts kannten den modernen Staat und seine Vor- und Nachteile. Ihre Aussagen beziehen sich nicht auf irgendeinen vormodernen Staat, sondern auf real existierende (bis heute) Staaten. Sie tätigten daher ihre Aussagen mit Sachkenntnis und Bedacht. Ich sehe keinen Grund, warum wir den von ihnen aufgezeigten Grundlagen nicht mehr folgen sollten.

Soweit einige kurze Gedanken. Wenn Du möchtest, dann können wir das gerne an einzelnen Punkten vertiefen.
Bernado hat geschrieben:Allerdings kann man zu seiner Beschreibung auch nicht auf Augustinus' Räuberbande zurückgreifen - es gibt eben hin- und wieder doch etwas Neues unter der Sonne.
Solltest Du gerne als "trendy" erscheinen wollen ( :anton: ), dann kannst Du Dir ja auch einen zeitgeistigen Begriff ausdenken, um den gleichen Sachverhalt zu bezeichnen.

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Bernado
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Bernado »

Gamaliel hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:Allerdings kann man zu seiner Beschreibung auch nicht auf Augustinus' Räuberbande zurückgreifen - es gibt eben hin- und wieder doch etwas Neues unter der Sonne.
Solltest Du gerne als "trendy" erscheinen wollen ( :anton: ), dann kannst Du Dir ja auch einen zeitgeistigen Begriff ausdenken, um den gleichen Sachverhalt zu bezeichnen.
Ach Gamaliel - trendy oder nicht ist mir so was von wurscht.

Mir geht es um Realismus. Der moderne Staat mag in die Hände von Räubern gefallen sein - der Verlauf der Finanzkrise läßt das mehr als wahrscheinlich erscheinen. Trotzdem ist er keine Bande von gesetzlosen, sondern ein sogar sehr effektiver Gesetzgeber, der in Bezug auf formale Erfordernisse sogar recht pingelig vorgeht.

Nur beim Inhalt der Gesetze ist er gar nicht so pingelig, da setzt er sich über jedes göttliche und natürliche Recht hinweg, und das nicht aus Laune, sondern aus seinem Existenzprinzip heraus. Ich vermute mal, so einen Staat als alternativlose Erscheinung konnten sich weder der hl. Augustinus noch der hl. Papst Pius X. vorstellen, noch viel weniger etwas dazu sagen - was nicht gegen sie spricht, uns aber eigene Denkarbeit nicht abnimmt, sondern aufbürdet.

Mehr dazu heute aus Zeitmangel leider nicht.
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Torsten
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Torsten »

Bernado hat geschrieben:Der moderne Staat mag in die Hände von Räubern gefallen sein
Der moderne Staat resultiert aus dieser dominanten, ökonomischen Maxime.
Mit der Konstitution des Deutschen Reiches 1871, nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich und der Annexion von Elsaß-Lothringen, war dieser Prozeß kapitalistischer Nationalstaatsbildung bei den entscheidenden »Mächten« Europas abgeschlossen. Im Inneren dieser bürgerlichen Nationalstaaten fand ein eigenartiger Prozeß der Homogenisierung statt, der nicht zu verwechseln ist mit sozialer Angleichung: Gleichgeschaltet wurde selbstverständlich nicht das Lebensniveau, sondern der Bezug aller sozialen Gruppen auf ein gemeinsames System abstrakter ökonomischer »Interessen«, die bereits die kapitalistischen Kategorien als gesellschaftliche Naturgrundlage voraussetzten und nun durch das ebenso abstrakte übergeordnete Bezugssystem der Nation und des Nationalstaats jenseits der alten dynastischen Strukturen komplettiert wurden. Diese Entwicklung ließ den zunehmend verblassten und ohnehin niemals unversöhnlichen Gegensatz von liberalem Unternehmertum und ehemals absolutistischen Staatsapparaten (die es in Deutschland zumindest pro forma noch immer waren) vollends verschwinden(Robert Kurz - Schwarzbuch Kapitalismus)

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Torsten
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Torsten »

Bernado hat geschrieben:Trotzdem ist er keine Bande von gesetzlosen, sondern ein sogar sehr effektiver Gesetzgeber, der in Bezug auf formale Erfordernisse sogar recht pingelig vorgeht.

Nur beim Inhalt der Gesetze ist er gar nicht so pingelig, da setzt er sich über jedes göttliche und natürliche Recht hinweg, und das nicht aus Laune, sondern aus seinem Existenzprinzip heraus.
In jedem Teile sündig zwar,
Ein Paradies das Ganze war;
Im Krieg gefürchtet, sonst begehrt,
Von aller Welt gerühmt, geehrt,
Verschwenderisch mit Gut und Leben:
Der Bienenvölker Zierde eben.
Das Heil des Staats war zweifellos:
Geballter Frevel macht' ihn groß.

Die Tugend sah der Politik
Bald ab manch ausgepichten Trick,
Schloß Freundschaft mit dem Laster gar,
Was dann bewirkte, daß fürwahr
Der größte Schurke selbst zum Schluß
Doch dem Gemeinwohl dienen muß ...
So nährte Laster den Verstand
Der sich mit Fleiß und Zeit verband
Und schuf des Lebens Überfluß,
Komfort, Vergnügen und Genuß ...
Daß man die Wonnen dieser Welt
Genießt und erntet Ruhm im Feld
Und lebt in Wohlstand sündenfrei,
Ist Utopie und Träumerei.

Falsch, Dünkel, Pomp muß existieren,
Da wir von ihnen profitieren ...
So kann auch Laster nützlich sein,
Schränkt das Gesetz es weise ein.
Ja, will das Volk nach Größe streben,
Muß es im Staat auch Sünde geben ...
Allein von Tugend kann auf Erden
Kein Staat groß, reich und mächtig werden.
Wollt ihr die Goldnen Zeiten wieder?
Da aß man Eicheln und war bieder.

(Bernard Mandeville)

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lifestylekatholik
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von lifestylekatholik »

Torsten hat geschrieben:
Mit der Konstitution des Deutschen Reiches 1871, nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich und der Annexion von Elsaß-Lothringen, war dieser Prozeß kapitalistischer Nationalstaatsbildung bei den entscheidenden »Mächten« Europas abgeschlossen. Im Inneren dieser bürgerlichen Nationalstaaten fand ein eigenartiger Prozeß der Homogenisierung statt, der nicht zu verwechseln ist mit sozialer Angleichung: Gleichgeschaltet wurde selbstverständlich nicht das Lebensniveau, sondern der Bezug aller sozialen Gruppen auf ein gemeinsames System abstrakter ökonomischer »Interessen«, die bereits die kapitalistischen Kategorien als gesellschaftliche Naturgrundlage voraussetzten und nun durch das ebenso abstrakte übergeordnete Bezugssystem der Nation und des Nationalstaats jenseits der alten dynastischen Strukturen komplettiert wurden.
Hm. Wie unterscheidet sich denn der Proletarier vor 1871 von dem nach 1871?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Torsten
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Torsten »

lifestylekatholik hat geschrieben:Hm. Wie unterscheidet sich denn der Proletarier vor 1871 von dem nach 1871?
Irgendwie geht Deine Frage völlig am Zitat vorbei.

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Torsten
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Re: Rund um die Katholische Soziallehre

Beitrag von Torsten »

>Wie unterscheidet sich denn der Proletarier vor 1871 von dem nach 1871?<

Ich will es nicht unbeantwortet lassen. Die Wertkritik sagt, dass die Arbeiterklasse selbst Teil kapitalistischer Verhältnisse ist. Aus eigener Erfahrung: Das Streben des Einzelnen im Unrechtsstaat hat sich nicht groß von dem der Brüder und Schwestern im Westen unterschieden. Ebensowenig - grob gesehen- die gesellschaftliche Organisation und die Produktionsweise. Der Unrechtsstaat war der kleine, staatskapitalistische Bruder des echten Kapitalismus im Westen.

Gamaliel würde ich bitten, doch mal näher darauf einzugehen, wie ein katholischer Staat aussehen und funktionieren soll.

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Berolinensis
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben: Soweit der Vatikanstaat überhaupt eine geschriebene Verfassung besitzt, ...
Tut er, und zwar von 2: http://www.vaticanstate.va/NR/rdonlyres ... aates1.pdf

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Torsten
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Re: Rund um die Katholische Soziallehre

Beitrag von Torsten »

Das Naturrecht als Grundlage jeder staatlichen Ordnung

Was versteht man unter Naturrecht?

Alle Menschen sind Menschen und keine Kühe oder Hühner oder Regenwürmer. Dasjenige, was den Menschen zum Menschen macht, das, wodurch er sich von allen anderen Geschöpfen unterscheidet und wodurch er eben ein Mensch ist, nennt man die Natur des Menschen.[...] Er kann durch den Willen auch eine naheliegende Befriedigung zu Gunsten einer höheren Befriedigung zurückstellen, und das nicht nur einige Minuten, sondern tage-, wochen- und oft jahrelang; er kann seine natürlichen Triebe unterdrücken, umlenken und umformen. Aus der kaum zu leugnenden allgemeinen Tatsache der leibseelischen Einheit, die der Mensch ist, ergeben sich nun ganz bestimmte Gesetzmäßigkeiten, die mit dem Wort „Naturrecht“zusammengefaßt werden, z.B. das ganz einfache Gesetz, daß bei allem was der Mensch tut, das Geistige gegenüber dem leiblichen vorherrschen soll.
[...]
Das aufklärerisch-individualistischeNaturrecht beispielsweise nimmt seinen Ausgangspunkt von einem angeblichenUrzustand des Menschen, einem einsamen Robinson Cruso, wobei die Beschreibungdieses Urzustandes weitgehend von den subjektiven Vorlieben des Autors bestimmtwird. Beispiele hierfür sind etwa Jean Jacques Rousseau und Thomas Hobbes, diesich auch noch in der Beschreibung des Urzustandes des Menschen deutlichunterscheiden. In diesen Theorien wird zudem der Mensch in seinerIndividualität zum Ausgangspunkt genommen und damit die soziale Natur des Menschen als etwas zweitrangiges, nicht ursprünglich zum Menschen gehörendesangesehen. Folglich können diese Theorien auch nur zum Individualismus führen.
Aha. Der Mensch muss erst einmal wieder ein anderer, der "Alte" werden. Wieder den Gesetzmäßigkeiten gehorchen, die sich aus seiner leibseelischen Einheit ergeben. Aber nicht einfach nur gehorchen, sondern auch anwenden. Durch den Willen eine naheliegende Befriedigung zu Gunsten einer höheren Befriedigung nicht einfach nur zurückstellen, für Tage, Wochen oder Jahre, sondern überwinden. Durch das Umlenken "normaler" sexueller Triebbefriedigung auf eine Form, die eine neue gesellschaftliche Architektur erlaubt, weil sie die Geschlechterrollen auf zwei reduziert, unter maximaler Ausformung geschlechtlicher Differenz. Als Orden und dessen Mittelpunkt. Eine vollkommene geistliche Gemeinschaft, die das Kind in dem einen kultiviert, und daraus selber Kultur und Antworten zieht.

So hätte es sein können?

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Niels
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Re: Rund um die Katholische Soziallehre

Beitrag von Niels »

Ich verstehe nicht ganz, worauf Du hinauswillst... :hae?:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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overkott
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Re: Rund um die Katholische Soziallehre

Beitrag von overkott »

Natürlich kann man die Theologie Jesu auch politikwissenschaftlich betrachten. Ihm ging es um die subjektive Herrschaft des Guten in den Herzen, nicht um äußerliche weltliche Herrschaft, die sich auf Gewalt und Furcht stützt. Jesus stand in der Tradition des Monarchie kritischen Propheten Samuel (1Sam 8,6), dem Gott offenbarte, dass alle Macht vom Volk ausgehen soll (1Sam 8,7). Er verstand sich selbst als Gottes Sohn und König. Der Kaiser war für ihn nicht Gott. Jesu Botschaft von Gott ist familiär und vorstaatlich. Auch sein Gesetzesverständnis ist auf die Liebe zum Guten und auf den Ausgleich zwischen Fremd- und Eigeninteresse reduziert.

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Gamaliel
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Re: Rund um die Katholische Soziallehre

Beitrag von Gamaliel »

Torsten hat geschrieben:Gamaliel würde ich bitten, doch mal näher darauf einzugehen, wie ein katholischer Staat aussehen und funktionieren soll.
Wie gesagt, das kann der interessierte Leser gut in den päpstlichen Lehrschreiben,... nachlesen, die sich beispielsweise auf der Homepage des "Civitas Instituts" finden. Diese Rundschreiben sind nicht sehr umfangreich und bieten eine gute Orientierung über die Grundlagen christlicher Soziallehre bzw. den katholischen Staat. Persönlich habe ich keine eigene, vom Lehramt abweichende Meinung.

Zum empfehlen ist in diesem Zusammenhang auch das Sonderheft 2 des "Civitas Instituts".

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lifestylekatholik
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von lifestylekatholik »

Torsten hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:Hm. Wie unterscheidet sich denn der Proletarier vor 1871 von dem nach 1871?
Irgendwie geht Deine Frage völlig am Zitat vorbei.
Das finde ich nicht. In dem Zitat steht doch, dass sich ab 1871 im Dt. Reich alle sozialen Gruppen auf ein gemeinsames System abstrakter ökonomischer »Interessen« und ein gemeinsames System Nation und Nationalstaat bezogen hätten. Vorher offensichtlich nicht.

Was hat sich denn also für den Proletarier ab 1871 konkret verändert?
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Peregrin
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Re: Nachrichten aus der Weltkirche

Beitrag von Peregrin »

Bernado hat geschrieben: Mir geht es um Realismus. Der moderne Staat mag in die Hände von Räubern gefallen sein - der Verlauf der Finanzkrise läßt das mehr als wahrscheinlich erscheinen. Trotzdem ist er keine Bande von gesetzlosen, sondern ein sogar sehr effektiver Gesetzgeber, der in Bezug auf formale Erfordernisse sogar recht pingelig vorgeht.
Ach was, der Gesetzgeber schert sich doch keinen Deut um "formale Erfordernisse", die läßt er von seinen Beamten nach Bedarf zurechtbiegen: Wo die Verfassung nicht paßt, wird sie passend gemacht - gerade hierin sieht man ganz deutlich die enge Verwandtschaft zu Prokrustes & Co. Tausende sog. "Verfassungsbestimmungen" dokumentieren alleine in Österreich die seit Jahrzehnten fortgesetzten ungenierten Verfassungsbrüche der Regierungen.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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